Fri Jun 10 13:37:51 CEST 2022 | TDIBIKER | Kommentare (5) | Stichworte: Himalayan, Reiseenduro, Royal Enfield
Liebes Forum, wie ich hier schon oft geschrieben habe, ich fahre zu Pfingsten immer eine traditionelle Pfingsttour, und als Motortalker schreibe ich gern darüber. Aber 2021 wollte ich nicht berichten, sondern lieber vergessen. Das war das Corona Jahr. Wir sind trotzdem gefahren, aber nur in Deutschland, es hat viel geregnet, es war kalt, man konnte sich nirgends hinsetzen zum Aufwärmen, viele Campingplätze waren zu...Schwamm drüber!
Heute ist 2022, und da lassen wie es wieder richtig krachen! Ich fahre zunächst mit meiner alten RT 1100, Gudrun genannt, aus meiner südfranzösichen Heimat in westfälische Gefilde. Diesmal mit Etappe in Nancy. Das Wetter ist gut, die Gudrun hat 154 TKm auf der Uhr, rasselt und klappert, aber läuft wie eine junge. Wegen der Etappe fahre ich mehr Landstrasse als sonst, über Aurillac und Vichy durchs Zentralmassif, und erst bei Macon auf die Autobahn. Ich komme unter im Hotel Cerise in Nancy, wo ich gleich nette Aufnahme finde, denn ein Haufen Franzosen steht vor dem Eingang und trinkt Sekt und Pastis. Ich werde auch gleich von einem als Mädchen verkleidetem jungen Mann im rosa Mini mit Stöckelschuhen zum Mitsaufen eingeladen, der feiert gerade den Abschied vom Junggesellen Leben...aber das war mir dann doch zu exotisch, und ich lehne dankend ab
Am nächsten Morgen ist das Wetter eher durchwachsen, es hat auch ein bisschen geregnet, und ich fahre gen Luxemburg um dort zu tanken - wie man weiß, ist der Sprit dort so billig. Aber schon in Metz habe ich die orangefarbene Tank-Warnleuchte an, und dann wird es allerhöchste Zeit zum Tanken, bei der RT. Ich nehme also nur 3 Liter an Bord und warte auf den billigen Stoff in Wasserbillig. Herbe Enttäuschung! Der Sprit in Luxemburg ist diesmal teurer als in französischen Supermärkten!
Dann geht es durch die Eifel nach Köln und ins Ruhrgebiet. Die Rheinbrücke wird immer noch repariert, seit Jahren schon, und wie immer jede Mange Stau auf der A1. Zum Glück darf ich als Franzose mit Warnblinkanlage aber durch die Rettungsgasse fahren...*zwinker*.
So, das war die Anreise. Jetzt geht es aber richtig los, mit meinem alten Kompagnero Willem zunächst zu diesem See...und danach zu diesem. Wer deren Namen korrekt errät, bekommt einen Gummipunkt und darf eine Kommentar hinterlassen
Die ganze Truppe sammelt sich dann am Bodensee. Wir sind nur acht diesmal, aber wir fahren wie ein Dutzend
On the road. Mittlerweile fahren alle Reise Enduros. Nur ich meine brave dicke Gudrun.Perfekte Wiese in Italien. Nur die Anfahrt hat es in sich.
Durch Österreich und die Schweiz, und am Abend noch schnell nach Italien um dort billiger einzukaufen. Besonders Bier und Lambrusco frizzante. Mit den so bepackten Möpps wird dann wieder ein einsames Plätzchen gesucht, um klammheimlich zu zelten. Das wurde dann auch gefunden, aber der Weg dorthin ging durch riesige schlammige Pfützen - da kam die Gudrun arg ins Rutschen und mir brach der Schweiß aus...ein +300Kg Möpp auf schlammigen Waldpfaden ist kein Spaß, bei 30C°. Mit den Himalayans hingegen wäre es ein Jux. Nach einer angenehmen Nacht sammeln wir dann die leeren Flaschen und verlassen den Platz, wieder durch die Pfützen, mit schlammigen Stiefeln und an Spaziergängern vorbei, die die Natur und die frische Morgenluft genießen wollen. In Deutschland hätte das zumindest böse Blicke gegeben, in Italien nur ein Lächeln und "Bon giorno'. Hach , ich liebe Italien! Und in den morgendlichen Cappucino war ein Sahneherzchen gemalt...
Nach den wunderschön kurvigen Strecken im Piemont und ein bisschen ätzender Po Ebene wieder gefolgt von wunderschön kurvigen Strecken in Ligurien, schlagen wir endlich in Casanova Lerrone bei Enrica Perego auf, ihres Zeichens Enduro Champion, Reiseveranstalter und "chica loca". www.sudestraid.com Da gibt es erstmal für jeden ein grosses kaltes Bier und ein zärtlich Ablecken vom Riesenhund Blanco. Anel wartet gerade die Moppeds, die von der Piste zurück kommen. 9 Royal Enfield Himalayans, und ebenso viele Betas und Yamahas.
Blick von der Hotelterrasse. Ein Traum.Blanco, das liebe Tier
Am nächsten Morgen gibt Enrica die Enduro Klamotten raus: Vom Crosshelm über Brustpanzer, Ellbogen und Knieschoner, Hosen und Jacken, bis zu den Stiefeln. Während alle Kollegen sich umkleiden, kämpfe ich mit den verschiedenen Teilen, das ist mir alles zu dick und zu unbequem, die Ellbogenschoner kriege ich gar nicht über meine dicken Arme, die Stiefel Gr. 46 nicht zu, da lass ich's lieber und fahre mit meinem eigenen Zeug - nur Helm und Hose werden angezogen. Schliesslich ist heute Himalayan angesagt - 50% Strasse, 50% Piste, das wird ja so hart nicht werden... Dann kommt unser Guide, Roberto auf seine 800er MV Agusta Brutale angerauscht.. Der ist SM champion, Reiseführer und vor allem ein seriöser junger Mann mit dem Herz am rechten Fleck. Als ich zugebe, dass seine italienische MV Agusta hübscher ist als meine Z900 legt er mir die Hand auf die Schulter und sagt "Du darfst an meiner Schulter weinen" ...die kleine Ratte... Und dann geht es los. Ich suche mir die Olivgrüne Enfield aus, aber alle Farben sind vertreten.
Roberto, unser GuideMeine ist die "Military"
Ein Wort zu den Enfield Himalayans: Das sind gute moderne Nutzmotorräder, wie es sie im Westen kaum noch gibt. 400er Mono mit 24 PS, recht langen Federwegen, Gepäckträger, Euro 5 und ABS vorne.
https://www.royalenfield.com/.../Himalayan%20-%20Euro%205%20(Germany)%20Tech%20Sheet.pdf
Verbraucht nicht viel und ist sehr robust.
Ich war von den Himalayans im Gelände wirklich begeistert. Die gehen zuverlässig durch alles durch, die Sitzhöhe erlaubt es auch Kurzbeinern wie mir mal den Fuss zur Hilfe zu nehmen, das Fahren im Stehen ist sehr sicher, und der Sitz ist gerade breit genug um noch bequem zu sein. Die Motorabstimmung ist was die Franzosen "Poum-Poum" nennen, viel Schwungmasse, kaum abzuwürgen, genug Drehmoment - erstaunlich für einen recht kleinen Motor, und ab 4000 sogar richtig ruppiger Vordrang. Bei 7000 ist dann Schluss. Fazit: Genialer Motor fürs Gelände, auf den Pirelli Scorpions sehr easy und entspannt zu fahren, bei den Sprüngen zu kurzer Federweg der Gabel, die haut dann durch, und zum Glück gibt es den Motorschutz, denn im Steingarten war sie dann auch schnell mal mit dem Bauch am Boden (bei den Kollegen weniger als bei mir - 120 Kg ist auch 'ne Ansage). Fahrwerk top bis auf die billige Gabel. Habe mich mal lang gemacht, einen rutschigen Hang runter - nix passiert, sehr solide. Ein Wort zum Asphalt: Toll wie leicht sich das Môpp von einer Seite auf die andere legen lässt, und wie tief man auf den Pirelli Scorpions runter kommt. Einem SM Champions hinterher zu fahren, der die verwinkelten Ligurischen Passtrassen, ungefahr so breit wie ein deutscher Radweg, wie seine Westentasche kennt, ist keine so ganz leichte Übung. Aber es geht und macht einen Heidenspass! Roberto ist auch sehr rücksichtsvoll mit uns älteren Semestern...
Die Enfield ist genau das Fernreisemotorrad auf Nebenstrecken und im Gelände, evt. auch zu zweit wenn man jung und schlank ist, von dem man immer geträumt hat.
Roberto führt die Truppe. Wie man sieht sind auch 2 Zweitakter dabei.Gestiefelt und gesporntRast am Rand der PisteUnser Sektor. Zwischen Tende und Colle de Nava.
Ein Tag und eine Übernachtung mit Halbpension, Guide, Ausrüstung, Moto und Benzin kostet 185 Euro bei Enrica.
In Anbetracht der gebotenen Leistung mehr als korrekt. Und mit dem warmen Gefühl der Freundschaft. So, während sich die Kollegen noch auf den Betas und Yamahas tummeln, trete ich den langen Heimweg an. Meine Güte, fühlt sich meine alte Gudrun schwer und schwammig an, auf den Passtrassen in Ligurien. Jetzt wo ich die Himalayan gewöhnt bin...aber sobald ich auf der Autobahn in San Remo bin, tröste ich mich mit ihrem breiten bequemen Sitz....Sie hat jetzt exakt 156443 km auf der Uhr.
Anmerkung: Manche werden sich fragen, warum ich die Hardenduro Tour nicht mitgefahren bin. Meine Freunde waren da, Roberto der Guide echt super, die Moppeds sind toll - ewig lange Federwege, 100 Kg und 65 PS - aber bei solchen Exkursionen sind Stürze eigentlich die Regel, und da braucht man perfekt passendes Equipment, eine ausreichende Kondition (was bei mir leider nicht mehr gegeben ist - ich arbeite dran) und eine gute Selbsteinschätzung. In jüngeren Jahren bin ich bei solchen Touren mitgefahren, auf XR 400 und XR 250, hatte selbst lange eine XLR 350 und eine Endurostrecke vor dem Haus und weiss daher, dass man sich damit oft weh tut - selten schwer, aber je älter man wird, desto schlechter steckt man das weg. C'est la vie. Daher empfehle ich gerade für ältere Semester die Himalayan im Gelände - die ist sehr sicher, und macht auch bei etwas langsamerer Gangart einen Heidenspass. Man hält es länger darauf aus, kann auch länger im Sitzen fahren und kommt fast überall damit hin, wenn man nicht zu ehrgeizig ist. Und ihr grosses Plus - man kann damit Reisen, und jeder neue Reisetag bildet eine engere Beziehung zwischen Fahrer und Fahrzeug...so long, euer TDIBIKER.
PS: Ein bisschen enttäuscht, dass niemand auf die beiden Seen angesprungen ist - die Fotos waren jeweils von sehr bekannten Bikertreffs gemacht. Da wart ihr bestimmt schon mal... |
Sun Jun 12 19:54:49 CEST 2022 | Lewellyn
Das freut mich, dass ihr mal wieder eine tolle Tour hattet.
Und dann noch so enduristisch.
Die Himalayan bin ich ja auch mal kurz Probe gefahren, wär auch was für Rumänien, hätte aber dann doch auf einigen Straßen dort zu wenig Leistung. Da gibts schon geniale Heizerstrecken.
Aber Italien ist auch schön.
Mon Jun 13 08:42:03 CEST 2022 | TDIBIKER
Moin Lew, ja da hat man wieder an alte Zeiten angeknüpft, nach den COVID Jahren. Auch wenn der Sprit teuer ist - die Freude ist unbezahlbar, aber es gibt sie umsonst. Hoffe Rumänien war auch schön.
Was die Geschwindigkeit der Himalayan angeht: Da war absolut kein Stück Strasse gerade genug um die mal auszufahren, nicht mal annähernd, und im Gelände schon gar nicht. Ich nehme an, die wird so 120 Km/h gehen.
Da wo's Spass macht, reicht das lang und begrenzt den Schaden, wenn's mal schief geht. Sitzhöhe ist 800 mm, das könnte knapp werden bei Dir, mit dem Kniewinkel, auf langen Strecken.
Mon Jun 13 13:07:08 CEST 2022 | Lewellyn
Wir sind ja Donnerstag schon wieder in Rumänien. Elsa reparieren. Anschließend kleine Runde in die Karpaten, Sonntag wieder zurück. Quickie...
Ich weiß ja nicht, wieviel Zeit Du so über hast, wir fahren im August auf den "neuen" F650ern nach Rumänien, tauschen da die Moppeds aus und dann mit Elsa und Co. wieder zurück.
Wenn Du viel Zeit hast, wird ne interessante Runde...Polen(ganz kurz)-Tschechien-Slowakei-Ungarn(ganz kurz)-Rumänien-Serbien-Bosnien(evtl.)-Kroatien-Slowenien-Italien-Österreich-Deutschland
Mon Jun 13 14:24:25 CEST 2022 | TDIBIKER
Wow! Wie lange wollt ihr fahren? Klingt nach etwa 2 Wochen...
Mon Jun 13 14:59:00 CEST 2022 | Lewellyn
2 Wochen ist der grobe Plan. Donnerstags los, damit man das WE am Ende zur Not noch dranhängen kann.
Deine Antwort auf "Die Himalayan in den Alpi del Mare"