Der Diesel hat es schwer, der Diesel-Plug-in ist trotzdem zurück. Mercedes legt eine neue Generation Hybrid-Modelle mit Stecker auf. Der Mercedes E 300 de im ersten Test.
Stuttgart – Stuttgart und der Plug-in-Hybrid? Das passt zusammen. Die Stadt am Neckar bietet viele Ampeln, die natürlich ständig rot sind. Unmengen von Blitzern, die einen strikt ins Tempolimit zwingen. Dichter Verkehr, viel Stop-and-go. Schade nur, dass der Benz die Blitzer noch nicht in seine Rekuperationsstrategie einbindet, indem er stets kurz vor dem nächsten Starenkasten exakt aufs Tempolimit verlangsamt. Den Rest kann er schon ziemlich gut. Wenn der Vordermann bremst, bremst auch der Mercedes E 300 de. Läuft es, lässt auch der Daimler es laufen und geht in den Segelmodus. Vor Kurven, Kreisverkehren und Kreuzungen verlangsamt er. Genauso, wenn das Tempolimit sich verringert. So kann man lange Strecken bewältigen, ohne das Bremspedal treten zu müssen. Einfach vom Gas gehen – oder leicht aufs Gas treten – den Rest erledigt die E-Klasse. Mercedes E 300 de im Test: Rekuperation je nach VerkehrDer Plug-in-Hybrid macht das alles nicht aus Komfortgründen, sondern für die Effizienz. Beim Bremsen rekuperiert der Plug-in-Hybrid und speist Energie in den Akku im Kofferraumboden. Mal mehr, mal weniger, je nachdem, ob er dem Vordermann zu nah kommt, die nächste Kreuzung ansteht oder ob er freie Bahn hat. Genauso „rekuperiert“ er sich in der 30er-Zone aufs Tempolimit runter. So optimiert er die Reichweite, ohne dass man sich als Fahrer allzu viel Gedanken machen müsste. Mehr als 50 Kilometer Reichweite lassen sich so rein elektrisch herausfahren. Das genügt im neuen, strengen WLTP-Verbrauchszyklus für einen CO2-Ausstoß von weniger als 50 Gramm laut Norm. Das ist wichtig. Sonst bekommen Plug-in-Hybrid-Käufer nicht die 1.500 Euro Unterstützung vom Staat beim Kauf eines solchen Autos. Der Hersteller legt noch 1.500 Euro drauf. Mit den neuen Plug-in-Hybriden, die Mercedes jetzt vorstellt, klappt das wieder. Die aufladbare Batterie hat in Diesel und Benziner eine Kapazität von 13,5 kWh, der Vorgänger E 350 e hatte nicht mal halb so viel. Die Batterie steckt unter dem Kofferraumboden und verringert so das Gepäckvolumen. In der Limousine bleiben 370 Liter, beim T-Modell 480 Liter. Die Ladeklappe für den Stecker sitzt hinten rechts zwischen Stoßstange und Rücklicht, Quelle: Daimler Im Vergleich zum Plug-in der Vorgängergeneration, dem E 350 e, hat der Akku sogar ein bisschen weniger Volumen. Das Gewicht blieb trotz der höheren Energiedichte bei ungefähr 120 Kilo. Mercedes setzt die gleichen Elemente in den Benzin- und Diesel-Plug-in-Hybriden ein. Der E-Motor kommt auf 90 kW (122 PS) und sitzt in der Getriebeglocke. Die Neungang-Automatik verteilt die Kraft an die Hinterräder. Plug-in-Hybrid mit 9-Gang-Automatik: E 300 deDas macht sie gewohnt souverän. Sie schaltet nicht immer so sanft wie im reinen Verbrenner, doch die Situationen, wo man einen leichten Ruck spürt, sind selten (etwa beim Anfahren nach einem sehr kurzen Stopp). OM 654, der Motor, der im Diesel-Plug-in mit der E-Maschine gekoppelt wird, schaltet sich stets sanft zu und brummt dabei dieseltypisch. Wer ihn nicht zu sehr fordert, wird nicht davon gestört. 194 PS leistet der 2,0-Liter-Vierzylinder, das Drehmoment von 400 Newtonmetern liegt zwischen 1.600 und 2.800 Touren an. Insgesamt stehen 700 Newtonmeter bereit, die Systemleistung liegt bei 306 PS. Am besten lässt man den Plug-in im Hybrid-Modus vor sich hinarbeiten. Das System entscheidet dann selbst, wann Verbrenner und wann E-Motor arbeiten. Etwa 10 Prozent Reserve lässt es stets im Akku. So fährt die E-Klasse auch noch elektrisch an, wenn der Strom quasi alle ist. Für die Innenstadt und die lange Reise: Diesel-Plug-inEs gibt noch weitere Modi, die über eine Batterietaste auf dem Mitteltunnel ausgewählt werden. E-Save, um den Akkustand zu halten, Charge, um die Batterie zu laden und natürlich einen E-Modus für die rein elektrische Fahrt. Für kurze Strecken vor allem in Innenstädten unverzichtbar. So lassen sich sämtliche lokale Emissionen vermeiden. Auch deshalb vertragen sich Stuttgart mit seinen Stickoxid-Problemen und der Plug-in-Hybrid so gut. Die üblichen anderen Modi, von Eco Pro bis Sport+ bleiben übrigens weiterhin über den Fahrdynamik-Schalter wählbar. Der Hybrid-Modus ist für längere Strecken erste Wahl oder wenn der Akku zur Neige gegangen ist. Auf der Testfahrt waren trotz Start mit nur noch zu 15 Prozent gefülltem Akku ein Verbrauch von etwas über fünf Litern Diesel und 4,0 kWh Strom auf 100 Kilometern machbar. Ein Diesel-Vergleichswert fehlt leider. Aus Erfahrung geschätzt, wären in einem E 220 d auf der stadtlastigen Strecke vermutlich an die 9 Liter verbrannt worden. Eventuell mehr. Bei nur 194 PS Leistung. Mit vollem Akku sind deutlich mehr als 40 rein elektrische Kilometer nach den Eindrücken der ersten Testfahrten kein Problem. Der Diesel-Plug-in lohnt sich also. Vor allem in der Stadt und auf kurzen Landstraßenetappen. Die klassische Pendelstrecke. Wie sich der Verbrauch auf Autobahnetappen mit höheren Geschwindigkeiten entwickelt, wäre noch auszuprobieren. Mit unangenehmen zweistelligen Werten, die dann bei Benziner-Plug-ins anliegen, wird man im 300 de wohl keinen Ärger haben. Die lange Strecke bleibt trotz des hohen Gewichts Diesel-Metier. Marktstart E 300 de und E 300 e: Dezember 2018Das Gewicht ist der zweite Nachteil am Plug-in, neben dem Kofferraumvolumen. Der E 300 de bringt 2.060 Kilogramm auf die Waage, das T-Modell 2.140 Kilogramm. Sogar die ebenfalls vorgestellte C-Klasse mit dem gleichen Antriebsstrang kommt der 2-Tonnen-Marke nahe. Als Kombi wiegt sie 1.955 Kilo. Quelle: Daimler Beim Fahren spürt man davon vergleichsweise wenig. Mehr als 300 PS und 700 Newtonmeter Drehmoment schieben zwei Tonnen immer noch ordentlich nach vorne. Für Ausflüge auf kurvige Landstraßen war bei der Testfahrt keine Gelegenheit. Aber dafür ist ein Plug-in-Hybrid ohnehin nicht das richtige Auto. Noch im Dezember dieses Jahres kommen die neuen Plug-in-Hybride von Mercedes zu den Händlern. Die C-Klassen mit Akku und Stecker starten ab Frühjahr 2019, nach Deutschland sollten sie noch im ersten Halbjahr 2019 kommen. Limousine und T-Modell starten gleichzeitig. Preise nennt Mercedes noch nicht, verspricht aber, dass die Modelle die staatliche Förderung bekommen. Weniger als 60.000 Euro brutto sind also gesetzt. Und: der neue E 300 e wird deutlich günstiger als der Vorgänger, sagt Mercedes. Die Limousine kostete als E 350 e immerhin knapp 60.000 Euro. Da soll nun sogar der Diesel-Plug-in drunter bleiben. Technische Daten Mercedes Plug-in-Hybride
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