Der neue Audi A8 holt nach, was der alte verpasste: Die Limousine fährt technisch ganz nach vorn. Aber erst in einem Jahr, denn die wichtigsten Extras brauchen noch Zeit.
Valencia – Chapeau, Audi! Aus all den Ankündigungen und Studien wird endlich ein Auto. Vielleicht nicht so ein aufregendes wie all die Konzepte es waren. Dafür aber technisch ganz weit vorn. Mit genialem Fahrwerk, 48-Volt-Bordnetz, Level-3-Autonomie und ausschließlich Hybriden in der Motorenliste. Das einzige Problem: Was den A8 einzigartig macht, hängt noch im Zertifizierungsprozess fest. So ist das eben, wenn man Vorreiter sein will und nichts vom Vorgänger übernimmt. Zum Marktstart kommen zwei, drei Varianten, der Rest folgt später. Im Falle des A8 bedeutet das: Große Motoren, wichtige Fahrwerksfunktionen und der autonome Staupilot sind erst ab 2018 verfügbar. Zum Teil erst im zweiten Halbjahr. Wir haben sie trotzdem schon ausprobiert. Audi A8: Neuer Innenraum mit Touch-BedienungQuelle: Audi Zunächst aber zur Basis. Der A8 startet mit einem komplett neuen Innenraum. Das alte Bedienkonzept landet im Archiv – das Ende für den Dreh-Drück-Regler nach 15 Jahren. Audi setzt jetzt auf Berührungen. Ein großes Display (10,1 Zoll) zeigt die Hauptfunktionen – Navi, Musik, Kontakte, TV, Parkhilfen. Ein kleines darunter (8,6 Zoll) verwaltet die Klimatisierung und erkennt Eingaben per Handschrift. Das System entziffert ganze Worte, selbst mit Sauklaue auf Kopfsteinpflaster: Beim Schreiben liegt der Handballen ruhig auf dem Automatik-Wählhebel. Die Suchfunktion ordnet erkannte Buchstaben klug ein und schlägt die richtigen Optionen vor. Allerdings: Manchmal deuten die Sensoren Wischbewegungen als Bestätigung. Gewöhnungssache. Alle Touchflächen melden sich bei der Eingabe akustisch und haptisch zurück. Audi pflastert das ganze Cockpit mit digitalen Bedienfeldern. Drum herum gibt es viel Klavierlack, feine Hölzer und weiches Leder. Oberklasse eben. Was an Knöpfen übrig blieb, klickt angenehm fest. Schade: Wo man nur berührt, bleiben Fingerabdrücke – trotz einer speziellen Beschichtung, die das verhindern soll. Alle Motoren werden HybrideQuelle: Audi Ebenfalls ab sofort in Serie: Audi macht aus jedem A8 einen Hybrid. Ein Plug-in (Audi A8 60 L E-Tron) startet in einigen Monaten. Alle anderen Verbrenner bekommen einen sogenannten Riemen-Starter-Generator. Einen Elektromotor, der die Kurbelwelle antreibt oder die Batterie lädt. Man spricht von einem Mild-Hybrid. Bedeutet: Dem Generator fehlt die Kraft, das ganze Auto zu bewegen. Aber er kann den Verbrenner besonders schnell anlassen. Deshalb hält der seine Kolben oft still. Zwischen 160 und 50 km/h sowie unterhalb von 22 km/h stellt der A8 beim Rollen seinen Motor ab. Gibt der Fahrer wieder Gas, macht der Verbrenner weiter. Das funktioniert blitzschnell und fast ohne Ruckeln. Audi will damit einen Dreiviertelliter Sprit pro 100 Kilometer sparen. Auf unserer Testfahrt stoppte der A8 seinen Verbrenner tatsächlich häufig. Lange vor jeder Ampel und beim Ausrollen auf der Autobahn herrscht Ruhe im Motorraum. Das Getriebe trennt sich dann vom Motor, um keinen Schwung an die Reibung zu verschenken. Davon merkt man nur etwas, wenn man den Drehzahlmesser ganz genau beobachtet. Und weil der Motor schön flott wieder anspringt, nervt es nicht. Diese Technik kommt bereits in zwei Jahren in der Kompaktklasse an. Voraussetzung für dieses System ist eine starke Stromversorgung. Audi rüstet jeden A8 deshalb mit 48 Volt aus. Steuergeräte, Anzeigen und Komfort-Funktionen arbeiten mit einem zusätzlichen 12-Volt-Bordnetz. Starter-Generator und das optionale „AI-Aktivfahrwerk“ (ab 2018) nutzen die hohe Spannung. „AI-Aktivfahrwerk“: Mehr Komfort durch ElektromotorenQuelle: Audi Mit dem serienmäßigen Luftfahrwerk fährt der A8 ordentlich. Komfortabel, sanft und flüsterleise, etwas straffer als die Konkurrenz – aber er setzt sich nicht ab. Das klappt erst mit vielen Elektromotoren im Chassis: Das Aktivfahrwerk umfasst einen elektromechanisch betätigten Stabilisator pro Rad. Der verspannt die Aufhängung entgegen der Karosseriebewegung. Durch die eigene Ansteuerung hält sich der A8 in Kurven absolut gerade. Hinzu kommt pro Rad eine zusätzliche elektromechanische Höhenregulierung. Sie kann die Karosserie um bis zu sechs Zentimeter anheben. Das dient als Einstiegshilfe, in Kombination mit einer Kamera außerdem als Ausgleich für Straßenschäden – ähnlich wie bei der „Magic Body Control“ von Mercedes. Audi verspricht, dass der Ausgleich bei allen Sichtverhältnissen funktioniert. Die wohl wichtigste Funktion des Fahrwerks: Droht ein Seitenaufprall, hebt sich das Auto auf der gefährdeten Seite innerhalb einer halben Sekunde auf das Maximum an. Die Energie wirkt dann nicht auf die Tür (und damit auf einen Passagier), sondern auf Schweller und Bodenplatte. Hier ist das Auto am stabilsten. Optional kombiniert Audi die Fahrwerke mit einer Allradlenkung. Sie schlägt die Hinterräder mit zu fünf Grad ein und korrigiert den Winkel an der Vorderachse passend. Der A8 lenkt dann direkter und lässt sich einfacher rangieren. Bei flotter Fahrt fühlt er sich kompakter und leichter an. Seine mindestens zwei Tonnen Leergewicht wuchtet er so ganz locker ums Eck. Assistenten: Einige witzig, viele fortschrittlichQuelle: Audi Insgesamt bietet Audi 41 Assistenzsysteme im neuen A8 an. Manche klingen banal bis witzig, sind aber nützlich: Matrix-LED-Leselampen lassen sich punktgenau einstellen und leuchten exakt auf das Buch. Das lenkt den Fahrer weniger ab. Ein Radbolzen-Assistent registriert über Daten der ABS-Sensoren, wenn die Räder nicht festgeschraubt sind. Und ein Radfahrer-Engel bemerkt nach dem Parken flotte Radler im toten Winkel. Er verzögert dann die Türöffnung um 0,8 Sekunden – genug, um sie passieren zu lassen. Das interessanteste Assistenzsystem wird der Staupilot. Bis Tempo 60 fährt der A8 auf Autobahnen in zähfließendem Verkehr völlig autonom. Der Fahrer kann sich ablenken, darf fernsehen oder E-Mails checken. Muss er wieder handeln, warnt das System zehn Sekunden vorher. Hierfür fehlt noch die rechtliche Grundlage. Wie dieses Extra genau funktioniert, haben wir bereits getestet. Audi rechnet in der zweiten Jahreshälfte 2018 mit dem Marktstart. Sechs Zylinder zum Start, V8- und W12-Motoren folgenWenn der A8 ab November 2017 ab 90.600 Euro beim Händler steht, gibt es zunächst nur zwei Motoren: Einen V6-Diesel mit 286 PS (A8 50 TDI) und einen V6-Benziner mit 340 PS (A8 55 TFSI). Der Selbstzünder benimmt sich, erreicht aber lange nicht die Laufruhe und Spontaneität des Benziners. Kräftig genug sind beide. Mit der Masse des A8 haben sie keine Probleme. Quelle: Audi Beim Verbrauch liegt der Diesel weit vorn: In und um Valencia errechnete der Bordcomputer einen Verbrauch von 6,8 Litern pro 100 Kilometer. Bei gleicher Fahrweise und Strecke spritzte der Benziner drei Liter mehr ein. Allradantrieb und eine Achtgang-Automatik gibt es im A8 serienmäßig. Langfristig folgen ein V8-Diesel (435 PS), ein V8-Benziner (460 PS), ein W12-Benziner (585 PS) und ein Plug-in-Hybrid (449 PS Systemleistung). FazitMit der neuen Generation A8 holt Audi auf, was beim Vorgänger fehlte. Er startet mit guten Ideen und toller Technik. Viele Details sind schön gelöst, der Komfort überzeugt auf allen Plätzen und in beiden Radständen. Fahrwerk und Staupilot verschaffen ihm langfristig einen Vorsprung, ja, durch Technik. Wenn sie denn lieferbar sein werden. Nur ein rein elektrischer Antrieb fehlt bisher vollständig. Den will Audi in anderen Autos realisieren. Der A8 behält seine Verbrenner. Audi A8 D5: Technische Daten
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