Fit für die Weltreise: Expeditionsfahrzeuge von Orangework
Von der Lieblingsfarbe zum Expeditionsfahrzeug
Vor 25 Jahren wollte Stephan Schmidt seinen Lkw zum Expeditionsfahrzeug ausbauen. Doch sein handwerkliches Geschick und der Reisemobil-Boom machten daraus ein Geschäft.
Köln – Die Farbe Orange hatte es ihm angetan. Hose, T-Shirt, Pullover und Schuhe, alles in Orange. „Ich weiß auch nicht wieso, aber in die Farbe war ich mit Mitte 20 eine Zeit lang total verschossen“, sagt Stephan Schmidt. Heute trägt er eher Sicherheitsschuhe, Arbeitshose und Poloshirt in Grau oder Grün, das Orange bekommt er aus seinem Leben aber nicht mehr weg. Mit seiner Firma Orangework baut er in einem Kölner Vorort Expeditionsfahrzeuge, die in der Szene bekannt sind.
Wer das große Abenteuer sucht, landet oft in Köln-Rath. Metertiefes Wasser und steile Steigungen stellen für die Fahrzeuge der Firma kein Problem dar. Auch Baumstämme und Schlaglöcher überfahren die Wohnmobile von Orangework ohne mit der Feder zu zucken. Dank Allradantrieb und großer Bodenfreiheit sind diese Expeditionsfahrzeuge meist dort unterwegs, wo Straßen und Zivilisation aufhören.
Für die Besitzer bedeutet wahrer Luxus, überall hinzukommen - mit einem sauberen Bett und einer eigenen Dusche. Der Weg ist das Ziel, die nächste Tour das größte Abenteuer. Weltreisen fernab der Zivilisation. Das hat allerdings mit einem Campingurlaub auf dem festen Stellplatz in der Bretagne so viel zu tun wie Tütensuppen mit einem Vier-Gänge-Menü.
Orangework baut Expeditionsfahrzeuge, mit denen Abenteurer mehrere Monate autark unterwegs sein können – weltweit. Die maßgeschneiderten und von Hand gefertigten Fahrzeuge konstruiert Schmidt so robust, dass selten Teile kaputt gehen. Und wenn doch, dann lassen sie sich oft mit Hammer, Schraubenschlüssel und -dreher reparieren. "Auch nach Tausenden von Schotterpisten-Kilometern muss am Fahrzeug alles bombenfest halten", sagt er. Normale Wohnmobile würden auf diesen Strecken nach wenigen Stunden auseinanderfallen. Auch wenn einige der Besitzer das Potenzial der Allrad-Fahrzeuge mit den grobstolligen Reifen nicht ausschöpfen – sie schätzen die Sicherheit, dass sie überall durchkommen könnten, wenn sie nur wollten.
"Was nicht vorhanden ist, kann auch nicht kaputtgehen"
Seine Kunden wählen meist MAN oder Mercedes Lkw wie MAN TGM 13.290 und TGM 18.340, MAN LE 220C, Unimog 1300L, Mercedes 914 sowie MAN KAT 1A1. "Weil das Händlernetz größer ist, die Teileversorgung weltweit kein Problem darstellt und die Fahrzeuge als robust und zuverlässig gelten", sagt Schmidt. Vor allem ältere Lastwagen mit Euro 5 oder niedriger sind beliebt: Sie verzichten hochgezüchtete Hightechmotoren mit Abgasrückführung und den Zusatzstoff Adblue.
So kommen sie auch mit schlechter Kraftstoffqualität in fernen Ländern gut zurecht. Außerdem haben sie weniger Elektronik an Bord, die in Afrika oder Südamerika abseits der Zivilisation eh keine Werkstatt reparieren kann. Nach der alten Expeditionsfahrer-Regel: "Was nicht vorhanden ist, kann auch nicht kaputtgehen." Doch auch ehemalige Armeefahrzeuge wie Bremach T-Rex, Land Rover Defender oder Mercedes G-Klasse baut der Kölner für die große Reise um.
Wichtig: Wer überall hinkommen will, auch abseits des Asphalts, benötigt grobstollige Reifen, viel Bodenfreiheit und ein robustes Allradsystem. Dank zuschaltbarem Allrad und den Differenzialsperren in Vorder- und Hinterachse gibt es kaum eine Piste, über die der MAN nicht kommt. Ganz gleich, ob aus Stein, Sand oder Eis.
Mit 340 PS und 1.600 Litern Kraftstoff
Damit die Weltreisenden möglichst lange autark bleiben, haben die Fahrzeuge große Tanks. Im Bauch des MAN TGM 18.340 sitzen ein 640-Liter-Frischwassertank, ein 30-Liter-Warmwasserboiler und ein 150-Liter-Abwassertank. Damit der 340 PS starke Dieselmotor möglichst lange läuft, sind zwei je 800 Liter große Kraftstofftanks montiert. Für ausreichend Strom sorgen drei separate Batterien und Solarmodule auf dem Dach mit 1,2 kW Leistung. Zur Not lässt sich mitten im Busch Strom per wassergekühlten 3-Zylinder-Dieselgenerator produzieren.
Dass Schmidt so extreme Fahrzeuge für Kunden konzipiert, ist ein Zufall. Er wollte sich eigentlich nur ein eigenes Wohnmobil bauen. Mit 18 Jahren kauft er sich einen Hanomag AL28 von 1965, baut den Allrad-Lkw aus, schreinert Schränke, Betten und Regale, passt sie in die Kabine ein. "Den Hanomag fand ich sehr schön, ich wusste nur nicht, dass der so unglaublich langsam ist", sagt Schmidt.
Kurz nach der Schule zieht er aus dem Sauerland nach Köln, tritt als 19-Jähriger eine Zivi-Stelle an. Dort arbeitet er mit ehemaligen Häftlingen in einer Schreinerei und entdeckt seine Liebe zu Holz. Doch der Lkw-Virus lässt ihn nicht mehr los. Er verkauft den AL28 und legt sich einen stärkeren Magirus, ein 125 Merkur Feuerwehrauto von 1964, zu.
Die Wohnkabine entsteht aus Holz, die Innenausstattung sowieso. Mit dem Magirus reist er quer durch Europa und nach Marokko. Doch nicht nur das: Es bleibt auch in Köln sein Zuhause. Sieben Jahre lebt er in dem 8,7 Quadratmeter großen Lkw in Köln-Mühlheim, direkt an seiner Arbeitshalle, einer Schreinerei.
Seit 1998 arbeitet Stephan Schmidt als selbständiger Schreiner, baut Ladenlokale und Messestände auf- und um. Zu den Baustellen fährt er mit seinem Allrad-Magirus, schläft darin. "Die Arbeit war toll, aber ich wollte immer Wohnmobile herstellen", sagt der heute 43-Jährige. 2004 fragt ein Kunde eines Zulieferers, ob er nicht seinen Transporter zum Camper umbauen könne. Er konnte, und wie. Wenig später gründet er die Firma mit dem Namen seiner Lieblingsfarbe. Seitdem entstehen bei Orangework komplette Aufbauten samt Inneneinrichtungen.
Das Geschäft wächst und wächst
Schmidt setzt auf Gfk-Platten in Sandwichbauweise, ein Standard bei Expeditionsfahrzeugen. Die Sandwichplatten kommen aus Holland, werden in Köln bearbeitet, geschnitten und zu einer hochfesten Wohnkabine mit einem speziellen Zwei-Komponenten-Material geklebt. Die fertige Kabine wird in der Wunschfarbe lackiert, meist mit einem robusten Strukturlack. Anschließend folgt der Innenausbau mit Elektrik, Heizung und Sanitäranlangen.
Und natürlich die Möbel. In der Halle stehen große CNC-Fräsen für Holz und Gfk, dazu große Schleifmaschinen und Drehbänke. Im Innenraum kommt weiterhin Holz zum Einsatz, passgenau geschnitten.
"Die Holzmöbel müssen exakt sitzen, damit wir möglichst auf Silikon verzichten können und der Innenausbau noch nach Jahren übelster Piste hält", sagt er. Außerdem sei sorgfältiges Arbeiten entscheidend, da Weltreisende ihre Lkw extrem belasten. "Mir ist wichtig, dass es nicht nur ein Wohnraum wird, sondern ein Wohlfühlraum. Der soll nicht technisch-kalt wirken, sondern harmonisch-warm", sagt der Schreiner
Mit verschiedenen Möbelfronten, Farben, Schrägen und Rundungen wirke der Wohnraum optisch größer. In der Szene werden seine Ideen und sein handwerkliches Geschick anerkannt, die Aufträge nehmen zu. Vor sechs Jahren zog die Firma in eine neue Halle in Köln-Rath. Die wird inzwischen schon wieder zu klein.
Das kleine Haus auf Rädern kostet so viel wie ein großes
Derzeit müssen Kunden etwa mit anderthalb Jahren für den Umbau rechnen – von der Planung bis zum fertigen Fahrzeug. "Die meisten Kunden kommen mit genauen Vorstellungen zu uns, wir beraten und entwickeln die dann mit ihnen weiter", sagt er. Acht Mitarbeiter, darunter Schreiner, Schlosser und Elektriker, arbeiten parallel an drei großen Fahrzeugen und drei kleineren. Alles Einzelanfertigungen. Das kostet.
Der Kauf eines solchen Fahrzeugs geht deshalb häufig mit einem neuen Lebensabschnitt einher. Kunden sparen darauf Jahre, manche verkaufen sogar ihr Haus dafür. Mindestens 220.000 Euro kosten die Expeditionsfahrzeuge für die nächste Weltreise - Doppelbett, Dusche, Fußbodenheizung, Waschmaschine, Spülmaschine und eine große Küche inklusive. Komfort wie in ihrem alten Zuhause – auch, wenn sie dem eigentlich entfliehen wollen.
Eine Vorstellung, die auch Stephan Schmidt gefällt. Doch auf die Erfüllung seines Traumes muss er noch etwas warten: Monatelang unterwegs zu sein, raus aus der Zivilisation, das Gefühl von Freiheit zu leben. Natürlich mit einem seiner Allrad-Lkws, für die kein Weg zu schlecht ist und die keine Grenzen kennen. Von Alaska nach Feuerland, das würde ihm gefallen. Doch mit vier Kindern, davon drei noch klein, sei das derzeit schwierig.
Im Alltag fährt Stephan Schmidt heute zwar keinen Lkw, sondern einen VW Bulli T5. Natürlich mit einem Bett drin. "Ich brauche in einem Auto einfach ein Bett, damit ich auch mal an einem schönen Ort anhalten und schlafen kann", sagt er. Er schläft nämlich im Auto besser als in jedem Haus. Ganz gleich welche Farbe das Bett hat.
Die Preise kann ich bestätigen...
Da müssen sich einige Weltreiseträumer ersteinmal setzen, wenn man bei den Händlern für alte Feuerwehr, THW, Bundeswehr-fahrzeuge aufschlägt, sind die Preise noch im unteren 5-stelligen Bereich...
Meint man es dann Ernst und so ein Vehikel soll fit für lange Touren gemacht werden, wird es sofort 6-stellig, die Unterhaltskosten sind auch nicht zu unterschätzen, fängt beim passenden Führerschein an, geht über den Verbrauch/Räder, Ersatzteile... und endet bei allen Nebenkosten auf so einen Trip, Maut, Fähren, Stellplätze das kostet alles erheblich mehr als für einen PKW.
Wenn man das alles stemmen kann und Zeit hat, kann man das machen...
Schön, wenn man das eigene Hobby zum Beruf machen kann. 😊
Tendenz: Stark steigend. Da der Nachschub immer kleiner wird, wird es immer schwerer an einen Bundeswehr-MAN zu kommen. Das wissen die wenigen Händler sehr gut.
Neukauf ist dann schwierig wegen der Abgasreinigung. Zwar kann man noch Euro3-LKW neu kaufen, aber nicht mehr in D zulassen.
Aber so richtig. Weshalb die Kisten zwar ein Traum vieler Reisender sind - aber es auch fast immer bleiben. Ein alter Armeelaster ist auch nicht gerade wartungsarm zu betreiben. Da werden technische Kenntnisse vorausgesetzt.
Ist natürlich super, da man mit den Kisten ziemlich unabhängig unterwegs ist. Viele greifen dann doch zu kleineren Fahrzeugen. Wir hier nebenbei erwähnt sind G-Klasse, Defender und diverse Pick-Ups beliebter. Die kann man auch ohne riesiges Vermögen betreiben (Führerschein kein Problem, Unterhalt ist auch noch günstig). Ist dann aber im Einsatzland mehr Risiko/Abenteuer.
Rein subjektiv gibt es doch eine große Lücke zwischen den Wohnmobilen für den ebenen Stellplatz und diesen Expeditionsmobilen für mehrwöchige Autarkie. Sprich Wohnmobile mit leichter Geländegängigkeit für etwas schlechtere Straßen. Die Grundfahrzeuge (Sprinter, Daily) gibt es noch recht günstig mit Allrad. Es sieht so aus als ob die Reisenden gleich ein Extremfahrzeug kaufen, wenn sie abseits der Touristenhochburgen unterwegs sein wollen.
Wirklich mitten durch die Pampa mit einem einzelnen Fahrzeug? Nicht ratsam. Richtige Expeditionen bestehen immer aus mehreren Leuten mit mehreren Autos.
Ein Traum auf Rädern!
Finde ich absolut klasse.
(leider nichts für meine Frau; sie braucht ein geregeltes Leben in D)
Da wäre die Frage für welche Touren die Fahrzeuge genutzt werden. Viele sind wohl wirklich allein unterwegs. Je nach Land/Tour dürfte das auch vertretbar sein - daher auch meine Frage ob die hier beschriebenen Fahrzeuge wirklich nötig sind.
Für den Personenkreis, der diese Fahrzeuge nutzt, ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis wohl eher zweitrangig - folglich stellt sich dort die Frage nach der "Nötigkeit" gar nicht erst.
Sind sie nicht. Es gibt genügend Beispiele für monatelange Weltreisen mit viel kleineren Fahrzeugen: PKW, Motorrad, Moped, sogar mit Fahrrädern wurden solche Reisen schon unternommen. Die Frage, die einen zum LKW bringt ist eher, wie weit man ohne Versorgungsmöglichkeit kommen will oder wie viel Komfort man unterwegs braucht.
Mich würde aber der Gedanke an das Risiko enormer Bergekosten davon abhalten, falls doch mal was richtig schief geht. Und die hohen Einstandskosten sowieso ...
Das liegt aber wohl primär daran, daß du nicht zum Nutzerkreis der Fahrzeuge dieser Kategorie gehörst.
Eher umgekehrt. Ich gehöre nicht zum Nutzerkreis, weil es mir zu teuer ist.
Irre, der MAN sieht mit dem Aufbau aus wie eine Arche. Aber gefällt sehr, da kann man eine Menge draus machen.
Wenn es in abgelegeneren Regionen mal stärker regnet ist das bißchen Schotterpistenstraße schnell eine unpassierbare Schlammwüste auf etlichen Quadratkilometern. Da gibt es dann meistens kein rechts, oder links ums Hindernis herumfahren, sondern nur rückwärts von dort wo man herkommt, oder eben mitten durch. Da haben diese Fahrzeuge gegenüber herkömmlichen Wohnmobilen dann durchaus ihre Vorteile.
Für den Wochenendtripp nach Sibirien .😊
Täusch dich da mal nicht. Ein Allrad Fahrgestell ab Werk eines Dailys ist nicht gerade billig. Da legst du locker 50.000€ hin. Aber es gibt die möglichkeit ein Standart 4x2 Wohnmobil auf Basis eines Dailys oder Sprinter zu einem Allrad umbauen zu lassen. Das ist billiger als der Allrad ab Werk. Als Geländegängig würd ich das Fahrzeug dann aber trotzdem nicht beschreiben. Bei einer Schotterpiste, Matsch und im Schnee hast du keine Probleme, eine Verschränkung vom Fahrgestell was man für das Gelände aber eigentlich braucht hat man da aber nicht, Querfeld ein geht damit nicht.
Der KAT 1 ist gut für das Gelände, aber auf dem Weg bis zum Gelände wird es eher zur Qual. Der ist viel zu Kurz übersetzt und nicht dafür gedacht um längere Strecken auf der Autobahn unterwegs zu sein. Dazu braucht man dann einen Tankanhänger um nicht dauernt auftanken zu müssen. Und mit dem TGL würde ich nicht in Metertiefes Wasser fahren, auser er hat einen Umbausatz für die Watfähigkeit bekommen. Alle Ventile im Rahmen sowie die Achsentlüftungen sind nicht für unterwasser nutzung gebaut. Und das Fahrerhaus ist auch nicht Wasserdicht, die Elektrik im Beifahrerfußraum wird sich freuen sollte sie mit Wasser in berührung kommen.