Groß, solide, praktisch und sehr teuer: Der VW T5 ist der Klassiker unter den Bussen. Das spiegelt sich im Preis wider. Ohne Schwachstellen gibt es trotzdem keinen Bulli.
Berlin – Das inoffizielle Motto der Bulli-Fans: „Umwelt schonen, Bus fahren.“ Der Spruch ist kaum jünger als der VW Bus selbst. Aber er beschreibt eine ganz eigene Art von Autobesitzern. Kein SUV oder Kombi ist größer, kaum eine Baureihe älter. Seit 68 Jahren baut VW den Bus, Bulli, Multivan, mittlerweile in der sechsten Generation. Mercedes kontert regelmäßig mit V-Klasse, Vito oder Viano. Ford probiert es mit dem Transit, Opel mit dem Vivaro, Renault mit dem Traffic, Peugeot mit dem Traveller. Gegen den Bulli aus Hannover kommt in der Zulassungsstatistik keiner an. Er fährt klassenlos durch alle Bereiche. Als Familientransporter, Baustellenfahrzeug, Camper, Hippie-Surfmobil oder VIP-Shuttle. Die erste Generation (Typ 2 T1, ab 1950) half Handwerkern, Deutschland nach dem Krieg aufzubauen. Im Heck arbeitete ein Vierzylinder-Boxermotor, vorne saß der Fahrer wie ein Kutscher. Dazwischen bot der Bulli viel Platz. 1967 löste ihn der T2 ab, setzte auf das gleiche Konzept. Mit dem T3 ab 1979 zog erstmals ein Diesel ins Heck ein. 1990 wanderte beim T4 der Motor nach vorne. Ab 2003 verkaufte Volkswagen den VW T5. Seit dem großen Facelift im Juli 2015 nennt VW ihn T6. In dieser Kaufberatung geht es um die Fahrzeuge zwischen 2003 und 2015. Wir konzentrieren uns auf die Pkw-Versionen Caravelle (Basis), Multivan (Top-Version) und California (Wohnmobil). VW T5: Praktischer Riese mit SchwächenQuelle: VW Nutzfahrzeuge So beliebt der T5 auch ist, mängelfrei ist er keineswegs. Manche Fahrzeuge haben nur wenige Schwachstellen, manche Besitzer klagen über „Die unendliche Leidensgeschichte T5“. Die Basis ist zwar solide, die meisten Motoren sind robust. Doch der Bus wird meist als Nutztier und Lastesel eingesetzt, wenig geschont und oft schlecht gewartet. Das macht sich bei Gebrauchtwagen bemerkbar. Dazu sind die Fahrzeuge teuer. MOTOR-TALKer Spiderweb beschreibt es so: „Zu Frust führt meist, dass der Preis für den T5 sehr hoch ist, und damit auch eine höhere Erwartungshaltung an die Qualität einhergeht. Dies ist aber nicht so. Der Bulli ist nicht besser als Polo und Golf (inkl. vergleichbare Modelle von anderen Herstellern).“ Derzeit werden rund 8.500 VW T5 bei mobile.de angeboten. Davon haben nur rund 2.800 Fahrzeuge ein ausgefülltes Scheckheft und eine zwölfmonatige HU. 2.000 Autos sind weniger als 150.000 Kilometer gelaufen. Die Guten davon gilt es herauszupicken. Es gibt viel kleine Schäden und Macken am T5, einen guten Überblick gibt das VW-T4-T5-T6-Forum. Wir gehen hier auf die häufigsten Mängel ein. Historie | Modellwechsel | RückrufeDer T5 löste 2003 den T4 ab. Seine Besonderheit: Die Seitenteile sind nun aus einem Stück gepresst. Beim Vorgänger deuten Sicken an A-Säule und Schweller die einzelnen Elemente des Karosseriebaukastens an. Die gab es im T5 nicht mehr. VW rückte ihn ein großes Stück in Richtung Pkw. Innen mit einem schönen Armaturenbrett und einem kleinen Schalthebel in der Mittelkonsole. Drum herum mit guter Dämmung, die sorgt für Ruhe bei der Fahrt. Er verhält sich agiler als der T4. An der Grundkonstruktion änderte VW jedoch nichts: Es blieb beim Quermotor vorn mit Frontantrieb, optional mit Automatik und Allrad. Quelle: VW Nutzfahrzeuge Autos, die vor dem ersten Facelift (Herbst 2009) gebaut wurden, musste VW häufig zurückrufen. Einige bekamen neue Schrauben am Lenkgetriebe und ein neues Steuergerät für den Kühlerlüfter (Februar bis Dezember 2003). Bei Zweiventil-Pumpe-Düse-Dieseln besserte VW einen Schraubenbruch an der Dieseltandempumpe aus (März bis August 2004). Bei T5-Modellen der Modelljahre 2004 und 2005 kann sich die Handbremse lösen. Zwischen 2004 und 2007 waren Bowdenzüge in den Sitzlehnen zu kurz. Die Fünfzylinder-Dieselmotoren des Bauzeitraums zwischen März und April 2008 waren an einem Dichtstopfen in der Kraftstoffleitung undicht. Bei Erdgasfahrzeugen zwischen November und Dezember 2005 rosteten die Tanks. Beim Campingmodell California war die Verschraubung der Gasanlage nicht ganz dicht (Mai 2004 bis Mai 2005). Sie mussten außerplanmäßig in die Werkstatt. Nach dem Facelift wurde es besser. Bei Fahrzeugen vom November 2009 kann sich die Befestigungsschraube des Motorhaubenschlosses lösen. Bei den Modelljahren 2014 und 2015 können Erdgasbehälter undicht werden. Bei den 2,0-Liter-Common-Rail-TDI-Motoren zwischen Oktober 2008 und November 2011 können sich Risse in der Kraftstoffhochdruckleitung bilden. Wer sich ein Fahrzeug aus diesen Jahrgängen anschaut, vor allem vor dem Facelift, sollte darauf achten, dass die Rückrufaktionen durchgeführt wurden. Mit dem Facelift im September 2009 bekam der T5 breite Scheinwerfer, einen geänderten Kühlergrill und neue Außenspiegel. Entscheidender sind aber Maßnahmen unterm Blech. Die Kinderkrankheiten konnte VW endlich heilen, die Technik wurde zuverlässiger. Für mehr Laufruhe und weniger Verbrauch sorgen seitdem neue Dieselmotoren (2.0 TDI) mit Common-Rail-Einspritzung. Der Fünfzylinder-Diesel flog ebenso aus dem Programm wie der VR6-Benziner mit 235 PS. Die Leistung der Selbstzünder reichte nun von 84 PS bis zu 180 PS. Die Abgase werden seit 2006 serienmäßig durch einen Dieselrußpartikelfilter (DPF) gesäubert. Diese Autos erfüllen die Euro-4-Abgasnorm. Fahrzeuge ohne Filter kommen nur auf Euro 3. Seit dem Facelift (2009) erfüllen die Motoren die Euro-5-Norm. Für Wenigfahrer hatte VW drei Benziner 115, 150 oder 204 PS im Programm. Erstmals kam bei den starken Motoren ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe zum Einsatz. Karosserie | VariantenQuelle: VW Nutzfahrzeuge VW bot den T5 in vielen Varianten an, unter anderem mit verschiedenen Radständen. Zwischen 4,89 und 5,30 Meter misst ein T5 in der Länge, sein Radstand beträgt je nach Ausführung zwischen 3,0 und 3,40 Meter. Die Höhe variiert zwischen 1,93 und 2,47 Meter, es gibt Schiebe- und Ausstelldächer, eine seitliche Schiebetür oder zwei, Heckklappe oder Flügeltüren. Im Innenraum kommen zwei, drei, fünf, sieben, acht oder neun Sitze zum Einsatz. In den Preislisten standen (drehbare) Einzelsitze oder Rücksitzbänke. Der T5 hat mit Rost zu kämpfen. Neben den Stellen im Steinschlagbereich an Radläufen, Motorhaube und Windschutzscheibenrahmen blüht es oft an der Heckklappe. MOTOR-TALKer 325ti2b entdeckte beim Polieren des Daches seines T5 Rost in den Regenrinnen „Dabei wurde das Dach von mir nie belastet, weder durch Dachträger, noch durch regelmäßiges Parken unter Bäumen“, schreibt er. MOTOR-TALKer Schrigu1971 berichtet von Rost an den Türgriffen der beiden Schiebetüren. Er ist generell mit der Qualität seines Autos unzufrieden: „Zuerst die beiden Schiebetüren-Fenster, die Wasser hereinlassen, dann die Benzinpumpe, die Öl mitpumpt, dann der Innenraum, der sich auflöst, der Turboschlauch, der abfällt. Da ist der Rost nur noch das Tüpfelchen auf dem i.“ Probleme bereiten außerdem die elektrischen Schiebetüren, undichte Schiebefenster, defekte Türschlösser und müde Heckklappen-Dämpfer. Lackplatzer gibt es häufig an den Schwellern unter den Schiebetüren. Wer sich einen T5 anschaut, sollte es deshalb bei Tageslicht tun und viel Zeit einplanen. Motor | GetriebeUnter den meisten Bulli-Motorhauben nageln Dieselmotoren. Bis September 2009 sind das raue 1,9-Liter-TDI und ein 2,5-Liter-Fünfzylinder mit Pumpe-Düse-Einspritzung. Bei anständiger Wartung prinzipiell haltbare Triebwerke. Wenn sich im Fünfzylinder jedoch in den Zylindern die Beschichtung löst, wird es teuer. Ebenso, wenn über die Einspritzanlage Diesel ins Öl gelangt. MOTOR-TALKer Panzerwerk hält den 2.5 TDI zwischen 2003 und 2006 wegen seiner Ölprobleme für „nicht kaufbar“. Besser werde es ab 2006. „(…) ab 2009 geht es wieder mit Problemen los, diesmal mit dem 2.0 BiTDI“, ergänzt er. Quelle: VW Nutzfahrzeuge Beim 1.9 TDI mit 84, 86, 102 oder 105 PS sei hingegen am Motor selbst kaum ein besonderer Mangel zu erwarten. Dafür aber unter anderem an Turbolader, Antriebswellen, Anlasser, Kupplung, Auspuff, Zweimassenschwungrad und Dieselpartikelfilter, wenn vorhanden. Wichtig sind der regelmäßige Wechsel von Zahnriemen und Wasserpumpe. MOTOR-TALKer drtinni hatte regelmäßig Probleme mit der Wasserpumpe. „Die krepiert fast pünktlich alle 80TKM“. Nachteil bei vielen 1.9 TDI: die gelbe Feinstaubplakette. Damit muss das Auto in vielen Städten heute schon draußen bleiben. MOTOR-TALKer Gasfisch musste bei seinem T5 schon viele Bauteile tauschen: Kurbelwelle, Stoßdämpfer, Dichtungssatz der Pumpe-Düse-Elemente, Turbolader. Die Zweimassen-Schwungscheibe machte auch Ärger. Die Getriebe verschleißen ebenfalls, ganz gleich ob Fünf- oder Sechsgangschalter. Durch das hohe Fahrzeuggewicht und die hohe Zuladung lutschen Antriebswellen schnell aus, Kupplungsscheiben verbrennen, in Getrieben lockern sich Zähne, Synchronringe verschleißen. Selbst die Automatikgetriebe kommen ohne Überholung selten auf eine hohe Laufleistung. Andere Besitzer sind mit ihrem T5 hingegen glücklich. MOTOR-TALKer fluegelhelm berichtet nur Positives von seinem T5 1.9 TDI mit 85 PS. „Von der Qualität her ist auch alles im grünen Bereich“, schreibt er. Ab September 2009 verbaute VW die 2.0 TDI mit Common-Rail, Partikelfilter und Euro-5-Norm, in den fünf Leistungsklassen mit 84 PS, 102 PS, 114 PS, 140 PS und 180 PS. Die meisten der TDIs laufen problemlos, nur der BiTurbo mit 180 PS verbrennt gern Öl. MOTOR-TALKer berichten von bis zu 1,9 Liter Ölverbrauch auf 1.000 Kilometer. MOTOR TALKer Panzerwerk meint: „Beim 2.0 BiTDI ist es egal was man macht, der Motor hat einfach das Potenzial zum Aussterben!“ Das Angebot an Benzinern ist klein – nur elf Fahrzeuge werden in der oben beschriebenen Matrix bei mobile.de angeboten. FahrwerkQuelle: VW Nutzfahrzeuge Mindestens 2,2 Tonnen wiegt ein Bulli. Je nach Ausstattung darf er bis zu 3,5 Tonnen wiegen. Das geht vor allem aufs Fahrwerk. Wie bei schweren Limousinen oder SUV können beim T5 Federn brechen, Traggelenke, Buchsen und Lager ausschlagen und Dämpfer verschleißen. Nicht nur theoretisch. Sie tun es regelmäßig. Im Dekra-Report schneidet der T5 unterdurchschnittlich ab. Die Prüfer bemängeln häufig unter anderem die Baugruppen Karosserie, Rahmen, Fahrgastraum und Elektrik, Elektronik und Licht. Bei Fahrzeugen mit Laufleistungen von mehr als 100.000 Kilometern sollte ein gesonderter Blick den Bremsen und Bremsschläuchen gelten. Generell empfehlen wir, den T5 bei der Begutachtung auf eine Hebebühne zu stellen oder über eine Grube zu fahren. Denn nur so erkennen Interessierte Rost an Rahmen und den Zustand des Unterbodens. Vorsicht bei Fahrzeugen mit Anhängerkupplung: Wer sie bestellte, benutzt sie in der Regel. Das geht auf Technik und Karosserie. Ausstattung | SicherheitBei den Pkw-Varianten bot VW die drei Versionen Caravelle (Basis), Multivan (Top-Version) und California (Wohnmobil) an. In der Basisausstattung Trendline fährt die Caravelle mit unlackierten Stoßfängern sowie Außenspiegel und Flügeltüren am Heck. Der Innenraum ist spartanisch, aber robust ausgestattet. Darüber hatte VW verschiedene Ausstattungslinien wie Startline, Beach, Comfortline und Highline im Angebot. Hinzu kamen einige Sondermodelle wie Twenty, Cruise, Beach, Atlantis, Ocean, Biker – insgesamt rund 20 Modelle. Am populärsten sind bei Familien die Multivan-Fahrzeuge. Sie haben viele praktische Details, allerdings auch eine umständliche und mühsame Sitzverstellung. Die Optionsliste des T5 war sehr lang. Heutige Selbstverständlichkeiten wie ESP, Seiten- und Vorhangairbags, elektrische Fensterheber, Klimaanlage oder ein Radio mussten je nach Version extra bezahlt werden. Sinnvoll sind Xenonscheinwerfer und eine Klimaanlage. Hat das Fahrzeug viele Sitzplätze, hat es besser auch einen zweiten Verdampfer für hinten. Die in vielen Bereichen verstellbaren Sitze sind je nach Modell empfehlenswert, ebenso wie ein Regensensor und der automatisch abblendbare Innenspiegel. Überflüssig dagegen sind das aus heutiger Sicht veraltete Navi und die knarzenden Radios – jedes Gerät aus dem Elektronikmarkt klingt besser. Gedanken sollten sich Interessenten zuerst über den Motor machen, dann um Bestuhlung, Schiebetüren und Heckklappe. Wer bei Ausstattung und Bodenbelägen flexibel ist, findet ein breiteres Angebot. Marktsituation | PreiseQuelle: VW Nutzfahrzeuge Der VW T5 ist beliebt wie kaum ein anderes Auto. Etwa 2.500 Fahrzeuge auf mobile.de erfüllen unsere Mindestanforderungen. Sie kosten ab rund 18.000 Euro. Gut gewartete Fahrzeuge mit ausgefülltem Scheckheft, mindestens zwölf Monate gültiger HU und weniger als 150.000 Kilometer auf der Uhr kosten mindestens 21.000 Euro. Besonderes Augenmerk sollten Interessenten bei allen Fahrzeugen dem Motor widmen. Viele der älteren TDI-Maschinen dürfen nicht mehr in Innenstädte. Eine Umrüstung auf bessere Abgasnormen durch einen Partikelfilter ist in der Regel möglich, aber teuer. Für alle T5 gilt: Mehr als Euro 5 ist bei den Selbstzündern derzeit nicht machbar. Erst die neue Motorengeneration „EA288“ im VW T6 (ab Mitte 2015) erfüllt die Abgasnorm Euro 6. Diese Fahrzeuge sind deutlich teurer. In der aktuellen Diskussion um Stickoxide und Fahrverbote in Innenstädten aber ein wichtiges Kriterium. Fazit | EmpfehlungGroße Autos sind oft teuer – und der T5 ist sehr groß. Zwar sieht das Angebot auf den ersten Blick riesig aus, bei genauer Betrachtung schrumpft es aber deutlich. Wir würden einen VW Multivan nach dem ersten Facelift (2009) nehmen, als 2.0 TDI mit 140 PS und manuellem Getriebe. Davon gibt es auf mobile.de rund 300 Stück. Sie kosten ab 30.000 Euro. Bus fahren kann ganz schön teuer sein.
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