Andere sortieren ihn aus, Daimler will ihn zu neuer Blüte führen: Der Hersteller wird wohl schon im kommenden Jahr einen Plug-in-Hybrid mit Diesel-Motor bringen.
Berlin/Aachen – Der Diesel ist tot, es lebe der Diesel? Für viele Hersteller gehört der Selbstzünder noch immer zu den wichtigsten Bausteinen, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Daran haben Diesel-Skandal und Stickoxid-Debatte nichts geändert. Daimler-Chef Dieter Zetsche will dem Druck mit Gegenwehr begegnen. Bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz des Konzerns sagte er: „Es lohnt sich, für den Diesel zu kämpfen.“ Kein Wunder, der Konzern hat viel in die Technologie investiert. Der Vierzylinder OM 654 wurde erst kürzlich in der E-Klasse präsentiert, eine neue Generation Sechszylinder arbeitet schon in der neuen S-Klasse. Der Diesel-Hybrid allerdings hat bisher eher ein Schattendasein geführt. Aus der E-Klasse verschwand er 2015 wieder, aktuell ist er nur in der C-Klasse verfügbar. Einen Plug-in-Hybrid auf Diesel-Basis gibt es bei Daimler aktuell nicht. Das dürfte sich schon sehr bald ändern. Diesel-Plug-in-Hybrid von Daimler schon 2018Damit schwimmt Daimler gegen den Strom beim Strom. Peugeot und Citroen haben den Hybrid4 Anfang des Jahres eingestellt. Aktuell bieten Volvo und Audi einen Diesel-Plug-in an. Die Schweden werden sich jedoch mit der kommenden V60-Generation davon verabschieden, neue Diesel werden nicht mehr entwickelt. Audi hat das große SUV Q7 E-Tron Quattro mit V6-Diesel und einer Systemleistung von bis zu 374 PS im Programm. Basispreis: gut 105.000 Euro. Eine Nische in der Nische. Das jetzt von Daimler im Oktober beim Aachener Motoren-Kolloquium gezeigte Konzept gibt sich bodenständiger. Die Verbrenner-Basis bildet der Diesel OM 654 in der Ausbaustufe mit 194 PS. Elektrische Unterstützung kommt von einem permanent erregten Synchronmotor. Im Vergleich zum Benziner-Plug-in 350 e hat Daimler einige Bauteile weiterentwickelt. Aktuell leistet der Elektromotor maximal 85 kW, das Drehmoment liegt bei 440 Nm. Im neuen Diesel-Plug-in soll der Motor es nun auf 90 kW (122 PS ) und 440 Nm bringen. Das System-Drehmoment liegt bei maximal 700 Nm. Außerdem wächst die Kapazität der Batterie bei unveränderter Baugröße. 13,5 kWh soll sie speichern können, dabei aber genau wie im Benziner-Plug-in über der Hinterachse Platz finden. In den aktuellen 350-e-Modellen liegt die Kapazität bei 6,2 (E-Klasse) und 6,38 kWh (C-Klasse). Die rein elektrische Reichweite liegt bei gut 30 Kilometern. Mit den neuen Batterien steigt die Reichweite im Elektrobetrieb: Gut 50 Kilometer sollten ohne Probleme drin sein. Zudem soll der neue Akku deutlich schneller laden. Daimler gibt die Ladeleistung mit 7,2 kW an. Doppelt so viel wie bisher. Daimlers Diesel-Hybrid aus dem Hochvolt-BaukastenDer Antriebsstrang folgt demselben Aufbau wie im Benziner-Plug-in. Die E-Maschine wird über den Drehmomentwandler mit der Neungang-Automatik 9G-Tronic verbunden. Eine Trennkupplung stellt die Verbindung zum Verbrenner her. Um die Vibrationen des Diesels in Schach zu halten, verbaut Daimler zwei Vibrationsdämpfer, einen zwischen Motor und Getriebe und einen direkt im Drehmomentwandler. Alle Komponenten sitzen in der Getriebeglocke und verlängern das Bauteil. Im Vergleich zur Standard-9G-Tronic soll das Plug-in-Hybrid-Getriebe um knapp elf Zentimeter zulegen. Bei Ladesteckdose, Onboard-Lader und Leistungselektronik kann Daimler sich aus dem sogenannten Hochvolt-Baukasten bedienen. Das Baukastenprinzip macht den Diesel-Plug-in halbwegs erschwinglich. Beim CO2-Ausstoß laut Verbrauchsnorm steht er gut da, aber längst nicht unschlagbar. Als Anhaltspunkt: Volvo gibt für den V60 D6 Twin Engine einen Durchschnittsverbrauch von 1,8 Litern an. Das schaffen E 350 e und C 350 e mit ihren Benzinern auch fast. Sie verbrauchen 2,1 Liter, beim CO2-Ausstoß liegen sie mit dem V60-Hybrid gleichauf. Diesel-Plug-in-Hybrid als sicheres Zukunftskonzept?Daimler-Ingenieur Jochen Strenkert lobte das Diesel-Plug-in-Konzept in seinem Vortrag in Aachen für den niedrigen Verbrauch auf langen Strecken und für die "lokal emssionsfreie Mobilität, vor allem in der Stadt". Beim Langstrecken-Verbrauch wird der Diesel-Plug-in den Benziner-Plug-in tatsächlich deutlich schlagen. Und: Sollte es künftig tatsächlich Innenstadt-Fahrverbote geben, könnte der Diesel-Hybrid Dank E-Kennzeichen und Fähigkeit zur rein elektrischen Fahrt ausgenommen sein. Wann und wo der Plug-in-Diesel in Serie geht, verrät Daimler noch nicht. Offiziell ist der Serienstart nicht bestätigt. Allerdings will Daimler bis 2022 insgesamt 50 elektrifizierte Modell-Varianten auf dem Markt haben. Der Plug-in-Hybrid mit OM 654 als Verbrenner ist eine davon. Die Präsentation des Konzepts auf dem Motoren-Kolloquium deutet daraufhin, dass der Marktstart nicht mehr in weiter Ferne liegt. Ein Kandidat für den Ersteinsatz ist die C-Klasse. Deren Modellpflege steht im kommenden Jahr an. Dass Daimler dabei das Motoren-Portfolio modernisiert, ist ausgemacht. Der alte Diesel OM 651 wird sich verabschieden und von OM 654 ersetzt. Der neue Motor gilt als gut vorbereitet auf die neuen Verbrauchs- und Emissionstests nach WLTP und RDE. Die Modernisierung des Benziner-Plug-ins (aktuell setzt Daimler in der C-Klasse noch den Strang mit der 7G-Tronic ein) dürfte ebenfalls anstehen. Der Diesel-Plug-in wäre eine logische Ergänzung. Ab sofort verschicken wir unsere besten News einmal am Tag über Whatsapp und Insta. Klingt gut? Dann lies hier, wie Du Dich anmelden kannst. Es dauert nur 2 Minuten. |