VW Touareg 2: Das große SUV im Test

Fahren über Luft und Stein

MOTOR-TALK

verfasst am Sun Aug 13 07:34:04 CEST 2017

Der VW Touareg in der zweiten Generation hat bald ausgedient. Er kommt überall durch, in der Stadt aber an seine Grenzen. Technik, Innenraum und Verbrauch im Test.

Der Touareg ist mit 4,80 m Länge in Europa das größte SUV von Volkswagen. 2018 kommt der Nachfolger
Quelle: MOTOR-TALK
  • VW Touareg: 4,80 Meter Länge, fast 700 Liter Kofferraumvolumen
  • V6-Dieselmotoren mit Automatik und Allradantrieb
  • Viel Platz, bequemer Einstieg, tolle Verarbeitung
  • Überholte Technik, fehlerhaftes Navi
  • Optional: Gutes Luftfahrwerk

Berlin – Kein Hybrid, kein Benziner, keine Elektro-Version. Der Touareg ist ein Dinosaurier. Er stammt aus einer Zeit, in der SUVs noch etwas mit Gelände zu tun hatten – und Stickoxide höchstens in Nebensätzen vorkamen – immerhin sieben Jahre her. Was von damals übrig bliebt: Zwei Diesel und schwache Verkaufszahlen. Kein Wunder, er steht ja kurz vor seiner Ablösung.

Die letzten Exemplare schmeißt VW jetzt raus. 10.000 Euro Rabatt gibt es für alle, die ihre alten Diesel verschrotten und einen neuen Touareg kaufen. Wir nahmen den 2,2-Tonner mit auf eine letzte Fahrt. Und stellten fest: Er kommt überall durch – wenn genug Platz ist.

Karosserie und Platzangebot: Groß, aber übersichtlich

Überraschend übersichtlich: Die Rundumsicht passt beim Touareg trotz großer Abmessungen
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Denn manchmal ist das gar nicht so einfach. Klar, die Schwester-Modelle Audi Q7 und Porsche Cayenne packen noch ein paar Zentimeter drauf. Trotzdem misst der Touareg 4,80 Meter in der Länge. Und, oft hinderlich, ohne Spiegel 1,94 Meter in der Breite. Für ein großes SUV nicht ungewöhnlich. Beim Touareg fiel es uns nur häufig auf.

Natürlich erwartet von so einem Auto niemand eine filigrane Art. Zumal Ausstattung, Allradantrieb und ein robuster Aufbau ordentlich Gewicht addieren. Immerhin lässt er sich nach vorn und hinten anständig überblicken – man ahnt überraschend gut, wo die Stoßstangen aufhören. Weniger gut: Einige Modelle dürfen nur 475 Kilogramm zuladen. Da sind 697 Liter Kofferraumvolumen fast verschenkt.

Innenraum und Verarbeitung: Viel Kunststoff und gute Ergonomie

Im Innenraum des Touareg gibt es keine Überraschungen. Alles sitzt dort, wo man es erwartet. Wolfsburger Vernunft geht vor Experimentierfreude. So sehr, dass das sattelbraune Leder schon fast frivol wirkt. Frech ist aber höchstens der Aufpreis von gut 3.800 Euro. Für diesen Kurs dürften die Sitze besser konturiert und gepolstert sein.

Der VW Touareg II ist mit 140kg Stützlast ein ideales Zugfahrzeug. Die Rückfahrkamera hilft beim Rangieren und beim Ankoppeln
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Und wo wir schon dabei sind: Die Plastiklandschaft auf dem Armaturenbrett ist trist und öde – nicht schön, schon gar nicht in dieser Preisklasse. An der Verarbeitung gibt es hingegen nichts auszusetzen. Alles sitzt fest, nichts klappert oder knarzt. Ergonomie und Bedienung stimmen ebenfalls, zumindest bei den Basisfunktionen.

Infotainment und Fahrassistenz: Nach sieben Jahren nicht mehr aktuell

Beim großen Navi („RNS 850“) wird es komplizierter. Es nervt mit verschachtelter Menüführung sowie langsamer Reaktion und Routenberechnung. Das lässt sich verzeihen, die Nachfolgegeneration ist längst auf dem Markt. Software-Abstürze dürfen hingegen nicht passieren, das System sollte ausgereift sein. Tun sie aber. Die Aufhänger ließen sich nicht reproduzieren und erforderten jedes Mal einen Neustart des Autos.

Gegen Aufpreis baut VW Abstandstempomat und ein maskierendes Fernlicht in den Touareg. Beides arbeitet gut und feinfühlig – aber spätestens hier zeigt sich: Es wird Zeit für einen Nachfolger. Selbst im Golf gibt es mittlerweile LED-Scheinwerfer, digitales Cockpit und mehr Assistenz.

Antrieb: Nur Sechszylinder, nur Diesel

In der Einstellung "Sondergelände" pumpt das Luftfahrwerk den Touareg auf eine Bodenfreiheit von bis zu 30 Zentimetern
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Weltweit gab und gibt es den Touareg mit sechs und acht Zylindern, als Benziner, Diesel und Vollhybrid. In Deutschland ist davon nur wenig übrig geblieben. Zwei V6-Selbstzünder stehen noch in der Preisliste. Einer mit 204, der andere mit 262 PS, beide kombiniert mit einer Achtgang-Automatik und Allradantrieb. Die starke Version rüstet VW optional mit Sperren und Untersetzung aus. SCR-Kats gibt es serienmäßig.

Wenig Auswahl, aber kein Problem. Der große Diesel passt Prima zum schweren Touareg. 580 Newtonmeter Drehmoment schieben das SUV fast überall hin. Für viele wohl wichtiger: Innen klingt es kaum nach Diesel. Beim Kaltstart lässt sich ein Nageln erahnen. Sonst brummt und grummelt es entspannt unter der Haube. 9,3 Liter Durchschnittsverbrauch gehen für ein Auto in dieser Gewichtsklasse in Ordnung. Mit 100 Litern Tankvolumen macht der Touareg ordentlich Strecke.

Lenkung und Fahrwerk: Ein Hoch auf die Luft

Am liebsten gleitet der Touareg entspannt dahin und federt dabei sanft mit seinem Luftfahrwerk. Das bietet enorme Reserven und lässt den Blechkloß komfortabel gleiten. Den Sportmodus hätte sich VW eigentlich sparen können – auch wenn sich das SUV mit ihm überraschend gut in Kurven werfen lässt. Bei zu viel Elan regelt die Elektronik schnell und ruppig.

Klettern und Landstraße kann der Touareg. Lässig und komfortabel steckt er aber auch hunderte Kilometer Autobahn weg
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Die Bremsen stemmen sich kräftig und gut dosierbar gegen den Schwung, auch wenn es mal rüttelnd querfeldein geht. Grobes Gelände packt der Touareg problemlos. Die Luftfederung hebt das Auto auf 30 Zentimeter Bodenfreiheit. Steigungen bis 45 Grad sind drin. Das ist gefühlt kurz vorm Überschlag mit Blick Richtung Himmel. Bei der Lenkung wünschen wir uns mehr Gegengewicht.

Fazit, Ausstattung und Preis

Der Touareg ist alt. Das dürften wir ihm eigentlich nicht vorhalten – gespürt haben wir es dennoch, obwohl VW 2014 mit einem Facelift nachbesserte. Ein Abstandstempomat als einziger aktiver Helfer ist in dieser Klasse zu wenig. Und das Navi geht als mittlere Katastrophe durch. Das Smartphone musste viel zu oft aushelfen.

Wer darüber hinwegsehen kann, bekommt aber ein gutes Angebot: Der Touareg kostet ohne Extras 54.400 Euro. Ein (größerer) Audi Q7 kostet in der Basis rund 6.000 Euro mehr. Für ihn gibt es moderne Helferlein, im Gelände kann der Touareg mehr. Mit einem Wrangler hält er nicht mit, aber für ein SUV schlägt er sich gut.

Ein Luftfahrwerk gehört in jedem Fall in den Touareg. Das kostet 2.750 Euro und lässt sich mit den Off-Road-Optionen (1.900 Euro) kombinieren. In dieser Konfiguration findet der Touareg selbst heute eine Nische – als nützliches SUV.

Technische Daten – VW Touareg II 3.0 TDI "Terrain Tech"

  • Motor: 3,0-Liter-V6-Turbodiesel, Direkteinspritzer
  • Getriebe: 8-Gang-Wandlerautomatik mit Segelfunktion
  • Leistung: 262 PS (193 kW) bei 3.800 – 4.400 U/min
  • Drehmoment: 580 Nm bei 1.750 – 2.500 U/min
  • 0 – 100 km/h: 7,6 Sekunden
  • Höchstgeschwindigkeit: 220 km/h
  • Verbrauch (NEFZ): 6,9 Liter pro 100 km
  • CO2 pro km: 180 g
  • Testverbrauch: 9,3 Liter pro 100 km
  • Länge: 4,801 m
  • Breite: 1,940 m
  • Höhe: 1,709 m
  • Radstand: 2,893 m
  • Leergewicht (EU-Norm inkl. Fahrer): 2.251 kg
  • Kofferraumgröße: 697 l
Der Verbrauch des VW Touareg pendelte sich während unseres Tests bei 9,3 Litern Diesel je 100 Kilometern ein
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Überraschend übersichtlich: Die Rundumsicht passt beim Touareg trotz großer Abmessungen
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VW Touareg II: Die Stereosensoren in der Frontschürze neben den Nebelscheinwerfern erkennen vorausfahrende Autos zuverlässig. Das ACC regelt fein und erleichtert lange Autobahn-Fahrten
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VW Touareg II im Profil. Das SUV misst 4.80 Meter
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Der VW Touareg II ist mit 140kg Stützlast ein ideales Zugfahrzeug. Die Rückfahrkamera hilft beim Rangieren und beim Ankoppeln
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VW Touareg II: VW gibt 697 Liter Kofferraumvolumen an. Der ADAC misst 425 Liter bis zur Gepäckraumabdeckung
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Mit VW Touareg II waren wir auch abseits befestigter Straßen unterwegs
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In der Einstellung "Sondergelände" pumpt das Luftfahrwerk den Touareg auf eine Bodenfreiheit von bis zu 30 Zentimetern
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Auch im Zentraldisplay wird der Fahrer über die Geländeeinstellung informiert
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So stehen die Räder in der Standardeinstellung im Radhaus
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Klettern und Landstraße kann der Touareg. Lässig und komfortabel steckt er aber auch hunderte Kilometer Autobahn weg
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Hell und gleichmäßig leuchtet das Xenonlicht, optional mit aktivem Fernlichtassistenten
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Angenehmer Arbeitsplatz im Touareg mit viel Platz und weich gepolsterten Sitzen
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Das braune Sattelleder fühlt sich wertig an. Die Polsterung der Sitze könnte straffer sein und besser unterstützen
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VW Touareg II: Ordentlich Platz auch auf der Rückbank. Hier lässt es sich selbst zu dritt ganz passabel aushalten
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Das Lenkrad im VW Touareg wirkt klobiger als es sich anfasst. Der Lederbezug scheint robust, ist aber fein genug für die Fahrzeugklasse
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VW Touareg II: Irre viele Fahrwerkseinstellungen, mit denen man spielen aber auch ernsthaft ins Gelände gehen kann
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Die Rückfahrkamera baucht es nicht unbedingt. Ein schnelleres und zuverlässigeres Navi gibt es leider erst mit der neuen Generation des Touareg
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VW Touareg II: Piekfeine Materialien, tolle Verarbeitung. Der Innenraum ist luxuriös und solide ohne zu dekadent zu wirken
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Wenig Auswahl, aber keine schlechte Wahl: Seit Ende 2015 gibt es den Touareg nur noch mit dem V6-Diesel. V8-Diesel, Benziner und Hybrid wurden eingestellt
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