Hybrid, 48-Volt-Bordnetze und kleine Motoren mit viel Power: Auf dem 36. Wiener Motorensymposium zeigen Hersteller und Zulieferer die nähere Motorenzukunft.
Wien – Eigentlich wollte VW-Chef Martin Winterkorn den letzten Vortrag auf dem 36. Wiener Motorensymposiums halten. Doch der Mann mit dem maßgeschneiderten Zweireiher sagte ab. „Aufgrund der besonderen Umstände“, heißt es. „Er lässt schön grüßen“, ergänzt Technik-Chef Heinz-Jacob Neußer. Neußer spricht von einer Zeitwende für das Automobil, nebenbei zeigt er zwei winzige Motoren mit riesiger Leistung. Im Kongresszentrum Hofburg Wien geht es vor allem um Emissionen und ihre Gegenmittel. Zwischen Marmorplatten und Kronleuchtern sprechen Hersteller und Lieferanten über Downsizing, hohe Bordspannungen und noch höheren Kraftstoffdruck. Vieles ist bekannt. Zum Beispiel die Neungang-Automatik von Mercedes. Der Hersteller verspricht eine CO2-Reduzierung von zehn bis 18 Gramm pro Kilometer. Allerdings nicht bei den größten Motoren: In Kombination mit dem V12 der S-Klasse würde sich der Aufwand nicht lohnen. Spritsparen in Wien: Plug-in-Hyride, Verdichtungen und ZylinderabschaltungQuelle: ÖVK/Doris Kucera Mit vielen Fahrstufen allein erreicht ohnehin kein Hersteller die EU-CO2-Grenzwerte – selbst wenn Zulieferer Schaeffler im Vortrag das Potenzial erklärt. Viele Marken setzen auf Plug-in-Hybride. BMW verspricht Spaß beim halb-elektrischen Fahren in X5, 3er und 7er. Audi erklärt noch einmal den Q7 E-Tron mit Diesel-Plug-in-Hybrid. Mercedes kündigt schnelles und kabelloses Laden an, am liebsten automatisiert und verbunden mit Smartphone und Smartwatch. Ein anderer Ansatz: Autonome Fahrzeuge könnten sehr nah am Zyklus fahren. Hinzu kommen mechanische Mittel gegen den Durst: Noch mehr Gänge im Getriebe (Ziel sind zehn), weniger Gewicht, optimierte Aerodynamik und verringerte Reibung. Kennen wir alles schon. Zulieferer IAV will mit einem neu entwickelten Zylinderkopf die Verdichtung variieren und damit drei Prozent Sprit sparen. Bosch zeigt eine Wassereinspritzung. Audi überarbeitet den Volumen-Benziner des neuen A4: Mit kürzeren Ansaugwegen und höherer Verdichtung soll der 2,0-Liter-Vierzylinder 190 PS leisten und knapp fünf Liter Sprit verbrauchen. Ford setzt auf sparsame Dreizylinder und schaltet im Teillastbetrieb noch einen Topf ab. Sparsamer W12 und Dreizylinder mit 272 PSVW legt ebenfalls Ventile und Einspritzdüsen lahm: Die neue Generation des W12 kann die rechte Zylinderbank abschalten. Erstmals kombiniert der Hersteller den Turbo-Zwölfzylinder mit der Direkteinspritzung der Saug-Variante. Zusätzlich gibt es eine Saugrohreinspritzung für Teillastbetrieb und Leerlauf. Das senkt den Verbrauch auf 10,5 Liter pro 100 Kilometer. Der Klotz auf künftigen Oberklasse- und SUV-Vorderachsen leistet 608 PS sowie 900 Newtonmeter Drehmoment. Es gebe aber noch Luft nach oben, verspricht VW-Motoren-Chef Friedrich Eichler. Die Serien-Motoren mit der höchsten Liter-Leistung des Konzerns wollte Winterkorn vorstellen. Jetzt tut es Neußer. Langfristig soll der 240 PS starke 2,0-Liter-Diesel des VW Passat ein Bordnetz mit 48 Volt, 3.000 bar Einspritzdruck und einen Elektro-Verdichter bekommen. Der unterstützt die Turbos bei niedrigen Drehzahlen. Audi hat diese Technik im RS5 TDI Concept vorgestellt. Damit stiege die Leistung auf 300 PS, das Drehmoment auf 600 Newtonmeter. Neußer spricht von einem Hochdrehzahlmotor, vergleichbar mit einem Benziner. Genaue Zahlen nennt er nicht. Mehr Power pro Liter könnte es bald im kleinsten Benziner der Marke geben: Ein 1,0-Liter-Dreizylinder leistet als Prototyp 272 PS und 270 Newtonmeter Drehmoment. Eine Fingerübung mit großem Turbolader und Elektro-Kompressor. Neußer sagt, im Verbrenner stecke noch viel Potenzial. Das Klimaziel erreiche man jedoch mit Plug-in-Hybriden und Batterien mit hoher Energiedichte. 650 Wattstunden seien bereits in sechs Jahren pro Liter Volumen möglich. Im E-Golf sind es heute weniger als die Hälfte. Motorsport: Nissan, Porsche und Audi beim Wiener MotorensymposiumNeben Spritspar-Tricks und Elektro-Ideen zeigen einige Hersteller ihre Motorsport-Projekte. Nissan-Motorenchef Motohiro Matsumura stellt in Wien den neuen Achtzylinder für den LMP2-Kundensport vor. Basis ist der Serienmotor „VK56DE“, bekannt aus Patrol, Titan oder Pathfinder. Bald soll er in Rennwagen von Lola, HPD, Zytec und Oreca gut 450 PS und 569 Newtonmeter Drehmoment leisten. Voraussetzung waren Kosten von rund 80.000 Euro für ein neues Aggregat und 37.500 Euro für eine Überholung. Nach jeder Revision soll der Motor mindestens 50 Rennstunden absolvieren können. Wolfgang Hatz, Forschungs- und Entwicklungschef bei Porsche, erklärt den Le-Mans-Renner 919 Hybrid. Kein Konkurrent sei in der Lage, so viel Energie zu rekuperieren wie sein Auto. Deshalb fahre der 919 als einziger LMP1-Renner in der höchsten Elektroklasse: Pro Rennrunde kann der Porsche acht Megajoule Energie umsetzen. Hatz setzt dafür auf eine Lithium-Ionen-Batterie, ein KER-System und einen Generator im Abgasstrang: Eine Turbine wandelt überflüssigen Abgasdruck in Strom um. Audi-Technikchef Ulrich Hackenberg zieht den Vergleich zum Ingolstädter LMP1-Renner. Der Schwungmassenspeicher des R18 E-Tron könne höchstens vier Megajoule speichern. In Le Mans komme es aber nicht auf die Leistung an, sondern auf das ganze Package. Der Turbodiesel des R18 sei dafür keine Bedingung. Schmunzelnd sagt er: „Wir sind auch in der Lage, mit Otto zu gewinnen.“ Denn: „Wir sind einfach eine Firma, die gern gewinnt.“ |