Blinkmuffel: Ärgerlicher Trend im Straßenverkehr
Wissen die nicht, was sie nicht tun?
Blinkmuffel nerven: Sie wechseln flink die Fahrspur oder biegen ab, ohne dies anzuzeigen. Faulheit, Absicht oder Unwissen? In jedem Fall ärgerlich, und oft gefährlich.
Von Ralf Schütze
München - Blinker nennt der Volksmund den „Fahrtrichtungsanzeiger“ am Auto. Die orangefarbene Leuchte ist ein wichtiges Kommunikationsmittel zwischen Verkehrsteilnehmern. Allerdings: Eine wachsende Zahl motorisierter Menschen meint offenbar, auf das Blinken teilweise oder ganz verzichten zu können. Diesen subjektiven Eindruck bestätigt Michael Hoffmann, Direktionsleiter bei der Polizei Hagen. Dort konzentrieren sich die Ordnungshüter schon länger auf die nervigen und oft gefährlichen Blinkmuffel. „Etwa jeder Vierte hält es nicht für nötig, zu blinken,“ sagt Hoffmann.
Das Nicht-Blinken beginnt relativ harmlos und wahrscheinlich unbewusst. Zum Beispiel, wenn Autofahrer auf einer reinen Abbiegespur ums Eck biegen, ohne dies vorher anzuzeigen. In diesem Fall können andere Verkehrsteilnehmer wenigstens die Absicht erahnen. Schlimmer dagegen: Wenn jemand auf seiner Spur auch geradeaus fahren dürfte, aber ohne zu blinken abbiegt. In diesem Fall kann es schnell krachen, denn andere Verkehrsteilnehmer schätzen die beabsichtigte Fahrtrichtung falsch ein. Unfälle sind vorprogrammiert.
Jochen Klima, Vorsitzender des baden-württembergischen Fahrlehrerverbands sieht die wahrscheinlichen Gründe fürs Nicht-Blinken so: „Manchmal liegt eine regelrechte Gleichgültigkeit vor.“ Viele Autofahrer würden in den entsprechenden Situationen offenbar denken: “Hauptsache, ich weiß, wohin ich will. Ist mir doch egal, was die anderen denken.“ Viele Verkehrsteilnehmer, so der Fahrlehrer, wollten offenbar nicht wahrhaben, dass sie mit ihrem Verhalten den Straßenverkehr behindern und sich und andere gefährden.
Das sei zwar keine wissenschaftliche Erkenntnis, aber naheliegend angesichts der frappierenden Häufigkeit des beobachteten Nicht-Blinkens. Laut Jochen Klima sei der Respekt vor Regelungen allgemein zurückgegangen. Damit sähen sich nicht nur Fahrlehrer, sondern auch andere Lehrer oder Ordnungshüter zunehmend konfrontiert.
Fahrschulen: Gelernt haben es alle
Ein genervter Autofahrer schrieb an die ADAC Motorwelt. Knut H. aus Würzburg „könnte durch die Decke gehen, wenn Autofahrer an der Kreuzung vor mir rechts abbiegen möchten, das aber nicht anzeigen. Ich ordne mich dahinter ein, will geradeaus fahren. Wird es grün, geht nichts voran, weil erstmal die Fußgänger Vorrang haben. Ich stehe dahinter und muss im dümmsten Fall eine Ampelphase länger warten, wäre aber auf der Spur links daneben ohne Probleme vorangekommen.“ Umso schlimmer für Knut H: Er befolge korrekt das Rechtsfahrgebot und hänge gerade deshalb hinter einem Autofahrer fest, der Blinken überflüssig finde.Sind die Fahrschulen schuld? Nein, schreibt die Motorwelt in dem separaten Bericht „Blinken? Fehlanzeige“. „Dabei haben es alle in der Fahrschule gelernt: Jeder Fahrtrichtungs- und Spurwechsel muss rechtzeitig und deutlich angekündigt werden.“ Dazu gehöre das Überholen, Abbiegen, Anfahren vom Straßenrand, Vorbeifahren an einem Hindernis und natürlich das richtige Blinken im Kreisverkehr.
Verbandslehrer Klima bestätigt das: Korrektes Blinken werde in der Fahrausbildung massiv geübt, allein schon deshalb, weil sonst niemand eine Chance habe, die Prüfung zu bestehen. Klima rät jedem Autofahrer zu einem lehrreichen Perspektivwechsel mit Hilfe der Fragestellung: „Wie fühle ich mich, wenn ich selbst am Kreisverkehr stehe und jemand biegt vor mir aus dem Kreisverkehr heraus ab, ohne geblinkt zu haben?“
Kein Unfall, kein Problem?
Im Kreisverkehr bedeutet Nicht-Blinken ein besonderes Ärgernis. Wartende Autos könnten längst in den Kreisverkehr einfahren, wenn Fahrzeuge im Kreis rechtzeitig blinken würden um anzuzeigen: Ich verlasse den Kreis gleich. Gleiches gilt für abknickende Vorfahrten. Typischer Fehler hier: Verkehrsteilnehmer setzen keinen Blinker, wenn sie der Vorfahrtsstraße folgend abbiegen.
Auch das kann zu folgenschweren Missverständnissen führen. Unachtsamkeit und Unwissen sieht ADAC-Verkehrspsychologin Nina Wahn als Ursache solcher Blink-Verstöße: „Zahlreiche Autofahrer vergessen das Blinken tatsächlich mit der Zeit.” Zunächst sei es eher Bequemlichkeit, die im Normalfall keine Konsequenzen habe. Schlussfolgerung: Kein Unfall, kein Problem. „Dann schleifen sich die schlechten Gewohnheiten mit der Zeit ein.“, sagt Nina Wahn. Dazu kommt: „Viele wissen in bestimmten Situationen gar nicht, dass geblinkt werden muss.”
Wenn die Polizei Hagen gezielt das richtige Blinken kontrolliert, zeigen sich aufgehaltene Blinkmuffel oft einsichtig. „Das Bußgeld zahlen die meisten anstandslos“, so Polizeioberrat Michael Hoffmann. Schließlich gebe niemand gerne zu, dass er die Verkehrsregeln nicht kenne. Manche Autofahrer hingegen bringen erschreckende „Argumente“ vor: „Was, deswegen halten Sie mich auf?“, fragte ein ertappter Blinkmuffel die Beamten.
Wer nicht blinkt, bekommt oft die Hauptschuld
Wer sich von 10 Euro Bußgeld (oder 30 Euro mit Gefährdung) nicht abschrecken lässt, sollte bedenken: Ein Unfall, der durch Blinkfaulheit verursacht wird, kann teuer werden. Der Münchener Verkehrsrechtsexperte Jost Henning Kärger erläutert: „Bei solchen Zusammenstößen trifft denjenigen, der nicht blinkt, meistens die Hauptschuld.“
Da jemand, der mit einem Falschblinker kollidiert, in bestimmten Fällen trotzdem bis zu 50 Prozent Mitschuld zugesprochen bekommen kann, rät Jost Kärger: „Autofahrer dürfen sich nicht blind auf ein Blinksignal verlassen. Im Zweifelsfall erst abwarten, was der andere wirklich macht.“
Der Hagener Polizei-Direktionsleiter Michael Hoffmann will fehlende Blinksignale weiterhin verfolgen. Die gezielt durchgeführten Kontrollen sollen auf Dauer helfen, die Zahl der damit verbundenen Unfälle zu reduzieren. Denn, so Hoffmanns Überzeugung: „Wir achten im Straßenverkehr zu wenig aufeinander.“
Video: State trooper makes PSA for ‘pretty incredible’ turn signal
In den USA landete Sgt. John Perrine, Sprecher der Indiana State Police, Anfang 2017 einen viralen Hit. In einem Video erläutert er die Funktionsweise der Blinkeranlage. "Was wenn ich Ihnen erzähle, dass es in jedem Auto als Standard ein Feature gibt, das nicht nur Unfälle vermeiden hilft, sondern auch ein wenig gegen Ärger auf der Straße hilft? Lassen Sie mich es Ihnen zeigen."
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Och ich spiel ganz gern mit den Blinkern rum. Mir macht das Spaß :-) Von daher werd ichs wohl nicht vergessen können. Wenn dann nur, weil mir nicht bewusst ist, dass ich in der Situation zu blinken hab.
Ich steh auf das "Tick Tick Tick Tick"
Das ist nicht nur ein subjektiver Eindruck, das ist auch objektiv mit Sicherheit so.
Ein Nachteil meines Mazda 3 ist allerdings anscheinend, dass die Blinker von anderen Verkehrsteilnehmern, die an einem Kreisel eintreffen, schlecht oder gar nicht wahrnehmbar sind.
Anders kann ich deren Anfahren erst nach meinem Verlassen des Kreisel nicht erklären.
Autofahren ist heutzutage Nebensache. Handy, Zeitung und Schminken ist wichtiger.
Gruss
Jürgen
Wo bleibt der Blinkassistent, kann seine Daten aus dem Navi und Spurhalteassi ziehen .... ist doch sowas von 90er per Handbewegung das Blinken auszulösen....😆
Na ja, solangsam grassiert dieses Laufblinken (dynamischer Blinker - Fachausdruck😆) im ganzen VAG Konzern, da ist es besser die Fahrer lassen die Kirmes aus, meine Meinung...😜
Trend ist auch das bei einer Linksabbiegerspur der auf der rechts daneben liegenden Spur für geradeaus auch noch schnell links abbiegt.... und somit der erste ist beim Linksabbiegen...🙄
beim Überholen mit dem Motorrad setze ich auch keinen Blinker. Das dauert länger als der ganze Überholvorgang 😆
Das muss viel! Öfter und überall kontrolliert werden. Blinkmuffel sind egoistische, inkompetente Fahrer
Ganz einfach, steht auch im Text:
Da jemand, der mit einem Falschblinker kollidiert, in bestimmten Fällen trotzdem bis zu 50 Prozent Mitschuld zugesprochen bekommen kann, rät Jost Kärger: „Autofahrer dürfen sich nicht blind auf ein Blinksignal verlassen. Im Zweifelsfall erst abwarten, was der andere wirklich macht.“
Wenn ich mich auf das Blinksignal rein juristisch nicht verlassen kann (100%), dann warte ich lieber.
Das ist richtig, nur dann ist das Blinken in solchen Situationen letztlich überflüssig...
Dem stimme ich dir zu, leider wird das Ganze viel zu wenig bestraft !!!!!!!!!
Nö, weil man VOR und WÄHREND dem Vorgang blinkt und nicht erst wenn man schon am vorbeidrücken ist. So schnell überholen nicht mal Zweiräder.... 😉
Nein ist es nicht.
Schuld ist die Autoindustrie, wie kann sie nur von uns verlangen den Blick vom Smartphone abzuwenden!!!
Bringt endlich eine Blink App raus!
Ganz klar: Verstöße viel teurer machen (ab 100 Euro aufwärts) und stärker kontrollieren und sanktionieren.
Mir geht diese Gleichgültigkeit (manchmal auch Überforderung) ziemlich auf den Senkel.
Hier im Ort gibt's Kreuzungen wo locker jeder Dritte nicht blinkt.