Climbkhana: Ken Block am Pikes Peak

Röhrl oder Block - wer regiert am Pikes Peak?

Sven Förster

verfasst am Tue Sep 26 15:27:13 CEST 2017

Im neuen Gymkhana-Video driftet Ken Block auf dem Pikes Peak. Von dort gibt es schon legendäre Aufnahmen: Walter Röhrl, quer im Audi Quattro S1. Wer ist der Drift-König?

Gymkhana heißt jetzt Climbkhana: Im Video driftet Ken Block auf den Pikes Peak. Dieselbe Bergstraße bewältigte Walter Röhrl 1987 im Audi Quattro S1. Auch hiervon gibt es Filmmaterial. Walter oder Ken: Wer ist der Drift-König am Pikes Peak?
Quelle: Audi & Toyo Tire USA Corp / MOTOR-TALK

Colorado Springs – Das Übersteuern geht weiter. Der neueste Teil der Gymkhana-Reihe heißt "Climbkhana". Darin driftet Ken Block die Passstraße auf den Pikes Peak in Colorado (USA) hoch. Das Prinzip ist bekannt: Heraushängendes Heck, schnelle Schnitte, potentes Rennfahrzeug mit Allrad.

Eines ist diesmal anders. Bislang driftete der „Hoonigan“ stets dort, wo es noch niemand tat. In den Hollywood-Studios (Teil 4), in Downtown LA (Teil 5) oder in einer Steilwand-Kurve (Teil 3) zog vor ihm noch niemand eine solche Show ab. Auf den freien Flächen und Betriebsgeländen der übrigen Episoden ebenfalls nicht.

Diesmal kommt Ken Block 101 Jahre zu spät, um am Pikes Peak den Drift-Pionier zu markieren. Seit 1916 führt das „Race to the Clouds“ über die Bergstraße. Wird Youtube-Star und Ford-Testimonial Ken Block wenigstens zum inoffiziellen Drift-König am Pikes Peak? Nun ja, auch dieser Titel ist eigentlich vergeben. Und zwar an niemand Geringeren als Walter Röhrl.

Hier Ken Blocks brandneues Gymkhana-Video auf der Pikes-Peak-Bergstraße:

 

Nicht nur der Belag hat sich verändert

Der zweifache Rallye-Weltmeister Röhrl fuhr 1987 mit einem Audi Quattro S1 den Sieg ein. Natürlich hatte Walter damals die beste Zeit im Sinn, nicht die beste Show. Genau deshalb warf er das Gruppe-B-Auto häufig mit dem Heck voran in die Kehren. Die Video-Aufnahmen gelten längst als Motorsport-Kulturgut.

Hier Impressionen von Walter Röhrls Pikes-Peak-Gipfelsturm von 1987:

Der Vergleich zeigt: Seit den 1980ern hat sich viel verändert. Zu Röhrls Zeit lag dort Schotter, Block fand Asphalt vor. Motorsportfilme sind heute knackige Actionfilme, keine detailverliebten Dokumentationen. Und aktuelle Rallyefahrer kommen mitunter rüber wie jugendliche Skateboarder, nicht mehr wie Fahrphysik-Professoren. Jugendlich? Im Nobember 2017 wird Ken Block übrigens 50 Jahre alt.

V8-Mustang gegen Gruppe-B-Audi

Ken Blocks Ford Mustang verfügt über 1.400 PS aus einem 6,7-Liter V8. Die beiden Turbolader passten nicht mehr unter die Motorhaube
Quelle: Toyo Tire USA Corp
Zwei Dinge sind beiden Videos dennoch gemein: Der Streckenverlauf. Und das grundsätzliche Konzept der Fahrzeuge: wenig Gewicht, Allradantrieb und massenhaft Leistung. Ken Block steuert den Hoonigan V2, einen umgebauten Ford Mustang. Ein 6,7-Liter-Aggregat soll für 1.400 PS sorgen. Kaum zu übersehen sind die zwei Garrett-Turbolader, die den V8 anfeuern: Sie ragen aus der Motorhaube.

Ken Block schaltet sequenziell: Ein Ruck am Schalthebel genügt zum Hochschalten. Drückt der Fahrer den Hebel nach vorne, geht es einen Gang nach unten. Beides geschieht blitzschnell. Ein Zündunterbrecher lässt den Motor zum Zeitpunkt des Gangwechsels für einen kaum wahrnehmbaren Moment absterben, damit entfällt auch die Notwendigkeit des Kuppelns.

Kuppeln musste Walter Röhrl beim Hochschalten auch nicht. Jedenfalls nicht mit dem linken Fuß. Audi experimentierte damals mit einem Knopf am Schalthebel, der die gleiche Funktion erfüllte. Die Gangwechsel selbst erfolgten über eine herkömmliche H-Schaltung. Für Röhrls Arbeitsgerät kolportierten Audi-Fans häufig Leistungen im Bereich der 1.000 PS. Walter selbst widersprach in einem Interview: Es sollen rund 750 PS gewesen sein. Als Aggregat diente ein aufgeladener Reihen-Fünfzylinder, wie ihn Audi in der Gruppe-B-Zeit in der Rallye-WM einsetzte.

Typisch Urquattro: In Walter Röhrls Audi Quattro S1 kam beim Pikes-Peak-Rennen von 1987 ein aufgeladener Reihenfünfzylinder zum Einsatz
Quelle: Audi

Fazit: Legenden, beide

Walter Röhrl hatte es mit dem Driften auf dem losen Untergrund seiner Zeit womöglich leichter. Auf Asphalt ist der Swing durch die Serpentinen garantiert kniffeliger, trotz beinahe doppelt so viel Leistung. Dafür konnte sich Ken Block ohne mitlaufende Stoppuhr vollends auf die Ästhetik konzentrieren und auf dem Weg zum Gipfel ein paar Extra-Donuts einplanen. Welches Pikes-Peak-Video das bessere ist, wer den schöneren Serpentinentanz hinlegt? Letztendlich eine Geschmacksfrage. Der Autor dieser Zeilen sieht dem tanzenden Audi lieber zu. Da hilft womöglich der Legendenbonus.

Asphalt, meistens: Die Strecke auf den Gipfel des Pikes Peak ist heute asphaltiert, 1987 lag hier durchgehend Schotter. Der Streckenverlauf selbst blieb unverändert
Quelle: Toyo Tire USA Corp
Typisch Urquattro: In Walter Röhrls Audi Quattro S1 kam beim Pikes-Peak-Rennen von 1987 ein aufgeladener Reihenfünfzylinder zum Einsatz
Quelle: Audi
Ken Blocks Ford Mustang verfügt über 1.400 PS aus einem 6,7-Liter V8. Die beiden Turbolader passten nicht mehr unter die Motorhaube
Quelle: Toyo Tire USA Corp
Der Schein trügt: Das Gymkhana-Video am Pikes Peak entstand nicht im Zuge eines Rennens. Ken Block wollte die beste Show, nicht die beste Zeit
Quelle: Toyo Tire USA Corp