Lynk & Co Vertriebsmodell: Marktstart in Europa 2020
Wie Autokauf ohne "Shit-Factors"
Der schwedisch-chinesische Autobauer Lynk&Co will den Autohandel revolutionieren. Er verspricht die Eliminierung der sechs "Shit-Factors" beim Autokauf. Alle Details.
Berlin – Der Anfang ist gemacht. Lynk & Co hat die sechs „Shit-Factors“ der Autobranche identifiziert. Sechs Dinge also, die den Autokauf zum Ärgernis machen. Die Tochterfirma des chinesischen Geely-Konzerns will sie vermeiden und so die Branche gründlich durcheinander bringen. Mit einem neuen Konzept: Indem sie nämlich keine Autos verkauft.
Lynk & Co wird seine Autos außerhalb Chinas nicht ausschließlich, aber am liebsten im Abo anbieten. Als All-Inclusive-Miete. Händler soll es keine geben, sondern nur einen Stützpunkt pro Markt. Die Bestellungen werden online aufgegeben, geliefert wird vor die Haustür. Gegenüber dem australischen Magazin Motoring.com.au hat Lynk&Co-Chef Alain Visser nun weitere Details zur künftigen Vertriebsstrategie verraten.
Flatrate wie bei Netflix statt Eigentum am Auto
Das Konzept ist im Grunde nicht revolutionär. Auch die etablierten Autohersteller haben die Idee entdeckt. Daimler, BMW, Porsche, Cadillac und einige markenunabhängige Anbieter haben ähnliche Projekte gestartet und bieten das „Auto als Service“ per Flatrate an. Sie setzen aber weiterhin auf Händler und glauben noch nicht recht daran, dass sich Abo-Modelle allein rechnen können.Lynk & Co ist konsequenter. Im Frühjahr 2020 soll der Vertrieb europaweit starten. „Wenn wir in Amsterdam loslegen, werden wir auch online sein und online ist international.“ Wer sein Auto nach Barcelona oder Hamburg geliefert haben will, bekommt es. „Wir werden es vor die Tür liefern“, so Visser.
Laut Visser sind damit zwei „Shit-Factors“ eliminiert. Der Käufer muss nicht mehr zum Händler auf die grüne Wiese und er muss nicht wochen- oder gar monatelang auf sein Auto warten. Lynk & Co verspricht, innerhalb von ein oder zwei Tagen zu liefern.
Mangelnde Auswahl als Vorteil: Acht Varianten
Das soll zum einen durch den Verzicht auf Vertragshändler möglich werden. Außerdem reduziert Lynk & Co die Variantenvielfalt der Fahrzeuge drastisch. Nur acht Varianten soll es von einem Fahrzeug geben, alle Modelle kommen komplett ausgestattet zum Kunden. Ein Nachteil? Nicht für Visser. Er hat zu viel Auswahl als weiteren „Shit-Factor“ ausgemacht. „Wir werden Autos haben, die wie iPhones sind: Es ist Schwarz oder Silber und du wählst die Gigabytes.“ Preisverhandlungen sollen beim Lynk&Co-Modell ebenfalls wegfallen, genau wie Kosten und Ärger bei Service und Wartung. Es gibt für die Autos eine feste Monatsrate, die alle Nebenkosten abdeckt.Der letzte „Shit-Factor“, der bei Lynk & Co wegfällt, ändert das Verhältnis zum Auto am meisten: „Wenn man sich heute für ein Auto entscheidet, entscheidet man für 12, 24 oder 36 Monate. Bei uns entscheidest du dich nur für einen Monat“, sagt Visser. Das Modell sei noch nicht final, doch das Abo für einen Monat soll der kürzeste Zeitraum ein. Innerhalb von 12 Monaten sollen vier Autowechsel möglich sein.
Aktuell dürfte für die Kunden noch kein Wunsch nach mehr aufkommen. Lynk & Co hat bislang drei Modelle vorgestellt. Für Europa sind die Modelle 01 und 02 gesetzt, die beide auf der Volvo-Plattform für Kompaktwagen basieren (CMA), die unter dem Volvo XC40 steckt. Äußerlich und auch im Innenraum unterscheiden die Modelle sich stark vom XC40. Die Motoren werden jedoch vom Bruder stammen. Beide werden im belgischen Gent gebaut. Zunächst dürfte es einen Benziner geben, später eine Hybridversion. Ende 2020 soll eine rein elektrische Version folgen.
10 bis 15 Prozent Kostenersparnis ohne Händler
Bei Lynk & Co ist man sich darüber im Klaren, dass das Abo-Modell Probleme mit sich bringt. Da die Autos im Eigentum des Herstellers bleiben, kann das Unternehmen auf weniger liquide Mittel zurückgreifen. Dafür kalkuliert die Marke aber mit Kosteneinsparungen in Höhe von 10 bis 15 Prozent, weil auf Händler verzichtet wird. Und, so Visser „das ist das, was der Kunde will.“Weiteres Problem: Was tun mit den Autos, deren Abos ausgelaufen sind? Ohne Händlernetz wird es Lynk & Co schwerfallen, die Gebrauchtwagen loszuwerden. Doch das will Visser gar nicht. Nach einem ersten Abo-Leben, das etwa zwei Jahre oder 50.000 Kilometer dauern könnte, soll es ein zweites geben. Lynk & Co will die Fahrzeuge dann zu einem reduzierten Preis erneut vermieten. „Dann wird es einen dritten Abonnement-Zyklus geben und dann Abwracken und Recycling.“
Mehr Flexibilität beim Auto-Abo
Lynk & Co ist nicht die einzige neue Automarke, die mit großen Ankündigungen Furore macht. Aktuell kommen vor allem aus China quasi im Monatstakt neue Spieler aufs Feld. Viele davon dürften genauso schnell wieder gehen. Lynk & Co könnte sich durchsetzen, denn mit dem chinesischen Geely-Konzern steckt ein potenter und erprobter Geldgeber dahinter.Der Geely-Eigner Li Shufu hat schon mit dem Kauf von Volvo einen guten Riecher beweisen. Der Gesamtkonzern hat 2017 seinen Gewinn auf 1,7 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt. In China läuft der Verkauf von SUvs prächtig. Kürzlich hat Li Shufu sich still und leise bei Daimler eingekauft und ist nun größter Einzelaktionär des Konzerns. Daimler-Chef Dieter Zetsche hat bereits angedeutet, dass man für Kooperationen offen ist.
An Geld und Ideen dürfte es Lynk & Co also nicht mangeln, Volvo als Technikspender genießt nicht nur in Europa einen guten Ruf. Und dass Kunden mehr Flexibilität begrüßen könnten, gilt als ausgemacht. Die Schwestermarke Volvo hat eben deshalb in Aussicht gestellt, ihr eigenes Modell der Langzeitmiete „Care by Volvo“ eventuell auf kürzere Zeiträume ausdehnen zu wollen.
*****
In eigener Sache: Wir verschicken unsere besten News einmal am Tag (Montag bis Freitag) über Whatsapp und Insta. Klingt gut? Dann lies hier, wie Du Dich anmelden kannst. Es dauert nur 2 Minuten.
Quelle: motoring.com.au
Das Konzept ist nicht uninteressant und könnte den Automobilmarkt gehörig durcheinander würfeln.
Chinesische Autos aus Belgien, das wird jetzt das Weltbild vieler wieder ins Wanken bringen 😊
> Das Modell sei noch nicht final, doch das Abo für einen Monat soll der kürzeste Zeitraum ein.
> Innerhalb von 12 Monaten sollen vier Autowechsel möglich sein.
hmmm ... und wie geht man dann z.B. mit "Gebrauchsspuren" um ...
Wenn der eine Kunde z.B. einen stark haarenden Hund hat? Der nächste Kettenraucher ist? usw. ...
und was heißt
> alle Modelle kommen komplett ausgestattet zum Kunden.
? ? ? ? ? ? ? ?
Es steht und fällt mit dem Preis. Hohe Raten mag sich nicht jeder ans Bein binden, selbst wenn die Kosten bei einem herkömmlichen Besitz des Autos genau so hoch sind.
Mich würde interessieren, wie Service & Reparaturen abgewickelt werden, wenn es keine Händler gibt. In Fremdwerkstätten??? Oder bei ATU??? 😉
Wird das Auto dann auch vor meine Haustüre abgeholt und wieder gebracht, wenn ich z.B. einen kleinen Parkschaden reparieren lassen oder auf Winterreifen wechseln will?
Da bin ich ja mal gespannt, stelle mir die Umsetzung dieses Geschäftsmodells extrem schwierig vor.
10-15% Kostenersparnis durch fehlende Händler schön und gut.
Dennoch wird die "Miete" bei der gegebenen Flexibilität doch wohl höher sein als eine "normale" Finanzierung?
Und wenn es keine Händler gibt.. zu wem geht man, wenn das Auto Probleme macht? Muss man erst 2 Tage warten, bis das Auto abgeholt wird?
Und wie darf man sich das mit den Lebenszyklen vorstellen? Bei max. 150.000km wird das Auto verschrottet? Also wird weiter über CO2- und NOx-Emissionen gestritten, und gleichzeitig halten die Autos immer kürzer, womit die Herstellungs-Emissionen mehr ins Gewicht fallen?
Fragen über Fragen...
4 Autowechsel innerhalb von 12 Monaten.
Dann entfallen ggf. langwierige Überlegungen beim Autokauf: "doch lieber den Diesel-Kombi wegen der Kinder und Urlaubsreisen? Aber eigentlich fahr ich ja meistens nur Kurzstrecke zur Arbeit. Und wenn ich den Arbeitsplatz kurzfristig wechslen muss? Wie wahrscheinlich ist dies und jenes...?"
Dann wechselt man einmal im Sommer oder zweimal im Jahr wenn eine geplante (!) längere Urlaubsfahrt ansteht und ist ansonsten mitm Kleinwagen unterwegs. Zum Beispiel. Da gibt es sicher noch andere use cases.
Gruß,
Zorken
Also so eine Art "Schneiders Lesezirkel" für Autos? Die Idee ist interessant, aber ob sich das durchsetzten wird? Und wird so ein Auto-Abo auch finaniell interessant? Die Preise sollten sich in etwas in der Größenordnung des "All-Inclusive-Leasing" bewegen, damit es sich für die Kunden rechnet.
Service wird bei Volvo gemacht werden, wobei die Frage ist, ob man das überhaupt selber machen muss. Dann wechselt man halt die Karre und die können sich drum kümmern.
Mal sehen, was das kosten soll. Find's aber schon hart, nach 150TKM die Autos zu verschrotten, da sind moderne Autos doch gerade erst eingefahren.
Shit Factor no.1: China auch noch in der Automobilbranche überhand gewinnen lassen und so die Europäische Wirtschaft bewusst schwächen.
Die sind bei Geely ja auch nicht doof, die wollen - natürlich! - Geld verdienen.
Teilen wir die heute üblichen Ausstattungslinien mal in drei Segmente auf:
a.) funktionell ausgestattete Modelle für wirtschaftlich denkende Kunden
b.) Modelle mit etwas Luxus für Kunden, die zeigen und nutzen möchten, was sie sich leisten können
c.) Fahrzeuge der Kategorie "volle Hütte"
a.) und c.) dürften zusammen kaum so viele Kunden/Fahrzeuge bedeuten wie b.) alleine. Bei b.) ist es aber so, dass einer den Luxus der Ausstattung A will und der andere unbedingt B braucht um glücklich zu sein. Das bedeutet, dass die Autos alle A und B haben müssen, damit das System funktioniert.
Die a.)-Kunden werden gar nicht erst bedient, die fallen von Anfang an raus. Die beim Vertrieb gesparten Summen müssen also in die Autos für die b.)-Kunden investiert werden, damit die tatsächlich mieten.
Letztlich kann so ein System nur im oberen Preissegment funktionieren. Weil es nur noch "volle Hütte" gibt, auch für die ehemaligen b.)-Kunden.
Ich fürchte das Vertriebsmodell wird ähnlich wie das Privatleasing für den Normalkunden nur eines sein: Zu teuer.
Gruß Michael
Man vergisst einen ganz wichtigen Faktor:
Der europäische Käufer.
Ich will bei diesen Summen das Produkt vorher in natura gesehen, gerochen, gefühlt,.... haben.
Und da bin ich sicherlich nicht alleine.
Mal sehen ob die Rechnung aufgeht.
Bin ja sehr gespannt, ob sich ein solches Modell in einem nennenswerten Umfang durchsetzen kann - wird auf jeden Fall ein interessanter „Versuch“ werden ...
Ein erstes Kriterium wird sicher die Kalkulation der „Miete“ sein und die Frage, wovon die (außer vom Zeitraum) noch abhängig sein wird (Fahrleistung?) ...
Im Grunde ist das ja dann so, wie ständig mit einem Mietwagen unterwegs zu sein - also irgendwie die „verschärfte“ Variante von Leasingfahrzeugen. Also sicher keinerlei Veränderungen an den Autos durch den Nutzer und wie es da mit einem bestimmten Nutzungsverhalten (Hunde?) aussieht, wird sicher auch noch abzuwarten sein ...
Eine Frage für mich ist auch, ob die Fahrzeuge dann immer (für 1 Monat?) am Wohnort des Nutzers angemeldet werden!?
Das Auto ist gut vernetzt. D.h. Service lässt sich einfach planen, da bekommst ne Nachricht "Nächsten Mittwoch holen wir den Wagen zwecks Service ab. Ersatzwagen wird zur Verfügung gestellt." Ggf. mit Möglichkeit zu verschieben, wenn es grad unpassend ist.
Bei technischen Problemen, wird das ähnlich laufen. Vieles wird wohl direkt gemonitored, d.h. Lynk wird schon sehen, ob das Auto ein Problem hat. Für alle anderen Fälle einfach anrufen, Ersatzwagen wird vorbeigebracht (könnte auch ein Mietwagen sein, oder von anderen Partnern) und alles wird von Lynk gehändelt.
Eigentlich noch einfacher als privat. Denn da musst Du auch erst einen Termin mit der Garage machen, die können dann vielleicht nicht gleich sofort, dann warten, hinfahren, Ersatzwagen holen und wieder abholen. Eigentlich aufwändiger.
Wenn die Europäische (Auto)Wirtschaft halt schläft....
Ausserdem: die wollen Geld verdienen. Schwächen sie die Europäische Wirtschaft, haben wir tiefere Kaufkraft. Somit verkaufen sie weniger . Das wird kaum das Ziel sein. Die Chinesen haben das schon kapier.
Immer diese Anti-China Ängste.
Nicht sicher. Vielen jungen Leuten ist das völlig Schnuppe, die wollen einfach ein Auto, welches von A nach B fährt. Das möglichst günstig, ohne grosses Risiko und ohne grosse Investition (lieber Miete). Eigentlich ist das Konzept auf die neue Generation Auto"käufer" ausgelegt. Sehr weitsichtig von den Chinesen.