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VW Polo 3 (6N / 6N2) 1.0 Test

24.11.2016 11:52    |   Bericht erstellt von Verbrauchtwagenfan

Testfahrzeug VW Polo 3 (6N / 6N2) 1.0
Leistung 50 PS / 37 Kw
Hubraum 999
HSN 0600
TSN 276
Aufbauart Schrägheck
Kilometerstand 229000 km
Getriebeart Handschaltung
Erstzulassung 10/1998
Nutzungssituation Privatwagen
Testdauer mehr als 3 Jahre
Gesamtnote von Verbrauchtwagenfan 3.5 von 5
weitere Tests zu VW Polo 3 (6N / 6N2) anzeigen Gesamtwertung VW Polo 3 (6N / 6N2) (1994 - 2001) 3.5 von 5
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Einleitung

Vor 10 Monaten habe ich, um den täglichen Stuttgarter Stau etwas billiger zu gestalten und den dabei zwangsläufig anfallenden Verschleiß selbst reparieren zu können, mir einen VW Polo 1.0 zugelegt. Dabei handelte es sich um ein etwas runtergekommenens Exemplar für €201,- auf Ebay, welches ich mal versuchsweise bis zum nächsten TÜV fahren wollte. Die Wahl fiel auf den Polo mit dem Mickermotor als Nullausstatter, da

 

- Massenhaft bilige Ersatzteile

- Wenn schon sparen, dann richtig

- Anständiger Federungskomfort

- Gute Sitzposition

 

Wer den Berufsverkehr zwischen Reutlingen und Stuttgart kennt weiß, dass es da überhaupt nicht auf Leistung ankommt, man hat immer jemanden vor sich. Inwieweit hat das ganze hingehauen?

Karosserie

3.5 von 5

Ich kenne von früher noch den 86c und der Sprung auf den 6N ist vom Raumangebot und vor allem vom Raumgefühl enorm. Man sitzt vorne wirklich gut und hat auch genügend Platz, hieran ist nichts mehr keinwagenmäßig. Hinten ist's schon enger, aber für zwei Erwachsene geht auch das mal für eine Weile. In den Kofferraum bekomme ich genau ein Klapprad rein, was mich überrascht hat. Die Form ist etwas unpraktisch, da recht tief und wenig Länge, aber für einen Kleinwagen ein ordentliches Volumen.

 

Die Qualität und die Verarbeitung ist gut, zumal mit dem verglichen, was VW zu der Zeit noch vom Band hat fallen lassen, aber der Rost gewinnt doch für meine Ansprüche zu schnell Raum in der Karosserie. Da kenne ich vom Golf II anderes! Eine totale Fehlkonstruktion sind die Kotflügel. Hinter der Radhausschale sammelt sich alles an Laub, was vorne in den Scheibenwischerkasten rein fällt und kompostiert munter vor sich hin. Deshalb sieht man so viele Polo unten an den Kotflügeln durchgerostet. Ich habe da ohne Übertreibung einen Blumentopf voll erstklassigem Kompost rausgeholt......

 

Da die Karosserie auf aerodynamisch getrimmt wurde ist sie nicht mehr so übersichtlich wie frühere Kleinwagengenerationen, aber sie stellt keine echten Rätsel wo Anfang und wo Schluss ist.

Testkriterien
Platzangebot vorn: eng geräumig
Platzangebot hinten: eng geräumig
Kofferraum: klein groß
Übersichtlichkeit: schlecht gut
Qualitätseindruck: minderwertig hochwertig
Fazit - Karosserie
  • + Gute Sitze
  • + Gute Sitzposition
  • + Anständiger Qualitätseindruck
  • - Rost

Antrieb

3.5 von 5

Hier muss man im Hintgrund dran denken, dass das Auto 950 kg auf die Waage bringt. Dafür sind 999ccm Hubraum schon recht wenig. Dafür wiederum schlägt sich der Motor wirklich gut. Ein Blick auf die technischen Daten besagt dass es hier 86Nm bei 3000-3600 U/min gibt. Mein erstes Auto war ein Fiesta mit 954 ccm, da gabs nur 67Nm. Ein NSU TT hatte sportliche 88Nm aus 1,2L. Endlich spürt man mal den technischen Fortschritt. Die Maschine hängt prima am Gas und setzt (im Rahmen der Leistung) jede Gaspedalbewegung direkt um. Für den Motor gibt es erstaunlich viel Durchzug, allerdings durch ein sehr kurz übersetztes Getriebe erkauft. Entsprechend laut wird das ganze dann auf der Autobahn. Wer Angst vor Drehzahlen hat sollte sich den Drehzahlmesser abkleben, denn 120 auf der Bahn heißen dauerhaft schon 4200 Umdrehungen. Bis dahin geht die Geräuschentwicklung sogar noch, aber darüber wirds heftig. Ich wünsche mir für dieses Auto eigentlich noch einen Schongang, mit dem die 120 zu "gleiten" wären. Da gäbe es zwar keinerlei Durchzug mehr, aber wenigstens weniger Lärm. Und im Ist-Zustand fährt man auch nicht guten Gewissens und Gehörs schneller.

 

Das kurze Getriebe hat aber den Vorteil, dass es eng gestuft ist, man in den Gängen gut Anschluss findet. Wie andere gut gemachte aber schwach motorisierte Autos (Corolla E10 1,3) zwingt einen der Polo eigentlich zu einer recht sportlichen ,"sauberen" Fahrweise. Da will das Komfortfahrwerk gar nicht mehr so recht dazu passen.....

 

Das Getriebe scheint jedoch von der Halbarkeit her der Schwachpunkt des Polo zu sein. Liest man sich durch die Foren und Autobörsen, dann gibt es doch unverhältnismäßig viele Getriebedefekte. Scheinbar war die Fertigungsqualität in Spanien mies und der 6N wohl zu schwer für das ursprünglich für den ersten Polo / Audi 50 entwickelte Getriebe. Der Polo meiner frühere Vermieterin: Getriebeschaden. Verkäufer der Sommerreifen aus Ebay: Getriebeschaden......der Ibiza hatte nihct zufällig das Golf III-Getriebe bekommen.....

 

Der Verbrauch entspricht voll den Erwartungen (siehe "Endverbraucher" auf Spritmonitor). Wenn ich es drauf anlege und entsprechend fahre geht das Berufsverkehrsgewürge zwischen Reutlingen und Stuttgart Möhringen mit 5 L/100km. Bei den vielen Stop-and-Go Anteilen und Stau finde ich das enorm. Autobahn mit 110-120 bedeuten 5,5 L. Das ist dann die schwäbische Freude am Fahren.

Testkriterien
Motorleistung: schwach stark
Durchzug: unelastisch elastisch
Drehfreude: zäh agil
Getriebe/Schaltverhalten: schlecht gut
Verbrauch: durstig effizient
Reichweite: gering hoch
Fazit - Antrieb
  • + Niedriger Verbrauch
  • + Enggestuftes Getriebe - Gute Anschlüsse
  • + Guter Drehmomentverlauf
  • - Leistung - aber man weiß ja worauf man sich hier einlässt
  • - Sehr kurz übersetzt

Fahrdynamik

3.0 von 5

Wie oben schon beschrieben hat so ein schwach motorisiertes Auto seinen fahrerischen Reiz, da es einen zum sauberen Fahren zwingt, wenn der Schwung gehalten werden soll. Innerorts oder auf Landstraßen reicht die Motorisierung an sich aus. Die Beschleunigung hinterm Ortsschild ist schwach, es sei den man quetscht den Polo permanent aus. Auf Landstrassen überholen? Da brauchs viel freie Sicht.......

 

Einmal in Schwung liegt das Auto gut in der Hand, läßt sich präzise Lenken, bremst ordentlich und standfest. Bei meinem waren am anfang 155/70er drauf, damit ist er etwas besser im Durchzug und der Endgeschwindigkeit, aber mit den jetzigen 175/65er liegt er spürbar besser in Kurven. Dennoch kommt das Auto früh ins Untersteuern. Aber Überraschungen bleiben aus.

Testkriterien
Wendekreis: groß klein
Beschleunigung: langsam schnell
Lenkung: schwammig direkt
Bremsen: schwach standfest
Fahrverhalten: unausgeglichen ausgeglichen
Kurvenverhalten: unsicher sicher
Wendigkeit: träge agil
Fazit - Fahrdynamik
  • + Direkte Lenkung trotz Servo
  • + Kräftige Bremsen
  • - Fahrwerk etwas zu weich, Übersteuern

Komfort

3.5 von 5

Hier schlägt dann die Stunde des Polo. Man sitzt wirklich gut, die Heizung funktioniert gut, wohl da sie nicht all zu viel Raum zu erwärmen hat. Auch kühle Luft durch die Ausströmer verteilen und den Innenraum kühlen funktioniert ganz gut, da ja meißt die Klimaanlge zum Kurbeln verbaut ist.

 

Die Bedienung ist wirklich einfach, da wirft nichts Fragen auf.

 

Über die Federung des Polo hab ich mal gelesen sie würde bis in die Mittelklasse reichen. Das ist schon weit aus dem Fenster gelehnt, aber lange Federwege, straffe Dämpfer und eine gute Abstimmung ergeben für den Radstand und die Wagenklasse wirklich einen guten Federungskomfort; ordentliches Schluckvermögen aber halt doch ein gewisses Maß an Karosseriebewegung aufgrund des kurzen Radstandes.

Testkriterien
Federung (komfortabel): schlecht abgestimmt gut abgestimmt
Sitze vorn: unbequem bequem
Sitze hinten: unbequem bequem
Innengeräusche: laut leise
Bedienung: kompliziert intuitiv
Heizung/Klimatisierung: schwach wirkungsvoll
Fazit - Komfort
  • + Guter Federungskomfort
  • + Gute Sitze
  • + Gutes Raumgefühl vorne
  • - Ab 120 sehr laut

Emotion

3.5 von 5

Das ist bei dem Auto ein schwieriges Kapitel, da Sparen wohl keine Emotion ist. Von Vorne und der Seite gefällt mir der Polo recht gut, von innen sehr gut, von hinten gar nicht. Es gibt Autos, in denen würde ich mich ärmlicher fühlen. Im Gegensatz zu anderen ist das doch einfach ein Zweckauto.

Testkriterien
Design: langweilig attraktiv
Temperament (komfortabel): ausbaufähig realisiert
Image: negativ positiv
Fazit - Emotion
  • + Für Kleinwagen sehr sympatisch

Unterhaltskosten

KFZ-Steuer pro Jahr bis 100 Euro
Verbrauch auf 100 km 5,0-5,5 Liter
Inspektionskosten pro Jahr bis 100 Euro
Gebrauchtwagengarantie keine vorhanden
Werkstattkosten pro Jahr bis 200 Euro
Versicherungsregion (PLZ) 72770
Haftpflicht 200-300 Euro (35%)
Außerplanmäßige Reparaturkosten Sonstiges - Siehe unten in Nachtrag (500 €)

Gesamtfazit zum Test

Aus diesen Gründen kann ich den empfehlen:

Sehr komfortabler geräumiger Kleinwagen - als 1,0 ausreichend für Zweitwagen und Nahverkehr. Sehr wirtschaftlich zu betreiben, da billig in Schuss zu halten. Es sei denn das Getriebe....bei wenigen ist der Kauf ohne Probefahrt so riskant wie bei diesem Polo 6N.

 

Eigentlich sollte das mal ein vorübergehender Versuch werden, aber an den Polo hab ich mich so gewöhnt, dass ich ihn versuche über den TÜV zu wuchten, denn ich möchte ihn eigentlich nicht missen. Und seit ich das tägliche Verkehrsgewürge zur Arbeit, bei dem ich noch nicht mal die 50 PS ausfahren könnte, mit dem absolviere, geht am den anderen, die nur noch in der Freizeit Spaß verbreiten, viel weniger kaputt.

 

Für den der mehr Platz vor sich hat ist es, so komisch es sich bei dem Leistungsgewicht anhört, ein Auto, das sportliches Fahren schult. Ein gut gestuftes kurzes Getriebe, ein super am Gas hängender Motor belohnen einen dafür, wenn man sauber und passend schaltet, eine gute Linie erwischt und den Schwung hält. Je schwächer das Auto umso wichtiger der Fahrer und umso krasser die Auswirkung von Fahrfehlern. Oder nach Sabine Schmitz zur Nordschleife: " 20% Auto, 80% Fahrer"

Aus diesen Gründen kann ich den nicht empfehlen:

Wer einen vollwertiges Auto will sollte den 1,4 Liter 60 PS nehmen - der ist auch langstreckentauglich und deutlich länger übersetzt, also leiser und entspannender.

 

Das Grundkonzept Polo 6N ist gut!

 

NACHTRAG:

 

Inzwischen fahre ich den Polo dreieinhalb Jahren und er hat jetzt 230tkm auf dem Tacho. Für jemanden der nichts selber machen kann wäre es sicher ein böses Auto gewesen, aber da ich bisher alles selber erledigen konnte, was ja ein Kaufgrund war, ist die Pendelei RT-S-RT wirklich billig geworden.

 

Angefallen sind auf 30tkm: Bremsen hinten komplett, Schaltwellensimmerring und bei der Gelegenheit mal neues Getriebeöl, Drosselklappe reinigen, Kühlmitteltemparatursensor, Blinkerhebel, Thermostat, Dämpfer und Federn vorne, Zündtrafo, Zündverteilerdeckel und -Finger, und der ABS-Sensor vorne links. und natürlich diverse Wartungsarbeiten. Dafür sind die (Marken-) Teile aber auch unfassbar billig. Siehe alles Spritmonitor "Endverbraucher".

 

Aber je länger ich ihn fahre um so weniger kommt. Für den harten Einsatz und das Alter bin ich sehr zufrieden. Und das Beste: Kein Ende in Sicht!

Gesamtwertung: 3.5 von 5
Das Testfahrzeug erhielt im Test durchschnittlich 3.5 von 5 möglichen Sternen
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