Youngtimer: Der Fiat Punto läuft im Sommer aus

Der Punto geht mit 25 in Rente

MOTOR-TALK

verfasst am Mon Aug 27 13:00:24 CEST 2018

Wie der Ritmo vor 40 Jahren rettete der Punto vor rund 30 Jahren Fiat vor der Existenzkrise. Doch nun heißt es Abschied nehmen. Der Punto geht in den Ruhestand.

Der Punto kam für Fiat genau zur richtigen Zeit und entwickelte sich direkt zum Bestseller. Und zwar nicht nur in den italienischen Verkaufscharts
Quelle: Fiat

Köln - Es gibt keine große Geburtstagsparty für ein Vierteljahrhundert Fiat Punto. Im Gegenteil. Fiat schickt den Kleinwagen zum 25. in Rente. Keine bella futura für das Auto, mit dem Fiat ab 1993 den Glanz alter Zeiten erneuern konnte. Der Cityflitzer verabschiedet sich in diesem Sommer still und leise, um Platz zu machen für einen Jüngeren: Die Fiat-500-Familie bekommt noch mehr Raum.

Den Fiat Punto gab es ab 1993 auch als Fünftürer
Quelle: Fiat
Mit dem Punto geht ein in drei Generationen gebauter globaler Bestseller in den Ruhestand, der Fiat aus einer existenziellen Krise befreite. Außerdem gab er den feinen Tochtermarken der Turiner Konzernmutter als technischer Genspender Auftrieb. Lancia Y und Alfa Mito entstanden auf der Punto-Plattform. Vor allem aber ließ der Punto Produktionsrekorde bei Fiat purzeln - und folgte damit dem Vorbild seines direkten Vorgängers aus den 1980er-Jahren, dem Fiat Uno. Zeitweise wurde er zum meistverkauften Auto Europas.

Und wie der Uno verdankte der erste Punto seine Formen dem Stardesigner Giorgetto Giugiaro, der seiner Kreativität mehr als zuvor freien Lauf lassen durfte. So gab es für fast jeden Kunden eine passende Punto-Karosserie und für die Tifosi überdies eine beispiellos breite Kollektion fantasievoller Concept Cars. Dagegen überraschte der im Fiat Centro Stile entstandene „Nuova Punto“ 1999 durch unterschiedliche Formensprachen für Drei- und Fünftürer.

Das "Auto des Jahres 1995"

Die „Grande Punto“ genannte dritte Generation des erfolgreichen Kleinwagens wiederum entwarf 2005 einmal mehr Altmeister Giugiaro, der damit den Weltgeschmack traf. Denn dieser Italiener schrieb sogar in Südamerika, Nordafrika und Indien Geschichte als lokal gebautes Volksauto.

Das Design stammt aus der Feder des italienischen Industriedesigners Giorgetto Giugiaro
Quelle: Fiat
Bis es soweit war, musste sich der Punto aber erst einmal als Krisenmanager bewähren. Anfang der 1990er-Jahre sank die Jahresproduktion des Fiat-Konzerns um 400.000 Einheiten auf 1,1 Millionen Autos. Die Finanzen sahen unerfreulich aus und das Modellprogramm bedurfte einer kostspieligen Kernsanierung. Fast 20 vollkommen neue Modelle in nur fünf Jahren wollten die Italiener lancieren. Der Fiat Punto war die entscheidende Vorhut bei den Volumenfahrzeugen, die Lust auf Lifestyle machen sollten.

Anders als der kantige Vorgänger Fiat Uno bekam der Punto modisch-rundliche Formen. Vom neuen Qualitätsanspruch bei Fiat kündeten kleine Karosseriespaltmaße und eine gegenüber dem Uno um 60 Prozent verwindungssteifere Karosserie. Die Fachpresse jubelte ob der „klapper- und knisterfreien absoluten Ruhe“ im Interieur des preiswerten Fiat selbst auf Rüttelpisten. Das machte ihn zum „Auto des Jahres 1995“.

Hohe Qualität und viele Varianten

Fiat hatte nicht nur viel Geld investiert, damit der Punto in puncto Qualität eine Führungsrolle übernahm. Die Italiener boten den Kleinwagen auch in verblüffender Variantenvielfalt an.

Von den Medien wurde der Punto als "konkurrenzlos günstiges" Auto gefeiert
Quelle: Fiat
Zu den drei- und fünftürigen Steilhecklimousinen kam ein viersitziges Vollcabriolet. Dank der steifen Karosserie konnte es sogar auf den feststehenden Überrollbügel verzichten. Von Medien wurde es als „konkurrenzlos günstiges“ Kultauto gefeiert. Dagegen ließ der in 7,9 Sekunden auf Tempo sprintende Punto GT anderen kleinen Heißblütern wie Peugeot 205 GTI oder Ford Fiesta XR 2i keine Chance.

Italo-Fans, die Luxus im Miniaturformat favorisierten, konnten sich bald auch für den neuen Lancia Y entscheiden, in dem ebenfalls viel Punto-Technik steckte. Und dann gab es noch die Spielwiese der schönen Träume: Fast ein Dutzend Concept Cars bauten auf dem Punto auf, darunter Coupés, Barchetta, Pick-ups, Shooting-Brakes und Crossover mit drei Achsen. Fast alle namhaften italienischen Designstudios versuchten sich am Punto. Eine Carrozzeria wurde sogar Produktionsstandort für den Punto in seiner offenen Form. Das kleinste viersitzige Vollcabrio der Welt mit elektrischem Verdeck lief bei Bertone vom Band.

Von Anfang an ein Bestseller

Gleich nach dem Marktstart setzte der in drei Generationen gebaute Punto sich an die Spitze der italienischen Verkaufscharts. Kurz darauf deklassierte er die europäische Kleinwagenkonkurrenz. Schon 2005 lief der sechsmillionste Punto vom Band.

Zum 100. Geburtstag von Fiat im Jahr 1999 startete der Nuova Punto (Typ 188)
Quelle: Fiat
Hinzu kamen die in Asien, Afrika und Südamerika gebauten Punto sowie Punto-Derivate wie der Innocenti Mille. Offenbar konnte Fiat Kleinwagen immer noch besser als die meisten anderen. Im Juli 1999 startete der Nuova Punto (Typ 188) passgenau zum 100. Geburtstag von Fiat. Er kam als Drei- oder Fünftürer mit ganz unterschiedlichen Formen. Der betont dynamisch gezeichnete Dreitürer verfolgte sportliche Ambitionen und sammelte als 220 PS starker Abarth Rallye Motorsportlorbeeren. 2005 kam die dritter Generation (Typ 199), die Abarth-Version verfügte jetzt sogar über Allradantrieb.

Der Punto setzte in seinem Segment neue Maßstäbe

Mit dem Generationswechsel 2005 wurde der Punto zum Grande Punto und zum Technikspender für Alfa Mito und Opel Corsa D. Gegenüber dem Typ 188, der noch bis 2009 weiter gebaut wurde, legte der Typ 199 um 23 Zentimeter auf nun 4,03 Meter zu. Daraus wurde mit dem ersten Facelift 2009 der Punto Evo, mit der zweiten Modellpflege von 2012 hieß er wieder schlicht Punto.

Im Jahr 2005 wurde der kleine Punto zum Grande Punto, im Vergleich zur zweiten Generation wuchs er in der Länge um rund 20 Zentimeter
Quelle: Fiat
Es war das letzte Facelift für den Longseller, der bis zum Ende dieses 13 Jahre auf dem Buckel hätte. In der Zeit machte er nur einmal wirklich negative Schlagzeilen. Ein desaströses Euro-NCAP-Ergebnis Ende 2017 ließ vergessen, dass der Grande Punto bei seiner Premiere 2005 noch mit einer 5-Sterne-Auszeichnung Maßstäbe setzte.

Antriebsseitig ließ sich der Alterungsprozess des Punto besser aufhalten. Mit effizienten Erdgasmotoren, drehmomentstarken Dieselmotoren, nachgeschärften Abarth-Leistungsträgern und Downsizing-Zweizylindern verfügte der Fiat auf dem Höhepunkt seiner Karriere über eines der breitesten Aggregat-Angebote der kleinen Klasse. Mit dem stylisch gezeichneten Punto war es gesellschaftlich wieder schick geworden, einen kleinen Fiat zu fahren: Die entscheidende Vorarbeit für die Fiat-500-Familie, das italienische Kultauto des 21. Jahrhunderts.

 

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Quelle: Spx

Den Fiat Punto gab es ab 1993 auch als Fünftürer
Quelle: Fiat
Die Cabrio-Variante des Punto
Quelle: Fiat
Von den Medien wurde der Punto als "konkurrenzlos günstiges" Auto gefeiert
Quelle: Fiat
Das Design stammt aus der Feder des italienischen Industriedesigners Giorgetto Giugiaro
Quelle: Fiat
Zum 100. Geburtstag von Fiat im Jahr 1999 startete der Nuova Punto (Typ 188)
Quelle: Fiat
Im Jahr 2003 erhielt der Punto Typ 188 eine Modellpflege und damit eine neue Front
Quelle: Fiat
Im Jahr 2005 wurde der kleine Punto zum Grande Punto, im Vergleich zur zweiten Generation wuchs er in der Länge um rund 20 Zentimeter
Quelle: Fiat
Es gab auch einen Abarth auf Basis des Grande Punto. Unter der Motorhaube des Rallye-Wagens schlummern 220 PS
Quelle: Fiat
Das zweite Facelift des Grande Punto (2012)
Quelle: Fiat