Mercedes C-Klasse W202 180 t-Modell Test
16.10.2012 17:16 | Bericht erstellt von Bene312
Testfahrzeug | Mercedes C-Klasse W202 180 |
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Leistung | 122 PS / 90 Kw |
Hubraum | 1799 |
HSN | 0708 |
TSN | 464 |
Aufbauart | Limousine |
Kilometerstand | 210468 km |
Getriebeart | Automatikschaltung |
Erstzulassung | 11/1996 |
Nutzungssituation | Privatwagen |
Testdauer | mehr als 3 Jahre |
Einleitung
Es ist ein ganz gewöhnlicher Mercedes, den man oft am Straßenrand sieht. Ein Auto mit Basismotor, der auf der Rennstrecke sicherlich vollkommen deplatziert wäre. Dennoch begleitet er mich schon seit über 45.000 Kilometern, davon 40.000 von LPG befeuert. Es ging durch die Stadt, über Autobahnen und Landstraßen, bis hin nach Cannes oder London. Von Zeit zu Zeit mit dem einen oder anderen Wehwehchen, aber insgesamt treu. |
Karosserie
Ein Mercedes aus den 90er Jahren neigt zum Rost. Diese Meinung ließt man häufig hier auf Motor-Talk. Und es stimmt. Bei mir zeigen sich bisher zwar keine großen Roststellen: Lediglich an der Heckklappe zeigt sich Rost und an einer 5 mm großen Stelle an einem Radlauf. Ansonsten ist das W202 T-Modell, richtig heißt es S202, kein Raumwunder und nicht mit einer E-Klasse zu vergleichen. Vorne lässt sich ganz gut Platz schaffen, wobei das dann erheblich zu Lasten potenzieller Fondpassagiere geht. Fünf Personen können durchaus zusammen fahren. Ich halte es allerdings nur auf kurzen Strecken praktikabel. Weitere Strecken sind zu viert deutlich angenehmer. Der Kofferraum ist ebenfalls ausreichend. Mit umgelegter Rücksitzbank lassen sich selbst Umzüge gut durchführen. Einem Besuch beim schwedischen Möbelhaus steht nichts im Wege. Die Kofferraumklappe scheint zwar groß, doch ein Hollandrad lässt sich zum Beispiel nicht einladen, ohne das Vorderrad abnehmen zu müssen. Auch die hinteren Türen sind bei der Beladung keine große Hilfe, weil auch sie recht klein ausfallen. Doch diese recht kompakte Bauweise des S202 hat auch Vorteile: Er ist äußerst wendig, mit kleinem Wendekreis - eine 2 1/2 spurige Straße reicht schon aus - und lässt sich auch ohne Parktronic oder Ähnliches gut einparken. |
Platzangebot vorn: | eng | geräumig | |
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Platzangebot hinten: | eng | geräumig | |
Kofferraum: | klein | groß | |
Übersichtlichkeit: | schlecht | gut | |
Qualitätseindruck: | minderwertig | hochwertig |
- + recht kompakte Abmessungen
- + kleiner Wendekreis
- + ohne Parkhilfe fahrbar
- + ausreichend Platz für lange Strecken
- + fast ebener Laderaum bei umgelegter Rücksitzbank
- - rostanfällig, auch wenn ich davon bisher fast verschont wurde
- - schmale Kofferraumklappe: für Fahrräder ungeeignet
- - wenig Beinfreiheit im Fond
Antrieb
Von einem Einstiegsmotor darf man nicht allzu viel erwarten. Der C180 holt aus seinen 1,8 Litern Hubraum 122 PS, einige davon versickern sicherlich in der Automatik, sodass das Auto eher zum Cruisen einlädt. Trotzdem ist der Motor auch für höhere Geschwindigkeiten von beispielsweise 180 km/h geeignet. Dann wird es jedoch recht laut. Ebenso steigt dann der Verbrauch an. In meinem normalen Alltagsbetrieb, inklusive längerer Strecken liegt der Verbrauch zwischen 9 und 10 Litern LPG. Umgerüstet habe ich bei 169.000 Kilometern. Nach Aussage verschiedener Mechaniker, auch einem Werkstattmeister in einer Vertragswerkstatt, verträgt der Motor den Autogasbetrieb ohne Probleme. Er ist einfach und robust konstruiert, lediglich Nebenaggregate können kaputt gehen. Ich hatte das Vergnügen mit einer verschlissenen Wasserpumpe. Der einfache Motoraufbau ist auch ein Vorteil: Die Technik ist überschaubar und lässt sich eigentlich an jeder Ecke reparieren lassen. Die Beschleunigung könnte durchaus besser sein. Einmal auf Geschwindigkeit gebracht, kann man ganz gut mitschwimmen und sogar sprinten. Der in Verbindung mit einem Automatikgetriebe serienmäßige Tempomat macht das Fahren deutlich komfortabler. Das Automatikgetriebe ist im ersten Moment gewöhnungsbedürftig. Um Motor und Kat beim Kaltstart schnell auf Betriebstemperatur zu bringen, werden die Gänge recht hoch ausgefahren. Das heißt - je nach Fahrweise - das Getriebe schaltet bei 2500 bis 3000 Umdrehungen. Wenn diese Warmfahrphase nach ein bis zwei Kilometern vorbei ist, schaltet es jedoch sehr früh, teilweise vor 2000 U/min, sodass der Wagen auch mit Drehzahlen von 1300 oder 1500 gefahren werden kann. Das Getriebe stellt sich dabei auf den Fahrer und sein Fahrprofil ein. Ein Getriebeölwechsel alle 80.000 km wird im Forum oft empfohlen und darunter schadet dessen Haltbarkeit sicherlich nicht. Neben dem Verbrauch ist natürlich auch die Reichweite wichtig: Mit meinem ca. 44 Liter großen Tank (Nettovolumen) komme ich bis zu 460 km weit. Zudem steht noch ein insgesamt 65 Liter großer Benzintank bereit. |
Motorleistung: | schwach | stark | |
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Durchzug: | unelastisch | elastisch | |
Drehfreude: | zäh | agil | |
Getriebe/Schaltverhalten: | schlecht | gut | |
Verbrauch: | durstig | effizient | |
Reichweite: | gering | hoch |
- + gute Reparaturfreundlichkeit, viel Platz im Motorraum
- + angenehmer Verbrauch
- + gute Haltbarkeit
- + ausreichende Fahrleistungen
- + niedrige Drehzahlen
- - 122 PS können in diesem Wagen eher wenig sein
- - hohe Drehzahlen beim Kaltstart
Fahrdynamik
Der s202 fühlt sich im Verkehr sehr sicher an. Die Bremsen arbeiten zuverlässig. In der Stadt ist er äußerst wendig und auch enge Straßen oder Parkhäuser sind kein Problem. Für einen Mercedes ist die Lenkung sehr direkt. Einzig die Beschleunigung könnte besser sein, wobei ich seltenst mit Vollgas starte. |
Wendekreis: | groß | klein | |
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Beschleunigung: | langsam | schnell | |
Lenkung: | schwammig | direkt | |
Bremsen: | schwach | standfest | |
Fahrverhalten: | unausgeglichen | ausgeglichen | |
Kurvenverhalten: | unsicher | sicher | |
Wendigkeit: | träge | agil |
- + sehr wendig
- + sicheres Fahrverhalten
- + gute Bremsleistung
- + direkte Lenkung - für Mercedesverhältnisse
- - zähe Beschleunigung
Komfort
Ein gutes Fahrzeug für lange Strecken. Die Vordersitze lassen sich gut einstellen, inklusive einer Neigungsverstellung der Sitzfläche. Allgemein bieten sie guten Komfort. Die Rücksitzbank lädt ebenfalls zum Mitfahren ein. Allerdings ist die Sitzfläche weich gepolstert, sodass sie den Charakter eines flauschigen Sofas besitzt. Das Cockpit ist schlicht aufgebaut. Nicht von der Materialauswahl oder Verarbeitung, sondern von der Bedienung. Es gibt wenige Knöpfe und Schalter, die gut gekennzeichnet und positioniert sind. Eine Bedienungsanleitung ist für die alltäglichen Funktionen eigentlich nicht nötig. Kommt man von einer anderen Automarke, wird der Blinkerhebel vielleicht verwirrend sein. Dieser vereint Blinkersteuerung und Scheibenwischerbedienung. Ich fahre den S202 in der Elegance-Ausführung. Von daher ist die Federung komfortabel ausgelegt und Fahrbahnunebenheiten werden gut ausgefedert. Die Heizung arbeitet nach einem Kaltstart zügig und lässt sich mittels Drehreglern auch gut einstellen. Die Temperatur für Fahrer- und Beifahrerseite können im Fall der manuellen Klimaanlage unterschiedlich geregelt werden. Auch die Klimaanlage kühlt zuverlässig. Eine Art Sollbruchstelle ist allerdings die Umluftklappe. Diese verweigert im geschlossenen Zustand oft den Dienst. Für einen Austausch muss das komplette Armaturenbrett ausgebaut werden. Abhilfe kann aber auch ein gezieltes Aufbohren der Klappe schaffen. Sie ist dann natürlich außer Funktion, doch diese Möglichkeit ist erheblich kostengünstiger. Einzig die Innengeräusche fallen im Komfortbereich negativ auf. Bei steigender Geschwindigkeit werden auch die Wind- und Motorgeräusche lauter. Daran merkt man, dass sich in den vergangenen Jahren die Isolierung der Fahrzeuge geändert hat. Für den Geschwindigkeitsbereich bis 140 km/h allerdings erträglich. |
Federung (komfortabel): | schlecht abgestimmt | gut abgestimmt | |
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Sitze vorn: | unbequem | bequem | |
Sitze hinten: | unbequem | bequem | |
Innengeräusche: | laut | leise | |
Bedienung: | kompliziert | intuitiv | |
Heizung/Klimatisierung: | schwach | wirkungsvoll |
- + komfortable Sitze
- + gute Einstellmöglichkeiten der Sitze
- + angenehme Federung
- + zuverlässige Heizung und Klimaanlage
- - hohes Innengeräuschniveau bei höheren Geschwindigkeiten
Emotion
In den 90er Jahren wurde der W202 oder S202 gerne von älteren Mitbürgern gekauft. Von daher prangt an ihm eindeutig das Rentnerimage. Stört es einen allerdings nicht, hat man ein komfortables Fahrzeug mit klassischen Design, dem man sein Alter auf den ersten Blick nicht ansieht. |
Design: | langweilig | attraktiv | |
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Temperament (komfortabel): | ausbaufähig | realisiert | |
Image: | negativ | positiv |
- + zeitloses Design
- + sehr komfortabel
- - Rentnerimage - muss aber kein Nachteil sein
Unterhaltskosten
KFZ-Steuer pro Jahr | 100-200 Euro |
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Verbrauch auf 100 km | 9,5-10,0 Liter |
Inspektionskosten pro Jahr | 100-300 Euro |
Gebrauchtwagengarantie | keine vorhanden |
Werkstattkosten pro Jahr | 200-500 Euro |
Versicherungsregion (PLZ) | 48165 |
Haftpflicht | 300-400 Euro (55%) |
Teilkasko | 50-100 Euro |
Gesamtfazit zum Test
- + problemloser Alltagsbegleiter
- + akzeptabler Verbrauch, gerade mit LPG-Umrüstung
- + komfortables Fahren
- + durchaus zuverlässig
- - kein Raumwunder
- - kein Sportwagen
- - hohe Kosten in Mercedes-Werkstätten
Der S202 als C 180 T-Modell ist ein solider Alltagsbegleiter. Wenn Reparaturen anstehen, braucht es nicht die Vertragswerkstatt, sondern fast jeder Schrauber versteht und beherrscht die Technik. Man kann komfortabel auch weite Strecken zurücklegen, dabei auch einiges einladen und transportieren. Es ist vielleicht kein Auto, mit dem man Aufsehen erregen kann, doch er punkten mit seinen inneren Werten. Inklusive des "Willkommen Zuhause Gefühls" und dem Gefühl von Sicherheit.
Ein Sportwagen ist es nicht. Stattdessen steht eher Cruisen auf dem Programm. Wer zudem viel transportieren muss oder oft zu fünft unterwegs ist, sollte auch Abstand vom S202 nehmen. Und wer keine vertrauenswürdige freie Werkstatt in der Nähe hat, sondern nur die mercedeseigene Vertragswerkstatt, muss mit hohen Kosten für Wartung und Reparaturen rechnen.