VW up! 1 (AA) 1.0 BMT Test
28.04.2016 23:22 | Bericht erstellt von iiSS
Testfahrzeug | VW up! 1 (AA) 1.0 |
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Leistung | 60 PS / 44 Kw |
Hubraum | 998 |
HSN | 0603 |
TSN | BGU |
Aufbauart | Schrägheck |
Kilometerstand | 7200 km |
Getriebeart | Handschaltung |
Erstzulassung | 9/2015 |
Nutzungssituation | Mietwagen/Leihfahrzeug |
Testdauer | ein Wochenende |
Einleitung
Test im Rahmen einer ausführlicheren Probefahrt. Kein Besitz oder sonstiges unmittelbares Nutzungsverhältnis, aber eine Runde die die wesentlichen Punkte herausgestellt hat. |
Karosserie
Ich arbeite wie gewohnt die Punkte die ich in den Kriterien angebe ab und kommentiere kurz. Beim lesen bitte beachten, dass als Maßstab hier die Klasse gilt - immer relativ würdigen!
Platzangebot vorne ist gut! Das alles macht einen sehr geräumigen Eindruck und erinnert bisschen an Fiat Punto. Selbst größere Personen können gut Platz nehmen. Insbesondere der Fond überrascht! Auch für weitere Strecken zum Club oder den Badesee bieten sich die hinteren Sitze an; wenn auch keine Riesen Platznehmen dürfen und auf den Sonnenschirm verzichtet werden muss. Angesichts der Außenmaße aber doch beträchtlich.
Der Kofferraum ist wohl durch Umklappen der Sitze zu vergrößern. Wenn man von der Maßnahme absieht, liegt im Koferraum eine Abdeckung die unter dieser Platz für (loses?) Zubehör wie den Verbandskasten bietet. Sonst wird auch schon das Einlagern eines Sixpacks Wasser zur Herauforderung. Dafür gibt's dann zwar den Beifahrersitz. Die Bewertung fällt noch relativ gut aus, weil nicht mehr zu erwarten ist: Dennoch ist die Nutzbarkeit so eingeschränkt, dass man sich das durchaus beim Kauf überlegen muss.
Die Übersichtlichkeit innen wie Außen ist Top. Der Schulterblick ist eine wahre Freude. Wo ich beim 1er die B-Säule vor der Nase habe ist hier weitblick nach draußen angesagt. Die große Frontscheibe unterstreicht das und auch nach hinten lässt sich gut blicken - wäre da nicht der seltsame Rückspiegel. Bei egal welcher Sitzeinstellung (ich muss etwas weiter nach hinten, bin aber nicht außergewöhnlich groß!) mag ich nicht richtig warm werden mit der Einstellung. Zum Sicherheitsgefühl trägt das allgemein nicht bei - auch die klare Verbindung zur Natur außenrum. Dazu aber später. Was etwas nervt sei hier noch zu erwähnen: Egal wie ich Sitz und Lenkrad einstelle, muss ich mich dennoch immer weiter strecken als ich möchte. Außer ich stelle die Sitzlehne so auf, dass ich wie ein Zuchtbube stramm dasitze. Und dann passt wieder irgendetwas nicht. Der Schalthebel (dazu später auch mehr) liegt auch so, wie man es aus alten VW-Bussen kennt. Irgendwo unten wackelt etwas rum, mit dem man Gänge sortiert. Naja.
Allgemein wirkt die Qualität für ein solch kleines Auto aber durchaus ansehnlich. Man fühlt sich nicht im Plastikparadies verloren - da macht VW vor allem zu billigeren Konkurrenten Boden gut. Ich betone nochmals die Relativität zur Klasse: Vor diesem Hintergrund aber tatsächlich ordentlich. |
Platzangebot vorn: | eng | geräumig | |
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Platzangebot hinten: | eng | geräumig | |
Kofferraum: | klein | groß | |
Übersichtlichkeit: | schlecht | gut | |
Qualitätseindruck: | minderwertig | hochwertig |
- + Übersichtlichkeit Innen
- + Übersichtlichkeit Außen
- + Wertigkeit des Interieurs
- + Platzangebot vorne wie hinten
- - Sitz- und Lenkradeinstellung für Gnome
- - Rückspiegel - Groß aber unübersichtlich
- - Spiegeleinstellung Analog in 2015..
- - Koferraum mit Einlage vor Umklappen der Rückbank lächerlich.
Antrieb
Der Motor bewegt das doch sehr leichte Auto überraschend Flott durch die Stadt. Selbst Autobahnfahrten könnte ich mir damit (rein von der Motorleistung..) doch vorstellen. Der Durchzug reicht aus, um bei einigem Vorlauf langsamere Fahrzeuge auch auf der Landstraße zu überholen. Wunder darf man definitiv keine erwarten, aber die 60PS könnte man gut für 90 halten.
Dass er klingt als würde er jeden Moment aus dem Auto springen, muss leider beTONT werden. Bei niedertouriger Last (ca 5er Gang bei ca 50 km/h) klingt das alles andere als Gesund, ohne die genauen Noten nun wiedergeben zu wollen. Auch in anderen Situationen klingt der Motor gequält, aber nicht zu in beängstigendem Maße. Weiter kein Pluspunkt für die Klangkulisse ist das schnelle Einkuppeln bei Lastwechseln. Wo die höhere automobile Liga mit einem sportlichen Räuspern die Wahl des drehfreudigeren Ganges unterstützt, erschrickt man hier lieber und sucht schonmal die Servicehotline heraus.
Was mich dann zum Getriebehandling führt. Selbst ein Polo mit 150 TKM von 2006 oder der 11 Jahre alte Golf IV den ich kurz gefahren hatte, hatte ein angenehmeres oder gleichwertiges Schaltfeeling. Ständig hat man Angst, man würde das Ding gleich in der Hand haben. Wer einmal ein Fahrzeug mit verkürztem Schaltknauf höhere Klasse gefahren hat, der wird sich hier völlig fehl am Platz fühlen. Für mich leider garnichts.
Zu Reichweite und Verbrauch kann ich nichts beitragen. |
Motorleistung: | schwach | stark | |
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Durchzug: | unelastisch | elastisch | |
Drehfreude: | zäh | agil | |
Getriebe/Schaltverhalten: | schlecht | gut | |
Verbrauch: | durstig | effizient | |
Reichweite: | gering | hoch |
- + Durchzug - für 1.0L
- + Getriebeübersetzung
- - Getriebehandling/Schaltknauf
- - Todeslieder des Motors
- - Kupplungskratzen bei Lastwechseln
Fahrdynamik
Der Wendekreis ist wie zu erwarten sehr gut für diesen Kleinwagen. Nur eine Sache nervt - wenn ich den Wendekreis nutzen möchte, also voll einschlage, knarzt die Lenkung. Als ob man gegen die Radkästen fahren würde..
Die Beschleunigung habe ich beim Antrieb bereits abgearbeitet. In der Stadt vollkommen ausreichend und auch auf der Autobahn okay. Quittiert mit der leidigen Bitte aus dem Motorraum, das doch bitte sein zu lassen.
Die Lenkung überrascht positiv. Direkt und gut mit der Straße verbunden. Man kontrolliert hier mit ausreichender Präzision den Kurs. Ich möchte behaupten, das sei überdurchschnittlich für die Klasse.
Fahrverhalten und Kurvendynamik? HILFE. Das kann selbst der wenig höher angesiedelte Standard-Polo um einiges besser. In der Klasse schaffen es Fahrzeuge wie der Mini-One schon zu beeindrucken. Leider scheint das in einer Schublade darunter garkein Standard mehr zu sein. Ich hatte bei einer etwas flotteren Kurve (und das nicht nur einmal) ein unwohles Gefühl. Plötzlich schwindet die anfängliche Suggestion von Verbundenheit mit der Straße - vielleicht getrübt durch den guten Ausblick und die vorbildliche Lenkung. Dann wird einem schnell Himmelangst. Schnelle Autobahnfahrten bei Regen.. nein. Dann lieber doch ein paar Euro mehr. Damit einher geht das Urteil über die Wendigkeit. Flott um die Kurve scheuchen würde ich mir nur bei guten Straßenbedingungen und in der Stadt zutrauen.
Ein dazu gehöriger Punkt zum Bremsen/Fahrwerk folgt im Kapitel Komfort. |
Wendekreis: | groß | klein | |
---|---|---|---|
Beschleunigung: | langsam | schnell | |
Lenkung: | schwammig | direkt | |
Bremsen: | schwach | standfest | |
Fahrverhalten: | unausgeglichen | ausgeglichen | |
Kurvenverhalten: | unsicher | sicher | |
Wendigkeit: | träge | agil |
- + Lenkung
- + Wendigkeit
- - Knarzende Bremsen
- - Katastrophales Kurvenverhalten
- - Wanken bei starkem Bremsen
Komfort
Um nahtlos anzuschließen, gleich der KOmmentar zu den Bremsen/Fahrwerk.
Beim starken Bremsen wankt das Auto stark nach vorne. Ich kenne dieses Verhalten vom adaptiven Fahrwerk im BMW 7er F10. Blicken wir an dem klaffenden Klassenunterschied vorbei zur Tatsache, dass beim selben Bremsverhalten der 7er tatsächlichen Komfort beim Fahrwerk liefert; der UP hingegen weder auf ruhiger noch auf buckeliger Kopfsteinpiste zu überzeugen weiß. Das knarzen der Bremsen macht das Erlebnis "perfekt". Mit dem Knarzen ist im übrigen kein Geräusch beim Bremsen gemeint, sondern ein Knacken bei starkem Drücken der Bremse im Stand. Umso irritierender.
Die Sitze vorne sind okay, Einstellmöglichkeiten dämpfen das Erlebnis aber deutlich. Wie beschrieben finde ich leider keine wirklich gute Position im Fahrzeug. Hinten dafür überraschend. Das wirkt doch als könnte man länger dort Platz nehmen.
Die Innengeräusche sind etwas zu Laut für meinen Geschmack. Windgeräusche lassen sich selbst bei geschlossener Lüftung nicht wirklich vermeiden. Er ist einfach in der Stadt zu Hause, der UP.
Bedienung ist intuitiv und überfordert im gegebenen Umfang der Sonderausstattungen gewiss nicht. Ein Bordcomputer hätte doch sein dürfen.
Man gewinnt generell den Eindruck, dass der Verkauf eines Navigationssystems (Computertechnik von 2007) wirklich auch die Kosten des Endverkaufspreises nach sich zieht. Da das Display vorhanden ist, dürften sich die Kosten für einen Bordcomputer in berechenbarem Maße halten. Schade eigentlich.
Heizung läuft überraschend schnell an. |
Federung (komfortabel): | schlecht abgestimmt | gut abgestimmt | |
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Sitze vorn: | unbequem | bequem | |
Sitze hinten: | unbequem | bequem | |
Innengeräusche: | laut | leise | |
Bedienung: | kompliziert | intuitiv | |
Heizung/Klimatisierung: | schwach | wirkungsvoll |
- + Heizung
- + Bedienung
- - Wanken beim Bremsen
- - Bordcomputer?
Emotion
Berührt hat mich hier nichts. Das Design ist der Funktionalität geschuldet und allenfalls innen gelungen. Da die Skala hier zwischen "Langweilig und Attraktiv" unterscheidet, geht es doch deutlich nach links; soll heissen: Kein schlechtes Design, aber keine Ikone.
Temperament eines VW Kastenwagens vom Bau.
Image.. nun, das muss jeder für sich bewerten. Nachdem die VW-Vorstände sich ("aktuell") die normalen Boni trotz katastrophaler Fehlentscheidungen genehmigen, der Aufsichtsrat nur fadenscheinige Restriktionen beschlossen hat (ich möchte das nicht ausweiten) und die Mitarbeiter dabei völlig zurückbleiben ist für mich VW wirklich ins dunkel gerückt. Nicht durch den Dieselskandal selbst - hier schreien die am lautesten, die selbst noch Vorteil ziehen wollen. Aber das Krisenmanagement statuiert ein Negativbeispiel. |
Design: | langweilig | attraktiv | |
---|---|---|---|
Temperament (komfortabel): | ausbaufähig | realisiert | |
Image: | negativ | positiv |
- + Lieferdienst-Feeling
- - VW
Gesamtfazit zum Test
- + Überraschend Flott
- - Fahrdynamik
- - Knarzen und Knacken
- - Ewige Suche nach der richtigen Sitzposition
Erster Eindruck: Cityflitzer, ja! Wenn er als Zweitwagen zum schonen des Porsche Turbo angeschafft wird, ist er für Städetouren sicher ein guter Begleiter. Uneingeschränkt möchte ich das Pro hier nicht lassen. Ich bin mir nämlich sicher, das können die Wettbewerber entweder besser oder günstiger.
Nach nur wenigen Kilometern: Nein. Knarzen der Bremsen, das Unsichere Fahrgefühl, lieber nicht. Unter bestimmten Nutzungsbedingungen mag das durchaus in Ordnung sein. Für den "Normalnutzer" behaupte ich, dass das Fahrzeug in vielen Punkten einen Kompromiss darstellt.