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Mercedes B-Klasse W242 Electric Drive Test

23.06.2022 07:39    |   Bericht erstellt von hw9m

Testfahrzeug Mercedes B-Klasse W242 Electric Drive
Leistung 180 PS / 132 Kw
HSN 1313
TSN EJK
Aufbauart Van
Kilometerstand 88000 km
Getriebeart Automatikschaltung
Erstzulassung 11/2017
Nutzungssituation Privatwagen
Testdauer mehr als 5 Jahre
Gesamtnote von hw9m 4.5 von 5
weitere Tests zu Mercedes B-Klasse W242 anzeigen Gesamtwertung Mercedes B-Klasse W242 (2014 - 2017) 4.5 von 5
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Einleitung

Ich habe meinen B250e im Jahr 2017 nach dem Produktionsende gekauft: mein Händler hatte noch ein Ausstellungsfahrzeug in Vollausstattung, das ich zu einem sehr gute Preis übernehmen konnte. Seitdem fahre ich das Fahrzeug beruflich und privat. In der Firma bin ich seit 2013 rein elektrisch unterwegs (vor dem Mercedes B250e mit dem Smart ForTwo ED), privat haben wir noch einen Smart ForFour Benziner in der Familie.

Karosserie

5.0 von 5

Der B250e war 2017 neben dem e-Golf das einzige Fahrzeug, das mit 5 Sitzen und richtig viel Platz als e-Fahrzeug zu kaufen war. Die Qualität der Karosserie ist enorm, bis heute absolut null Probleme mit allen Beweglichen Teilen, der Lack ist perfekt, und alle Details sind nach wie vor perfekt. Eben das, was man von Mercedes für den Listenpreis erwarten darf.

 

Gegenüber den Verbrenner-Versionen liegt der B250e etwas höher (was mit Kunststoff an den Radläufen und anderen Elementen gut kaschiert wird), dadurch ist der Einstieg aber perfekt, näher am SUV als am Kompaktwagen. Man muss nicht alt sein, um das zu schätzen: etwas Rücken oder ein Sportunfall reichen, und man freut sich über den perfekten Einstieg.

 

Die Höhe des Fahrzeugs sorgt dafür, dass man trotz der relativen Kürze des Wagens einen extrem luftigen Innenraum und einen grossen Kofferraum hat. Die Heckklappe öffnet weit und gut, Einladen geht einfach, die Ladekante ist zudem serienmässig durch eine Edelstahl-Blende geschützt.

 

Von der Karosserie her das beste Fahrzeug, das ich je besessen habe.

Testkriterien
Platzangebot vorn: eng geräumig
Platzangebot hinten: eng geräumig
Kofferraum: klein groß
Übersichtlichkeit: schlecht gut
Qualitätseindruck: minderwertig hochwertig
Fazit - Karosserie
  • + Bequemer Einstieg
  • + Gute Übersicht
  • + Weit öffnende Türen
  • + Kofferraum eben, hoch, Fach im Boden praktisch
  • + Tolle Verarbeitung
  • - Ladepunkt auf der falschen Seite des Fahrzeugs (hinten links)

Antrieb

3.5 von 5

Der beste Antrieb, den es gibt: praktisch geräuschlos, Drehmoment und Durchzug ohne Ende, keine Schaltrucke, kein "Warmfahren", von Anfang an zu 100% da und nutzbar. Das ist Luxus pur. Ich werde nie wieder einen Verbrenner kaufen, selbst der beste Motor ist Steinzeit im Vergleich zum Elektroantrieb.

 

Andererseits: der B250e war eine Notlösung, ein Gemeinschaftswerk von Tesla und Mercedes, ein Feigenblatt für Kalifornien und seine Gesetze: ein miserables Thermo-Management der Batterie, extrem hoher Verbrauch im Winter, nur 28 kWh Akku. Das wäre alles kein Problem, wenn man via CCS schnell laden könnte. Kann man aber nicht: 11 kW AC ist alles, was geht, von 10% auf Voll sind das über 2 Stunden an der Wallbox.

 

Für mich spielt das keine Rolle, sonst hätte ich mir den Wagen kaum gekauft: von Basel komme ich auch im tiefsten Winter problemlos nach Freiburg im Breisgau, Zürich, Bern, Luzern etc., und wenn es weiter geht, dann fahre ich sowieso mit der Bahn, beruflich wie privat.

 

Ladezeiten: wer daheim und im Betrieb laden kann, der verbringt weniger Zeit mit Laden als jeder Verbrenner-Fahrer. Ich warte nie: mein Auto lädt, während ich arbeite, schlafe, esse. Meine Frau verbringt mit ihrem Smart mehr Zeit an der Tankstelle, als ich an irgendwelchen Ladestationen. Selbst mit diesem Lade-Fossil. Das hängt aber natürlich stark von den persönlichen Anforderungen und Möglichkeiten ab.

 

Den "extrem hohen Verbrauch" muss man übrigens relativ betrachten: 24 kWh/100 km im Winter ist viel im Vergleich zu moderneren e-Fahrzeugen, die mit unter 20 kWh/100 km auskommen, im Vergleich zu Verbrennern ist das immer noch ein Witz: es entspricht rund 2.6 Liter Benzin. Und die kosten bei unseren Strompreisen in der Schweiz ca. 6 EUR, und wenn der Strom vom Dach kommt (PV-Anlage) sogar noch deutlich weniger.

Testkriterien
Motorleistung: schwach stark
Durchzug: unelastisch elastisch
Drehfreude: zäh agil
Getriebe/Schaltverhalten: schlecht gut
Verbrauch: durstig effizient
Reichweite: gering hoch
Fazit - Antrieb
  • + Drehmoment, Drehmoment, Drehmoment. Ab Drehzahl 0!
  • + Extreme Ruhe
  • + Tolle Schaltung (1 Gang, was gibt es Besseres?!)
  • + Im Vergleich zu Verbrennern minimaler Verbrauch (entspr. ca. 2.5 l Benzin)
  • - Gegenüber e-Fahrzeugen relativ hoher Verbrauch, vor allem im Winter
  • - Miserable Reichweite (aber das weiss man, wenn man das Auto kauft)
  • - Laden nur mit 11 kW möglich, kein CCS (der grösste Fehler von Mercedes an diesem Fahrzeug)

Fahrdynamik

4.5 von 5

Klar, das ist kein Kurvenflitzer, dazu ist der Wagen zu schwer, zu gross, zu hoch. Aber das Gewicht des Akkus im Boden des Autos sorgt für eine enorme Stabilität insgesamt, zusammen mit der Lenkung und dem relativ straffen Fahrwerk ist man sehr direkt unterwegs, man fühlt Auto, Strasse und den Fahrzustand bestens. Gegenüber den B-Verbrennern fühlt sich das Auto beim Fahren eine ganze Klasse "grösser" an, der leise Antrieb, der tiefe Schwerpunkt, der enorme Durchzug machen gefühlt einen Sprung wie von der E- auf die S-Klasse aus.

 

Toll auch der Wendekreis: wirklich sehr klein (der Golf Kombi hat fast einen Meter mehr), dazu hat die Lenkung auf beiden Seiten klare und feste Anschläge, man dreht nicht gefühlt in "Schaumgummi", wie das bei anderen Fahrzeugen der Fall ist, sondern hat eine klare Rückmeldung des Fahrzeugs: bis hier und nicht weiter. Klack, fertig.

 

Der B250e bremst hervorragend. Noch besser als das "richtige" Bremsen ist aber die Rekuperation: damit ist ein flüssiges Fahren fast ohne Bremse möglich, auch wenn die Rekuperation anders als z.B. beim i3 von BMW nicht das richtige Bremsen ersetzen kann (der Mercedes steuert die Bremslichter nicht bei der Rekuperation, er darf daher nicht zu stark bremsen. BMW kann das besser). Schade nur, dass sich die höchste Rekuperationsstufe nicht fest als Standard einstellen lässt, man muss zu Beginn jeder Fahrt kurz am linken Schaltpaddel hinter dem Lenkrad ziehen. Kein Akt, aber Standard wäre schöner.

Testkriterien
Wendekreis: groß klein
Beschleunigung: langsam schnell
Lenkung: schwammig direkt
Bremsen: schwach standfest
Fahrverhalten: unausgeglichen ausgeglichen
Kurvenverhalten: unsicher sicher
Wendigkeit: träge agil
Fazit - Fahrdynamik
  • + Extrem übersichtliches und handliches Fahrzeug
  • + Durch Batterie im Boden perfekte Strassenlage
  • + Rekuperation ermöglicht Fahren mit wenig Bremsen
  • + Lenkung, Lenkradumdrehung, Rückstellkräfte: perfekt
  • - Gewicht des Fahrzeugs ist in Kurven spürbar
  • - Hohe Rekuperation kann nicht als "Standard" eingestellt werden, muss bei jeder Fahrt aktiviert werden

Komfort

5.0 von 5

Komfort ist der 2. Name dieses Autos! Super Sitze (ich habe die Sportsitze, alles Leder), praktisch geräuschlose Fahrt (Akkustikpaket), wirklich perfekte Bedienung (richtige Schalter, Drehregler etc., nicht nur Slider und andere Wegwerf-Lösungen).

 

Unerreicht der Klima-Komfort: sowohl Heizung (im Winter) als auch Kühlung (im Sommer) lassen sich vor Fahrtbeginn direkt oder auf Termin via Smartphone starten, mit dem Wagen habe ich noch nie einen Eiskratzer benötigt: 10 min. vor Abfahrt Heizung ein vom Wohnzimmer aus, und zur Abfahrt ist das Auto abgetaut, freie Sicht nach allen Seiten, und ein warmer Hintern noch dazu dank Sitzheizung, die auch vorwärmt.

 

Klima und Heizung sind gut dimensioniert, Wärme oder Kälte steht sofort perfekt zur Verfügung. Zudem muss kein Motor warm werden: die Heizung läuft natürlich elektrisch. Toller Nebeneffekt: im Stau bleibt es warm im Winter, kühl im Sommer, die Klimaanlage läuft, egal ob der Motor an ist oder aus. Der Stromverbrauch der Klimaanlage oder Heizung ist übrigens minimal, die kurze Reichweite des Autos im Winter ist dem Thermo-Management (dem nicht vorhandenen) der Batterie zu verdanken, nicht der Heizung.

Testkriterien
Federung (komfortabel): schlecht abgestimmt gut abgestimmt
Sitze vorn: unbequem bequem
Sitze hinten: unbequem bequem
Innengeräusche: laut leise
Bedienung: kompliziert intuitiv
Heizung/Klimatisierung: schwach wirkungsvoll
Fazit - Komfort
  • + Komfort: der 2. Name dieses Autos! Einfach perfekt
  • + Sitze vorne perfekt, riesiger Verstellbereich, Sitz-Memo toll gelöst
  • + Klima: besser geht's nicht. Vorheizen oder Vorkühlen via Handy-App, extrem effektive Kühlung und Heizung

Emotion

3.5 von 5

Schönheit liegt im Auge des Betrachters, soviel ist sicher. Mir persönlich gefällt der B250e sehr gut, aber eben: ich bin voreingenommen.

 

Andererseits: wenn ich das Auto fahre, dann sitze ich drin. Wie es von aussen aussieht, ist mir eigentlich egal, ich kaufe mein Auto für mich, nicht für meinen Nachbarn. Und innen: da ist es wirklich toll, mit massiven Lüfter-Auslässen in Alu, schönem Holz, tollen Bedienelementen, noch ganz ohne Wischen, Rutschen, Touchen, einfach nur richtige analoge Bedienung. Wer mit mir einmal mitgefahren ist, der ist in der Regel geheilt: Familien- oder Altherrenkutsche, klar, aber innen, Temperament, Ruhe und Durchzug: WOW!

 

Insofern bin ich zufrieden, was diesen Aspekt betrifft. Aber ich weiss auch, dass sich die Emotionen im Strassenverkehr im Rahmen halten, nur: das ist mir wurscht.

Testkriterien
Design: langweilig attraktiv
Temperament (komfortabel): ausbaufähig realisiert
Image: negativ positiv
Fazit - Emotion
  • + Sauberes Design, vor allem innen
  • - Kein Auto, das man wegen der Emotionen kauft...

Unterhaltskosten

KFZ-Steuer pro Jahr 500-600 Euro
Verbrauch auf 100 km bis 3 Liter
Inspektionskosten pro Jahr 100-300 Euro
Gebrauchtwagengarantie keine vorhanden
Werkstattkosten pro Jahr bis 200 Euro

Gesamtfazit zum Test

Aus diesen Gründen kann ich den empfehlen:

Wer einen Zweitwagen sucht, mit dem man die Kinder zum Sport, den Opa zur Physio, man selber zum Einkaufen fährt, wo Platz benötigt wird, aber keine Langstrecken anstehen, wo Kurzstrecken vorherrschen, und wenn man daheim eine Wallbox installieren kann: dann ist der B250e das bequemste, sportlichste, nützlichste und dazu noch sparsamste Auto, das man sich vorstellen kann. Einfach perfekt, praktisch, analog, und vor allem extrem komfortabel. Vorheizen, Vorkühlen, beim Warten immer so warm oder kalt, wie man es gerade möchte, weil kein Motor laufen muss, damit man heizen, kühlen oder einfach nur lüften kann, dazu Raum, Ruhe, Sicherheit und Fahrleistungen auf GTI-Niveau. Der perfekte Zweitwagen. Mit einer Qualität für die Ewigkeit.

Aus diesen Gründen kann ich den nicht empfehlen:

Laden, laden, laden: 11 kW AC ist alles, was das Auto kann. Als Erst-Fahrzeug für fast jeden unbrauchbar (für mich nicht, aber das hängt vollkommen von der persönlichen Situation ab).

 

Risiko: die Batterie hat zwar 8 Jahre Garantie, der grösste Teil der Gebrauchten liegt noch darunter. Was aber ist, wenn die 8 Jahre vorbei sind? Normalerweise halten Batterien sehr viel länger, aber wenn, dann ist unklar, ob überhaupt Zellen oder die ganze Batterie gewechselt werden kann (Tesla-Technik, niemand kann über die Verfügbarkeit Auskunft geben), was das kostet, und wie lange das dauert, selbst wenn irgendwo auf der Welt noch Teile verfügbar wären.

 

Dazu kommt, dass er Wagen ein Exot ist: es gibt eine ganze Reihe Anbauteile nur schon an der Karrosserie, die e-spezifisch sind und kaum oder schwer zu beschaffen. Daher kann schon ein simpler Blechschaden für lange Wartezeiten und hohe Kosten sorgen.

 

Mir persönlich war das egal: das Auto ist im Rahmen dessen, was es kann, so gut, dass ich die Risiken als "early adopter" eingegangen bin. Schade ist vor allem das Batterie-Risiko, weil der Rest vom Auto wirklich für die Ewigkeit gebaut ist. Mercedes-Qualität, wie man es vom /8, W123 und den späten W124 gewohnt war.

Gesamtwertung: 4.5 von 5
Das Testfahrzeug erhielt im Test durchschnittlich 4.5 von 5 möglichen Sternen
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