Fünf vergessene alternative Antriebe
Vom Holzvergaser zum Atomreaktor
Alternative Antriebe sind kein neuzeitliches Phänomen. In den vergangenen 100 Jahren Automobilgeschichte erblickte so mancher kuriose Antrieb das Licht der Welt.
Köln - Nach weit mehr als einem Jahrhundert Automobilgeschichte könnte es der Elektromotor endlich aus der Nische heraus schaffen. Im Laufe der technischen Evolution des Autos sind aber auch einige Antriebsalternativen auf der Strecke geblieben. Fünf Beispiele.
Luft-Hybrid
Der Gegenpart des Verbrennungsmotors muss beim Hybridantrieb nicht zwingend ein Elektromotor sein. 2012 präsentierte der französische PSA-Konzern mit seinem gemeinsam mit Zulieferer Bosch entwickelten Druckluft-Motor eine günstige Alternative. Im Prinzip funktionierte die „Hybrid Air“ genannte Technik wie ein herkömmlicher Hybrid: Anstelle der Batterie speicherte jedoch ein Druckluft-Tank die beim Bremsen zurückgewonnene Bewegungsenergie. Entleert sich der Tank beim Anfahren oder bei starker Beschleunigung, treibt das entweichende Gas einen Hydraulikmotor an, der wiederum auf das Getriebe und letztlich die Räder wirkt.
Gegenüber zeitgenössischen Hybridsystemen mit E-Motor und Batterie hat das Kosten- und Gewichtsvorteile. Vor allem bei Kleinwagen im Stadtverkehr soll sich so mit überschaubarem Aufwand der Verbrauch senken lassen. PSA stellte damals einen Verbrauch von drei Litern in Aussicht.Die Technik war bereits Anfang des Jahrzehnts fertig entwickelt, zur Serieneinführung kam es jedoch nie. Wichtigster Grund: Der Air Hybrid wäre wohl durch nahezu alle staatlichen E-Auto-Förderprogramme seiner Zeit gefallen – Druckluft-Tanks waren darin im Gegensatz zu Batterien einfach nicht vorgesehen. Zudem hätten PSA und Bosch einen weiteren Partner auf Autoherstellerseite gebraucht, um auf die wirtschaftlich notwendigen Stückzahlen zu kommen. So verschwand das Konzept wieder in der Schublade, wo es bis heute verharrt.
Wasserstoff-Verbrennungsmotor
Wasserstoff lässt sich nicht nur in einer Brennstoffzelle zum Betrieb von Fahrzeugen nutzen, sondern auch direkt als Kraftstoff für den Verbrennungsmotor. Das ist kostengünstiger und technisch in vielerlei Hinsicht einfacher, als das Gas für die Stromproduktion in E-Autos zu nutzen.
BMW etwa räumte dem Ansatz so große Chancen ein, dass nach einer Reihe von Studien 2002 ein Kleinserienmodell den Weg auf die Straße fand. Der BMW Hydrogen 7 wurde allerdings nur 100 Mal gebaut und ausschließlich an ausgewählte Leasingkunden ausgeliefert. 2009 stampften die Münchner das Projekt wieder ein.Wie in der Brennstoffzelle überzeugte zwar die schadstofffreie Verbrennung, allerdings entsprachen die Leistung und Reichweite der H2-Ottomotoren nicht den Erwartungen. Zudem fehlte damals wie heute eine Tankstellen-Infrastruktur. Gänzlich im Aktenschrank verschwunden ist das Konzept aber nicht. Der Wasserstoff-Verbrenner könnte im Zuge der aktuellen Brennstoffzellen-Renaissance ebenfalls wieder Schwung erhalten. Vielleicht in Japan, wo Mazda bereits seit einigen Jahren immer wieder einen Wasserstoff-Wankelmotor ins Spiel bringt.
Atomreaktor
Technikgläubigkeit und Zukunftsoptimismus haben in den USA der 50er- und 60er-Jahre nicht nur die Automobilindustrie groß gemacht. Auch wenn die in dieser Zeit populäre Idee eines Atomantriebs im Rückblick naiv wirkt, galt er doch als zumindest langfristig mögliche Antriebsalternative. So zeigte Ford 1958 das Showcar Nucleon mit Uranreaktor im ausladenden Heck und einer elektrischen Reichweite von fast 10.000 Kilometern.
Noch futuristischer war die ein Jahr zuvor von Studebaker-Packard präsentierte Atomauto-Studie Astral, die mittels Gyroskop-Technik auf einem Rad balancierte und wie ein Science-Fiction-Raumschiff über ein Energieschild verfügte, der vor Unfällen schützen sollte.Bis weit in die 60er-Jahre hielten Automobil-Entwickler an der Entwicklung eines Nuklearantriebs für Autos fest, weil der billige Atomstrom Mobilität fast zum Nulltarif versprach. Gefahren sind Atomautos aber nie auf öffentlichen Straßen – am Ende sorgten nicht Sicherheitsbedenken oder die ungelöste Abfallfrage für ihr Aus, sondern finanzielle und technische Schwierigkeiten.
Es gelang einfach nicht, einen ausreichend kleinen und günstigen Atomreaktor für den Einsatz im Auto zu bauen. Aus heutiger Sicht wohl zum Glück.
Gasturbine
Im Flugzeug hat die Turbine den Hubkolbenmotor längst verdrängt, im Auto hat sie das trotz mehrerer Ansätze nicht geschafft. Bereits in den 40er-Jahren erkannten Rover und Fiat die theoretischen Vorteile der Gasturbine, ihren seidenweichen Lauf und ihre Anspruchslosigkeit, was den Kraftstoff angeht.
Von Diesel und Benzin über Pflanzenöl bis hin zu Tequila oder Wodka verträgt sie fast alles, was flüssig und brennbar ist. Später stießen auch andere Hersteller zu den Verfechtern der Gasturbine, bekanntestes Modell dürfte das Chrysler Turbine Car von 1963 sein, das es sogar bis zur Kleinserienproduktion gebracht hat.Die V8-verliebten Testkunden zeigten sich jedoch nur wenig begeistert, verglichen den Turbinen-Sound mit einem Staubsauger. Dazu kamen Probleme mit dem heißen Abgas und dem Schadstoffausstoß. Ein kleines Comeback feierte die Gasturbine 2010 im Elektro-Supersportwagen C-X75, den Jaguar anlässlich seines 75. Firmenjubiläums präsentierte, aber nie in Serie baute. Als direkter Antrieb war die Turbine dort allerdings nicht vorgesehen, stattdessen sollte sie als Range Extender für die E-Motoren dienen.
Holzvergaser
Heute würde man Holzgas wohl als Biokraftstoff bezeichnen, im Zweiten Weltkrieg sollte es jedoch weniger dem Klimaschutz dienen als dem Fortbestand der persönlichen Mobilität in Zeiten der Benzinknappheit. Wer ein Auto oder Motorrad besaß, baute zu dieser Zeit häufig in Eigenregie einen Holzvergaser an die Karosserie oder auf einen mitgeführten Anhänger. In diesem Kessel wurde Holz erhitzt, bis ein brennbares Gas frei wurde, das im Motor verbrannt werden konnte.Auch nach Kriegsende waren in Deutschland noch einige Jahre Lkw mit Holzvergaser unterwegs, die mit sogenanntem Tankholz aus Buchenscheiten betreiben wurden. Die Sowjetunion stellte Holzgas-Lkw sogar in Großserie her. Heute ist Treibstoff aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz wieder ein Thema im Rahmen der Biokraftstoff-Forschung. Allerdings wird das Holzgas nicht direkt verbrannt, sondern weiter raffiniert und zu flüssigem Kraftstoff verarbeitet. Bislang aber nur in kleinem Stil.
*******
In eigener Sache: Vom 20.-27. September läuft die IAA 2018 für Nutzfahrzeuge in Hannover. MOTOR-TALK hat alle Infos zur größten Lkw-Show der Welt gemeinsam mit den Herstellern aufbereitet. Mehr dazu findet Ihr hier.
Quelle: Sp-x
LPG für dicke Benziner ist ne schöne Nische find ich. ~ 60 Cent/L. 😎
Absolut alltagstauglich. Tankstellen ohne Ende.
MfG
Und als sechstes fehlt der Dampfantrieb - den gab es auch mal eine Zeit lang...
Wann kommen endl. die Kommentare, dass das eine gezielte Aktion gegen diese Technik war? Solche Kommentare kommen auch auch regelm. wenn es bei der E-Auto-Förderung eine Preisgrenze nach oben gibt oder Firmen die ohne selbstständige Vertragshändler arbeiten... 🙄
IMHO fehlt da noch ein wichtiger Grund, warum das nicht so toll geklappt hat. Aus https://de.wikipedia.org/wiki/BMW_Hydrogen_7:
notting
Der "BMW Boss" ist doch gestern alternativ bei der Kanzlerin vorgefahren. Da war so ein "e" auf so ner Bonzenkarre drauf.
Was war das denn für einer?
Und das obwohl der Kryotank (aufgebaut wie eine Thermoskanne) den gleichen Wärmedurchlasswiderstand wie 23 m (dreiundzwanzig Meter) Styropor hatte.
Das in Kombination mit den Kosten und der Effizienz der H2 Erzeugung multipliziert mit dem Wirkungsgrad eine Verbrennungsmotors ergibt ??
Totaler Brainfuck.
Was noch fehlt: das E-Auto, das vor 100 Jahren recht erfolgreich war - bis es vom Verbrenner verdrängt wurde
Danke fürs Erinnern an das Atomauto.
Etliche Jahre lang versprachen sämtliche grossen US-Hersteller das Auto mit Kernreaktor und unendlicher Reichweite „per ca. übernächste Saison.“ Grade bei der heutigen, hysterischen Technikgläubigkeit sollte man dieses Beispiel nicht vergessen.
Bei Stichworten wie „autonomes Fahren“ oder „Effizienzsteigerung bei Akkus wie in der Vergangenheit bei Mikroprozessoren“ könnte es sich um einen vergleichbaren Irrtum handeln - vielleicht, vielleicht auch nicht. Man weiss es erst zum Nachhinein.
Der Vollständigkeit halber hier noch der Link zum Originalartikel
https://www.heise.de/.../Unterwegs-im-Wasserstoff-7er-279187.html
Da der Wasserstoff in flüssiger Form transportiert wurde, war die Isolation des Tanks ein Problem. Minus 253 Grad C konnten wohl nicht immer gehalten werden. Daher musste ab einem bestimmten Punkt Wasserstoff über ein Sicherheitsventil abgelassen werden.
Ein schöner Artikel, aber warum @motor-talk verteilt ihr die Bilder ohne irgendeinen Zusammenhang völlig willkürlich im Text?
Ich finde hier ist ein gutes Beispiel dafür, wie Förderungen und seien sie noch so gut gemeint, Methoden bzw. Technologien behindern, die im konkreten Anwendungsfall gleich gut/bzw. bessere sein könnten.
So wie der NEDC eben Downsizing gefördert hat, wird der WLTP mit RDE eher gegenteiliges bewirken. Je nach Anwender ist aber das eine oder andere (oder was ganz anderes) optimal. Manche Technologien werden schon deswegen nicht kommen, weil sie ihre Wirksamkeit in Standardtest nicht voll zeigen können. Ich denke da an die von BMW entwickelten Abgasdampfturbinen. Für mich als Langstreckenfahrer ließe sich damit der Wirkungsgrad der Motors sicher signifikant steigern ich denke ca. 50% und sogar evtl mehr wären machbar, aber im Test würde wenig rumkommen, weswegen es sich nicht lohnt solche System zu verbauen.
Da kommt eben zum tragen wie hirnrissig der Flottenverbrauch berechnet wird, auch das verhindert gut Ideen.
Das betrifft aber nur die grossen Passagierjets. Der Kolbenmotor hat definitiv immer noch seinen Platz in (Klein-) Flugzeugen...😉
Das Thema Wasserstoff ist jetzt auch im Motorsport angekommen. Der A.C.O. hat mit GreenGT die Mission H24 angekündigt. 2024 soll ein passendes Reglement die Entwicklung vorantreiben
https://www.europeanlemansseries.com/.../5455
Jay Leno hat mehreren von den Teilen in seiner "Garage". War sehr beeindruckend zu sehen. V.a. das hohe Drehmoment infolge des Direktantriebes war beeindruckend.
Oh ha, da war wieder der Recherchekönig am Werk, nicht.
🙄