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So erlebt der Autohandel die Diesel-Krise - Zu hohe Rabatte, schlechtes Gebrauchtwagengeschäft

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Die Höfe voller kaum verkäuflicher Diesel, die Kunden durch die Diesel-Prämien an zu hohe Rabatte gewöhnt: Das ist in der Diesel-Krise die Perspektive der Autohändler.

Rund 350.000 gebrauchte Diesel stehen laut dem Zentralverband des Kraftfahrzeug-Gewerbes derzeit bei den Händlern - zu günstigen Preisen, aber trotzdem kaum verkäuflich Rund 350.000 gebrauchte Diesel stehen laut dem Zentralverband des Kraftfahrzeug-Gewerbes derzeit bei den Händlern - zu günstigen Preisen, aber trotzdem kaum verkäuflich

Stuttgart/Hamburg - Im Verkaufsraum der Schwabengarage in Stuttgart prangen rote Rabatt-Auszeichnungen an den Neuwagen. Der Händler setzt die Nachlässe der Hersteller in der Diesel-Krise um. Das tun derzeit viele Autohändler.

Ursache und Wirkung der Diesel-Krise liegen in diesem Autohaus direkt beieinander: Wenige hundert Meter entfernt befindet sich das Stuttgarter Neckartor. Dort schieben sich Tag für Tag tausende Autos über die B14. Dort werden seit Jahren hohe Feinstaub- und Stickoxidwerte gemessen und deswegen drohen vom 1. Januar an Fahrverbote für ältere Diesel in Stuttgart.

Hilft das dem Neuwagengeschäft? Der Händler stellt das bisher kaum fest. "Es gibt im Neuwagenbereich einen klitzekleinen positiven Effekt", sagt Christian Laumann, Vertriebsleiter Neuwagen bei der Schwabengarage in Stuttgart. "Die meisten warten auf Nachrüstungen."

Zwar gehören auch Hardware-Nachrüstungen für ältere Diesel zum Programm der Bundesregierung. vereinbart worden. Aber das dauert. Bislang haben sich die Hersteller nur auf kräftige Rabatte beim Kauf eines Neuwagens mit niedrigerem Schadstoffausstoß eingelassen. Abhängig vom Modell gibt es je nach Hersteller bis zu 10.000 Euro Nachlass. Der Maximalwert gilt aber nur für die oberen Preisklassen und in den von der Bundesregierung identifizierten besonders belasteten Städten.

Diesel-Prämie "kein attraktives Geschäft"

Die Reaktionen auf die Rabatte sind verhalten. Zwar verkaufe er den einen oder anderen Neuwagen an Kunden, die sonst nur einen Gebrauchtwagen gekauft hätten, sagt der Geschäftsführende Gesellschafter der Hamburger Autohaus-Gruppe Dello, Kurt Kröger. "Das sind aber nicht so viele, wie man immer glaubt", ergänzt er. "Ich gebe zu, das ist wirtschaftlich kein sehr attraktives Geschäft."

Denn die Margen im Autohandel sind dünn. Nur ein bis zwei Prozent vom Umsatz bleiben bei den Händlern als Gewinn hängen. "Die Prämien gehen großteils einher mit dem Wegfall der normalen Rabatte", sagt Michael Ziegler, Präsident des Verbands des Kfz-Gewerbes in Baden-Württemberg. Laufen die Prämien zum Jahresende aus, werde es schwierig, von diesen hohen Nachlässen wieder wegzukommen. "Das macht die Lage im Autohandel nicht einfacher."

Denn die Händler haben noch ein Problem. Die Höfe stehen voll mit gebrauchten Dieselfahrzeugen, die keiner kaufen will. "Die Gebrauchtwagen auf dem Hof tun uns deutlich mehr weh, als der kleine Nutzen im Neuwagengeschäft ausgleichen könnte", so Laumann.

Alte Diesel will niemand kaufen

Das Neuwagengeschäft profitiert nach Ansicht der Händler zwar von den Hersteller-Prämien, aber das gleiche die Verluste aus dem Leasing-Rückläufergeschäft nicht aus Das Neuwagengeschäft profitiert nach Ansicht der Händler zwar von den Hersteller-Prämien, aber das gleiche die Verluste aus dem Leasing-Rückläufergeschäft nicht aus Insbesondere die Leasingrückläufer aus Firmenflotten können, wenn überhaupt, nur mit hohen Rabatten verkauft werden. Der Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) rechnet im Schnitt mit Verlusten von 25 Prozent. Derzeit haben die Autohändler nach Verbandsangaben mehr als 350.000 Euro-5-Diesel-Fahrzeuge auf ihren Höfen stehen, mit steigender Tendenz.

In Hamburg hat das bereits Folgen gezeigt: Das Hamburger Autohaus Willy Tiedtke stellte jüngst einen Insolvenzantrag. Laut "Hamburger Abendblatt" hatte das Autohaus, drittgrößter VW-Händler in Hamburg, Probleme mit Verlusten beim Verkauf von Leasing-Autos.

Diese Gefahr sieht der baden-württembergische Verbandspräsident Ziegler vor allem bei mittelgroßen Händlern mit einem hohen Anteil am Flottengeschäft. Bei ihnen drohe Wertberichtigungsbedarf, der sich bei einigen Autohäusern erst bei der Erstellung der Bilanzen im Frühjahr oder Frühsommer zeigen dürfte.

"Da kann ich mich oft erwischen lassen"

Auch deshalb sei eine politische Lösung wichtig. "Wenn nicht bald eine Lösung für Nachrüstungen kommt, sehe ich eine gewisse Insolvenzquote auf uns zulaufen", warnt Ziegler. Beim BMW-Händlerverband sieht man das ähnlich: Euro 4 und Euro 5 Diesel müssten in jedem Fall durch solide Rückstellungen abgesichert werden.

Der Autohändler Andreas Weeber in Weil der Stadt bei Stuttgart hat sich bereits beholfen. Bei Banken oder auch bei Herstellern ließen sich die Verluste von Restwerten mit Prämien wie bei einem Versicherungsvertrag absichern. "Ein Großteil des Risikos wird dadurch abgefangen." Er verkauft Euro-5-Diesel derzeit ins ganze Bundesgebiet und auch in andere Teile Europas.

Die große Ausnahme bildete jüngst ein Käufer aus Stuttgart. Er kaufte einen gebrauchten Diesel, obwohl in Stuttgart für das Fahren mit einem solchen Auto von 2019 an 80 Euro Bußgeld fällig werden. Der Kunde sagte dem Händler: "Bei dem Preisunterschied kann ich mich trotz des Fahrverbots oft erwischen lassen."

 

Quelle: dpa

 

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