Goodwood Revival: Zeitreise in die 1950er-Jahre
Wo dem Blech noch gehuldigt wird
Für uns war es die schönste Auto-Veranstaltung des Jahres, das Goodwood Revival. Dort treffen sich Oldtimer-Fans mit exklusiven Klassikern, um gegeneinander zu fahren.
Goodwood - Tür an Tür donnern die Ferrari-Sportwagen an der Ziellinie vorbei, bremsen kurz vor der Schikane leicht ab und zwängen sich durch die enge Rechtskurve. Ein Reifen kommt kurz aufs Gras, schleudert Dreck auf die anderen Autos und auf die Fahrbahn.
Die Kinrara Trophy des Goodwood Revivals ist vermutlich das exklusivste Autorennen der Welt. Am Start stehen die teuersten Sportwagen vor Baujahr 1963 der Welt: Aston Martin, Maserati, Austin Healey und AC Cobra. Dazu kommen zehn Ferrari 250 GT SWB und ein 250 GTO – ein Auto dieses Typs wurde Ende August für 48,4 Millionen Euro versteigert. Gemeinsam haben die Fahrzeuge einen Wert von über 800 Millionen Euro.
Doch deshalb tragen die Fahrer ihre Autos nicht um die Kurve. Schon beim Start rutscht ein Jaguar E-Type einem Ferrari ins Heck, ein Aston Martin DB4 fliegt in einer Kurve bei einem Positionskampf von der Strecke, dreht sich ein paarmal, bevor er auf dem Rasen zum Stehen kommt. Die Rennen dauern zwischen 20 und 60 Minuten, geschenkt wird den Fahrern nichts. "Es ist schön, diese seltenen und wertvollen Autos in richtiger Aktion zu sehen - dafür wurden die Rennwagen schließlich auch gebaut", sagt Frank Wilke, Oldtimer-Experte und Geschäftsführer von Classic Analytics, ein Unternehmen zur Marktbeobachtung und Bewertung von Oldtimern. Für ihn ist die Kinrara Trophy beim Goodwood Revival ein Pflichttermin im Jahr.Gefahren wird auf einem ehemaligen Militärflughafen
Seit 20 Jahren veranstaltet der heutige Duke of Richmond einmal jährlich das Rennen für historische Fahrzeuge im Süden Englands. Doch die Strecke ist viel älter. Den Goodwood Motor Circuit entwickelte der 9. Duke auf Richmond, besser bekannt als Freddie March. Aus einem alten Militärflughafen wurde eine Rennbahn. Rund um die Startbahn und den Taxi-Way baute March einen schnellen Rundkurs, im September 1948 senkte sich die erste Startflagge.
In den darauffolgenden Jahren saßen in Goodwood alle damaligen Spitzenfahrer hinterm Lenkrad, von Juan Manuel Fangio und Stirling Moss in den 1950er-Jahren bis zu Jim Clark und Graham Hill in den 1960er-Jahren. Im Sommer 1966 war Schluss, weil der Duke befürchtete, dass die aktuellen Rennwagen zu schnell für seine Strecke wurden.Freddie Marchs Enkel, vormals Lord March, heute der aktuelle Duke, restaurierte die 2,38 Meilen lange Strecke mit den sieben Kurven gründlich, fügte Sicherheitsstandards wie Auslaufzonen hinzu und eröffnete den Kurs im September 1998 wieder. Seitdem pilgern jedes Jahr rund 200.000 Besucher an einem Wochenende im September auf das Gelände von Goodwood House, dem Landsitz des Duke of Richmond. Gestartet wird in 15 Rennen in unterschiedlichen Klassen wie Sussex Trophy, Glover Trophy, Chichester Cup oder Freddie March Memorial Trophy. Piloten wie Derek Bell, Jochen Mass, Romain Dumas, Freddie Spencer, Steve Parris, Emanuele Pirro treten gegen Hobbyfahrer an, kämpfen gegen Startplätze und Sieg.
Der Schnellste gewinnt, nicht das schönste Fahrzeug
Sebastian Gutsch aus München fährt seit 2005 zum Goodwood Revival, im Transporter immer seine BMW R5 von 1937. "Goodwood ist das beste historische Rennen der Welt. Auf den tollen und schnellen Maschinen sitzen aktuelle Profis wie alte Hasen, die schenken sich auf der Strecke nichts", sagt der Rechtsanwalt aus München. Außerdem begeistert ihn der Hochgeschwindigkeitskurs: "Du musst von Anfang an den Speed halten, sonst verlierst du den Anschluss. Es ist halt ein echtes Rennen und keine lahme Gleichmäßigkeitsprüfung. Der Schnellste gewinnt hier, nicht das schönste Fahrzeug", sagt er.
So wetzt der zweimalige Superbike-Weltmeister Troy Corser mit einer 75 PS starken BMW R 57 Kompressor von 1928 mit über 210 km/h um die Strecke, jagt die anderen Maschinen wie Norton, Rudge, Matchless und Triumph. Beim Lauf am Sonntag gewinnt er souverän vor allen anderen.Abseits der Piste herrscht Zusammenhalt. Als die Norton des ehemaligen britischen Rennfahrers Jeremy McWilliams ihren Geist aufgibt und er nicht mit seinem zu jungen Ersatzmotorrad fahren darf, leiht ihm Gutschs Teamkollege Paul Schwab eine Ersatz-BMW-R57 – und das, obwohl McWilliams der schärfste Konkurrent in der Klasse ist. "Auch wenn es ein Rennen ist, es zählt auch die Show, schließlich ist es hier ein großer Spaß zu fahren", sagt Gutsch.
Eine Zeitreise in die 1950er-Jahre
Das Goodwood Revival ist ein stilvolles Klassiker-Event, bei dem historische Rennfahrzeuge unter Volllast zum Einsatz kommen. Der eigentliche Höhepunkt sind aber nicht die Rennen, sondern die Show auf dem Gelände drum herum.
Die meisten Besucher tragen zeitgemäße Kleidung wie Tweed, Knickerbocker und Schirmmützen. Frauen in Petticoats, Armeeanzügen oder Arbeiterhosen der 1950er-Jahre schlendern mit Freunden Hand in Hand über den Rasen.Schon früh am Morgen picknicken Familien und Cliquen auf dem Rasen, schauen sich die vorbeifahrenden Oldtimer oder Besucher an. Kinder können in historischen Tretautos um die Wette fahren, das finale Rennen zählt zum Rahmenprogramm – auf einem Teilstück der Rennstrecke. Shops und Essensstände in der Optik von vor 70 Jahren wirken wie eine Filmkulisse. Es ist eine Reise in vergangene Zeiten – als Verbrennungsmotoren noch als zukunftsträchtig und modern galten. In Goodwood wird dem Blech noch gehuldigt.
Motorengeknatter auch aus der Luft
Die Royal Air Force (RAF) parkt nicht nur historische Jagdflugzeuge vom Type Spitfire oder Hurricane auf dem Rasen, sondern lässt die Maschinen morgens auch im Formationsflug über die Rennstrecke knattern. Diese Liebe und der Stolz zum Militär und zur Kleidung funktioniert nur in England: Viele Besucher tragen historische Uniformen der RAF, ein paar stecken in Uniformen des Afrika Corps Rommels – inklusiver aller in Deutschland verbotenen Abzeichen.
Ein Freilichtkino zeigt Filmklassiker und das Versteigerungshaus Bonhams verkauft daneben ein paar wertvolle Oldtimer. Sponsoren wie BMW oder Porsche halten sich vornehm zurück, zeigen nur alte Fahrzeuge in im Stil der damaligen Zeit gestalteten Ausstellungsräumen – parkend und frisch poliert.Für Jason Yates die falsche Art, ein Auto zu zeigen. Der Fahrer des Ferrari 500 TRC von 1957 touchierte am Freitagnachmittag bei einem Rennen einen Reifenstapel, zerstörte sich die Front des rund acht Millionen teuren Sportwagens. Kein Grund, den Helm an den Nagel zu hängen – einen Tag später ging er mit dem provisorisch reparierten Auto auf die Strecke und gab wieder Vollgas.
Quelle: Fabian Hoberg
Cool - persönlich finde ich es schöner, als das Ganze Formel 1 - Ding.
Dem schließe ich mich an. Taugt für einen Familienausflug wohl auch mehr... 😜
Das ist die nächsten Jahre in der Planung. Sowohl zum Goodwood revival, als auch zum festival of speed. Die live-streams sind mittlerweile Pflicht jedes Jahr. Tolle Veranstaltungen mit Herz und Seele.
Das ist ein Ausschnitt von Troy Corsers Ritt... https://www.youtube.com/watch?v=yHNZaHcP3eg
da wird man(N) nicht satt beim, könnte mir so fahrzeuge stunden lang anschauen
+1
Danke, tolles Rennen.
Nicht nur die Autos sind eine Augenweide.
Toll. Leider konnte ich dort noch nicht hin. Aber der Bratzeltag in Speyer ist auch cool ... 😉
ist ab 2019 wegen zu hoher schadstoffwerte verboten
Hört bloß auf mit so einem Scheiß. Das Unken können die deutschen inzwischen nicht mehr vom Ernst unterscheiden...
Findet ganz normal Statt am 11. und 12. Mai.
War vor 3 Jahren da. Wirklich ein fantastisches event. Rennen sind spektakulär, aber das drum herum ist das eigentlich tolle.
Hotels sollte man sich in der Nähe suchen, da morgens ewig Staunauf den Landstrassen ist.
Ich war dieses Jahr auch wieder da (inkl.) Verkleidung und habe mit Troy sogar ein Bier getrunken.
Die Veranstaltung ist absolut empfehlenswert, insbesondere mit VIP-Zugang zu den Paddocks wo man sich die teuren Geschosse ganz aus der Nähe anschauen kann.
Motor-Talk mal wieder top aktuell. Die Veranstaltung fand schon im September statt.
hat sich ja bald erledigt. dann gibts keine artikel mit inhaltlichen und rechtschreibfehlern mehr, über die sich der geneigte nietenzähler hier aufregen kann.😉