Toyota Century: Fahrbericht
Japans einzige Luxusklasse
Der Toyota Century ist bei uns völlig unbekannt, in Japan aber Staatskarosse und ein Zeichen von Macht und Geld. Grund genug, die Luxuslimo zu fahren. Natürlich mit V12.
Köln – Großindustrielle, hochrangige Politiker und der Kaiser von Japan - alle haben auf dieser Rückbank gesessen. Naja, nicht auf dieser speziellen. Aber auf der Rückbank eines Toyota Century. Seit 50 Jahren gibt es kein wichtigeres Auto in Japan, aber auch: nur wenig langweiligere. Denn trotz des vielen Chroms fällt der Century im Straßenbild kaum auf. Grau, gerade und von gestern steht er da. Der Kaiser und seine Entourage besitzen 20 Exemplare. Nicht gerade eine Traumgarage für Petrolheads.
Nur ein Auto pro Tag
Doch der Century ist mehr als ein Auto, er ist ein Symbol. Zumindest für Toyota. Schon der Name ist aufgeladen mit Bedeutung: Die Markteinführung 1967 fiel auf den 100. Geburtstag von Sakichi Toyoda, dem Gründer von Toyota Industries. Und zu Ehren des Firmengründers steckt Toyota noch heute viel Handarbeit in das Luxusauto.
Im Vergleich zum Century ist ein Rolls-Royce Phantom Massenware. Jeden Tag verlässt nur ein Fahrzeug die Hallen von Kanto Auto Works Ltd. in Japan. Vier Mitarbeiter bauen es zusammen. Das Design hat sich in den vergangenen 50 Jahren kaum verändert. Die zweite Generation wurde 20 Jahre lang gebaut, von 1997 bis jetzt. Und schon 1997 sah der Century nicht gerade modern aus.
Der erste Century basierte auf dem Crown Eight und wurde von einem V8 angetrieben. Nach 30 Jahren sah sich Toyota erstmals genötigt, den Century gründlich zu überholen. Statt des V8-Motors kam ein V12 unter die Haube. Chefentwickler Mitsuyuki Noguchi sagte damals voller Stolz, dass er auf „gut etablierter Anmut“ und auf dem Komfort seines Vorgängers aufbaue. Das reichte offenbar bis heute. Auf der Tokio Motorshow 2017 wurde der Nachfolger präsentiert.
Eine handgeschnitzte Phoenix-Figur
Der 97er Century misst 5,27 Meter, genau so viel wie die aktuelle Mercedes S-Klasse mit langem Radstand. Leer wiegt der Toyota 2,1 Tonnen. Auf den vorderen Kotflügeln sitzen üppig dimensionierte Rückspiegel. Am Kühlergrill, am Heckdeckel und an den Radkappen prangt beim Toyota eine Phoenix-Figur – handgeschnitzt, versteht sich.
Kleine Änderungen ließ Toyota in den 20 Jahren Bauzeit nur heimlich einfließen. Das Design blieb höflich und zurückhaltend. Ganz nach dem Motto: Bloß nicht auffallen. Vielleicht ist es das, was den Century in Japan so beliebt macht. Der Kaiser von Japan lässt sich übrigens in einer 6,10 Meter langen Spezialversion chauffieren, sie trägt den Namen "Century Royal".
Spitzenvorhang und ausklappbarer Schreibtisch
Selbst fährt den Century niemand, der nicht muss: Der beste Platz ist hinten links (die meisten Century sind Rechtslenker). Fußmatten und Schweller liegen mit einem geringen Unterschied von nur sieben Zentimetern relativ dicht beieinander. Das erleichtert den Einstieg. Hochfloriger Teppich, weiche Sessel und sehr viel Beinfreiheit empfangen einen im Innenraum.
An der Heckscheibe schützt ein Spitzenvorhang vor Sonnenstrahlen und neugierigen Blicken. Ausklappbare Schreibtische, Leseleuchten und Platz für Teekannen oder Schreibkram sorgen für eine angenehme Arbeitsatmosphäre, auch im Berufsverkehr von Tokio. Nur das verbaute Edelholz wirkt billig, es verströmt den Charme japanischer 80er-Jahre-Autos.Zwölf Zylinder und fünf Liter Hubraum
Ob der Motor läuft, merkt hinten keiner. Der V12 säuselt still und leise vor sich hin. Die extraweich abgestimmte Luftfederung schluckt jede Bodenwelle, die dicken Reifen auf 16-Zoll-Rädern filtern kurze, scharfe Kanten. Viel Dämmmaterial kümmert sich um den ruhigen Rest. Nicht mal das Ticken der Uhr dringt nach hinten – dank dickem Kristallglas über dem Uhrwerk.
Der schnurrende V12 unter der langen Haube schöpft 280 PS aus fünf Litern Hubraum. Motor und Antrieb werden vor Auslieferung auf Vibrationen kontrolliert. Notfalls wird feingewuchtet. Jede Zylinderbank verfügt über eine eigene Kraftstoffpumpe. Selbst mit leichtem Gasfuß benötigt das Triebwerk 14 Liter Sprit auf 100 Kilometer. Die Schaltvorgänge des Viergang-Automatikgetriebes erahnt man nur.
Sieben Lackschichten
Vor dem Fahrer, in einer handbreiten Höhle, liegt das halbdigitale Cockpit. Man muss schon zweimal hinschauen, um den Drehzahlmesser zu finden. Daneben liegen große Anzeigen für Motortemperatur und Tankvolumen. Das Hightech-Entertainmentsystem mit Kassettenlaufwerk war vor 30 Jahren schon nicht mehr modern. Unzählige Kippschalter säumen Konsole und Türtafeln und erinnern eher an eine DC-10 als an einen Learjet.
Dafür geben sich die Japaner beim Blech größte Mühe: Der Century ist das luxuriöseste japanische Modell mit eigener Farbpalette. Sieben Lackschichten haften auf dem Metall, die obersten drei werden nacheinander aufgetragen, poliert und wieder aufgetragen – nur in Schwarz, Weiß, Grau oder Dunkelblau. Auch an der Chromstoßstange polieren die Arbeiter ein paar Stunden. Beim Glanz kann kein Rolls-Royce mithalten.Dabei kostet die Limousine weitaus weniger als ein Rolls-Royce, Bentley oder Maybach, nämlich umgerechnet weniger als 100.000 Euro. Dafür bekommt man ein Auto mit unvergleichlich viel Komfort. Ein Auto für die Ewigkeit. Nicht nur für Toyota, sondern auch für die Besitzer: Von den rund 10.000 bisher gebauten Century fahren noch mehr als 80 Prozent auf Japans Straßen, die meisten mit V12.
Die zweite Generation wird noch bis Ende 2018 gebaut, dann folgt eine überarbeitete Version. Diese soll leichter und sparsamer werden. Deshalb verschwindet der V12 aus der Bestellliste, stattdessen zieht ein V8 mit Elektro-Unterstützung ein: Toyotas Hybridtechnik für die Chauffeursklasse. Nur der Kaiser muss sich auch künftig keine Gedanken übers Spritsparen machen. Er darf auch weiterhin mit V12 fahren. Aber - in einem neuen Century - nur er.
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Technische Daten Toyota Century
- Motor: 5,0-Liter-V12
- Leistung: 280 PS (206 kW) bei 5.200 U/min
- max. Drehmoment: 460 Nm bei 4.000 U/min
- Antrieb: Viergang-Automatik, Hinterräder
- V-max: 210 km/h
- 0-100 km/h: k.A.
- Verbrauch: 13,2 l
- Länge: 5,27 m
- Breite: 1,89 m
- Höhe: 1,48 m
- Gewicht: 2.100 kg
- Baujahr: 1997-2017 (2. Generation)
- Stückzahlen: ca 10.000 Fahrzeuge von 1957 bis heute
- Preis: ca. 100.000 Euro
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Interessanter Bericht 😉
Das Auto gibt es auch mit "Loch" im Beifahrersitz 😆
LG Werner
P.S. Das Spitzendeckchen in Japan nichts Seltenes sind sieht man im Anhang 😎
Im Vergleich zu modernen Oberklassefahrzeugen ist das Auto natürlich völlig veraltet bzgl. Elektronik und Fahrleistungen. Aber auch ein Staatsoberhaupt sitzt im Auto nunmal nur auf seinem/ihrem Hintern und das war eben auch schon vor 30 Jahren nicht anders und komfortabel möglich. Lässt sich die Königsfamilie in England nicht auch noch mit teils wirklich altertümlichen Fahrzeugen kutschieren? Ich denke, dass die Käufer dieses Wagens in Japan einen ebenso hohen Status genießen, als würden sie sich in einem anderen Luxusfahrzeug mit 12-Zylinder chauffieren lassen. Die könnten zwar auf freier Autobahn schneller (gibt es in Japan aber nicht), kosten aber auch mindestend das doppelte und schlucken genauso viel Kraftstoff. Da wirkt der Century noch volksnäher, auch wenn er es mit seiner Exklusivität wohl nicht ist.
Ich mag dieses „altbackene“ Design. Hätte mir für RR auch vorstellen können, dass sie „traditioneller“ geblieben wären. Aktuell wirken die ja eher prollig als edel.....gleiches gilt für Bentley.
Einzig der Innenraum könnte etwas mehr Verkleidung vertragen. Das Plastikgeschwür ist dem Anspruch nicht würdig. Aber dennoch: tolles Auto.
....stimmt, allerdings wird der Bentley, im Gegensatz zum Century, immer noch sehr hoch gehandelt; den Century gibt es als 97er Modell bereits am 3.500 Euronen 😉
LG Werner
Das sind doch Importe?
In Europa wird/wurde dieses Auto doch nie angeboten, oder doch?
*Grübel*
Ein relativ Schwacher Motor, der wahrscheinlich bis in die nächste Steinzeit hält, funktionales Design, bewährte Komponenten. Und ein im Vergleich niedriger Preis
Leute, das ist ein Nutzfahrzeug 😉 😆
Anstatt von Lasten sollen Personen befördert werden.
Ich muss zugeben ich kannte den bis eben nicht. Ich finde den zurück haltenden Ansatz sehr interessant. Schon fast ein Zeichen von Minimalismus.
Sieht wenigstens aus wie ein Auto. Der Spritverbrauch entspricht dem anderer Luxuslimousinen durchaus.
Immerhin ein interessantes Fahrzeug.
Wo, und in welchem Zustand? Auf Mobile und Autoscout kann ich keinen Century finden.
Schönes Auto. Gefällt mir fast alles, inbesondere die Absenz visueller/elektronischer Assistenten. Bis auf den elektronischen Tacho, der sollte m.E. analog ausgeführt sein.
Und nur 16 Zoll Räder, reicht doch. 😊
Schade das hier NICHTS "unzerrissen" als Bericht durchgehen kann.
Das wäre ein Auto nach meinem Geschmack, wenn es nicht so groß wäre.
In Städten nur mit festen Parkplätzen nutzbar, bzw. als Chauffeurs
Fahrzeug. Das sich Toyota noch immer nicht vom Cassettenrecorder
trennen kann ist bezeichnend.
Irgendwie erinnert man sich an die Zeit, als Mercedes noch Autos baute.
(Aber dies ist eine Eigenmeinung)
Also der günstigste (in Deutschland) den ich gefunden habe kostet 11.000 Euro bis 17.000.
In Amerika gibt es sehr viele ab 3500-65.000 Dollar.
Willkommen Anfang der 90er Jahre.
Ein Vergleich mit einer V12 S-Klasse (W210) S600 wäre mal interessant. :-)
Hat irgendwie was.
Zum Teil aber auch ein absoluter Witz wenn man sich das Auto ansieht.
Sorry, ich muss zugeben das ich den auf "tradecarview.com" gefunden habe; dort gibt es viele Exoten zum Schnaeppchenpreis.
Die verkaufen Autos fuer 1$ (siehe link)
https://www.tradecarview.com/used_car/toyota/voxy/22064542/
LG Werner 😎
P.S. Der Century kostet bis Bremerhaven dann schon 5k (siehe link)
https://www.tradecarview.com/used_car/toyota/century/22050604/
Nochmal PS......der 210er von Mercedes ist die E-Klasse; die S Klasse ist der W220 😉