BMW X3 E83 2.5i Test
13.05.2016 11:45 | Bericht erstellt von der_Derk
Testfahrzeug | BMW X3 E83 2.5i |
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Leistung | 192 PS / 141 Kw |
Hubraum | 2494 |
HSN | 0005 |
TSN | 789 |
Aufbauart | SUV/Geländewagen/Pickup |
Kilometerstand | 116000 km |
Getriebeart | Automatikschaltung |
Erstzulassung | 5/2006 |
Nutzungssituation | Privatwagen |
Testdauer | mehr als ein Jahr |
Einleitung
Der X3 trat bei mir 2015 die Nachfolge eines Renault RX4 an. Haupt-Kaufgründe: Antrieb, Getriebe - und Farbe. Ach ja, und irgendwie auch Preis und Zustand. Nachdem der Renault im Wesentlichen durch das Getriebe genervt hat, sollte das nächste Auto in jedem Fall Automatik haben, und mit einem Nissan Murano hatte ich eigentlich eine traumhafte Kombination aus Motor und Getriebe gefunden - leider etwas groß, sehr selten, und nicht in dem Erhaltungszustand aufzutreiben, den ich gerne gehabt hätte. Der X3 war die zweite Wahl, hier ist zwar das Angebot erheblich größer, leider aber auch die Divergenz der Ausstattung - unglaublich, wie oft man noch auf das Lenkrad des uralten 5er trifft, oder auch nicht mal eine Klimaautomatik vorfindet. Aber bei diesem roten X3 passte alles, bis hin zum Preis.
Nun ist ein Jahr vergangen, Zeit für einen Rückblick... |
Karosserie
Der X3 wird seit 2003 auf der Basis des 3er gebaut, das hohe Alter merkt man ihm schon hier und da an, gerade bei dem Vor-Facelift-Modell. Das Platzangebot vorne wie hinten ist verglichen mit dem größeren X5 gut, verglichen mit dem kleineren Honda CR-V hingegen nicht besser, daher habe ich mal in allen Punkten für den Durchschnitt der positiv-Wertung gestimmt. Leicht gewöhnungsbedürftig ist der seitliche Offset des Fahrersitzes, man sitzt nicht mittig vor dem Lenkrad, sondern leicht nach außen versetzt. Positiver Nebeneffekt: Im Gegensatz zum 3er ist der Mitteltunnel dem rechten Bein nicht so im Weg. Mit dem verbauten Standard-Mobiliar (keine Sport- oder Komfortsitze) kann ich anatomisch gut leben, auch wenn der Seitenhalt nicht besonders ist - die Probe gefahrenen Sportsitze waren mir dann aber in Hinblick auf Seitenhalt und Härte deutlich zu viel des Guten.
Da der E83 noch kein Schießscharten-Design für die Verglasung hat und meiner im Speziellen auch keine dunkel getönten Scheiben, ist die Übersichtlichkeit durchaus gut - und für die letzten Zentimeter hilft die akustisch signalisierende Einparkhilfe.
Der Kofferraum ist ausreichend groß und
Nachteilig ausgelegt wurde dem X3 in seiner ersten Version immer die Innenraumanmutung. Als nicht-"Premium" gewöhnter Fahrer finde ich es aber nicht so dramatisch - an den Hartplastikeinsätzen der Mittelkonsole ist das Alter zumindest deutlich spurloser vorbei gegangen als am Softlackeinsatz des Lenkrads. Wer während der Fahrt auch gerne den Armaturenträger begrabbelt: Ja, ist geschäumt. Unter'm Strich nicht um Welten besser als die preiswertere Konkurrenz der Kompakt-SUV-Sparte, aber schon so dass man einen Kostenunterschied sieht. |
Platzangebot vorn: | eng | geräumig | |
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Platzangebot hinten: | eng | geräumig | |
Kofferraum: | klein | groß | |
Übersichtlichkeit: | schlecht | gut | |
Qualitätseindruck: | minderwertig | hochwertig |
- + Ausreichend Platz auf allen Sitzplätzen
- + Relativ großer Kofferaum
- + Übersichtlich
- - Teilweise grenzwertige Materialwahl im Innenraum
- - Keinerlei klassenübliche Innenraumvariabilität
Antrieb
Der 2.5i (nicht Si) ist noch BMWs alter M54B25-Reihensechszylinder mit 192 PS - die damals goldene Mitte zwischen 2.0er (der mir auch gereicht hätte, aber es gibt ihn nicht mit Automatik) und 3.0er (den ich auch genommen hätte, wenn ich einen Passenden gefunden hätte). Glänzt er im 3er BMW noch durch gute Fahrleistungen und moderaten Verbrauch, muss man auf beides im über 1,8 Tonnen schweren X3 verzichten - was an Temperament noch nicht vom Gewicht erdrückt wird, ersäuft die alte fünfstufige GM-Automatik im Wandler. Die objektiven Fahrleistungen sind mit um 10 Sekunden von 0-100 km/h und Spitze irgendwo knapp über 200 km/h angesichts von fast 200 PS nicht wirklich gut, der Verbrauch hat sich im Schnitt bei ca. 12,5 Litern eingependelt - 10 Liter auf der Autobahn wenn man es bei 140 km/h gut sein lässt, 9 Liter auf zart gefahrenen Landstraßen, oder auch mal 15 Liter im Stadtverkehr. Die Reichweiten mit dem 68-Liter-Tank fallen daher auch nicht allzu großzügig aus.
Klingt bis hierhin nicht sonderlich positiv.
Mit diesen Nachteilen erkauft man sich aber einen ausgezeichneten Antriebskomfort - lauter wird der Motor erst jenseits von 3500 U/min, von den Schaltvorgängen ist auch unter Last fast nichts zu spüren - und ganz nebenbei dürfte das Ganze mechanisch ziemlich unverwüstlich sein. |
Motorleistung: | schwach | stark | |
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Durchzug: | unelastisch | elastisch | |
Drehfreude: | zäh | agil | |
Getriebe/Schaltverhalten: | schlecht | gut | |
Verbrauch: | durstig | effizient | |
Reichweite: | gering | hoch |
- + Hohe Laufruhe
- + Komfortable Automatik
- - Hoher Verbrauch
- - Geringe Reichweite
Fahrdynamik
Den fahrdynamischen Anspruch merkt man noch am ehesten an der Lenkung, die ein gutes Gefühl für die Straße vermittelt sowie dem spurtreuen und straff abgestimmten Fahrwerk. Während Mobiliar, Motor und Getriebe geradezu amerikanisch komfortabel gehalten sind, holt einen das Fahrwerk sprichtwörtlich auf den Boden der Tatsachen zurück: Der Federungskomfort bleibt ein wenig auf der Strecke, selbst mit der kleinstmöglichen Bereifung (215/60R17). Der Abrollkomfort bei Querfugen ist zwar gut, langsam gefahrene diagonale Verwerfungen hingegen bringen den Aufbau aber recht ruppig aus der Ruhe. Ein Vorteil der Abstimmung ist, dass sich das Fahrwerk auch bei 200 km/h scheinbar noch langweilt, die Straßenlage bei höheren Geschwindigkeiten ist für die Fahrzeugklasse hervorragend.
Die Bremsen sind großzügig dimensioniert, zu schnell angegangene Kurven quittieren die schmalen 215er mit harmlosem Untersteuern. Der Wendekreis wird durch den langen Radstand begrenzt, das können andere, ähnlich große SUV besser.
Was hingegen nur wenige besser hinbekommen, ist der Allradantrieb mit permanent angetriebener Hinterachse und automatisch zuschaltender Vorderachse. Ist mit aktiviertem ESP auf glatten Straßen sehr fahrsicher zu bewegen, Verzögerungen beim Zuschalten fallen dabei keine auf. Ohne ESP wechselt der Charakter zu munterem Übersteuern. Mit der Bergabfahrhilfe verlieren im Winter auch glatte Bergabpassagen ihren Schrecken, gerade in Verbindung mit der Automatik, denn diese lässt konstruktionsbedingt nur wenig Motorbremswirkung zu. |
Wendekreis: | groß | klein | |
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Beschleunigung: | langsam | schnell | |
Lenkung: | schwammig | direkt | |
Bremsen: | schwach | standfest | |
Fahrverhalten: | unausgeglichen | ausgeglichen | |
Kurvenverhalten: | unsicher | sicher | |
Wendigkeit: | träge | agil |
- + Sehr angenehmes Lenkgefühl
- + Sichere Straßenlage auch bei hohen Geschwindigkeiten
- - Unnötig straffe/harte Fahrwerksabstimmung
Komfort
Vorne wie hinten sitzt es sich mit meiner Körpergröße (ca. 1,90 cm) recht entspannt und komfortabel, zumindest solange die Fahrbahn ausreichend eben ist - das Fahrwerk macht sich keine Mühe, sonderlich viele Unzulänglichkeiten des Straßenbaus zu verstecken. Motorgeräusche werden erst bei höheren Drehzahlen präsent, Windgeräusche vom vorderen Panoramadachansatz sind besonders bei zurückgefahrener Abdeckung relativ deutlich. Insgesamt ist es aber ein über den gesamten Geschwindigkeitsbereich relativ leises Fahrzeug, wozu auch die Übersetzung beiträgt (ca. 100 km/h bei 2000 U/min).
Das Bedienkonzept entspricht dem BMW-Standard der Prä-iDrive-Ära. Das "Professional"-Navi ist zwangsweise nicht mehr auf der Höhe der Zeit, und bietet funktional abgesehen vom klappbaren Bildschirm nicht mehr als die drei Jahre ältere VDO-Festeinbaulösung meines alten Renault. Ich ertappe mich allerdings dabei, nicht mal mehr nach Kartenansicht zu fahren, sondern einfach nur nach den Richtungspfeilen - klappt erstaunlich zuverlässig. Immerhin nimmt das Radio auch schon MP3-CDs, sodass der Wunsch nach einem Wechsler oder USB-Anschluss nicht zwangsweise aufkommt.
Zu bedienen gibt es ansonsten nicht viel - der Regensensor kann zuweilen in der Empfindlichkeit nachjustiert werden, aber der Hebel steht seit dem ersten Tag auf Automatik, und hat noch nicht einmal fälschlicher Weise die trockene Scheibe gewischt. Die Lichtautomatik reicht eigentlich auch, nur in der Dämmerung oder auf der Autobahn überstimme ich sie noch manuell. Die Klimaautomatik ist ebenfalls seit dem ersten Tag im "Auto"-Modus und musste noch nie umgestellt werden. Das einzig irritierende ist, dass die Temperaturregelung der Mittelausströmer davon unabhängig ist, das interpretiere/benutze ich mittlerweile als "Wintereinstellung" (warm), "Übergangszeit (mitte) und "Sommer (kalt), noch einfacher wäre es allerdings, wenn das an die Temperatur der Klimaautomatik gekoppelt wäre. |
Federung (sportlich): | schlecht abgestimmt | gut abgestimmt | |
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Sitze vorn: | unbequem | bequem | |
Sitze hinten: | unbequem | bequem | |
Innengeräusche: | laut | leise | |
Bedienung: | kompliziert | intuitiv | |
Heizung/Klimatisierung: | schwach | wirkungsvoll |
- + Sinnvoll funktionierende Automatiken
- + Gute Klimatisierung
- + Bequemes Mobiliar
- - Unkomfortable Federungsabstimmung
- - Windgeräusche Panoramadach
Emotion
Design ist ja wie immer Geschmackssache, in dieser Hinsicht gefällt mir die Karosserie als Solches ausgesprochen gut, sie steht aber auf viel zu kleinen Reifen (Durchmesser, nicht Breite), und daran lässt sich leider auch nicht mehr viel ändern. Entgegen dem proklamierten SAV-Anspruch erschöpft sich die Sportlichkeit in der Fahrwerksauslegung, der Grundanspruch ist eher komfortabel, und die Fahrleistungen sind angesichts der Motorleistung eher träge. Man kann zwar mit größerem Motor, Sportfahrwerk und -Sitzen durchaus etwas halbwegs Schnelles/"Sportliches" daraus machen, aber das hohe Gewicht lässt sich dadurch nicht wegdiskutieren.
Image? Immerhin sozialverträglicher als ein X5, aber dennoch wird es wohl eher als der typische Hausfrauen-KiTa-Bomber angesehen (besonders in der Farbe), ungeachtet der Tatsache, dass die Innenraumgestaltung für ein Familienfahrzeug bemerkenswert schlecht ausgeführt wurde - kaum Ablagen, kaum variabel. Gänzlich unten durch ist man in Gesprächen meistens, wenn man dann auch noch zugibt nicht einen zugegebener Maßen halbwegs sparsamen Diesel unter der Haube zu haben, sondern - Oh Gott! - den drehmomentarmen Spritvernichter, bei dem jeder Tankvorgang den Börsenkurs des Rohöl-Barrels beeinflusst.
Warum also nicht den Diesel? Weil der Benziner im Gegensatz zu diesem eine beinahe schon japanisch anmutende Zuverlässigkeitsstatistik an den Tag legt . |
Design: | langweilig | attraktiv | |
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Temperament (komfortabel): | ausbaufähig | realisiert | |
Image: | negativ | positiv |
- + Auch nach Jahren noch gefälliges Erscheinungsbild
- + BMW-typische Tugenden: Motor, Lenkung, Fahrwerk
- - Zu fett
- - Zu langsam
- - Zu politisch unkorrekt
Unterhaltskosten
KFZ-Steuer pro Jahr | 100-200 Euro |
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Verbrauch auf 100 km | über 10 Liter |
Inspektionskosten pro Jahr | 500-700 Euro |
Gebrauchtwagengarantie | 12 Monate |
Werkstattkosten pro Jahr | bis 200 Euro |
Versicherungsregion (PLZ) | 32657 |
Haftpflicht | 200-300 Euro (40%) |
Teilkasko | 50-100 Euro |
Gesamtfazit zum Test
- + Klassischer Reihensechszylinder
- + Gutes Platzangebot
- + Wirksamer Allradantrieb
- - Bescheidene Fahrleistungen
- - Hoher Verbrauch
Bei geringer Jahresfahrleistung und ohne Geländeansprüche passt der X3 ziemlich genau in die Lücke, die zwischen vierzylindrigen Kompakt-SUV zumeist japanischer Herkunft und der Unterhaltsklasse von X5 und M-Klasse klafft, und ist dabei zwar relativ teuer in der Anschaffung, aber auch wertstabil. Mit dem Benziner umgeht man - abgesehen vom Verteilergetriebe und dem Panoramadach - die teuren Reparaturwahrscheinlichkeiten der Diesel (DPF, Steuerkette, Drallklappen, etc.) und bekommt ein langlebiges SUV mit komfortablem Antrieb und gutem Platzangebot.
Was man mit dem 2.5er hingegen nicht bekommt, ist das versprochene sportliche SUV (oder laut BMW: SAV), das lassen die eher behäbige Fünfstufen-Automatik und das Gewicht nicht zu. Der Verbrauch ist nicht mehr zeitgemäß, die Ausstattung der auf dem Markt befindlichen X3 in weiten Teilen beschämend angesichts des exorbitanten Neupreises, und insbesondere die Innenraumvariabilität ist im Klassenvergleich einfach nur schlecht.