Mercedes E-Klasse W210 200 Test
16.07.2023 21:11 | Bericht erstellt von maha22
Testfahrzeug | Mercedes E-Klasse W210 200 |
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Leistung | 136 PS / 100 Kw |
Hubraum | 1998 |
HSN | 0710 |
TSN | 303 |
Aufbauart | Limousine |
Kilometerstand | 80900 km |
Getriebeart | Handschaltung |
Erstzulassung | 6/1998 |
Nutzungssituation | Privatwagen |
Testdauer | mehr als ein Jahr |
Einleitung
Seit 2 Jahren und 20000km fahre ich meinen Mercedes W210 E200 in der Elegance Ausstattung. Meiner hat eine manuelle Klima, PDC/PTS und ein besseres Becker Radio. Mein W210 hat sich über diesen Zeitraum keine Blöße gegeben und musste kein einziges Mal außerplanmäßig in die Werkstatt. Es ist mein erstes Auto, ich habe es mir mit 17 als Fahranfänger gekauft, weil das Geld für einen gepflegten W124 oder W140 nicht gereicht hat. Ein Peugeot 605 stand lange Zeit auch im Raum, leider ist es sehr schwer geworden einen brauchbaren zu finden. Vor 2-3 Jahren lagen gute Exemplare des W210 bei 3000-5000€, ein niedriger Preis für das gebotene. |
Karosserie
Platzangebot vorne: Ab 195cm wird es von der Beinfreiheit eng. Sehr breiter Innenraum. Kopffreiheit super, ich mit 190cm, hab noch 1,5 Fäuste Abstand zum Dach.
Platzangebot hinten: Bei dem auf mich eingestellten Fahrersitz, kann ich noch hinter mir sitzen und habe ca 3cm Platz bis ich mit den Knien vorne anstoße. Kopffreiheit ok, es passen noch zwei flache Hand zwischen Kopf und Dach. Innenraumbreite für 3 Personen mit 190cm etwas eng, das liegt vorallem am verhältnismäßig engen Mittelsitz. Ich würde den 210er als 4+1 Sitzer bezeichnen, denn zu viert sitzt man sehr bequem.
Kofferraum: Für eine Limo ziemlich groß, nur eine umklappbare Rücksitzbank wäre noch wünschenswert.
Übersichtlichkeit: Ich empfehle PDC. Bei ganz unten eingestelltem Fahrersitz ist die Übersicht nach Vorne eingeschränkt, auch nach hinten muss man sich erst daran gewöhnen. Ist aber bei vielen neueren Autos deutlich schlimmer, da der W210 verhältnismäßig große Fensterflächen hat.
Qualitätseindruck: Die Spaltmaße der Karosserie sind verhältnismäßig klein und gleichmäßig. Im Innenraum gibt es kein Klappern, kein Kinster und keine Verschleißerscheinungen. Der W210 ist sehr gut zusammengesteckt. Der Matrialmix ist sehr gut. Erst tief im Fußraum ist ein wenig Hartplastik, welches sich aber keineswegs billig anfühlt. |
Platzangebot vorn: | eng | geräumig | |
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Platzangebot hinten: | eng | geräumig | |
Kofferraum: | klein | groß | |
Übersichtlichkeit: | schlecht | gut | |
Qualitätseindruck: | minderwertig | hochwertig |
- + Verarbeitung ist Spitzenmäßig
- + Platzangebot vorne bis ca 195
- - Rücksitzbank könnte mehr Sitzbreite bieten (hauptsächlich Mittelsitz)
Antrieb
Ich habe mich für den Standardmotor E200 mit 136PS und Schaltgetriebe entschieden und könnte es auch so weiterempfehlen.
Motorleistung: Die 136PS in Kombination mit dem Schaltgetriebe reichen für den normalen Fahrer vollkommen aus. Vmax nach Tacho 220, wobei es ab 200 sehr zäh wird.
Durchzug: Der M111 in meinem ist ein 2 Liter Saugmotor, Durchzug zählt nicht zu seinen Stärken. Für gediegenes Beschleunigen reicht es aus, zum Überholen muss meist zurückgeschaltet werden.
Drehfreude: Wenn man zurückschaltet merkt man, dass ab 4000 Touren die Nockenwellenversteller einsetzen. Da kommt dann auch nochmal deutlich mehr Kraft, wodurch ich ihn als zufriedenstellend Drehfreudig bezeichnen würde.
Getriebe: Das manuelle 5-Gang Getriebe von Mercedes ist bei vielen sehr unbeliebt. Kalt muss ich zustimmen, manchmal ist es sehr ruppig (ist die Automatik teilweiße aber auch), aber sobald das Getriebeöl seine Betriebstemperatur hat, flutschen die Gänge wundervoll rein. Die Schaltwege könnten ein wenig kürzer sein, ist aber auch nicht so schlimm, dafür ist die Kupplung sehr leicht zu betätigen. Ich hatte in der Fahrschule einen BMW Handschalter und kam mit der Mercedes Schaltbox auf Anhieb gut zurecht.
Verbrauch: Der W210 ist ein Tolles Langstreckenauto, Kurzstrecken in der Innenstadt liegen ihm nicht sonderlich. Das merkt man auch am Verbrauch: Der W210 vermittelt meiner Meinung im Bereich zwischen 160 und 190 die beste Souveränität, deshalb ist es meine bevorzugte Reisegeschwindigkeit. Der Verbrauch beträgt in diesem Bereich 8,5-9,5 Liter. Meiner Meinung nach sehr gut! Auf der Landstraße oder Autobahn mit Begrenzung 120 schafft man bei vorrausschauender Fahrweise auch gut und gerne 6,xx Liter, nur in der Stadt/Kurzstrecke neigt er zum saufen. Im Winter liegt der Verbrauch innerorts bei 11,5 Litern.
Reichweite: In meinem ist der Serienmäßige 65 Liter Tank verbaut. Ich schaffe meist zwischen 550 und 650km, meist sind dann noch 10-15Liter Restsprit im Tank. Meine übliche Strecke teilt sich im 70% Stadt, 20% Autobahn und die restlichen 10% Landstraße auf. |
Motorleistung: | schwach | stark | |
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Durchzug: | unelastisch | elastisch | |
Drehfreude: | zäh | agil | |
Getriebe/Schaltverhalten: | schlecht | gut | |
Verbrauch: | durstig | effizient | |
Reichweite: | gering | hoch |
- + Verbrauch auf der Autobahn/Landstraße gut
- + Schaltbox im warmen Zustand befriedigend
- + Für den Einstiegsbenziner ausreichende Fahrleistungen
- - In der Stadt hoher Verbrauch
- - Kalt ist das Getriebe etwas ruppig
Fahrdynamik
Wendekreis: Der Wendekreis liegt bei knapp 11 Metern, was ich für ein so großes Auto als gut empfinde.
Beschleunigung: Von 0-100 braucht er 11 Sekunden. Es treffen halt 136PS auf 1,5 Tonnen. Für die meisten Situationen sollte es aber ausreichen.
Lenkung: Die Lenkung hat im Stand eine gewisse schwere, welche sie auch haben muss, da sich die Servounterstützung bei höheren Geschwindigkeiten nicht verringert. Ab 200 würde ich die Lenkung als zu weich bezeichnen, davor ist sie sehr angenehm. Es gab die Geschwindigkeitsabhängige Servolenkung auch als Sonderausstattung (Parameterlenkung), leider ist sie nur selten anzutreffen.
Bremsen: Das Bremspedal ist sehr weich, man kann es aber trotzdem noch gut dosieren. Bei maximaler Beladung (500kg) und mehreren starken Bremsmanövern merkt man ein gewisses Fading. Für den Normalfahrer ist es wohl kaum erreichbar, man muss es fast schon provozieren.
Fahrverhalten: Über 200 muss man sich wieder konzentrieren, da das Fahrwerk (Elegance) und die Lenkung sehr weich werden. Bei 160 bis 190 fühlt sich der W210 hingegen sehr wohl. Es ist kaum Anstrengend mehrere Stunden in diesem Geschwindigkeitsbereich zu fahren. Das Auto ist trotz fehlendem ESP auch bei jeder Geschwindigkeit und jeder Witterung gut zu beherrschen. Wenn man es provoziert bricht das Heck aus, durch den langen Radstand ist es aber auch sehr leicht damit umzugehen.
Kurvenverhalten: Der W210 ist sehr komfortabel abgestimmt, dennoch ist er nicht sofort überfordert wenn man mal etwas scheller in eine Kurve fährt.
Wendigkeit: Würd ich als normal bis gut für ein Auto dieser Klasse bezeichnen. |
Wendekreis: | groß | klein | |
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Beschleunigung: | langsam | schnell | |
Lenkung: | schwammig | direkt | |
Bremsen: | schwach | standfest | |
Fahrverhalten: | unausgeglichen | ausgeglichen | |
Kurvenverhalten: | unsicher | sicher | |
Wendigkeit: | träge | agil |
- + Trotz 4,8m Länge erstaunlich Handlich
- + Lenkung und Bremse vermitteln Komfort und Sicherheit
- + Elegance Fahrwerk sehr Komfortabel
- - Lenkung könnte direkter sein
Komfort
Federung: Der W210 mit Elegance-Fahrwerk ist eine Komfortable Reiselimo, die Federung ist meines Erachtes perfekt. Auf keinen Fall zu hart und erst ab sehr hohen Geschwindigkeiten ein wenig zu weich. Wenn man zwischen 160-190 fährt ist das Elegance-Fahrwerk zu empfehlen, wer öfter schneller fährt sollte zur Ausstattungslinie Avantgarde greifen.
Sitze vorne: Die Serien-Sitze vorne sind auch auf langen Strecken sehr bequem und bieten genügend Verstellmöglichkeiten, sodass jeder die passende Sitzposition findet. Gegenüber neueren Autos fehlt eine Lordosenstütze (meiner Meinung nicht zwindgend nötig) und eine Sitzheizung, welche Aufpreis gekostet hat.
Sitze hinten: Die äußeren sitze sind sehr bequem. Man hat genug Platz und die Mittelarmlehne ist sehr großzügig dimesioniert. Der Mittelsitz ist unbequemer. Man hat weniger Kopffreiheit und wenig Sitzbreite, dennoch lässt es sich über mehrere Stunden hinten zu dritt aushalten, selbst wenn man größer als 180 ist.
Innengeräusche: Der W210 ist sehr gut gedämmt. Selbst bei sehr hohen Geschwindigkeiten wird es nie sonderlich laut, sodass man sich immer normal Unterhalten kann.
Bedienung: Der W210 hat große, gute erreichbare und sinvoll angeordnete Tasten. Jede Taste hat ein deutliches Symobol, welches eine eindeutige Information darüber gibt, was diese Taste macht. Da können sich viele neuere Autos ein Beispiel dran nehmen.
Heizung Klimatisierung: Die Heizleistung und Kühlleistung der Klimaanlage sind zufriedenstellend. Im Nachhinein würde ich aber zu einem Fahrzeug mit Klimaautomatik raten, da es ein erheblicher Komfortgewinn ist. |
Federung (komfortabel): | schlecht abgestimmt | gut abgestimmt | |
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Sitze vorn: | unbequem | bequem | |
Sitze hinten: | unbequem | bequem | |
Innengeräusche: | laut | leise | |
Bedienung: | kompliziert | intuitiv | |
Heizung/Klimatisierung: | schwach | wirkungsvoll |
- + Tolle Standardsitze, vorne sowie hinten (Mittelsitz ausgeschlossen)
- + Bedienung sehr Intuitiv. Alles ist da, wo man es erwarten würde
- + Selbst bei 200km/h ist es im Innenraum angenehm leise
Emotion
Design: Der W210 hat 1995 bei Mercedes einen radikalen Designumbruch eingeleitet, die vier runden Scheinwerfer waren dabei das Hauptmerkmal. Ich habe mich mit dem Vieraugengesicht angefreundet, aber das ist ansichtssache. Weniger Ansichtssache sind die Proprtinen, die sehr klassisch Limosinenhaft sind. Vorne ist der Überhang kurz, hinten hingegen etwas Länger.
Temperament: Was soll man sagen, der W210 ist wie erwartet ein komfortabler Langstreckengleiter.
Image: Hätte ich es vor 5 Jahren beantworten müssen wäre es deutlich geringer ausgefallen, aber in den letzten Jahren ist der W210 immer weiter aus seinem Imagetief zurückgekommen. Viele haben erkannt, dass der W210 langsam auch Oldtimer wird und eigentlich nur eine Schwäche hat: ROST! |
Design: | langweilig | attraktiv | |
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Temperament (komfortabel): | ausbaufähig | realisiert | |
Image: | negativ | positiv |
- + Gute Proportionen
- + Auffälliges/Kontroverses Design
- - Lange Zeit im Imagetief (ROST)
Unterhaltskosten
KFZ-Steuer pro Jahr | 100-200 Euro |
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Verbrauch auf 100 km | 9,5-10,0 Liter |
Inspektionskosten pro Jahr | 300-500 Euro |
Gebrauchtwagengarantie | keine vorhanden |
Gesamtfazit zum Test
Langsam geht der W210 richtung Oldtimer. Er bietet eine gute Basis für Einsteiger. Gute, zuverlässige Motoren, die auch heute noch gut zum mitschwimmen reichen. Billige Ersatzteile, welche es auf jedem Schrottplatz gibt.
Er fährt sich im Alltag noch halbwegs modern. Viele nützliche Ausstattungen wie PDC, Klima und Sitzheizung gab es als Sonderausstattungen.
Es gibt noch viele Fahrzeuge auf dem Markt, trotzdem sind die meisten Schrottkisten schon weg.
Am Ende würde ich das vom Zustand bessere Fahrzeug nehmen. Selbst die Basismotoren laufen bei 200 schön leise und reichen für einen Youngtimer locker aus. Genauso wie die Debatte Automatik gegen Schalter. Viele meinen ein Mercedes als Schalter wäre ein NoGo. Ich sehe es anders. Die Automatiks sind viel Fehleranfälliger als die Schalter. Alle 60000km muss ein Getriebeölwechsel gemacht werden, welcher auch wieder ins Geld geht. Wenn man Schalten will/kann, kann man auch ruhig zum Schalter greifen, denn so schlecht sind sie auch wieder nicht.
Zum Angeben und rasen ist das Auto nicht geeigent, obwohl es ein Mercedes ist. Der Innenraum sieht aus wie Omas Wohnzimmer und selbst die V8 Motoren sehen kein Land gegen einen Golf R.
Genausowenig würde ich den W210 jemandem Empfehlen, der ein komplett Problemloses Auto haben will. Das Rostproblem kann man nicht wegdiskutieren, da muss man immer dran bleiben.