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Renault Twingo I ( C06) 1.2 Test

30.11.2019 18:40    |   Bericht erstellt von VolkerIZ

Testfahrzeug Renault Twingo
Leistung 54 PS / 40 Kw
Hubraum 1239
HSN 3004
TSN 712
Aufbauart Andere
Kilometerstand 67000 km
Getriebeart Handschaltung
Erstzulassung 2/1995
Nutzungssituation Privatwagen
Testdauer mehr als ein Jahr
Gesamtnote von VolkerIZ 3.5 von 5
weitere Tests zu Renault Twingo I ( C06) anzeigen Gesamtwertung Renault Twingo I ( C06) (1993 - 2007) 3.0 von 5
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Einleitung

Eigentlich wollte ich mal einen Oldtimer haben, den man nicht restaurieren muss und weil der Twingo wohl das letzte Auto mit Klassikerpotential ist und die Preise gerade im Keller sind, habe ich mir mal einen weggestellt. Die meiste Zeit steht er also kühl und trocken in der Garage, nur wenn ich mal ein Ersatzfahrzeug brauche, kommen mal ein paar km dazu. Insgesamt ca. 4000 in 3 Jahren.

Galerie

Karosserie

3.0 von 5

Da hat Renault mal wieder eine Idee gehabt, die fast mit dem genialen R4 mithalten kann. Der Twingo hat vorne erstaunlich viel Platz, fast Mittelklasse-Niveau. Nur das Aussteigen ist etwas beschwerlich, man hätte ihn auch genre 10 cm höher bauen können. Oder wenigstens die Sitze höher, ich habe selbst bei meiner Größe noch reichlich Luft überm Kopf.

Das Mitdenken bei der Entwicklung zieht sich durch alle Details, besonders praktisch ist die verschiebbare Rückbank. Dadurch entsteht ein brauchbarer Kofferraum.

Und das beste am Twingo ist natürlich das große Faltdach. Auch wenn es Renault mit der Qualität nicht in allen Teilen so genau genommen hat, das Faltdach ist markenübergreifend das haltbarste überhaupt. Gerissene oder geflickte sieht man extrem selten. Kein Wunder, dass fast jeder 2. Twingo eins hat und inzwischen auch alle möglichen Fremdfabrikate damit nachgerüstet wurden.

Vom Rostschutz her ist der Twingo der frühen Baujahre mittelmäßig. Es gibt bedeutend schlechtere Autos, aber die meisten dürften inzwischen mehr oder weniger angefressen sein. Der Vorderachsträger ist bei vielen ein Grund für einen wirtschaftlichen Totalschaden, bei guten Fahrzeugen lohnt aber die Reparatur, vor allem, weil die Teile gebraucht fast nichts kosten und ab Bj. 2001 verzinkt sind.

Wo Renault gespart hat: Außer den bequemen und haltbaren Sitzen ist die Innenausstattung einfach nur minderwertig. Abfallende Knöpfe (Farbe alle 2 Jahre geändert, also schon mal Vorräte anlegen, wem das wichtig ist!), abstürzende Einbaurahmen im Armaturenbrett, Verfärbungen im Kunststoff, usw. Wenn das nicht alles irgendwie lustig und kreativ geformt wäre, würde es ziemlich billig aussehen.

Testkriterien
Platzangebot vorn: eng geräumig
Platzangebot hinten: eng geräumig
Kofferraum: klein groß
Übersichtlichkeit: schlecht gut
Qualitätseindruck: minderwertig hochwertig
Fazit - Karosserie
  • + geniales Konzept
  • - Verarbeitung

Antrieb

3.5 von 5

Eine ganz starke Seite vom Twingo: Der gute alte Steuerkettenmotor aus dem Renault 8. Unter der Haube ist der Twingo gar kein Kleinwagen, da sitzt ein 1300er mit einer gesunden Literleistung, der sich seit Jahrzehnten bewährt hat und selbst mit Gewalt kaum zerstörbar ist. Das alles bei einem angemessenen Verbrauch um die 6 Liter, manchmal auch weniger. Da es lange Zeit nur eine Motorvariante gab, hat Renault mitgedacht, und gleich eine mittlere Motorisierung zum Standard gemacht, was den Twingo auch langstreckentauglich macht. Dazu passt die lange Übersetzung. Wer von anderen Autos gewöhnt ist, im Stadtverkehr in den 5. zu schalten, muss es sich abgewöhnen und ca. ab 80 wird die Beschleunigung auch etwas zähflüssig, dafür fährt der Twingo auch stundenlang über 100, ohne dass etwas kaputt geht oder einem die Ohren abfallen.

Testkriterien
Motorleistung: schwach stark
Durchzug: unelastisch elastisch
Drehfreude: zäh agil
Getriebe/Schaltverhalten: schlecht gut
Verbrauch: durstig effizient
Reichweite: gering hoch
Fazit - Antrieb
  • + Vom Motor her eigentlich eine Klasse größer, das merkt man.

Fahrdynamik

3.5 von 5

Mit weniger als 3,5 m kommt man in jede Parklücke. Soviel ist klar. Als Volvo-Fahrer vermisst man natürlich den Lenkeinschlag, aber das ist konstruktionsbedingt beim Quermotor eben nicht möglich und so muss man manchmal doch noch mal zurücksetzen.

Überhaupt fährt der Twingo am liebsten geradeaus. Die extremen Rückstellkräfte in der Lenkung um die Mitte rum sind lästig. Ansonsten ist das Fahrwerk vorbildlich, wenn es denn in Ordnung ist. Es kommt einem fast so vor, als ob Renault hier das selbe billige Plastik verbaut hat wie im Innenraum. Wenn nach etwas über 60.000km so ungefähr das gesamte Fahrwerk durchsaniert werden muss (Federn, Bremsen, Radlager...), dann kann da was nicht stimmen. Bei manchen Leuten wäre das schon ein Grund gewesen, Ali Export anzurufen und viele Twingos, die beim Verwerter landen, sind gar nicht wirklich am Ende, es ist nur die Häufung verbrauchter Verschleißteile. Und Verschleiß geht hier ziemlich schnell.

Testkriterien
Wendekreis: groß klein
Beschleunigung: langsam schnell
Lenkung: schwammig direkt
Bremsen: schwach standfest
Fahrverhalten: unausgeglichen ausgeglichen
Kurvenverhalten: unsicher sicher
Wendigkeit: träge agil
Fazit - Fahrdynamik
  • + Gute Straßenlage
  • - Lenkung (Rückstellkräfte)
  • - Fahrwerksverschleiß

Komfort

3.5 von 5

Für die Größe und Preisklasse voll in Ordnung. Wie ich oben schon schrub, vorne hat der Twingo Platz wie ein Großer. Hinten bleibt natürlich nicht mehr viel, aber da sitzen bei mir sowieso nur Plüschtiere mit kurzen Beinen.

Wenn man sich erstmal an einige Besonderheiten gewöhnt hat, (Hupe am Blinkerhebel), läuft alles wie von selber. Auch der Digitaltacho ist nicht so lästig, wie man es sich vorstellt, weil nicht direkt vorm Fahrer und nicht zu hell. Gelegentlich fallen mal Teile ab (hatten wir schon, kann aber noch mal erwähnt werden).

Die Heizung erfüllt ihren Zweck, das Gebläse hat aber nur 2 Stufen wie früher beim Käfer. Davon ist die erste schwach und die zweite laut. Aber mehr geht wohl nicht für ein Auto dieser Größe. Dafür ist die Serienausstattung großzügig: Colorglas, innenverstellbare Spiegel, Heckwischer, Tages-km-Zähler, Uhr,... Nur auf so etwas Wichtiges wie eine Wassertemperaturanzeige hat man verzichtet. Aber irgendwie muss Renault ja auch AT-Motoren verkaufen, auf normalem Wege gehen die ja nicht kaputt.

Testkriterien
Federung (komfortabel): schlecht abgestimmt gut abgestimmt
Sitze vorn: unbequem bequem
Sitze hinten: unbequem bequem
Innengeräusche: laut leise
Bedienung: kompliziert intuitiv
Heizung/Klimatisierung: schwach wirkungsvoll
Fazit - Komfort
  • + Platzangebot vorne
  • - keine Wassertemperaturanzeige

Emotion

4.0 von 5

Man baue einfach einen stinknormalen Kleinwagen, so aufgebaut wie alle anderen, gibt sich vielleicht etwas mehr Mühe bei der Raumausnutzung, hängt die Technik rein, die sich seit 30 Jahren bewährt hat und verpackt das Ganze in eine witzige Form. Fertig. Warum können das andere nicht? Der Twingo ist eins der letzten unverwechselbaren Autos mit Charakter. So wie ein paar Jahre vorher der Fiat Panda, der heute schon teuer gehandelt wird.

Testkriterien
Design: langweilig attraktiv
Temperament (komfortabel): ausbaufähig realisiert
Image: negativ positiv
Fazit - Emotion
  • + Hat Stil. :D

Unterhaltskosten

KFZ-Steuer pro Jahr bis 100 Euro
Verbrauch auf 100 km 6,0-6,5 Liter
Außerplanmäßige Reparaturkosten Fahrwerk/Rost - (0 €)

Gesamtfazit zum Test

Aus diesen Gründen kann ich den empfehlen:

Vor allem die frühen Baujahre mit der einfachen und zuverlässigen Technik sollte man jetzt langsam einlagern, es werden nicht mehr. Und es gibt auch nicht mehr viele Gute. Vom Rostschutz wurde der Twingo immer besser, dafür nerven die neueren Modelle mit unzuverlässiger Elektronik und anfälligen Zahnriemen.

Wer auf den Rost aufpasst und nicht gleich aufgibt, wenn die Werkstattrechnung auch bei gepflegten Fahrzeugen gerne mal den Wert übersteigt (Fahrwerksverschleiß, was habt Ihr da geraucht in Frankreich?), der bekommt mit dem Twingo ein absolut zuverlässiges, zweckmäßiges und unterm Strich auch immer noch wirtschaftliches Auto mit garantierter Wertsteigerung in ein paar Jahren.

Aus diesen Gründen kann ich den nicht empfehlen:

Das übliche: Renault taucht nix (Fiat auch nicht und die anderen typischen Kleinwagenmarken). Sagen die Leute, die 20 Jahre mit dem gleichen Zahnriemen fahren (was Renault mit der Steuerkette verhindert hat, aber da finden sich andere Gelegenheiten, einen Wartungsstau zu verursachen.)

Der größte Feind des Twingos ist nicht der Rost, sondern der Vorbesitzer. Wie bei den meisten Kleinwagen. Da hilft nur Geduld beim Suchen oder die Bereitschaft, erstmal zu investieren. Aber viele sind einfach verbraucht.

Gesamtwertung: 3.5 von 5
Das Testfahrzeug erhielt im Test durchschnittlich 3.5 von 5 möglichen Sternen
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Kommentare: 1

Fri May 22 22:24:04 CEST 2020    |    bronx.1965

Schöne Zusammenfassung, Volker! Kann ich so unterschreiben. ;)

Mon Sep 16 13:48:31 CEST 2024    |    Fuchsie

Perfekt zusammengefasst. Fahrleistung sind relativ und würde ich niedriger einstufen. Aber es reicht. Wir lassen unsere grossen Fahrzeuge stehen und der Twingo ist unser Beitrag zum Umweltschutz.

 

Habe bewusst einen 2001er gekauft (für 100,-), weil der Achsschemel dann verzinkt ist. Die Fahrertür war durchgerostet, sonst kein Rost bei jetzt 200.000km. VG