Bund erzielt Einigung im Rechtsstreit mit Toll Collect
Bund soll 3,2 Milliarden Euro von Toll Collect erhalten
Fairer Deal oder über den Tisch gezogen? Der Streit mit Toll Collect ist beigelegt, während der Streit mit der Opposition erst beginnt. Sind 3,2 Milliarden Euro zu wenig?
Berlin - Der milliardenschwere Rechtsstreit wegen der zu späten Einführung der Lkw-Maut in Deutschland ist nach 14 Jahren gelöst. Der Bund einigte sich mit den Hauptgesellschaftern des Betreibers Toll Collect auf einen Vergleich und bekommt von ihnen 3,2 Milliarden Euro. Telekom-Chef Tim Höttges sprach am Donnerstag von einem "fairen Ergebnis".
Daimler betonte, die Verständigung schließe eine lange Auseinandersetzung für alle Beteiligten vernünftig ab. Nach den Worten von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) kann das "Erfolgsmodell Lkw-Maut" jetzt unbelastet fortgeführt werden. Für die anstehende Neuvergabe des Betreibervertrags sind rechtliche Risiken vom Tisch.
Scheuer nannte den Vergleich einen "historischen Durchbruch", mit dem die "bestmögliche Lösung für den Steuerzahler" erreicht worden sei. Wegen technischer Probleme konnte die Lkw-Maut 2005 erst mit zwei Jahren Verspätung starten. In zwei Schiedsverfahren ging dann aber jahrelang nichts voran. Der Bund hatte insgesamt 9,5 Milliarden Euro geltend gemacht, die Unternehmen Forderungen von rund 4,9 Milliarden Euro. Toll Collect gehört zu jeweils 45 Prozent der Telekom und Daimler, den Rest hält der französische Autobahnbetreiber Cofiroute.Scheuer sagte, er habe die Verhandlungen zur Chefsache gemacht, da er keinen Streit für die Ewigkeit wollte. Die Vergleichssumme von 3,2 Milliarden Euro enthält laut Ministerium unter anderem Barleistungen von 1,1 Milliarden Euro, weitere 1,1 Milliarden Euro, die der Bund aufgrund des Streites einbehalten hatte, sowie zusätzlich Zinsen und Vertragsstrafen. Ob das Geld in den allgemeinen Haushalt fließt oder direkt für Verkehrsvorhaben reserviert werden kann, blieb zunächst offen. Das Ministerium verwies darauf, vor der formalen Bestätigung des Schiedsspruches noch keine näheren Angaben machen zu können.
Die Opposition kritisiert die Einigung
Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler kritisierte die Einigung. Scheuer habe sich "über den Tisch ziehen lassen", weil er nicht mal die Hälfte der rechtmäßigen Forderung bekommen habe. Dies zeige generell Probleme der Privatisierung öffentlicher Aufgaben. "Der Bund muss jetzt endlich die Reißleine ziehen und die Lkw-Maut in Eigenregie erheben." Der Linke-Haushälter Victor Perli kritisierte: "Die Bundesregierung hat unter Zeitdruck einem für die Steuerzahler schlechten Deal zugestimmt." Scheuer habe den Konzernen einen "milliardenschweren Rabatt" gewährt. Dem Bund entstanden über die Jahre Kosten von fast 245 Millionen Euro, vor allem für Anwälte.
Die Verständigung erleichtert auch die Suche nach dem neuen Betreiber des Mautsystems. Der Vertrag mit Toll Collect endet am 31. August. Der Bund will die Anteile zum 1. September übernehmen und für sechs Monate selbst halten. Zum 1. März 2019 soll die Gesellschaft dann an den künftigen Betreiber verkauft werden. Dieser Zeitplan gilt weiter.
Die bisher auf Autobahnen und 2.300 Kilometern Bundesstraße fällige Maut soll zudem zum 1. Juli auf das gesamte, 39.000 Kilometer lange Bundesstraßennetz ausgedehnt werden. Zum 1. Januar 2019 treten neue Mautsätze in Kraft, die ebenfalls mehr Geld einbringen. Insgesamt sollen die Einnahmen von zuletzt 4,7 Milliarden Euro auf durchschnittlich 7,2 Milliarden Euro pro Jahr anwachsen. Abzüglich von Kosten fließt das Geld zweckgebunden für Investitionen in die Verkehrswege.
Quelle: dpa
"Dem Bund entstanden über die Jahre Kosten von fast 245 Millionen Euro, vor allem für Anwälte."
Lachhaft. Wie viele Anwälte wollen die denn mit dem Vorgang beschäftigt haben? Oder hat man großzügig wie immer, wenn es nicht ums eigene Geld geht, Gebührenvereinbarungen getroffen. Das RVG käme selbst beim Höchststreitwert nicht auf solche Summen.
Das war doch ein Fehlstart mit Ansage. Statt ein bekanntermaßen funktionierendes System zu nutzen musste unbedingt öffentliches Geld in die Taschen ein schwerfälligen Konsortiums umgelenkt werden, welches ein unfähiger Proporzminister (Stolpe, Tiefensee) beaufsichtigen sollte. Natürlich wird die Pkw-Maut ein eigenes System benötigen, für dessen Betreiber sich Dobrindt schon in Stellung gebracht hat.
245 Millionen (größtenteils) für Anwälte.
Sogar in den USA wäre der Prozess deutlich billiger gekommen.
Nein, in den USA würden die Anwälte einen Teil der 3,2 Milliarden erhalten. Und das wären keine "nur" 10%.
wenn man annimmt, das ein Anwalt in etwa 200 EUR die Stunde verdient, kommen wir auf 1.225.000 Arbeitsstunden. Was da wohl alles getrieben worden ist?... ich will es auch ehrlich gesagt gar nicht wissen.
Anwälte rechnen nach Streitwert ab, jedenfalls, wenn man nichts anderes vereinbart. Diese Regelung hat uns die FDP eingebrockt. Auch Steuerberater, Makler und andere gesellschaftlich wertvolle Berufe dürfen so arbeiten. Als Ausgleich dafür teilen sie sich über ihre Kammern nch die Märkte auf.
Ich frage mich gerade, wer das Mandat für diese Einigung zum Nachteil der Steuerzahler erteilt hat.
Tippe mal auf den Verkehrtminister 🙄.
Ich frag mich dazu, warum die überhaupt Anwälte brauchten. Arbeiten im Verkehrsministerium und im Justizministerium keine Juristen mehr? Wer arbeitet denn eigentlich die Verträge aus, die so üblicherweise geschlossen werden?
Auch ein FDP Gesetz: Angestellte bzw verbeamtete Juristen dürfen nicht die Arbeit von Anwälten erledigen, auch wenn sie eine Zulassung als Anwalt haben. Unser Land ist ein Selbstbedienungsladen für Freiberufler. Jede Zeckenart bekommt ihre Opfer zugeteilt.
Das inspirierte Wolfang Petry bestimmt zum Lied "Das ist Wahnsinn".
Da haben die Schuldner den Andreas Scheuer mal nach allen Regeln der Kunst "abgezogen", wie es so schön heißt!