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Zeitreise: Eine NSU-Vertretung im 21. Jahrhundert

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Schon seit 1969 ist NSU keine eigenständige Marke mehr, doch für einen Tag lebte der Hersteller aus Neckarsulm wieder auf – in einem Autohaus, das Besucher auf eine Zeitreise schickte.

Die Einladung hatte etwas kurioses: „Zur Neueröffnung unserer NSU-Vertriebs- und Reparaturstelle laden wir Sie herzlichst ein, mit uns am Sonntag, den 19. April, in der Zeit von 10 bis 16 Uhr zu feiern.“ Erst dachte ich an das Faksimile eines historischen Dokuments, doch ein Blick auf den Kalender belehrte mich, dass der 19. April in diesem Jahr tatsächlich auf einen Sonntag fiel.

Ein Anruf bei der unter der klassischen Bezeichnung „Fernruf“ verzeichneten Nummer brachte mich ins Gespräch mit Detlef Kastner (NSU1000C). Er beseitigte rasch meine letzten Zweifel: Das Ganze war kein Irrtum, sondern die Umsetzung eines lange gehegten Plans. Geboren wurde der, als vor zwei Jahren zwei Mitglieder der NSU IG Oberhausen einen Prinz abholen wollten, um ihn auf einer Oldtimermesse in der Region den Besuchern zu präsentieren. „Der Wagen stand mitten in unserem Verkaufsraum“, erinnert sich Detlef Kastner. „Und plötzlich sagte der Clubkamerad zu mir: So sollten wir mal eine ganze Palette von NSU-Fahrzeugen präsentieren. Das Ambiente ist klasse dafür!“

Der Gedanke ging dem Autohändler nicht mehr aus dem Kopf. Er begann zu überlegen, was dafür alles nötig wäre, und wie man es beschaffen könne. Doch auch das Tagesgeschäft forderte seinen Tribut, und so geriet der Plan immer wieder aus dem Blickfeld. Eines Tages aber war Kastner und seinen Mitstreitern klar: „Wir wollen unsere NSU-Vertretung verwirklichen, auch wenn es nur für ein paar Stunden ist. Also wann – wenn nicht jetzt?“

Denn inzwischen war ein weiteres Datum näher gerückt: Die NSU IG Oberhausen wollte 2009 ihr 25-jähriges Bestehen feiern, und was lag näher, als dieses Silberjubiläum in einer „eigenen“ NSU-Vertretung zu begehen?

So begannen Kastner und seine IG-Kameraden mit der Vorbereitung auf die Verwirklichung ihres lang gehegten Plans. Sie beschafften Flaggen und Transparente aus der Zeit, als NSU noch eine eigenständige Marke war. Schließlich galt es, die Signets der koreanischen Automarke zu verdecken, mit denen in dem Duisburger Autohaus normalerweise Geld verdient wird. Elektromechanische Rechenmaschinen und manuelle Schreibmaschinen ersetzten die Computer, schwarze Bakelittelefone mit Wählscheibe auf den Schreibtischen ergänzten das historische Feeling. In den Ständern lag zeitgenössisches Prospektmaterial aus.

Passende Fahrzeuge zu beschaffen, war durch das in den Garagen der Mitglieder vorhandene Fahrzeugspektrum nicht das Hauptproblem. „Dass der NSU Wankel Spider gleichzeitig sein 45jähriges Produktionsjubiläum feiert, fiel uns erst gegen Ende der Planung auf“, bekennt Detlef Kastner lächelnd. Flugs bekamen zwei der legendären Zweisitzer Ehrenplätze im Verkaufsraum und auf der Freifläche davor eingeräumt. Einen RO 80 schafften sie ebenfalls herbei, und ansonsten gab es Prinzen zuhauf, vom originalen Exemplar der Serie III aus den frühen sechzigern bis hin zu heißen 1000er Versionen.

Bei einem Exponat aber rieben sich selbst Kenner der Marke verwundert die Augen: Vor der Spiegelwand neben dem Verkaufstresen stand ein NSU TT Spider, ein 1000er als Zweisitzer und mit abnehmbarem, im Fahrzeug transportablem Hardtop-Dach. Es handelt sich dabei um ein absolutes Einzelstück, von einem Fachmann in zehnjähriger Freitzeitarbeit perfekt umgebaut.

Abgerundet wurde die auf ihre Weise einzigartige Ausstattung durch diverse NSU-Zweiräder, vom Lizenzbau des Lambretta-Rollers über die berühmte NSU Max bis hin zur legendären Münch Mammut mit NSU-Einlitermotor und passendem Beiwagen. Auch historische Fahrräder des Herstellers aus Neckarsulm fehlten nicht. Alles in allem eine gelungene Zeitreise nicht nur für NSU-Fans.

von Michael Grote

 

Quelle: Carsablanca

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