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Fehlerbeispiel: Software vs. Hardware

VW Golf
Themenstarteram 13. September 2016 um 7:10

Ich habe den Eindruck, dass die Vertragswerkstätten bei Diagnose und Reparatur oft nur den Vorgaben der Zentrale folgen (oder folgen dürfen), und das war's. So kommt es dann aus meiner Sicht manchmal zu unnötigem Austauschen von Baugruppen, obwohl es auch "einfacher" (also weniger aufwendig) ginge.

Ich bin selbst Softwareentwickler und bilde mir zumindest ein, ein Gespür dafür zu haben, welche Fehler in der Programmierung liegen und nicht in der Hardware.

So hatten wir z.B. 1999-2009 einen Passat und 2001-2010 einen Golf, beide mit identischem Radio. Und bei BEIDEN tauchten nach ziemlich genau der gleichen Zeit (etwa fünf Jahre) seltsame Fehler auf: Manchmal war beim Einschalten nur stakkatohaftes, abgehacktes Gekrächze zu hören, so als würde der Sendersuchlauf zwischen zwei Frequenzen hin und her springen. Eine Anfrage bei VW ergab "natürlich", das Radio sei defekt und müsse getauscht werden. Ulkig war dabei nur, dass ein Ausschalten (der Zündung, nicht des Radios!) und Warten von ein paar Sekunden den Fehler zuverlässig "reparierte". Ich nahm damals mit VW Kontakt auf und wollte wissen, ob es eine Möglichkeit gäbe, das Radio "auf Werkseinstellungen" zurückzusetzen, denn ich vermutete einen Softwarefehler (solch einen, wie man ihn auch bei Windows immer mal wieder hat und der durch einen sauberen Neustart behoben werden kann). Man sagte mir damals, das sei nicht möglich. Lachhaft.

Der "Kracher" ist jedoch unser neuer Golf Variant von 2010 mit Rückfahrkamera und FSE Premium:

Manchmal verliert die FSE die Verbindung zum MF-Lenkrad, dann taucht das Telefon-Menü auch nicht mehr in der MFA auf, über den Touchscreen des Radios lässt sich das Telefon aber nach wie vor bedienen. Ein Ausschalten der Zündung mit anschließendem Warten von etwa einer Minute "repariert" das Problem. Die Werkstatt meint trotzdem, das sei ein Geräteproblem (also Hardware).

Noch besser ist es mit der Kamera, hier ist manchmal das Bild verzerrt (versuche mal, ein Foto anzuhängen). Das ist ein ganz typischer Programmier- oder Speicherfehler ("Index 0 vs. Index 1"), denn pro Zeile wandert das Bild um ein Pixel nach links - und auch dieser Fehler lässt sich durch Ausschalten und kurzes Warten "reparieren". Dennoch bleibt die Werkstatt dabei, das müsse ein Fehler in der Hardware sein.

Ich habe in diesem Fall sogar VW kontaktiert, und von dort auch erfahren, das müsse ein Hardwareproblem sein. Doch dann kam es noch dicker: ich habe darum gebeten, dass man mir einen Kontakt zum Softwarehersteller macht, ich würde diesem gern den Fehler melden (da VW sich weigerte, dies zu tun). Und als Antwort erhielt ich, das sei nicht möglich, man hätte diese Information nicht (?) - aber ich solle mich an meinen Servicepartner wenden, der könne mir da weiterhelfen (!). Als ich dann fragte, ob damit gemeint sei, der Servicepartner kenne den Softwarehersteller, die Zentrale aber nicht, wurde das bejaht. Das ist doch albern, oder?

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6 Antworten

Wenn eine CPU neugestartet wird dann hast Du einen Programmierfehler auch nicht "repariert" er ist noch immer im Programm vorhanden. Wenn Du Glück hast tritt der Zustand dann längere Zeit nicht mehr auf - aber weg ist er deswegen ja eigentlich auch nicht. Da müsste man dann schon sowas machen wie ein Softwareupdate.

Wenn es zu Fehlern in der Steuergerätekommunikation kommt (nachdem es vorher Jahrelang funktioniert hat und keine neue Software ins Spiel kam) dann kann es z.B. auch einfach daran liegen das beispielsweise der Bus gestört ist (CAN-HI/CAN-LO, Spannungsversorgungsproblem, Massefehler, Startroutine des Steuergerätes nicht robust genung gegen Spannungseinbrüche beim Start, Busabschlüsse, Kabelbrüche, ...). Das Störfeuer beim Anlassen ist schon relativ heftig, die Start-Stop Fahrzeuge mit großem Navi haben deswegen z.B. extra so eine Art "Mini-USV". Wer dann z.B. ein RCD210 gegen ein RNS5xx sonstwas austauscht aber die "Mini-USV" nicht einbaut... naja. :-)

Was die Verschiebung im Videobild anbetrifft passiert sowas gern mal wenn die Syncronimpulse im Videosignal verbogen sind und im Empfänger/Monitor nicht mehr korrekt erkannt werden können. Passiert z.B. gern wenn sich Kameras oder die Navis anstatt über ihre dafür vorgesehene Masseleitung die Masse über das Videosignalkabel oder Antennenkabel holen. Die Ausgleichströme heben dann irgendwo Potentiale an was zu Fehlfunktionen führt.

Auch der CAN als differentieller BUS ist dagegen zwar schon relativ robust, aber alles hat seine Grenzen.

Manchmal gibts auch als rückwärtskompatibel geplante Änderungen bei Übertragungsprotokollen die es dann aber doch nicht sind - weil Geräte vor x Jahren gebaut dann doch nicht kompatibel sind.

Derartige Diagnosen sind aber leider enorm zeitaufwendig, bzw. bei sporadischen Fehlern sehr schwierig zu lokalisieren. Zeitaufwendiges ist leider dann auch immer teuer, da müsstest Du dann schon zu einer Fachwerkstatt (KFZ-Elektronik) fahren damit sowas in einem bezahlbaren Rahmen bleibt.

Zitat:

@pichocki schrieb am 13. September 2016 um 09:10:08 Uhr:

Ich habe den Eindruck, dass die Vertragswerkstätten bei Diagnose und Reparatur oft nur den Vorgaben der Zentrale folgen (oder folgen dürfen), und das war's. So kommt es dann aus meiner Sicht manchmal zu unnötigem Austauschen von Baugruppen, obwohl es auch "einfacher" (also weniger aufwendig) ginge.

Und ich habe den Eindruck, dass in vielen Werkstätten tlw. noch Mechaniker zu Gange sind, deren neuester Kenntnisstand nach Schlitz, Kreuzschlitz, Außensechskant und Inbus in Torx und Vielzahn gipfelt und danach nichts mehr dazu kam. Wenn man hier im Forum in hunderten von Beiträgen lesen kann, wie inkompetent sich manche Werkstätten bei gleichzeitig dreistelligen (!) Stundensätzen anstellen, dann kommt einem das kalte Grausen. Fragt der Kunde nach einem z.B. Softwareupdate, wird erstmal abgewiegelt. Die Fachkenntnis hinkt der Technik der Fahrzeuge oft >10 Jahre hinterher. Ich habe selber schon so viele Vorgänge erlebt, wo man versucht hat, den Kunden für blöd zu verkaufen und zu melken. Und plötzlich taucht eine Lösung auf, wenn man merkt, dass der Kunde mehr Einblick hat und sich nicht über den Tisch ziehen lässt. Dann war erst „das Diagnosegerät noch nicht hochgefahren“ oder man müsse „das Verhalten erst an einem anderen Kundenfahrzeug nachstellen“, von dem natürlich keines da ist. Oder es gab Arbeiten, die berechnet, aber nie durchgeführt wurden (hier Richtarbeiten bei einem 4stelligen Unfallschaden mit nach der Reparatur immer noch am Unterboden schleifender Antriebswelle). Ich hoffe nur, dass sich der Markt dadurch langfristig selber bereinigt. Ich sage nicht, dass alle so sind, aber ich habe viele leidvolle Erfahrungen machen müssen. Auch bei Werksniederlassungen.

Hinzu kommt, dass die Zeiten für die Arbeiten so knapp kalkuliert sind und es angeblich Boni gibt, wenn man diese noch unterbietet. Das führt dazu, dass Arbeiten nur in Windeseile durchgeführt werden (können). Hat man neben einer normalen Inspektion noch eine Zusatzarbeit beauftragt, kann man diese regelmäßig vergessen. Wird einfach ignoriert. Mehrmals passiert.

Zur eigentlichen Fehlersuche… die VW Diagnosesysteme sind von Haus aus mit Fehlersuchprogrammen ausgestattet, die die Mechaniker unterstützen sollen. Gerade, wenn Fachwissen fehlt. Dann werden verschiedene Punkte im Dialog abgeprüft und am Ende stehen regelmäßig die teuersten Baugruppen, wie z.B. Turbolader, die getauscht werden sollen. VW erzieht seine Mannschaft so zu sturen Teiletauschern - auf Kosten der Kunden.

Themenstarteram 13. September 2016 um 12:59

Zitat:

@Roger66 schrieb am 13. September 2016 um 14:26:39 Uhr:

VW erzieht seine Mannschaft so zu sturen Teiletauschern - auf Kosten der Kunden.

Ja, eben das meinte ich: die Werkstätter können (oft) nichts oder wenig dazu, wenn ihnen einfach die Infos fehlen.

Themenstarteram 13. September 2016 um 13:08

Zitat:

@alex1234567890 schrieb am 13. September 2016 um 10:03:15 Uhr:

Wenn eine CPU neugestartet wird dann hast Du einen Programmierfehler auch nicht "repariert" er ist noch immer im Programm vorhanden. Wenn Du Glück hast tritt der Zustand dann längere Zeit nicht mehr auf - aber weg ist er deswegen ja eigentlich auch nicht. Da müsste man dann schon sowas machen wie ein Softwareupdate.

Ja, da hast Du natürlich Recht. Ich wollte in meinem Beitrag "repariert" auch durchgehend in Gänsefüßchen schreiben. Natürlich ist der Fehler dann nicht repariert, aber es gibt einfach Bugs, die treten nur nach längerer Laufzeit auf (weil beispielsweise irgend welche zu klein dimensionierten oder nicht gelöschten Puffer "überlaufen") - und das Radio (als Rechner) läuft ja nun mal immer, selbst wenn es "ausgeschaltet" ist. Und - so nehme ich an - beim Abschalten der Zündung bzw. dem Wiedereinschalten danach werden einige Speicher wieder initialisiert und einige eben nicht. Dann kann es natürlich sehr wohl zu solchen Verhaltensweisen kommen. Wer sein Windows schon einmal mehrere Tage oder gar Wochen ohne Unterbrechung laufen ließ, weiß, wovon ich rede.

Und es ist schon seltsam, finde ich, wenn beim Auftreten des Problems ein Ausschalten, Warten und Wiedereinschalten die Symptome beseitigt (wenn auch nur für einige Zeit). Dann kann es ja wohl kaum ein Hardwareproblem sein? (Ich denke, man kann thermische Probleme in der Elektronik ausschließen? Und wenn nicht, dann kühlt die wohl kaum in einer Minute hinreichend ab.)

Und selbst wenn sich meine Kamera Masse dort zieht, wo sie das nicht tun soll, brauche ich doch noch lange keine neue Kamera oder Steuerung, sondern sie war von vornherein falsch angeschlossen. Oder siehst Du das anders?

Und wieso weigert man sich, meine Meldung wenigstens an den Softwarehersteller weiterzugeben (dass man mir nicht einen direkten Kontakt herstellt, kann ich ja sogar verstehen)?

Ich finde jedenfalls, Service, zumindest Service im Sinne des Kunden, geht anders.

Die thermischen Fehler sind eine der häufigsten Fehlerursachen in der Elektronik. Das hat oft etwas mit falscher Dimensionierung und/oder Kostendruck zu tun. Sehr gern fallen beispielsweise (zu klein dimensionierte) Netzteile aus die im Betrieb zu warm werden, z.B. weil durch aufwärmen und abkühlen mechanische Spannung dann Lötstellen reissen lässt oder weil Kondensatoren austrocknen, kapazität verlieren es dann noch wärmer wird usw.

Das RNS hat - wenn ich mich richtig entsinne - auch einen kleinen Lüfter hinten drin um die Stauwärme abzuführen, irgenwann fallen solche Lüfter aus, Wärme staut sich, Bauteile altern schneller. Dein Navi hat mit sicherheit auch einen oder mehrere DC/DC Wandler in seinem Schaltungsaufbau. Auch hier gibt es dann Kondensatoren die - je nach Bauart blah blubb auch "irgendwann" evtl. mal austrocknen und dann grade beim starten probleme machen, das Netzteil oder der DC/DC Wandler läuft dann einfach nicht hoch. Im Anfangsstadium beginnt sowas gern bei sommerlichen Temperaturen :-) ...

Das soll jetzt nicht bedeuten das genau DAS dein Fehler ist, vielmehr wäre es eine von sehr vielen Möglichkeiten, wie gesagt ich kenne das RNS nicht im Detail.

Die Radios und Navis die VW verbaut kommen meines Wissens von Bosch, Delphi und Technisat. Wer es genau war steht seitlich auf einem Aufkleber ;-) Du kannst ja gern mal versuchen dort Kontakt aufzunehmen - wenn überhaupt wird man dich aber mit dem Hinweis "das ist OEM" abbügeln, mehr Erfolg hat da eher ein Anruf bei einer Firma die auf die Reparatur von PKW-Navis und Radios spezialisiert ist (Google ist dein Freund). Da kennt man idR dann schon die "Macken" der Geräte.

Zu der Variante Massefehler: Sowas passiert wenn z.B. eingedrungende Feuchtigkeit Steckverbinder korrodieren lässt. Dann erneuert man halt den Steckverbinder, lötet das irgendwie direkt zusammen, putzt oder, oder oder ...

Ein Auto ist (glücklicherweise) nunmal kein PC mit Windows...

Wenn zwei baugleiche Radios nach jeweils 9-10 Jahren mit gleichem Fehler ausfallen, deutet das für mich eher auf ein Hardware- als auf ein Softwareproblem hin. Wäre es ein SW-Fehler, müsste dieser von Anfang an in der Software vorhanden gewesen sein und nicht ersts nach 10 Jahren plötzlich auftauchen. Die Hardware altert dagegen und kann zu vielen Merkwürdigkeiten und Ausfällen führen.

Und Dein Beispiel mit der Kamera ist aus meiner Sicht zu 100% kein SW-Problem, es sei denn Du hast eine ganz spezelle SW die sonst kein anderer VW Fahrer mit RFK hat. Anfernfalls würde man tausende Meldungen über diesen Fehler bei Tante Google finden. Das Bild sieht wie ein klassisches Sync-Problem aus - wer noch das Zeitalter der Röhrenfernseher erlebt hat weiss vovon ich spreche. :)

Den Fehler würde ich bei der Verkabelung, Steckern, der RFK (Hardware) oder ggf. dem RNS (Hardware) suchen. Eindringende Feuchtigkeit und Kabelbrüche sind leider nicht wirklich seltene Defekte.

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