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Nissan Primera P 10 2.0 Test

19.12.2013 10:38    |   Bericht erstellt von oli

Testfahrzeug Nissan Primera P 10 2.0
Leistung 116 PS / 85 Kw
Hubraum 1998
HSN 2125
TSN 308
Aufbauart Limousine
Kilometerstand 165000 km
Getriebeart Handschaltung
Erstzulassung 8/1996
Nutzungssituation Privatwagen
Testdauer mehr als ein Jahr
Gesamtnote von oli 3.0 von 5
weitere Tests zu Nissan Primera P 10 anzeigen Gesamtwertung Nissan Primera P 10 (1990 - 1996) 3.0 von 5
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Einleitung

Kurz und gut: Ein einfaches, billiges, schnelles Arbeitsauto. Den Primera habe ich zwei Jahre gefahren als eine Art "Warteauto", um mir was besseres anzusparen. Emotionell gesehen war der Nissan eine traurige Affäre, aber mit den Augen eines Statistikers sieht das Ganze eigentlich ganz gut aus (Preise umgerechnet von norwegische Krone zu €uro):

 

Kaufpreis: 1875€

Verkauf: 560€

Kilometerkosten: 0,37€/km

...nur Wertverlust: 0,06€/km

...nur Treibstoff: 0,14€/km

...nur Werkstatt: 0,07€/km

Kosten per Monat: 415€

 

Der Wagen hatte zum Kaufzeitpunkt gerade den TÜV bestanden und war - für norwegische Gebrauchtwagenpreise - sensationell billig. Besonders, nachdem ich 25% abgehandelt hatte. Zum Verkauf waren die Schweller durchgerostet, und die Bremsen hinten fest. Durchgefallen im TÜV. Der Rest des Autos sah noch gut aus, mit neuen Bremsen vorne, recht frischer Kupplung und vier neuen Testgewinnerreifen. Die Bilder stammen aus meiner Verkaufsannonce.

Karosserie

3.0 von 5

Der Primera ist ein übersichtliches Auto, gebaut mit einfachen, aber einigermassen robusten Materialien. Der Kofferraum ist sehr gross für ein Auto dieser Klasse, dank der guten Karosserieform und dank der beengten Verhältnisse und steilen Sitzlehne in der zweiten Reihe. Das macht natürlich die Rücksitzbank zu einem unbeliebten Ort, für Kinder im Kindersitz taugt es aber allemal.

 

Vorne ist das Platzangebot brauchbar, es ist Platz für Füsse und Knie. Die Sitze sind allerdings sehr schlecht, zu weich und auch zu klein für jemanden wie mich - ich bin 1,90m gross. Das bedeutet u.a. dass die Rückenstütze mir auf die Schultern drückt.

 

Die Knöpfe im Armaturenbrett sind gross und gut angeordnet. Allerdings sind diese im Dunkeln überhaupt nicht beleuchtet, und die Materialqualität erinnert an billige Stereoanlagen der 90er Jahre. Wer Wert auf Haptik legt, hat also im Nissan nichts zu suchen.

Testkriterien
Platzangebot vorn: eng geräumig
Platzangebot hinten: eng geräumig
Kofferraum: klein groß
Übersichtlichkeit: schlecht gut
Qualitätseindruck: minderwertig hochwertig
Fazit - Karosserie
  • + Sehr grosser Kofferraum
  • + Gute Platzlösungen im ganzen Auto
  • + Gute Bodenfreiheit
  • - Steile Rücksitzbank
  • - Sehr schlechte Materialqualität im ganzen Auto
  • - Elendige Rostvorsorge und papierdünnes Blech

Antrieb

3.5 von 5

Der Motor ist das Sahnestück des Primera. Für seine nur 2 Liter und 120 PS lässt sich der verhältnismässig leichte Kombi erstaunlich gut bewegen. In meiner Zeit hat der Primera einiges an harten Beschleunigungen, steilen Bergpässen, heftigen Lastwechseln und hohen Drehzahlen mitmachen müssen. Alles wurde ohne Mucken bewältigt, der Wagen hat auch bei voller Beladung nie gekocht dank des sehr kapablen Kühlungssystems.

 

Kein Ölverbrauch - bemerkenswert für so einen alten Japaner - und ein sehr ansehnlicher Spritverbrauch. Reichweite bis zu 800km. Während ich anfangs als alter Volvofahrer (schaltfaule, drehmomentstarke Langhuber) von dem drehfreudigen Motor sehr überrascht war, war die Eingewöhnungsphase doch eigentlich kurz. Das Getriebe hakelte zwar ein bisschen, und der Rückwärtsgang ging schwer rein - was auch ein klassisches Japanerproblem ist - aber alles in allem die Schokoladenseite des Nissan.

Testkriterien
Motorleistung: schwach stark
Durchzug: unelastisch elastisch
Drehfreude: zäh agil
Getriebe/Schaltverhalten: schlecht gut
Verbrauch: durstig effizient
Reichweite: gering hoch
Fazit - Antrieb
  • + Erstaunlich starker, drehfreudiger, robuster Motor
  • + Breites Drehmomentband anwendbar
  • + Verbrauch im Schnitt 7,64 Liter/100km
  • + 60 Liter Tank und billiges Benzin - passt
  • - Hakeliges Getriebe, wie bei den meisten Japanern
  • - Drehwilliger Motor, der zum Überholen aber unbedingt runtergeschaltet werden muss
  • - Hoher Verschleiss an Antriebsteilen
  • - Schwache Querlenker

Fahrdynamik

3.5 von 5

Fahrwerksseitig kommt der Primera lockerflockig daher, und hinterlässt einen leicht maneuvrierbaren Eindruck. Kurvenverhalten ist gut, bei Heckausbruch aber schwerer zu kontrollieren als ein Hecktriebler. Das kann auch mit der etwas seltsamen und platzbesparend konstruierten Hinterradaufhängung zu tun haben: Es poltert kräftig, und wenn man längere Streckchen rückwärts fährt (in meinem Fall täglich), merkt man, dass die Hinterräder ein bisschen richtungslos rumdallern.

 

Für einen Fronttriebler hat das Auto bemerkenswert gute Traktion, ich bin aber auch einer, der stets neue Reifen hat - das wichtigste am ganzen Auto. Der Wendekreis ist ebenfalls gut für das Antriebskonzept, vorne ist recht viel Platz. Beschleunigen tut der Wagen dank des flotten Motors recht solide, nur die Bremsen wirken zeitweise etwas unterdimensioniert.

Testkriterien
Wendekreis: groß klein
Beschleunigung: langsam schnell
Lenkung: schwammig direkt
Bremsen: schwach standfest
Fahrverhalten: unausgeglichen ausgeglichen
Kurvenverhalten: unsicher sicher
Wendigkeit: träge agil
Fazit - Fahrdynamik
  • + Wendig und
  • + Leichtgängige, brauchbar direkte Lenkung
  • - Polternde Hinterachse
  • - Schwache Bremsen, auch mit neuen Klötzen

Komfort

2.0 von 5

Von antiken Volvo kommend, wirken alle Autos sportlich, aber auch beim Lesen anderer Tests wird klar: Der Primera ist der "arme-Leute-3er" und entsprechend wird einem selbst auf ebenen Strassen das Rückgrad geschüttelt. Das Fahrwerk leistet eigentlich eine brauchbare Arbeit, aber die Sitze sind schlicht schlecht. Hinten sind sie nicht nur schlecht, sondern grausam.

 

Die Bedienung ist einfach - viel Ausstattung gibt es in diesem Auto nicht - aber auch nicht ganz durchdacht. So gibt es im Dunkeln kein Licht in der Mittelkonsole. Das Sparmesser hat die Anzahl der Knöpfe kräftig reduziert, so steuert man u.a. die Sitzheizung für beide Sitze mit nur einem Knopf (Fahrer oder Fahrer + Beifahrer - nur Beifahrer geht nicht) und auch der Fensterheber vr ist in der Mittelkonsole plaziert. Viele Beifahrer müssen da erstmal suchen. Das Radio ist weit unten in der Mittelkonsole zu finden. Ein Minus auch für den gepäcksicherungsfreien Kofferraum.

 

Das beste Feature am ganzen Primera ist allerdings die stufenlose Verstellung des Interwallwischers am Wischerhebel. Grossartige Lösung! Hier kann man alles von ein paar Sekunden zu ca einer Minute einstellen. Eine Funktion, die ich jetzt schon vermisse.

 

Das Auto hat nur einen Fahrerairbag. Das war schon in 1996 zu wenig.

Testkriterien
Federung (sportlich): schlecht abgestimmt gut abgestimmt
Sitze vorn: unbequem bequem
Sitze hinten: unbequem bequem
Innengeräusche: laut leise
Bedienung: kompliziert intuitiv
Heizung/Klimatisierung: schwach wirkungsvoll
Fazit - Komfort
  • + Freie Intervallsteuerung der Scheibenwischer ist genial und einfach
  • + Grosse, einfache Knöpfe
  • - Mittelkonsole unbeleuchtet
  • - Keine Gepäcksicherungsmöglichkeit im Kofferraum
  • - Elendige Sitze
  • - Durchwachsene Ergonomie

Emotion

3.0 von 5

Das Design des Primera ist einfach - funktionelle Stossfänger, gute Platzausnutzung, einfache, glatte Flächen. Das gefällt mir eigentlich sehr gut, hier haben die Designer auf die Ingenieure gehört. Das gilt allerdings nicht wirklich unter der Motorhaube, das Wirrwarr an Kabeln und Sicherungskästen ist beispiellos.

 

Obwohl der Wagen sowohl praktisch, sportlich und billig ist, ist diese Generation Primera inzwischen so alt, dass es eindeutig ein Auto ist für die, die sich gar nicht um die Vorurteile anderer kümmern. Mit diesem Auto fällt man weder auf noch durch.

Testkriterien
Design: langweilig attraktiv
Temperament (sportlich): ausbaufähig realisiert
Image: negativ positiv
Fazit - Emotion
  • + Form follows function - sehr gut
  • - Wer sich um's Image sorgt, kauft keinen Nissan, so einfach ist das.

Unterhaltskosten

KFZ-Steuer pro Jahr 400-500 Euro
Verbrauch auf 100 km 7,5-8,0 Liter
Inspektionskosten pro Jahr 100-300 Euro
Gebrauchtwagengarantie keine vorhanden
Werkstattkosten pro Jahr 500-1500 Euro
Teilkasko 200-300 Euro
Außerplanmäßige Reparaturkosten Innenraum/Lüftung/Klimatisierung - Heizung/Lüftung (25 €)

Gesamtfazit zum Test

  • + Billig
  • + Schnell
  • + Praktisch
  • - Billig
  • - Nicht besonders solide
  • - Viele kleine Schwächen
  • - Sehr rostanfällig
  • - Hohe Ersatzteilpreise
Aus diesen Gründen kann ich den empfehlen:

Es kostet nicht viel, Primera zu fahren. Der Wagen ist quick, leicht und praktisch. Damit ist es das ideelle Arbeitsauto, vor allem, wenn man selbst schrauben kann. Ein Wegwerfmobil, das seine Aufgabe in diesem Sinne gut erfüllt.

Aus diesen Gründen kann ich den nicht empfehlen:

Alles schreit "billig" an diesem Auto, und der Primera hat vor allem deswegen kaum Potential zum emotionalen Klassiker. Die Rostprogression an diesem dünnen Blech ist erstaunlich.

 

Ganz oben wird nach "unerwarteten Werkstattaufenthalten" gefragt, es ist aber nur Platz für einen. Der Nissan hatte seine Runde mit Problemen, Querlenker, Ventilation, viele kleine Teile. Obwohl Neuteile teuer sind, kann man mit Glück auf Schrottplätzen fündig werden - aber obacht, der Kombi ist in Japan gebaut, die anderen Primera dieser Generation in England. Viele Teile, gar die Frontscheibe, sind nicht kompatibel.

Gesamtwertung: 3.0 von 5
Das Testfahrzeug erhielt im Test durchschnittlich 3.0 von 5 möglichen Sternen
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