Stickoxide: SCR-Aufrüstung auf Euro 6
ADAC: Das Twintec-System wirkt
Vor Kurzem berichteten wir über SCR-Nachrüstsysteme für Diesel-Pkw. Der ADAC hat das System nun getestet. Fazit: Umrüstung ist machbar. Aber noch lange nicht einsatzbereit.
München – Rund 13 Millionen Dieselautos in Deutschland erfüllen nicht die Euro-6-Norm. Viele Fahrer eines solchen Autos fragen sich, ob sie künftig damit noch in die meisten Innenstädte fahren dürfen? Die Gefahr ist real. In einigen Städten werden Diesel-Fahrverbote konkret diskutiert, zum Beispiel in Hamburg, München und Stuttgart.
Wie die Abgase sauberer werden können, haben wir vor Kurzem berichtet: Der Anbieter Twintec bietet eine Nachrüst-Lösung für Euro-5-Diesel, die den Stickoxid-Ausstoß effektiv senken soll. Diese Lösung hat der ADAC nun in einem von Twintec gestellten Prototypen getestet.
Bis zu 90 Prozent sauberer
Die gute Nachricht: Die Nachrüstung der Abgas-Reinigungstechnik SCR (selektive katalytische Reaktion) zeigte sich im Test prinzipiell effektiv. Das ergaben Untersuchungen des Clubs an dem VW Passat 1.6 TDI (B7), den Twintec umgerüstet hatte. Das VW-Update für Betrugs-Diesel ist bei diesem Auto noch nicht durchgeführt worden.
Mit aktiviertem Nachrüst-System sank der Stickoxid-Ausstoß des Fahrzeugs im Test um bis zu 90 Prozent. Sowohl im künftig gültigen WLTP-Messzyklus als auch im ADAC-eigenen Autobahnzyklus erfüllte der Euro-5-Passat die Abgasnorm Euro 6, der Stickoxid-Ausstoß blieb unter dem Grenzwert von 80 mg/km.
Einschränkungen gibt es laut ADAC nur direkt nach dem Kaltstart. Hier sei laut der Entwickler das Energiemanagement noch nicht ideal abgestimmt.
Das Twintec-System besteht aus einer Dosiereinheit (Bosch), die Adblue (Harnstofflösung) gasförmig in den Abgastrakt einbläst. Weitere Komponenten wie Sensoren und Filter stammen von Continental und Volkswagen. Der Adblue-Tank befindet sich in der Reserveradmulde. SCR-Systeme wandeln Stickoxide in einem chemischen Verfahren zu Wasserstoff und Stickstoff um.
Mehrverbrauch: Fünf Prozent
Im Test verbrauchte das System rund zwei Liter der Flüssigkeit auf 1.000 Kilometer. Der ADAC schätzt, dass für einen sauberen Betrieb je nach Fahrzeug 1,5 bis drei Liter Adblue je 1.000 Kilometer notwendig seien.
Gleichzeitig steige der Stromverbrauch durch das zusätzliche technische System, so der ADAC - es benötigt bis zu 400 Watt. Da dieser Strom über die Lichtmaschine produziert werden müsse, ergebe sich ein Mehrverbrauch und damit ein erhöhter CO2-Ausstoß. Den beziffert der ADAC auf im Schnitt fünf Prozent.
Noch nicht serienreif
Trotz der erfolgreichen Tests: Serienreif ist das System noch nicht. „Systemeinbindung in das Fahrzeug (u.a. Fehlerüberwachung), Dauerhaltbarkeit und Betriebssicherheit“ seien vor einem Serieneinsatz zu klären, schreibt der ADAC. Zudem kann bei einer Überdosierung von Adblue Ammoniak in die Umwelt gelangen. Es müsse sichergestellt werden, dass dies nicht zu neuen Schadstoffemissionen führt.
Bei dem Twintec-Prototypen fiel den Prüfern auf, dass die Start-Stopp-System den Motor nur noch selten abschaltete. Dies sei ein Hinweis, dass die „zusätzlich benötigte elektrische Energie nicht ohne weiteres bereitgestellt“ werden könne. Eine Anpassung des Energiemanagements des Fahrzeugs sei bei Nachrüstung der SCR-Technik „unbedingt notwendig“.Bisher arbeitet der Prototyp autark von der Fahrzeugelektronik mit komplett eigener Sensorik und Steuerung. Lediglich das Abschalten des Motors wird vom Twintec-System verarbeitet.
ADAC: Nachrüstung ist möglich
Der praktische Test des ADAC bestätigt, dass ein Nachrüst-SCR-Katalysator in älteren Dieselfahrzeugen funktionieren kann. Von der Serienreife ist der Anbieter jedoch noch ein Stück weit entfernt. Ebenso wie von der Integration in beliebige Fahrzeugmodelle. Bei kleineren Fahrzeugen erwartet der ADAC Probleme mit fehlendem Bauraum.
Und was kostet das? Das kann derzeit noch niemand sagen. Die Kosten des Systems beziffert der Hersteller bislang mit ca. 1.500 Euro plus Einbau. Mit verbesserter System-Integration in die Technik des Fahrzeugs würden die Kosten mit der Komplexität zunächst einmal steigen. Über die Stückzahlen könnten sich später wieder Skaleneffekte ergeben.
Autohersteller bevorzugen bisher ein Software-Update für ihre alten Euro-5-Diesel. Auch diese Lösung bewertet der ADAC grundsätzlich positiv. VWs Nachbesserungen in Folge des Dieselskandals hätten gezeigt: Mit Software-Updates lasse sich der Stickoxid-Ausstoß eines Pkw um bis zu 60 Prozent reduzieren. Für Euro 6 würde das nicht reichen. Aber die Systemkosten wären deutlich niedriger als bei einer Hardware-Lösung.
Serienreif ist es dann wohl erst, wenn diese Fahrzeuge nicht mehr auf dt. Straßen unterwegs sind.😆
sowohl Euro 6d-TEMP Euro 6d muss man nicht auf solche Werte kommen
(6dTemp im RDE 168 mg/km. , 6d im RDE 120 mg/km)
das System müsste Serienreif also nicht so extrem viel Nox reduzieren, bräuchte damit weniger Energie und wäre u.u. Billiger
und der umgerüstete Passat wäre dann immer noch Sauberer also autos die in 4-5 Jahren erst gebaut werden
wenn das dann auch noch VW selber umrüsten würde, wäre zusammenarbeit mit der Motorsteuerung sicher auch besser ..
Eventuell wird es darauf hinauslaufen. Die geringen Werte zeigen dadurch lediglich, was technisch möglich ist.
Im Endeffekt werden die Einzelemissionen ohnehin schon seit Jahren lediglich in Richtung verschoben...
Jawoll, da zahlt man 1.000 - 2.000 Euro Aufpreis für einen Dieselmotor, muss noch 1.500 Euro hinterherjubeln und darf dann noch zwei Betriebsstoffe tanken.
Da wäre eine vernünftige, (werksseitig verbaute) Gasanlage mit 80l LPG - Tank und 15l Benzin-Tank billiger, leiser, sparsamer (in Euro), umweltfreundlicher und steuergünstiger gekommen. Bei ähnlichem Prozedere, einen Stoff regelmäßig tanken (LPG/Diesel) und einen selten (AdBlue/E10).
Eine win-win-Situation für den ADAC. Wenn das System wirklich 400 Watt an Leistung braucht, dürfte sich der Umsatz mit neuen Starterbatterien beim ADAC in eine äußerst lukrative Angelegenheit ausarten.😊
Gruß
electroman
Was passiert mit Fahrzeugen die in der Mulde einen Subwoofer vom Soundsystem haben?
Ansonsten finde ich es absolut erstaunlich wie hocheffizient das System zu Werke geht. Das ist ja eine andere Welt zu vorher. Für mich ist der Mehrverbrauch absolut verschmerzbar. Ob ich jetzt 5.3L, oder 5.7L verbrauche ist doch sowas von egal.
Ich bin gespannt was daraus wird.
Wer weiß, wenn man sowieso an die Software muss, kann man auch die AGR Rate ein wenig adaptieren und so den Mehrverbrauch ausgleichen. 😆
Naja effizient ist es halt deshalb, weil man die Harnstofflösung nutzt und zudem damit nicht geizt.
Und weil man sie elektrisch verdampft, anstatt einfach flüssig in den SCR Kat einzuspritzen, wie das heute Stand der Technik ist. Dafür funktioniert das System auch in der Stadt bei geringen Abgastemperaturen sehr gut.
Ist das Abgas nämlich zu kalt, nützt auch mehr Addblue nichts. Es würde nur Ammoniak aus dem Auspuff kommen, was noch ungesünder ist.
Die Aussage, es sei softwareseitig möglich, ähnlich gute Werte zu erreichen, ist ein Witz. Das geht auf Kosten der Bauteile. Anders ist es technisch nicht machbar. Leider ist das der billigste Weg, zumindetst für die Hersteller. Da können Sie großzügig Nachrüstungen anbieten. Kostet ja effektiv nichts. Dass der Kunde Folgekosten hat, geschenkt.
Das da VW Teile verbaut werden kann schon nichts taugen 😆
Nicht nur für den ADAC 😆
Neben den Umrüstkosten kommen ja noch zusätzlicher Spritverbrauch,
Steuer sollte auch höher werden, wird ja schließlich nach CO2 Ausstoß berechnet,
win-win für alle außer den Autofahrer, der hat eine Triple "lose-lose Situation" 😆
Okay auch in Sachen Erderwärmung ist es eine "lose-lose Situation".
Warten wir mal ab, wann die "nächste Sau durchs Dorf" gejagt wird.
Naja, leider halt nicht serienreif, was leider sehr hohe Entwicklungskosten/-Kapazitäten verschlingt; Dazu das System dann ja im Focus steht und 100%ig = 4 Jahreszeiten - über mehrere Jahre; von 0-2000 Höhenmeter; etc.... ..... funktionieren muss und dazu alle 2 Jahre geprüft wird ;-)
1500 plus Einbau, sind wir am Ende bei 2000-2500 und bis das serienreif ist, lohnt es sich nicht mehr, weil die Karre drumrum dann ein Fall für den Exporteur ist.