Sechs Liter Hubraum, analoge Uhren und ein Tweed-Verdeck: Bentley öffnet das Dach des neuen Continental. Alles zum neuen Cabrio nach alter Schule.
Crewe – Bentley balanciert auf einem Widerspruch. Kunden schätzen die Briten für Prunk und Tradition. Sie bestehen auf schwerem Leder, feinem Holz und großen Verbrennern. Gleichzeitig will und muss Bentley aber modern, digital und zeitgemäß sein. Der Continental wagt diesen Spagat. Als Coupé ist er bereits auf dem Markt, jetzt folgt das Cabriolet. Mit gleichem Antrieb, gleichem Design und eigenen Problemen: Ein Stoffdach gehört zum guten Ton. Dieser Ton darf aber nicht zu laut werden, sonst schimpfen die Kunden. Bentley Continental Convertible: Tweed-VerdeckQuelle: Bentley Eine neue Kapuze soll diesem Anspruch gerecht werden. So richtig laut war es in den vergangenen Jahrzehnten nie in einem (serienmäßigen) Continental GTC. Der Fortschritt muss aber noch mehr Ruhe mitbringen. Bentley meldet Erfolg: Um drei Dezibel habe man Geräusche „bei normaler Reisegeschwindigkeit“ reduzieren können. Damit sei das neue Continental Cabrio innen so leise wie sein Vorgänger mit Blechdach, erklärt der Hersteller. Und außerdem viel individueller: Sieben Farben lassen sich für die Außenhaut wählen, darunter eine Tweed-Variante. Innen stehen sogar acht Farben zur Wahl, unter anderem geprägtes Leder. In allen Varianten öffnet und schließt das Verdeck in 19 Sekunden. Das funktioniert bei einem Tempo von bis zu 50 km/h. Damit den Herrschaften im Auto nicht kalt wird, installiert Bentley Heizungen in Sitzen, Armlehnen sowie Lenkrad und einen Nackenfön. Man könne zu jeder Jahreszeit offen fahren, stellt der Hersteller fest. Damit das auch Spaß macht, versteifen die Ingenieure die Karosserie. Ohne Dach fehlt Stabilität – die muss auf anderem Wege ins Chassis. Bentley senkt das Gewicht der Rohkarosserie gegenüber dem Vorgänger um 20 Prozent (bei besserer Steifigkeit). Trotzdem sammelt sich eine Menge Speck an: Der Continental GT Convertible wiegt 2.414 Kilogramm – 170 Kilo mehr als das aktuelle Coupé. Neues Chassis und ein W12-BenzinerQuelle: Bentley Abgesehen vom modifizierten Chassis und dem fehlenden Dach unterscheiden sich Continental GT und Continental GT Convertible nicht. Beide Autos basieren auf dem modularen Standardbaukasten („MSB“), den Bentley und Porsche gemeinsam entwickelten. Zuffenhausen stellt den Panamera auf dieses Chassis, Crewe die beiden Zweitürer. Der Vorteil gegenüber der alten Architektur („MLB“): Die Vorderachse rutscht ein ordentliches Stück nach vorn. Trotz eines gigantischen Antriebsklotzes gelingt eine ordentliche Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterwagen. Mit Passagieren und Gepäck werden die Achsen annähernd gleich stark belastet. Unter der Haube arbeitet bei Bentleys GTs ein 6,0-Liter-Zwölfzylinder in W-Bauweise. Er schickt 635 PS und 900 Newtonmeter Drehmoment über ein Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe an alle vier Räder. Je nach Fahrmodus verteilt sich die Kraft teilweise bis stark nach hinten. Untersteuern soll Conti nicht mehr. Dem Vorgänger ließ sich diese Eigenart nur schwer abgewöhnen. Mit etwas mehr Speck im Chassis stürmt das Continental Cabrio kaum langsamer als das Coupé. Bentley notiert 3,8 Sekunden für den Sprint auf Tempo 100. Die Variante mit Blechdach schafft das nur eine Zehntelsekunde schneller. Beide Varianten rennen Tempo 333. Den Verbrauch für das Convertible gibt Bentley mit 14 Litern pro 100 Kilometer im WLTP-Zyklus an. Display, Uhren oder FurnierQuelle: Bentley Die größte Spreizung zwischen alter und neuer Welt findet sich beim Conti im Innenraum. Wer keine Lust auf das 12,3-Zoll-Touchdisplay hat, kann es per Knopfdruck verschwinden lassen. Dann dreht sich das komplette Element. Je nach Vorlieben blickt der Fahrer dann auf edles Holzfurnier oder auf drei analoge Instrumente: eine Uhr, ein Thermometer und einen Kompass. Der Tacho arbeitet im neuen Continental immer digital. Serienmäßig verteilt Bentley zehn Lautsprecher mit 650 Watt Leistung im Innenraum. Gegen Aufpreis kommen Soundsysteme von Bang & Olufsen oder Naim zum Einsatz. Drum herum verarbeitet Bentley viele Quadratmeter Leder und Furnier. Besonders stolz sind die Briten auf die Möglichkeiten zur Individualisierung. Neben den Optionen für das Stoffdach stehen 17 Lackfarben im Programm, 15 Teppiche, 8 Furniere und 15 Lederoptionen. Die Aufpreisliste umfasst 70 weitere Lacke. Das optionale „Mulliner Paket“ bringt spezielle Steppungen, Prägungen und einen „Schmucktankdeckel“ mit. Assistenten und zukünftige Motoren im Continental GT CabrioQuelle: Bentley Analog zum Coupé fährt das Continental Cabrio mit einem adaptiven Dreikammer-Luftfahrwerk, einer elektrischen Servolenkung und einer elektromechanischen Wankstabilisierung. Letztere verspannt die Stabilisatoren entgegen der Kurvenrichtung und hält die Karosserie gerade. Eine Stahlbremsanlage mit 420er sowie 380er Scheiben und Zehn- bzw. Vierkolbensätteln fängt die Leistung des Autos wieder ein.
Zwei Assistenzpakete konzentrieren sich auf die Stadt („City“: Fußgängerwarnsystem, Verkehrszeichenerkennung, Parkhilfe mit Vogelperspektive, per Sensor öffnende Heckklappe) oder die Langstrecke („Touring“: Adaptiver Tempomat, Spurhalte-Assistent, Head-up-Display, Nachtsichtassistent, Bremsassistent). Langfristig plant Bentley weitere Motoren. Ein V8 ist angedacht, außerdem ein Plug-in-Hybrid. Eine Keramik-Bremsanlage ist bisher nicht angekündigt. Der Preis für das Continental GT Convertible liegt bei mindestens 228.480 Euro. Damit kostet er rund 26.000 Euro mehr als das Coupé. Bentley Continental GT Convertible: Technische Daten
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