VW Passat GTE Variant Modell 2017 (B8) Test / Erfahrungsbericht
07.01.2018 13:59 | Bericht erstellt von Colorcircle
Testfahrzeug | VW Passat Variant GTE Modell 2017/B8 |
---|---|
Leistung | 156 PS / 115 Kw |
Hubraum | 1395 |
HSN | 0603 |
TSN | BRZ |
Aufbauart | Kombi |
Kilometerstand | 10000 km |
Getriebeart | Automatikschaltung |
Erstzulassung | 12/2016 |
Nutzungssituation | Privatwagen |
Testdauer | mehr als ein Jahr |
Einleitung
Nach 2 Monaten Lieferzeit durfte ich Ende 2016 meinen neuen VW Passat GTE Variant beim Händler abholen. Er löst meinen Audi A4 (B8) Avant 1.8 TFSI multitronic ab, den ich 4 Jahre lang gefahren bin. Ausstattung des Passat: siehe Fahrzeugprofil. In diesem Onboard-Video habe ich ein paar Fahreindrücke von meinem Auto festgehalten.
Wie es zum Kauf kam
Die erste Begegnung mit dem Passat GTE ergab sich zufällig auf der Frankfurter IAA 2015, auf der ich zu einer Probefahrt mit dem neuen Audi A4 B9 eingeladen war, einem potentiellen Nachfolger für meinen A4 B8. Nebenbei stellte VW den neuen Passat GTE vor und bot eine kurze Probefahrt an, die ich spontan buchte, ohne zu ahnen, welche Folgen dies hatte. Zum ersten Mal durfte ich ein Auto fahren, welches über einen Elektroantrieb verfügte. Um es kurz zu machen:
hatten mich nachhaltig beeindruckt, so dass ich beschloss, ein Auto mit Elektroantrieb zu kaufen und meinen A4 früher als geplant in Rente zu schicken. Weil aber E-Autos mit akzeptabler Größe und Akkureichweite ein Vermögen kosten (Tesla), fiel die Wahl auf den Plug-in-Hybridantrieb, bei dem die täglichen Kurzstrecken zur Arbeit etc. rein elektrisch gefahren werden können (bei mir mindestens 9 von 10 Fahrten), während gelegentliche Fernstrecken mit einem Verbrennungsmotor bewältigt werden, welcher die übliche Tankreichweite besitzt. Viel Auswahl gibt es 2016 nicht: Den Hybridantrieb gibt es bei BMW nicht für Kombis, beim Audi A4 überhaupt nicht. Beim Volvo V60 Dieselhybrid fehlten mir ein paar Ausstattungen, vor allem die Leistung des E-Motors (50 kW) ist angesichts der 2 Tonnen Leergewicht unterdimensioniert. Der einzige ernstzunehmende Konkurrent zum Passat GTE Variant ist der Mercedes C350e (T-Modell), welcher aber keine Chance hatte aufgrund der Akkureichweite (15-20 km) und des zu schwachen E-Motors (60 kW) sowie anderer Gründe (ausführlicher Vergleichstest siehe GTE-Sammelthread). 2016 bestätigte eine längere Probefahrt mit dem Passat GTE sowie dem Passat 2.0 TDI meine Entscheidung für den Passat GTE (Vergleichstest siehe GTE-Sammelthread). Vor dem Wechsel von Audi zu VW hatte ich Bedenken bzgl. der (Verarbeitungs-)Qualität des Passat. Diese waren jedoch unbegründet: Gegenüber dem Audi A4 ist der Passat diesbezüglich auf Augenhöhe, bis jetzt kein Knistern, Klappern oder ähnliches. |
Karosserie
|
Platzangebot vorn: | eng | geräumig | |
---|---|---|---|
Platzangebot hinten: | eng | geräumig | |
Kofferraum: | klein | groß | |
Übersichtlichkeit: | schlecht | gut | |
Qualitätseindruck: | minderwertig | hochwertig |
- + großzügiges Platzangebot
- + variabler Gepäckraum
- + gute Verarbeitungsqualität
- + solider Eindruck beim Fahren ohne Klappern/Knarzen o.ä.
- - labiler Verschluss der Batterieladeklappe
Antrieb
Beim Passat GTE sind 4 Fahrprogramme wählbar: E-Mode, Hybrid-Mode, GTE-Mode und Charge-Mode.
E-Mode
Hybrid-Mode
Der GTE-Mode
Charge-Mode
Stromverbrauch auf 100 km im E-Mode
Benzinverbrauch auf 100 km bei leerem Akku
Folgende Tabelle zeigt den Strom-/Benzinverbrauch laut Bordcomputer bei konstantem Tempo in der Ebene (Messreihe mit Tempomat) sowie die Strom-/Benzinkosten (blaue Spalten), wobei wegen der Ladeverluste 30 Cent pro kWh, beim Benzin 138 Cent pro Liter (135 plus 2% BC-Abweichung) kalkuliert werden. Für den Wirkungsgrad des Verbrennungsmotors (rote Spalten) wurden 9 kWh Brennwert pro Liter Benzin kalkuliert. Alle Verbrauchswerte wurden mit Super 95 (E5) ermittelt, Reifendruck vorn/hinten 2,6 bar.
......................E-MODE......HYBRID-MODE........CHARGE-MODE... Unterhaltskosten Wartungsintervall: alle 15000 km, jedoch spätestens nach 12 Monaten. Die Herstellergarantie kann von 2 auf 5 Jahre verlängert werden gegen Gebühr (abhängig von der Fahrleistung).
Reparaturkosten sind im ersten Jahr keine angefallen. Auf Garantie wurde Folgendes erledigt:
|
Motorleistung: | schwach | stark | |
---|---|---|---|
Durchzug: | unelastisch | elastisch | |
Drehfreude: | zäh | agil | |
Getriebe/Schaltverhalten: | schlecht | gut | |
Verbrauch: | durstig | effizient | |
Reichweite: | gering | hoch |
- + kräftiger und leiser E-Motor
- + hervorragende Laufkultur im E-Mode
- + unauffällig schaltende 6-Gang-Automatik
- + Elektrobremse mit Stromgewinnung, geringer Bremsenverschleiß
- + schnelle, unauffällige Wechsel zwischen Benziner und E-Motor
- + in der Stadt effizienter als ein Diesel
- - im Winter z.T. eingeschränkte Leistung des E-Motors
- - Hybrid-Mode: träge wirkender 1.4-TSI-Motor, E-Boost nur beim Kickdown
- - unpassende Hybrid-Strategie: Akkukapazität wird nie ausgenutzt
- - GTE-Mode: prolliger Lautsprechersound und hartes Fahrwerk
- - langer 7. Gang für Autobahn fehlt
- - Startprobleme wegen hartem Bremspedal
Fahrdynamik
Fahrleistungen
Bis etwa 70 km/h ist man mit dem spritzigen E-Motor schneller unterwegs als mit dem Verbrenner. Bei höherem Tempo macht sich das Leistungsdefizit bemerkbar. Beim Kickdown im E-Mode wird der ggfs. kalte Verbrenner aus dem Tiefschlaf gerissen, was insbesondere auf Kurzstrecken ungünstig ist. Deshalb sollte der E-Motor die gleiche Leistung wie der Verbrenner haben, damit er ihn auf Kurzstrecken voll ersetzen kann. Wegen der Elektrobremse tendieren die Scheibenbremsen zum Vergammeln, d.h. die Wirkung lässt mit der Zeit nach, und man muss das Bremspedal kräftiger drücken als gedacht. Ab und zu müssen die Scheiben "freigebremst" werden, damit sie wieder richtig zupacken. Die Lenkunterstützung kann in der Fahrprofilauswahl zwischen leichtgängig und schwergängig eingestellt werden. Weil die Lenkunterstützung mit zunehmendem Tempo ohnehin nachlässt, ist die leichtgängige Einstellung angenehmer, vor allem beim Rangieren. Erläuterungen zum DCC-Fahrwerk siehe Komfort-Kapitel. |
Wendekreis: | groß | klein | |
---|---|---|---|
Beschleunigung: | langsam | schnell | |
Lenkung: | schwammig | direkt | |
Bremsen: | schwach | standfest | |
Fahrverhalten: | unausgeglichen | ausgeglichen | |
Kurvenverhalten: | unsicher | sicher | |
Wendigkeit: | träge | agil |
- + gute Fahrleistungen im GTE-Mode
- - Wirkung der Scheibenbremsen lässt mit der Zeit nach
Komfort
Federung
Sitze
Innengeräusche
Heizung/Klima
Panorama-Ausstell-/Schiebedach LED-Scheinwerfer Active Info Display (AID) Head-up-Display (HUD) Navigationssystem Radio/Klang
Assistenzsysteme
Sonstige Extras
|
Federung (komfortabel): | schlecht abgestimmt | gut abgestimmt | |
---|---|---|---|
Sitze vorn: | unbequem | bequem | |
Sitze hinten: | unbequem | bequem | |
Innengeräusche: | laut | leise | |
Bedienung: | kompliziert | intuitiv | |
Heizung/Klimatisierung: | schwach | wirkungsvoll |
- + niedriges Geräuschniveau im E-Mode
- + komfortables DCC-Fahrwerk
- + bequeme Alcantara-Sitze
- + leise und zuverlässige Klimaautomatik
- + intuitive Touchbedienung
- + reichhaltiges Angebot an Komfortelektronik
- - mittlerer Sitzplatz hinten unbequem
- - Warntöne und Blinkerticken zu laut für E-Mode
- - Assistenzsysteme z.T. störungsanfällig
Emotion
|
Design: | langweilig | attraktiv | |
---|---|---|---|
Temperament (komfortabel): | ausbaufähig | realisiert | |
Image: | negativ | positiv |
- + Fortschrittliche, teure Technik in einer unauffälligen Hülle
Unterhaltskosten
KFZ-Steuer pro Jahr | bis 100 Euro |
---|---|
Verbrauch auf 100 km | 5,5-6,0 Liter |
Inspektionskosten pro Jahr | 100-300 Euro |
Gebrauchtwagengarantie | über 24 Monate |
Werkstattkosten pro Jahr | bis 200 Euro |
Versicherungsregion (PLZ) | 88400 |
Haftpflicht | bis 200 Euro (30%) |
Vollkasko | bis 200 Euro 30% |
Gesamtfazit zum Test
- + spritziger, elastischer Elektroantrieb
- + niedriges Geräuschniveau, vor allem im E-Mode
- + geschmeidige Laufkultur beim Anfahren / Rangieren
- + sanft und ruckfrei schaltende 6-Gang-Automatik
- + schnelle, unauffällige Wechsel zwischen Benziner und E-Motor
- + gute Fahrleistungen im GTE-Mode
- + komfortables DCC-Fahrwerk (außer im GTE-Mode)
- + in der Stadt effizienter als ein Diesel
- + verschleißfreie Elektrobremse mit Stromgewinnung
- + lokal emissionsfreies Fahren (in der Stadt / Tiefgarage)
- + großzügiges Platzangebot
- + gute Verarbeitungsqualität, solider Fahreindruck
- - im Winter z.T. eingeschränkte Leistung des E-Motors
- - 1.4-TSI-Motor schlapp im Hybrid-Mode, E-Boost nur beim Kickdown
- - mit der Zeit nachlassende Wirkung der Scheibenbremsen
- - Warntöne und Blinkerticken zu laut für E-Mode
Der Passat GTE eignet sich vor allem für Pendler mit Lademöglichkeit daheim, die bis zu 40 km am Tag fahren, evtl. auch mehr, sofern unterwegs eine günstige Lademöglichkeit besteht. Somit kann ein Großteil der täglichen Fahrten rein elektrisch durchgeführt werden, ohne Verzicht auf Nutzwert und Komfort eines Passat Variant. Auf Fernreisen bietet der Benziner die gewohnte Reichweite und Flexibilität. Auf Autobahnen gleicht der E-Boost (im GTE-Mode) die Defizite des 1.4-TSI-Motors aus. Innerorts sorgt der E-Motor für eine herrliche Ruhe im Auto, welche entspannend wirken kann. In Verbindung mit dem komfortablen DCC-Fahrwerk kommt sogar das Gefühl auf, eine Luxuslimousine zu fahren. Bei Bedarf ist mit dem E-Motor eine dynamische Fahrweise in der Stadt möglich, ohne die Anwohner durch Lärm oder Abgase zu nerven. Für außerorts würde ich mir mehr elektrische Leistung wünschen, aber momentan gibt es nichts Besseres unter den Plug-In-Hybriden. Meiner Meinung nach hat sich die Investition in die fortschrittliche Technik gelohnt. Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit dem Passat GTE und freue mich auf jede Fahrt, was bei mir schon länger nicht mehr der Fall war. Stünde heute eine Entscheidung an, dann würde ich mir den Passat GTE wieder kaufen. Wenn man einmal die Vorzüge der Elektromobilität kennengelernt hat, will man nie mehr zurück zur „alten“ Technik.
Der einzige gravierende Nachteil des Passat GTE ist sein Preis: Mit ein paar Extras kommt man schnell auf über 50000 Euro, trotz der staatlichen Umweltprämie von 3000 Euro für Plug-in-Hybride. Die eingesparten Benzinkosten bzw. Steuern gleichen das nicht aus. Bleibt zu hoffen, dass Elektroantriebe / Akkus in den nächsten Jahren günstiger werden, damit diese Technik eine größere Verbreitung bekommt als derzeit.
Mon Feb 19 15:56:51 CET 2018 |
HUKoether
Dem ist nichts hinzuzufügen. Ein sehr guter Bericht, der eigentlich alle Fragen beantwortet.
Gruß, HUK
Tue Mar 13 23:06:46 CET 2018 |
PS-Schnecke49456
Danke für den Aufwand und die Sorgfalt, einen solchen Bericht zu schreiben
Thu May 10 11:58:20 CEST 2018 |
Gelöscht1679976
Super ausführlicher Testbericht, vielen Dank für die Arbeit und Mühe! Es gibt immer noch ein paar Details die neu waren ;-)
Mein Passat GTE kam 04/2018 und es haben sich doch schon einige Änderungen ergeben:
Fri May 11 10:32:04 CEST 2018 |
Colorcircle
@zag1: Danke für die Ergänzungen, das hört sich gut an.
Jetzt würde mich interessieren, ob der E-Motor beim 2018er-Modell auch im Hybrid-Modus boostet, wenn man viel Gas gibt. Beim 2017er-Modell gibt's den kräftigen Durchzug von unten raus nur im GTE-Mode.
Fri May 11 11:03:30 CEST 2018 |
Gelöscht1679976
Bei meinem Modell boostet er in jedem Modus ab dem Kickdown-Punkt des Gaspedals. Das geht sowohl im reinen E-Modus bei welchem nach dem Kickdown-Punkt der Motor zugeschaltet wird und der E-Motor in den Boost geht, als auch im Hybrid mit bereits laufendem Verbrenner. Daher wird der Boost auch schon direkt nach dem Anfahren aus dem Stand heraus bei durchgedrücktem Gaspedal genutzt.
Der entscheidende Unterschied zur GTE-Taste ist, dass ich über den Kickdown-Punkt steuern kann wann und wie lange der Boost dazu geschaltet wird, bei aktiviertem GTE-Modus wird der Boost schon bei 85-80% des Gaspedals weit vor dem Kickdown-Punkt genutzt. Hier lässt er sich dann auch dosieren, während in den anderen Modi ca. 10-15 Sekunden der volle Boost und dann nochmal 10-15 Sekunden der halbe Boost zur Verfügung stehen.
In meinem Praxistest, eine komplette Tankfüllung + volle Batterie in 60 Minuten leer zu fahren habe ich die GTE-Taste eigentlich nicht gebraucht. Der Modus Battery-Charge war die gesamte Autobahnfahrt an, Sprints von 180 auf 230km/h werden durch 100% Gaspedal eingeleitet, nach 2-3 Sekunden bis das Getriebe runtergeschaltet hat und die Beschleunigung startet, drücke ich das Pedal über den Kickdown-Punkt und der Boost schiebt dann mit dem vollen Drehmoment, wirklich spürbar weiter. Der Verbrauch lag dann auch bei deutlich über 20l/h, was aber absehbar war.
Ich weiß nicht ob das eine weitere Änderung zu den älteren Modellen darstellt, aber im reinen E-Modus sind bis zu 135km/h einstellbar. In jedem Autotest zum Passat GTE lese ich immer genau 130. Die Vmax im Hybrid-Modus liegt ebenfalls bei über 230 (ohne Gefälle) und nicht bei elektronischen 225km/h.
Thu May 17 13:15:56 CEST 2018 |
Gulfossi
"15m vor Erreichen des Ortsendes geht der Motor wieder an" Das zeigt mein Audi A3 e-tron (BJ2015) ebenfalls.
Im Hybrid-Auto Mode schaltet er kurz vor erreichen des Ortschildes von Elektro auf Benzin um.
Interessant ist für mich, das der aktuelle GTE aktiv auf der BAB nachlädt, um später wieder elektrisch fahren zu können.
Das macht meiner nicht.
Mon Oct 01 11:05:27 CEST 2018 |
Batterietester133007
Hammer Bericht.
Vielen lieben Dank