Vision Urbanetic: Autonomer Liefer- und Personenverkehr

In zwei Minuten vom Bus zum Transporter

Heiko Dilk

verfasst am Mon Sep 10 15:51:06 CEST 2018

Die Mobilität von morgen könnte aus autonom fahrenden Elektro-Fahrgestellen mit wechselndem Aufbau bestehen, meint Daimler und zeigt die Mercedes Vision Urbanetic.

Mercedes Vision Urbanetic: Autonome Fahrgestelle mit Aufsätzen für den Personen- oder Liefertransport sollen Mobilität bald flexibler machen
Quelle: Daimler

Kopenhagen - Heute Bus, morgen Lkw. Was Daimler im Vorfeld der IAA Nutzfahrzeuge präsentiert, kommt allerdings frühestens Übermorgen. Vision Urbanetic nennt Mercedes-Benz Vans eine Zukunftsstudie, die je nach Bedarf Menschen oder Waren transportieren kann. Vollelektrisch und autonom, wie das bei Studien modern ist.

Weil Menschen ungern in Containern transportiert werden, besteht Urbanetic aus einem Fahrgestell, das verschiedene Aufbauten tragen kann. Ins Bus-Modul passen bis zu zwölf Fahrgäste, in den Lieferwagen-Aufsatz bis zu zehn EPAL-Ladungsträger (vulgo: Europaletten). Die Länge beträgt 5,14 Meter, den Laderaum gibt Mercedes mit 3,70 Metern an.

Mercedes Vision Urbanetic: Flexible Transport-Flotte

Sämtliche fürs Fahren nötigen Funktionen stecken im Urbanetic-Fahrgestell
Quelle: Daimler
Um die Urbanetic-Fahrgestelle auf den Bedarf anzupassen, vernetzt Mercedes sie mit einer Leitzentrale. Die analysiert für einen bestimmten lokalen Bereich die Nachfrage und passt die Flotte entsprechend an. Werden verstärkt Shuttlefahrten nachgefragt, werden mehr Ride-Sharing-Module eingesetzt. Sind Transportaufgaben nötig, mehr Cargo-Module.

Die IT-Infrastruktur reagiert jedoch nicht nur, sie erstellt auch Prognosen und plant den Einsatz entsprechend. Mercedes verspricht verkürzte Liefer- und Wartezeiten. Im Kontrollzentrum soll etwa erkannt werden, wenn sich mehr Menschen als üblich in einem bestimmten Bereich aufhalten. Die Routen werden dann entsprechend angepasst, um besser auf den erwarteten Bedarf reagieren zu können.

Der Wechsel vom Cargo- aufs Personentransport-Modul erfolgt üblicherweise automatisch und soll nur zwei Minuten in Anspruch nehmen. Gegebenenfalls lassen sich die Aufbauten jedoch auch manuell tauschen. Elektroantrieb, Akku sowie das autonome Steuerungssystem sind im Fahrschemel untergebracht, sodass die Plattformen auch ohne Aufsatz zum nächsten Einsatzort gelangen. Der Laderaum lässt sich nicht nur mit Europaletten beladen, sondern auch mit Regalsystemen für die Paketlieferung. Die sollen ebenfalls automatisiert bestückt und entladen werden.

Weitere Aufbauten für den urbanen Verkehr

Der Austausch verschiedener Aufbauten soll nur zwei Minuten in Anspruch nehmen
Quelle: Daimler
Weitere Aufbauten seien denkbar, so Mercedes. Und tatsächlich sind sie bereits gedacht. Allerdings von Toyota. Die Japaner hatten Anfang des Jahres auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas das Konzept e-Palette vorgestellt und sich darunter eine Art mobilen Raum vorgestellt, der nicht nur als Transporter oder Minbus fungiert, sondern gleich als Büro, Arztpraxis, Spielhalle oder Hotelzimmer. Bei Toyotas e-Palette ist allerdings nur der Innenraum modular, wechselnde Aufbauten auf einem immer gleichen Fahrgestell sieht die Vision nicht vor.

Mercedes legt Wert darauf, dass Urbanetic das gesamte Verkehrsaufkommen reduzieren soll. Zugleich sollen sämtliche Fahrzeuge an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr im Einsatz sein können. Unterbrochen nur von Ladezeiten - oder Wartungsarbeiten und unplanmäßige Stopps durch Pannen zum Beispiel. Aufgrund der deutlich verringerten Betriebskosten beim autonomen Fahren nach Level 5 (Personalkosten fallen weg), sollen zudem Routen rentabel werden, die es aktuell nicht sind.

Nach der Premiere in Kopenhagen zeigt Mercedes-Benz Vans das Concept Urbanetic auf der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover, die am 21. September startet. Wann das Ganze in Serie gehen könnte, verrät Mercedes noch nicht. Toyotas e-Palette soll schon 2020 ihren ersten Einsatz haben, bei den Olympischen Spielen in Tokio. Bei Mercedes könnten ähnliche Feldversuche, etwa auf abgesperrten Werksgeländen sicher zu einem ähnlichen Zeitpunkt starten. Bis zur echten Serienreife wird es aber noch einige Jahre dauern.

 

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Je nach Bedarf können bei der Vision Urbanetic mehr oder weniger Fahrzeuge mit Ride-Sharing-Aufsatz bestückt werden
Quelle: Daimler
Sämtliche fürs Fahren nötigen Funktionen stecken im Urbanetic-Fahrgestell
Quelle: Daimler
In der Mercedes Studie Urbanetic erübrigt sich das Führerhaus, sie fährt autonom
Quelle: Daimler
Der Austausch verschiedener Aufbauten soll nur zwei Minuten in Anspruch nehmen
Quelle: Daimler
In das Cargo-Modul des Urbanetic passen bis zu zehn Europaletten
Quelle: Daimler
Mercedes erhofft sich einen baldigen Einsatz auf Werksgeländen oder Flughäfen für die Vision-Urbanetic-Fahrzeuge
Quelle: Daimler
Die Cargo-Module warten im Logistik-Zentrum auf ihren Einsatz und sollen nach Bedarf gegen die Bus-Module getauscht werden
Quelle: Daimler
Der Mercedes Vision Urbanetic kommuniziert über Anzeigen am Fahrzeug mit anderen Verkehrsteilnehmern
Quelle: Daimler
In der Stadt der Zukunft soll der Urbanetic fahren, näher dran ist der Einsatz auf gesperrtem Werksgelände
Quelle: Daimler
Bis zu 12 Personen passen in den Urbanetic, wenn er als People Mover unterwegs ist
Quelle: Daimler
Der Innenraum des Mercedes Urbanetic: Lenkrad und Fahrerkabine werden nicht gebraucht
Quelle: Daimler