Gute Wünsche zum Jahresanfang beinhalten oft die Idee des Sparens. Mehr als mit dem Dacia Dokker geht das nicht. Er kostet knapp 9.000 Euro. Und kann eines richtig gut.
Berlin – Ganz ehrlich: Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal einen Neuwagen mit manuellen Fensterkurbeln vorn gefahren bin. Oder einen Neuwagen ohne Radio. Gibt es nicht? Doch, heißt Dacia Dokker und ist ein fahrendes Katapult zurück in die 1980er-Jahre. Ich suchte ein Basisauto mit Basisausstattung und Basismotor – und fand den Dokker. Der Minivan für 8.990 Euro kommt aus der Welt der Asketen: Die verzichten freiwillig auf Komfort und Luxus. Beim Fünfsitzer mit dem großem Kofferraum heißt das: Er ist zum Fahren da, von A nach B. Und zu nichts anderem. Wer nicht unbedingt irgendwo hin muss, steigt nicht freiwillig ins Auto. Karosserie/Platzangebot: Bequemer Einstieg, aber nur drei Türen4,36 Meter misst der Dokker in der Länge, ganze 1,80 Meter in der Höhe. Das wirkt nicht besonders sportlich oder aerodynamisch, bietet dafür im Innenraum viel Platz: Der Einstieg vorne fällt leicht. Die schmalen Türen öffnen weit und die Sitze liegen bequem hoch. Der Fond lässt sich nur über eine rechte Schiebetür erreichen – eine auf der linken Seite fehlt. Unpraktisch und nervig, vor allem wenn man häufig zwei Kinder in den Sitzen anschnallen muss. Dafür praktisch: Die Flügeltüren am Heck und der große Kofferraum erleichtern das Beladen. Auf dem Boden liegt eine abriebfeste Matte, die Ladekante niedrig. Zwischen 800 und 3.000 Liter schluckt das hohe Gepäckabteil – ein Kinderwagen lässt sich so ausgeklappt und fahrbereit einladen. Werden die Fondsitze komplett demontiert, fasst der Dokker sogar 3.300 Liter. Mehr Variabilität gibt es aber nicht. Wer die Rücksitzbank oder -lehne asymmetrisch umklappen will, muss die nächsthöhere Ausstattung Ambiance wählen. Dann gibt es auch eine zweite Fondtür. So oder so: Im Vergleich zum Peugeot Tepee (675 bis 3.000 Liter) und Nissan Evalia (900 bis 2.900 Liter) schluckt der Dokker viel. Interieur: Robust und funktionalEin Blick aufs Armaturenbrett und man fühlt sich in die 1980er-Jahre versetzt: Der Kunststoff fühlt sich so hart an wie beim VW Golf II, die Spalten liegen weit auseinander, die Verklebungen lösen sich an manchen Stellen. Die Materialien und Polster sind einfach, aber robust und pflegeleicht. Damit der Innenraum nicht ganz so trist daherkommt, spendierte Dacia ein zweifarbiges Cockpit. Obwohl Schwarz und Grau nicht gerade lebensbejahende Farben sind. Dafür lassen sich die Oberflächen leicht abwischen, über Abriebstriemen und Kratzer im Kunststoff regt man sich nicht auf – sie machen den Dokker zu dem, was er sein soll: Ein Nutzfahrzeug, das auf Schminke und Komfort verzichtet. Infotainment: Der Beat kommt aus dem MundDie Antenne auf dem Dach zeigt: Es gibt zumindest eine Radiovorbereitung. In der Mittelkonsole klafft allerdings ein Loch. Das Radio kostet extra und würde den Preis über die magischen 9.000 Euro treiben. Aber das macht nichts. Auf langen Autobahnfahrten fallen einem schnell ein paar Lieder ein, in einem Ohr hängt ein Kopfhörer und man lauscht dem brummigen Motor. Als Navi dient das Smartphone, das in einer mitgebrachten Halterung in der Lüftung klemmt. Allerdings muss man die Düsen so drehen, dass der Akku nicht durch die Motorwärme überhitzt. Lediglich der kleinen Tochter fällt auf: „Wieso hat das Auto nichts zum Musikhören?“. Assistenzsysteme: Außer ABS und ESP gibt es nichtsAuch bei den Assistenzsystemen bleibt der Dokker sparsam. Außer ABS, ESP und Berganfahrhilfe hat der Dacia wenig zu bieten. Dafür gibt es immerhin Isofix-Halterungen und drei verstellbare Kopfstützen auf den Rücksitzen. Zur Serie zählen noch Front und Seitenairbags vorne. Wer ein modernes und mit Sicherheits- und Assistenzsystemen vollgestopftes Auto sucht, wird hier enttäuscht. Da bieten Renault Kangoo (ab 17.000 Euro), Nissan Evalia (ab 20.690 Euro) und VW Caddy (ab 18.290 Euro) deutlich mehr – sind aber auch deutlich teuerer. Antrieb: Vier Zylinder für ein HallelujahDacias Vierzylinder mit 1,6 Liter Hubraum und 102 PS kommt gefühlt aus der Steinzeit. So rau und kernig klingen heute noch nicht mal Sportmotoren. Der Motor arbeitet träge, benötigt viel Drehzahl, bis der Dokker überhaupt mal aus den Füßen kommt. Die volle Leistung liegt bei 5.500 Touren an, das maximale Drehmoment von 156 Newtonmeter erst bei 4.000 Umdrehungen. Bei voll durchgetretenem Pedal schafft der Dokker die 100-km/h-Marke in 12,7 Sekunden, fährt bis zu 170 km/h schnell. Doch eigentlich ist schon bei 130 km/h Schluss. Bei dem Tempo bleiben Lärm und Vibrationen noch erträglich, der Verbrauch hält sich im Rahmen. Laut NEFZ sollen es 6,2 Liter sein, bei uns waren es mindestens 7,33 Liter auf 100 Kilometer. Das ist zwar nah an der Norm, aber nicht unbedingt gut. Der Dokker wiegt ja nur 1.239 Kilogramm. Fahrwerk/Lenkung: Straff und hartAndere Hersteller würden die Abstimmung des Dokker als Schlechtwege-Fahrwerk oder Allterrain bezeichnen. Sagen wir es so: Der Dokker setzt auch bei Federn und Dämpfern auf die robuste Variante. Das Auto schluckt selbst tiefe Schlaglöcher kurz runter, ohne danach aufstoßen zu müssen, ganz gleich ob im leeren oder beladenen Zustand. Fahrdynamik scheint dem Van gleichgültig zu sein. Dazu passt die gefühllose, kippelige und indirekt arbeitende Servolenkung. Klar geht es damit um jede Kurve, aber ohne jede Rückmeldung und nicht besonders präzise. Ausstattung/Preis: Nicht günstig, sondern billigDie Basisausstattung Essentiel könnte man auch als Essenz eines Autos bezeichnen, es ist wirklich die absolute Basis: Vier Räder, fünf Sitzplätze und ein Lenkrad. Das war`s. Kein Radio, keine Klimaanlage und keine elektrischen Fensterheber. Es ist ein Auto für Handwerker und Familien, die keinen Wert auf Komfort und Luxus legen, die ein praktisches, billiges Auto für jeden Tag benötigen.
Nervig? Nein, eher entspannend. Kein Gepiepse nervt einen beim Einparken, kein Radiosender dudelt die Hits der 80er, 90er und auch nicht das Beste von heute runter. Der Fahrer bleibt mit sich und dem Auto allein auf der Straße. Das wird auf Dauer bestimmt eintönig – für die zweiwöchige Testfahrt war das aber ganz angenehm. Was aber wirklich verwundert: Trotz der Sparausstattung halten zwei Gasdruckdämpfer die Motorhaube oben. So schön der Verzicht auch ist: Die nächsthöhere Ausstattung Ambiance ab 10.590 Euro sollten sich Interessenten schon gönnen. Darin enthalten sind unter anderem elektrische Fensterheber vorne und ein Radio mit Freisprecheinrichtung, Bedienteil am Lenkrad. Die Rücksitzbank und -lehne lässt sich nun asymmetrisch umklappen und zwei Schiebetüren bieten ein Ausstellfenster. Wer unbedingt eine Klimaanlage benötigt, zahlt 590 Euro bei Ambiance drauf oder wählt gleich die Ausstattung Lauréate (ab 12.290 Euro). Fazit: Kerniger Vierzylinder mit hohem VerbrauchDer Dokker ist ein großes Auto. Er bietet wenig Komfort, keine Assistenzsysteme und einen veralteten Motor. Dafür aber sehr viel Platz und eine Dreijahresgarantie. Es ist ein Auto für Familien, die unbedingt einen Neuwagen mit Garantie haben wollen und sonst keine Ansprüche an ein Auto stellen. Die mehr in der Stadt unterwegs sind und nur selten mit voller Hütte auf die Autobahn müssen. Für sie, und vielleicht noch Handwerker, ist der Dokker eine gute Wahl. Für alle anderen gilt: Sucht Euch lieber einen guten Gebrauchtwagen. Technische Daten Dacia Dokker SCe100
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