Alexander Dobrindt will Planung, Finanzierung, Bau und Unterhaltung des Fernstraßennetzes bündeln. Die Abschaffung der geteilten Verantwortung steht aber in der Kritik.
Quelle: picture alliance / dpa Berlin - Erhalt und Ausbau des deutschen Fernstraßennetzes sind bislang unter dem Bund und den Ländern aufgeteilt - der Bund ist für das Geld und die Prioritäten, die Länder sind für das konkrete Planen und Bauen verantwortlich. Die geteilte Zuständigkeit sorgt aber schon seit Langem für Reibungsverluste und Streitereien. Nach mehr als sechs Jahrzehnten will die große Koalition das System deswegen gründlich umbauen und eine zentrale Bundesgesellschaft für die Fernstraßen gründen. Die Begeisterung unter den Ländern hält sich in Grenzen. Welche Bedeutung haben die Autobahnen?Die knapp 13.000 Kilometer langen Bundesautobahnen sind ein Rückgrat des Transitlands Deutschland. Sie machen zwar nur sechs Prozent des gesamten Straßennetzes aus, über sie rollt aber fast ein Drittel der Fahrleistungen - von Pendlern und Urlaubern in ihren Pkws bis zu tonnenschweren Lkws aus dem In- und Ausland. Zum Fernstraßennetz gehören daneben auch noch 39.000 Kilometer Bundesstraßen. Wie genau sind die Autobahnen organisiert?Quelle: picture alliance / dpa Die Doppel-Zuständigkeit des Bundes und der Länder geht noch auf die Gründungsphase der Republik zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg gaben die Alliierten die Fernstraßen an die Länder. Im Grundgesetz wurde festgelegt, dass sie dem Bund gehören - aber in dessen Auftrag von den Ländern mit eigenen Behörden verwaltet werden. Der Bund zahlt deshalb für die Investitionen, wie sie der Bundestag beschließt. Für Planungen, Genehmigungsverfahren und ihr Personal zahlen die Länder. Wo liegt das Problem?Mit der Umsetzung auf Landesebene ist der Bund gelinde gesagt nicht immer glücklich. So landen Mehrkosten am Ende in Berlin, wenn es bei Planungen in Länderregie zu Verzögerungen kommt. Manchmal verschwimmt die überregionale Zielsetzung von Investitionen. Und während einige Länder bei Projektvorbereitungen auf Zack sind, kann vorhandenes Geld anderswo nicht ausgegeben werden - etwa wegen schwebender Klagen. "Wir können uns keinen Investitionsstau leisten, nur weil manche Länder bei der Baureife von Straßen hinterherhinken", argumentiert Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Wie soll eine Bundesgesellschaft aussehen?Die Ziele lauten: Schneller planen, direkt finanzieren und mehr bauen, wie es Dobrindt formuliert. Hintergrund sind auch die für die nächsten Jahre reservierten Zusatz-Milliarden für alle Verkehrswege. "Jetzt geht es darum, diese Rekordmittel effizient einzusetzen." Der Minister will daher eine Bundesautobahngesellschaft, die zentral für Planung, Finanzierung, Bau, Betrieb und Erhalt zuständig ist. Für welche Projekte es Bedarf gibt, legt weiter der Bundestag fest. Die staatliche Gesellschaft soll zugleich privates Kapital einbinden können. Noch diskutiert die Koalition aber. Die SPD will etwa nicht nur die Autobahnen einbeziehen, wie Fraktionsvize Sören Bartol sagt. Das schaffte wieder neue Schnittstellen zu den Bundesstraßen. Welche Bedenken gibt es?Unter den Ländern stößt eine Bündelung beim Bund auf große Skepsis. Noch eine "zentralistische Großgesellschaft" wie die Deutsche Bahn werde auf der Straße nicht gebraucht, warnt Baden-Württembergs Ressortchef Winfried Hermann (Grüne). Auch aus Dobrindts Heimat Bayern kommen Proteste. Eine Länder-Kommission unter Leitung von Ex-Bundesminister Kurt Bodewig (SPD) schlägt denn auch Alternativen vor, zum Beispiel neue Wirtschaftlichkeits-Anreize. Die Länder selbst pochten bereits im Herbst darauf, dass sie regionale Belange und ihre Mitwirkungsmöglichkeiten bei allen Reformen gesichert sehen wollen. Wie geht es weiter?Die Verhandlungen dürften schwierig werden - schließlich geht es um nicht weniger als eine Grundgesetzänderung. Das Nahziel lautet, dies unter den vergleichsweise günstigen Vorzeichen einer großen Koalition im Bund besiegelt zu bekommen. Aber die Länder müssten mit ins Boot. Starten soll eine neue Bundesgesellschaft ohnehin erst nach der Bundestagswahl 2017, Übergangszeiten für die Beschäftigten inklusive. Weitere MOTOR-TALK-News findet Ihr in unserer übersichtlichen 7-Tage-Ansicht |