Mercedes C-Klasse S206 43 AMG 4MATIC Test
16.04.2025 17:37 | Bericht erstellt von ImPoSand
Testfahrzeug | Mercedes C-Klasse S206 43 AMG 4MATIC |
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Leistung | 421 PS / 310 Kw |
Hubraum | 1991 |
HSN | 2222 |
TSN | BJA |
Aufbauart | Kombi |
Kilometerstand | 8000 km |
Getriebeart | Automatikschaltung |
Erstzulassung | 5/2023 |
Nutzungssituation | Privatwagen |
Testdauer | einige Monate |
Einleitung
Vorgeschichte: Auf der Suche nach einem Allrad habe ich mich in meiner örtlichen Niederlassung nach einem Ersatzmodell für meinen damaligen C205 (C300 Coupe) umgesehen. Mit meinem alten Coupe von 2017 und mit 60k km auf dem Tacho wollte ich im Winter nicht immer bangen müssen im Schnee nicht mehr nach Hause zu kommen. Das C300 Coupe hatte trotz nagelneuer Winterreifen einfach keine Haftung auf der Hinterachse. Und nach einem langen Marsch nach Hause, hatte ich die "Schnauze voll". Obwohl meine Absicht nie darauf abzielte einen AMG zu kaufen, war ein Vorführwagen mit knapp 4000 km auf dem Tacho tatsächlich die, zu der Zeit, beste Option. Durch die Tatsache, dass es ein Vorführwagen war, hat er alles erdenkliche an Assistenten und "Must Have" Ausstattungen an Bord. Auch das sündhaft teure Nappaleder mit AMG Logos in den Kopfstützen ist vorhanden und wurde, wie ich im Nachhinein feststellen musste zwar im Programm belassen, aber die Kopfstützen tragen bei neueren Modellen keine Logos mehr. Ebenfalls im nachhinein erfuhr ich, dass im Sommer 2023 die Burmester Soundanlage aus der Konfiguration genommen wurde, da sie einige Monate nicht lieferbar war. Dies war der einzige Wermutstropfen den ich hinnehmen musste, da ich die Burmesteranlage aus meinem alten C205 kannte und lieben lernte. |
Karosserie
Schon beim ersten Einsteigen im Autohaus fiel auf, dass die Qualität des Innenraumes zwischen dem neuen und alten Modell nachgelassen hat. Unterhalb der Ellenbogenlinie ist alles aus Hartplastik, wie man es nur von Brot und Butter Autos kennt. Trotzdem wirkt die C-Klasse nicht schlecht verarbeitet. Das Gefühl einen Mercedes zu fahren, bleibt erhalten. Die Sitzverhältnisse vorn, wirken etwas eingeengt. Mit 1,83m Körpergröße und knapp 100kg Kampfgewicht, fühlt man sich zwar nicht eingeengt, aber bei einem Crash würde auch nichts mehr wackeln ;-) Im Fond hat man selbst dann ausreichend Platz wenn ich mit genannten Dimensionen den Fahrersitz gemütlich eingestellt habe. Auch die Bedienung der Klimatisierung im Heck ist ein kleiner Hingucker und technisch dem Stand der Technik nachempfunden. Besonders das Ambientelicht ist gegenüber dem Vorgänger sehr weit fortentwickelt und auch die Fahrgäste im Heck bekommen in den Abendstunden große Augen, wenn sich das Fahrzeug anfängt in verschiedenste Farben zu hüllen, dazu sicher später mehr. Passatfahrer werden durch die Platzverhältnisse im Kofferraum des S206 sicher nicht aus allen Wolken fallen. Vergleicht man das T-Modell jedoch mit anderen Fahrzeugen seiner Klasse, wird man auch auf dem Datenblatt erkennen können, dass er im oberen Drittel der meisten Volumen mitspielt. Für mich als Gelegenheitsnutzer also völlig ausreichend für den Alltag. Besonders die Kofferraumbodenmulde finde ich außerordentlich praktisch. Dort habe ich zwei Regenschirme, Zwei Einkaufskörbe, eine Schneeschaufel, zwei dicke Decken, den Verbandskasten, das Warndreieck, 5 Warnwesten und sogar einen Bauhelm, berufsbedingt (Bauaufsicht) dabei. All dies verstecke im im Unterboden und wenn mein Kofferraum elektrisch aufgeht ist er völlig leer (siehe Bild). Meinen Bedürfnissen nach ein kleines Raumwunder! Im übrigen unterscheidet sich hier der C63 noch einmal vom C43, denn dieser hat im Kofferraum massivst weniger Platz und KEINEN so schicken Unterboden. Einer der Gründe, warum der C43 für mich persönlich auch einfach der bessere Daily Driver ist. |
Platzangebot vorn: | eng | geräumig | |
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Platzangebot hinten: | eng | geräumig | |
Kofferraum: | klein | groß | |
Übersichtlichkeit: | schlecht | gut | |
Qualitätseindruck: | minderwertig | hochwertig |
- + Ausgewogene Platzverhältnisse
- + Guter Kofferraumunterboden, Extraplatz für alles was immer im Auto sein sollte
- + Gelungenes Design (Subjektiv)
- - Die Qualität des Innenraums wirkt schon beim ersten Einsteigen minderwertiger als die des Vorgängers
- - Hartplastik unterhalb der Unterarmlinie im ganzen Auto
Antrieb
Beim Thema Antrieb streiten sich die Ur-AMG Fahrer und jene, welche die Technik akzeptiert oder zumindest gelernt haben damit zu leben. JA! Es ist ein 4 Zylinder, JA! das ist für den C-AMG nicht gebührlich. Ich sehe die Welt hier sehr kontrastreich. Zum einen bin ich mir sicher, wäre der AMG mit 4 Zylinder erfolgreicher gewesen, würde ich als günstiges Allradmodell keinen AMG fahren. Der Name AMG hat Federn gelassen, viele Meinungen in der social Media Welt tendieren eher zum M Modell von BMW statt dem Affalterbacher und das nur wegen einer Technik, von der die Kollegen in Affalterbach ernsthaft der Meinung sind, sie nicht gut genug erklärt zu haben. Jeder AMG Fahrer, welcher selbst schon mehrere Jahre einen AMG besaß, muss nur den Startknopf im 206 drücken und kann spüren... viel Emotion, viel AMG ist hier nicht zu Hause. Und JA! Das sehe ich selbst als jemand der das Auto nur wegen des Allrads kaufte sogar so. Aber... der 206, sowohl der C43, als auch der C63 können gegenüber ihrer Vorgänger pendants performen. Nein! Nicht nur performen. Sie können sie schlagen! Und das auf so viele verschiedene Arten. Zum Fahrwerk komme ich später noch unter dem Punkt Fahrdynamik, aber auch Leistungstechnisch fährt der 206 dem 205 davon. Der clevere, smarte 4 Zylinder, welcher seinen 6 und 8 Zylindern das fürchten lehrt. Ich betrachte es eher wie die Geschichte vom Hasen und Igel. Der 6 Zylinder des Vorgängers war laut und überheblich, er dachte er sei der schnellere, aber der entschlossene und clevere 4 Zylindermotor mit elektrischem Turbolader aus der F1 Welt, gewinnt das Rennen ohne einen Ruf verlieren zu können. Fazit: Ein großes und bekanntes Manko dieses Modells ist das Automatikgetriebe. Auch ich habe mich mehrfach schon erschrocken, weil die Schaltschläge und gerade der Gangwechsel rund um den dritten Gang sich manchmal wie ein Auffahrunfall anfühlen. Hier ist definitiv KEIN Mercedes Feeling vorhanden. Immer wenn mir dies passiert, vermisse ich die Butterweiche und wirklich perfekte Schaltung des C205 Vorgängers. Hier kann ich leider nichts beschönigen, der Komfort ist in nicht allzu seltenen Fällen einfach Mist! Über die Punkte Verbrauch und Reichweite müssen wir nun wirklich nicht diskutieren. Wer einen AMG kauft, sollte wissen, dass Effizienz und Sparsamkeit eher Fremdworte sind. Trotz 4 Zyl. habe ich einen Realverbrauch von 14 Litern in der Stadt und 9 Liter bei Mischfahrten (200km Tempo 120kmH - Autobahn, 100km Tempo 180 - Autobahn) Die Reichweite variiert somit zwischen 380km und 700km mit mittlerweile serienmäßigen 66 Liter Tank. |
Motorleistung: | schwach | stark | |
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Durchzug: | unelastisch | elastisch | |
Drehfreude: | zäh | agil | |
Getriebe/Schaltverhalten: | schlecht | gut | |
Verbrauch: | durstig | effizient | |
Reichweite: | gering | hoch |
- + Starker 4 Zylinder mit F1 Technologie besser als durch emotional aufgeladene Testartikel jemals vermutet
- + Durch den fehlenden Motorsound, kein Stress mit den Nachbarn
- - Durch fehlenden Motorsound wenig Emotion beim Start
- - Trotz 4 Zylindermotor keinen Spareffekt an der Tankstelle
Fahrdynamik
Dank Mehrlenker Hinterachse ist der Wendekreis für ein solch großes und doch schweres Auto geringer. Mercedes hatte hier schon immer gute Werte, aber die bewegliche Hinterachse ist hier eine echte Hilfe. Die Beschleunigung ist kraftvoll und ohne Unterbrechungen spürbar. Es ist ein AMG und das lässt er spüren. Glaubt man den Testberichten heißt es, die Lenkung ist sehr direkt und präzise und stellt alles zuvor dagewesene in den Schatten. In der Praxis im Alltag und außerhalb der Rennstrecke ist die Lenkung ein Traum. Unfassbar präzise gegenüber einem Golf 7 zum Beispiel. Was mich nochimmer am meisten begeistert ist Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten. Ich habe so manch schnelles Auto schon gefahren, aber mit noch keinem bin ich mit mehr als 250 kmH in langgezogene Autobahnkurven gefahren und hatte das Bedürfnis noch schneller zu werden. Der Allrad krallt sich in den Asphalt, das Fahrwerk funktioniert in jedem Modus zwischen Comfort, Sport und Sport+ ausgereift und Vertrauenswürdig. Ich habe gegenüber anderen Autos und Situationen noch nie das Gefühl gehabt, ich wäre nicht in Sicherheit oder die Kurve ist zu spitz. In Sport + hat man in Kurven das Gefühl der Physik den Krieg zu erklären. Eher rutscht der Sitz mit dem angeschnallten Fahrer durch die geschlossene Fahrertüre auf den Asphalt, bevor dieses Auto den Kontakt zur Straße verliert. Wahnsinn! Manchmal vergisst man aufgrund dieses wirklich raffinierten und technisch hoch entwickelten Fahrwerks, dass es trotzdem "nur ein Kombi" ist. Und genau das zeigt mir eigentlich, dass AMG hier ganze Arbeit geleistet hat. Manche sind der Meinung, dass das Fahrwerk im Komfortmodus nicht weich genug sei, fahren aber mit 20" Bereifung. Ich bin der Meinung, dass die Unterschiede deutlich spürbar sind und man sicherlich zwischen den drei Stufen den Komfortmodus hätte komfortabler machen können, besonders wenn man durch Städte mit Schlaglöchern, so groß wie Kleinwagen fährt, aber wer sich einen AMG kauft, sollte nicht damit rechnen einen SUV mit 30cm Federweg zu bekommen. |
Wendekreis: | groß | klein | |
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Beschleunigung: | langsam | schnell | |
Lenkung: | schwammig | direkt | |
Bremsen: | schwach | standfest | |
Fahrverhalten: | unausgeglichen | ausgeglichen | |
Kurvenverhalten: | unsicher | sicher | |
Wendigkeit: | träge | agil |
- + Mehrlenker Hinterachse ist funktional ein Traum
- + In sämtlichen Situationen perfekten Halt auf der Straße
- + Übereinstimmung von visueller und physischer Höhe des Fahrzeugs
- - Der Unterschied des dreistufigen Fahrwerk Härtegrads könnte ausgeprägter sein
Komfort
Der Gedanke, dass ein AMG nicht komfortabel sein kann, ist grundsätzlich nicht falsch. Es kommt darauf an was man unter Komfort versteht. Wer eine weiche, komfortable C-Klasse sucht, hat sicherlich nicht bis hierher gelesen. Für ein Auto, welches ein Fahrwerk besitzt, welches unfassbar direkt und bei hohen Geschwindigkeiten perfekt austariert ist, ist der C43 meiner Ansicht nach, auch auf 20" Felgen noch komfortabel. Komfortabel ist auch die App, in der sich mittlerweile neben allen fahrtechnisch relevanten Informationen auch Einstellungen im Licht und Animationen verstellen lassen. Die Keyless Funktion von Mercedes ist meiner Meinung nach noch immer die aktuell ausgereifteste auf dem Markt. Schon allein die Tatsache, dass sich im Schlüssel ein Bewegungsmelder befindet, der nach 2 Minuten Inaktivität verhindert, dass der Schlüssel ein Signal aussendet, welches abgefangen und so zum Diebstahl des Fahrzeugs führt, ist für alle, welche mal einen Diebstahl dieser Art erlebt haben eine Revolution ggü. anderen Marken. Es mag sein, dass ich mich zu sehr an mein Coupe gewöhnt habe, aber ich finde die Einstiege ins Auto sehr eng. Ich habe immer den Eindruck ich müsste mir die Knie unter das Kinn ziehen und streife dabei das weiche Leder des Lenkrades so unvorteilhaft, dass dieses schnell Kratzer bekommt (Perforiertes Nappaleder- Lenkrad). Alle Einstelllungen, sowohl das perfekte Ambientelicht, als auch die serienmäßig elektrischen Sitze inkl. Kopfstütze und auch die Memoryfunktionen, sowie Möglichkeiten für Sound und Musik, sind ungeschlagen. Die Bedienung des Fahrzeugs ist besonders am Anfang unheimlich kompliziert und das Sensorgeführte Touchpanel am Lenkrad macht es nicht einfacher. Hier frage ich mich wirklich wie besonders unsere älteren Generationen noch den Radiosender wechseln sollen. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass wir um die Touchpanels in der zentralen Mittelkonsole nicht umher kommen, was ich auch sehr gut finde, aber zumindest die Lenkradtasten hätte man mechanisch belassen können. Diese während der Fahrt zielsicher zu bedienen erfordert Aufmerksamkeit und einiges an Übung. Das riesige Head Up Display ist die Inkarnation des Begriffs Komfort. So viele Informationen werden den einen oder anderen, der vielleicht noch kein HUD hatte, erschlagen, aber für mich als gewöhnten HUD Fahrer ist dies definitiv eine Erweiterung zum C205 und eine sehr komfortable Art den Fahrer während der Fahrt, ohne Blick von der Straße mit Informationen zu versorgen. Das Nappaleder (höchste Ausstattungsstufe) ist sehr empfindlich, aber fühlt sich unvergleichlich gut gegenüber allen anderen Sitzmaterialien an. Ich kenne alle Formen und Farben, welche Mercedes im Sortiment hat und muss sagen, dass perforierte Nappaleder ist sicherlich Geschmackssache, aber anfühlen tut es sich auf der Haut einfach göttlich. Wie schnell der Wagen heizt oder kühlt, muss denke ich bei Mercedes nicht gesondert benannt werden. Ich hatte nie Grund zur Beschwerde. |
Federung (einstellbar): | schlecht abgestimmt | gut abgestimmt | |
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Sitze vorn: | unbequem | bequem | |
Sitze hinten: | unbequem | bequem | |
Innengeräusche: | laut | leise | |
Bedienung: | kompliziert | intuitiv | |
Heizung/Klimatisierung: | schwach | wirkungsvoll |
- + Viele individuelle Einstellmöglichkeiten am Fahrzeug
- + Optisch sehr schöne und brilliant scharfe Darstellung der Menüs und Anzeigen
- - Touch Bedienung am Lenkrad unpräzise
- - Unfassbar verwürfelte Menüeinstellungen per mittleres Touch- Bedienpanel
- - Enge Einstiege. Türen sehr kurz.
Emotion
Aus Prinzip werde ich die Diskussion zum Thema Emotion eines 4 Zylinder AMG nicht fortführen. Gerne könnt ihr es mir in die Antworten am Ende einmal mitteilen, aber wer würde bei dem Angebot eine Runde zu drehen denn sagen "Nein, weil dies ein AMG ist?" Ich denke Emotionen schlagen bei jedem anders über, aber ich freue mich jedes mal wenn ich in das Auto steige, den Knopf drücke und einen Weg, mit vielleicht ein bisschen weniger Verkehr vor mir habe :-) |
Design: | langweilig | attraktiv | |
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Temperament (sportlich): | ausbaufähig | realisiert | |
Image: | negativ | positiv |
- + Klappenauspuff und Soundmodul unterstützen auf Knopfdruck die Emotion
- - Dieses Modell brachte AMG einen großen Imageschaden und eine aufgewühlte Social Media Welt, welche alles verstärkte
Gesamtfazit zum Test
Ich empfehle das Fahrzeug an alle diejenigen weiter, welche Interesse an einem technologisch sehr hoch entwickelten Fahrzeug haben, welches unfassbar viel Spaß macht zu fahren, ein gutes Platzangebot für den Alltag anbietet und zusätzlich den Mehrwert eines AMG bereitstellt.
Aufgrund des preislichen Vorteils, welchen diese Modelle durch Ihre Unbeliebtheit in der Fangemeinde mit sich bringen, könnte sich hier auch orientieren, wer einen technisch gut ausgestatteten Kombi mit brachialer Leistung und einem tollen Design sucht.
Empfehlen würde ich dieses Auto jenen Leuten nicht, welche beim Druck auf den Startknopf ein tiefes raunen erwarten, ein vibrierendes Lenkrad brauchen und dann der Meinung sind, der Komfortmodus ist ein wenig zu unkomfortabel. Diesen Leuten empfehle ich den Hyundai i30N.
Ob die C-Klasse platztechnisch ein gutes Familienauto ist, hängt ein wenig von der Erwartungshaltung ab. Wer ein Raumwunder erwartet, für Drillingskinderwagen und 2 Teenager sollte lieber zur E-Klasse tendieren.