VW Arteon (2017): Erster Test, Fahrbericht
Im Arteon passt vieles, aber nicht das Handy
Mit dem Arteon starten bei VW neues Design, kluge Assistenten und: das erste komplett neue Auto in der Zeit nach Martin Winterkorn. Erste Fahrt im Gran Turismo.
Hannover – Phaeton weg, Touareg alt – die Krönung von VW heißt jetzt Arteon. Eine Fließheck-Limousine mit fünf Türen und rahmenlosen Fenstern, innen so groß wie ein Audi A7. VW ordnet den Arteon über dem Passat in der oberen Mittelklasse ein. Er soll das Prestige liefern, das sich VW bislang vom Phaeton erhoffte - und er soll gleichzeitig den CC ersetzen.
Auf solche Autos schauten die alten Chefs stets ganz genau. Doch ausgerechnet der Arteon ist das erste neue Auto bei VW, das ohne Abnahme von Martin Winterkorn startet. Das Design nickte er noch ab: Seit 2015 steht fest, wie das Auto aussieht. Damals stand die Studie VW Coupé GTE auf dem Automobilsalon in Genf. Aber wieviel WiKo steckt noch im Arteon?
VW Arteon: Patzer in der Mittelkonsole
Ein unschönes Detail hätte er wohl kaum übersehen: Die induktive Ladeschale für Smartphones ist zu klein. Sie sitzt in der Mittelkonsole hinter einer Klappe. Dort blockiert die USB-Buchse den Raum, den ein großer Teil der kompatiblen Handys benötigen. Ein Samsung Galaxy S6 passt nicht hinein. Die meisten aktuellen Geräte bauen kaum kleiner.Passen würden Smartphones mit weniger als 14 Zentimeter Höhe. Davon gibt es wenige. Ein größeres Fach ist nicht bestellbar. Das wäre aber besonders für den chinesischen Markt wichtig. Dort sind große Telefone („Phablets“) beliebt. Die passen erst recht nicht in das kleine Fach.
VW begründet den Patzer mit fehlendem Bauraum. Die Abteilungen würden um jeden Millimeter kämpfen. Kurios: Im kompakten VW Golf gibt es hier keine Probleme.
Passat-Cockpit im VW Arteon
Drum herum erlaubt sich VW keine Fehler, aber auch keine Experimente. Im Innenraum gleicht der Arteon dem VW Passat, im positivem und negativem Sinne. Armaturenbrett und Mittelkonsole stammen augenscheinlich unverändert vom Kombi. Das bedeutet angenehme Materialien, gute Haptik und tolle Verarbeitung. Und genau die gleiche Optik wie im 5.000 Euro günstigeren Auto, das nominell eine Klasse tiefer fährt.
Besonders schade: Das optionale Head-up-Display projiziert auf eine ausfahrbare Plexiglas-Scheibe. Eine Anzeige auf der Windschutzscheibe ist in der Umsetzung teurer, in dieser Klasse aber üblich. Hier hätte sich der Arteon weiter vom Passat entfernen können. Zumal der Passat bald die modernen Infotainment-Systeme des Arteon bekommt.
Abstand durch Größe und Assistenten
Der Unterschied zum Passat kommt durch die Größe. Fast zehn Zentimeter überragt der Arteon den Passat Kombi in der Länge, bei knapp fünf Zentimeter im Radstand. Trotz der abfallenden Dachlinie sitzen große Erwachsene hinten bequem. Zwischen Knien und Vordersitzen bleibt genug Platz zum Lümmeln und Flezen. Verglichen mit einer Passat Limousine lädt der Arteon außerdem 161 bzw. 405 Liter mehr Gepäck ins Heck.Abstand zum Passat kommt außerdem aus der Software: Die Assistenten im Arteon können mehr. Als zweites Modell der Marke (nach dem E-Golf) übernimmt er den prädiktiven Effizienzassistenten von Audi. Der zeigt frühzeitig an, wenn der Fahrer vor Kurven oder Tempolimits vom Gas gehen kann. Das spart im Leben abseits des Prüfstandes viel Sprit. Ist der Tempomat aktiviert, funktioniert das automatisch.
Ebenfalls hilfreich: Die Start-Stopp-Automatik startet den Arteon, wenn im Stau vor ihm ein Auto anrollt. Außerdem erweitert VW den Notfall-Assistenten. Reagiert der Fahrer nicht, zum Beispiel bei einer Bewusstlosigkeit, bremst die Software ab und steuert das Auto an den rechten Fahrbahnrand, wenn es der Verkehr zulässt. Ein Tick mehr Autonomie als bisher bei VW üblich.
Vorerst nur Vierzylinder im VW Arteon
Die Motoren im Arteon stammen dagegen aus Kompakt- und Mittelklasse. Seine stärksten Antriebe leisten 240 (Diesel) bzw. 280 PS (Benzin) aus je vier Zylindern. Allrad und Doppelkupplungsgetriebe gibt es dazu serienmäßig. Zum Start bietet VW außerdem einen Diesel mit 150 PS und Frontantrieb an. Langfristig folgen ein Benziner mit 150 PS sowie zwei Aggregate mit je 190 PS.
Ein Sechszylinder (2,5 oder 3,0 Liter, ca. 350 PS) könnte kommen. Eigentlich ein Muss für die Klasse, VW hadert noch mit den Kosten. Bis dahin gibt es akustische Souveränität nur über künstlich verstärkte Ansauggeräusche. Im Innenraum brummt der große Benziner dann ein bisschen wie ein Golf GTI.Mit den großen Antrieben beschleunigt der Arteon auch ungefähr auf diesem Niveau. Dämmung und Auslegung machen ihn leise und Komfortabel. Gut: VW bringt dem Doppelkupplungsgetriebe Manieren bei und verbessert vor allem den Komfort beim Anfahren. Nur das optionale Verstell-Fahrwerk („DCC“) könnte einen Tick sanfter federn. Am besten gefiel er uns der Testwagen mit dem Fahrwerk im Komfort-Modus und der Lenkung auf Sport.
Fazit
Die Plattform-Strategie bei VW setzt Grenzen. Fahrzeuggröße und –form lassen sich zwar gut und einfach skalieren. Am oberen Ende der Skala nerven jedoch Details, die bei kleineren Autos nicht stören - da sie auch weniger kosten. Ein Baukasten für fünf Fahrzeugklassen erfordert eben Kompromisse. VW verwendet den Modularen Querbaukasten (MQB) von Polo (Kleinwagen) bis Atlas (Fullsize-SUV).
Vermutlich hätte Winterkorn vieles davon akzeptiert. Er wollte über Baukästen Kosten senken und Vielfalt erhöhen. Das funktioniert in vielen Fällen. Beim Arteon fehlt an einigen Stellen aber der Abstand zu den Brot-und-Butter-VWs.
VW Arteon 2.0 TSI: Technische Daten
- Motor: 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner
- Leistung: 280 PS (206 kW) bei 5.100 bis 6.500 U/min
- Drehmoment: 350 Nm bei 1.700 bis 5.600 U/min
- Getriebe: Siebengang-Doppelkupplung, Allradantrieb
- 0-100 km/h: 5,6 s
- Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
- Verbrauch: 7,3 l/100 km
- CO2: 164 g/km
- Testverbrauch: 8,6 l/100 km
- Länge: 4,86 m
- Breite: 1,87 m
- Höhe: 1,45 m
- Radstand: 2,84 m
- Leergewicht: 1.716 kg
- Kofferraum: 563 bis 1.557 l
- Preis: Ab 49.325 Euro (Ausstattung „Elegance“)
Sehr schick. Gefällt mir sehr gut.
Zum Induktiven Laden:
Es ist zwar schön das die Automobilhersteller dies jetzt auch anbieten, nur gibt es immer weniger Smartphones, dies Induktives Laden noch unterstützen. Es stirbt eher aus, als das es wächst.
Smartphone-Ladeschale zu klein? Das ist deutsche Ingenieurskunst 2017!
Das zerklüftete Frontdesign ist nicht mein Ding, bislang gefiel mir an VW gerade die dezente Linienführung.
Inwieweit das Segment überhaupt Sinn macht, ist die Frage. Der Arteon ist ja ein Passat CC in Neuauflage, aber die Mittelklasse schrumpft und beim Passat entfallen 90 % der Verkäufe auf Kombis. Von daher verstehe ich nicht, was VW mit dem Arteon überhaupt will.
HUD mit Plexiglasscheibe ist ja schon etwas peinlich in der Klasse...
"Ein Sechszylinder (2,5 oder 3,0 Liter, ca. 350 PS) könnte kommen. Eigentlich ein Muss für die Klasse, VW hadert noch mit den Kosten. Bis dahin gibt es akustische Souveränität nur über künstlich verstärkte Ansauggeräusche."
Typischer Marketing Schwachsinn. Die akustische Souveränität des 6-Zylinder-Motors liegt in der niedrigen Geräuschkulisse.
Und Touareg alt? Soll doch gerüchteweise auf der IAA neu vorgestellt werden.
Ich denke, dass der genauso ein Nischendasein führen wird wie der *Alte*.
Er hat auch rein gar nichts, was einen Wow-Effekt auslösen würde. Und HUD auf pexi geht auch nicht.
Optisch könnte es auch ein Audi A5 sein.
Meiner Meinung nach ein wunderschönes Auto! Mit zwei kleinen Kindern aktuell für uns nicht passend. Aber die Design-Abteilung hat ein richtig schönes Auto entworfen.
Würde ich so nicht unterschreiben. Im Gegenteil, dieses Jahr soll es auch bei iPhones kommen. Bei Samsung unterstützen das alle Top Modelle und das sind die am weitesten verbreiteten Handys.
@Topic
Ist natürlich oberpeinlich, dass die Schale zu klein ist. Ich frage mich wie das abgelaufen ist, dass es nicht aufgefallen ist.
Chef: "Alle anderen haben induktives Laden, also müssen wir es auch einbauen"
Ingeneur: "Aber wir haben das Cockpit bereits verplant, da ist kein Platz mehr"
Chef: "Ist egal, Hauptsache es steht im Prospekt"
Ingeneur: "Na gut"
Sonst finde ich den optisch gelungen, auch wenn die Radkästen etwas komisch aussehen. Aber sieht zumindest der Studie ziemlich ähnlich und anders als sonstige VWs
Also ich überlege schwer, vom A5 Sportback umzusteigen! Mir gefällt er extrem gut.
Aber ich wusste nicht, dass er auf dem MQB aufbaut. Das finde ich... erstaunlich.
Würde mich jetzt aber, nach positiver Probefahrt, auch nicht vom Kauf abschrecken.
Gefällt mir an sich richtig gut, der Arteon. Die Sache mit der zu kleinen Ladeschale und dem HUD in der Plexiglasscheibe sind in meinen Augen allerdings herbe Dämpfer. 🙁 Vor allem Letzteres, denn das ist einfach inkonsequent angesichts des Anspruchs, den VW mit diesem Auto hat.
Der Arteon ist also das, was dem Phaeton immer vorgeworfen wurde - ein "Edel-Passat". 😉
Letztlich bleibt eben auch der Arteon ein MQB Auto, und für den MQB gibts eben nur das "Plexiglas-HUD".
Das aber gar nicht schlecht ist, nämlich im Gegensatz zur Konkurrenz auch für lange Menschen tauglich und es führt auch im Fall eines Frontscheibentausches nicht zu immensen Mehrkosten für Neukalibrierung des Windschutzscheiben-HUDs.
Und wenn schon die paar cm³ Bauraum für moderne Handys fehlen, wo sollen dann erst die tausenden cm³ Bauraum für ein Windschutzscheiben-HUD herkommen?
Einen echten V6 wird es auch im MQB niemals geben. allenfalls könnten die VR6 wiederbelebt werden, motorbautechnisch ist allerdings ein weiteres tunen der Turbo-Vierzylinder dann sinnvoller als die Piechschen VR Krücken.
Und das ist auch gut so, zumindest wurden damit nicht so viel Gelder verbrannt wie für den Phaeton, den fast keiner wollte und der komaptibel zu gar nix ist, also eine komplette Neuentwicklung war, dessen Kosten dann aber auf alle VWs "Brot-und-Butter" Autos umgelegt werden mussten.
Von hinten ein wahrlicher Hingucker. Ich mag die klaren Linien und die Farbe passt perfekt. Von vorne ist er leider gar nicht mein Fall.
Das mit der Ladefunktion ist ärgerlich, sehr sogar. Es werden, entgegen einer Behauptung hier, immer mehr Telefone mit induktiver Ladefunktion kommen. Das iPhone zieht jetzt nach, mein Galaxy S7 kann das schon und ich würde das nicht mehr missen wollen.
Ein seidiger V6 würde noch zu dem Wagen passen. Das hätte Charakter und kann nicht so teuer sein. Liegen doch bestimmt noch einige Motoren von Audi bereit.
Nein, die Audi V6 passen nur für Längseinbau!
Für mich macht das aber trotzdem Sinn: wer Oberklasse will, wird im VW Konzern eben von Audi bedient (und hat dann den Aufpreis für das Audi Image mit zu bezahlen, für den er keinerlei technischen Gegenwert ausser "Image" bekommt). Und wer Luxusklasse aus dem VW Konzern will, kauft Bentley. Mit noch mehr "money for nothing", wenn einem Exklusivität + Image nichts wert ist.
Nichts anderes als eine sportliche Fließheckversion des Passat, wäre ja nett, aber dafür 5000€ mehr als für den Kombi nur wegen Marketing? Da ist ja sogar der Aufpreis von A5 und 4er gegenüber A4 und 3er geringer.