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Fahrbericht BMW K1200S - viel Text
Moin,
um mal wieder etwas mehr Ontopic zu liefern, möchte ich Euch meinen Eindruck über die Probefahrt mit der BMW K1200S nicht vorenthalten.
1. Organisation und Ablauf
Ich bin letzte Woche mal aus Neugier beim BMW Motorrad Zentrum am Frankfurter Ring vorbei gefahren. Die K hat mich aufgrund der Daten und Berichte, die ich bisher gelesen habe, mal interessiert: Eine BMW mit deutlich über 150PS und dabei weit unter 300KG - das war ein Novum bei BMW.
Der Verkäufer, den ich angesprochen habe, war ein echt netter und offener Typ. Wir plauderten ein bisschen und waren schnell dabei, richtig Benzin zu reden :-)
Kurz darauf bot er mir an, das Ding doch einmal Probe zu fahren. Hab ich gerne angenommen.
2. Erstes Anfassen
Heute bin ich dann also, wie vereinbart um 14:00Uhr vor Ort gewesen. Nach Erledigung der notwendigen Formalismen gingen wir zur K.
Zur meiner Freude war mein Wunsch erfüllt, ein Modell mit dem elektronischen Fahrwerk zu bekommen. Nicht, dass so ein Hobel ohne so was zu fahren wäre, ich war aber neugierig, ob man das a) merkt und b) es so deutlich besser als ein konventionelles Fahrwerk ist.
Subjektiv wirkt das Gerät wie ein bleischwerer Haufen. Es ist im Vergleich zu meiner Goof auch ein riesiges Mopped:
Nach einer kurzen Einweisung in die Bedienung und Erklärung des "Schnick-Schnacks" wie Bordcomputer (Minimalversion), Fahrwerksverstellung, Blinkerbedienung usw. ging es los:
Normalerweise werden die Kisten wohl voll getankt übergeben und sollen so auch wieder abgegeben werden (wie bei der Autovermietung). Hat der Vornutzer meiner K wohl vergessen - deshalb war der Tank fast leer und ich kam in den "Genuss" moderner Elektronik - es blinkte ganz aufgeregt ein gelbes Warnsymbol im Cockpit und im LCD wurde die Restreichweite angezeigt. Ist diese Anzeige halbwegs genau (nicht so wie bei meiner Goof), dann ist das schon praktisch - so weiss man wenigstens, wie viele KM Fussmarsch zur Tanke anstehen, die man vor dem Liegenbleiben zuvor auf einem Schild angezeigt bekam :-)
Ansonsten genügt mir zu wissen, wann ich auf Reserve bin – soviel Kopfrechnen kann ich dann grad noch :-)
3. Fahren in der Stadt.
Die grundsätzliche Bedienung des Moppeds ist glücklicherweise nicht anders, als bei anderen Maschinen. Allerdings hat die Kiste ein teilintegrales ABS mit Bremskraftverstärker. Das heisst im Detail:
Die Nutzung des Handbremshebel bremst beide Räder, der Fussbremshebel nur das Hinterrad. Gut gelöst, das macht Sinn.
Weiterhin hat das Ding serienmässig Stahlflexleitungen und eben den BKV - dadurch reichen minimale Hebelkräfte, um nachhaltig Bremswirkung auszulösen - etwas gewöhnungsbedürftig.
Die Bremse ist - um es in einem Wort zu sagen - brutal. Sehr direkt, sehr bissig und super dosierbar.
Beim Rangieren und bei langsamer Fahrt merkt man das Gewicht der K deutlich - da kann die Werbung vieles mit niedrigem Schwerpunkt, gekippten Motor usw. erzählen - 250KG bleiben 250KG :-)
Zudem baut die K recht breit, was auch an den ausladenden Spiegeln liegt:
Dadurch kann man sich nicht so einfach an der Ampel vorschlawinern.
Der Motor läuft recht rauh und unrund im Leerlauf. Beim Rangieren ist ausreichend Drehmoment im Leerlauf vorhanden, um nur mit der Kupplung und ohne Gas zu kriechen. Dafür nimmt die Kiste sehr schlecht Gas an. Möchte man also zart mit niedriger Drehzahl anfahren (typisch in der Kollonne vor der Ampel oder mit ängstlicher Sozia hinten drauf), dann kriegt man den einen oder anderen Bonanza-Ritt gratis. Oberhalb von 2500-3000 1/min nimmt der Motor sauber Gas an und man beschleunigt satt durch. Aufgrund des hohen Drehmoments ist das dann aber schon recht sportlich und nicht mehr unbedingt stadt- und soziatauglich :-)
Der Sound der Kiste ist für eine BMW und Serienauspuffanlage echt nett.
Schön brummelig und etwas heisser. Das Ansauggeräusch beginnt mit einem brummigen Knurren und wandelt sich mit steigender Drehzahl in ein böses Fauchen. Gefällt :-)
4. Autobahn
Um möglichst zügig auf eine freie Landstrasse zu kommen, habe ich mich entschlossen, die Autobahn zu nehmen. Zudem wollte ich doch eh mal ausprobieren, was das Ding kann und ohne Angst um den Führerschein mehr als die ersten beiden Gänge ausdrehen.
Zum Glück war auf der A92 nicht sehr viel Betrieb und ich erwischte auch den einen oder anderen KM freie Bahn.
Gesagt, getan. Das erste Mal Vollgas und mehr als 5000 1/min - geil :-)
Der Motor dreht gierig hoch und entfaltet jenseits von etwa 5000 1/min richtig Biss. Leider wird der Vortrieb sehr abrupt bei knapp über 11000 1/min eingestellt - der Drehzahlbegrenzer haut heftig rein. Ich habe es gar nicht darauf angelegt, das Teil drehte aber derart willig hoch und ich habe den DZM nicht im Auge gehabt. Nuja, mit der Zeit gewöhnt man sich an die Geräuschkulisse der jeweiligen Drehzahlbereiche und wird rechtzeitig schalten.
Das Getriebe ist in meinen Augen perfekt abgestimmt und lässt sich schnell und sauber schalten. Die hydraulische Kupplung verlangt recht geringe Hebelkräfte und greift recht sportlich sehr direkt mit wenig Schleifweg.
Leider hat die Kiste bei etwa 6000-7000 1/min sehr unangenehme Vibrationen, insbesondere in den Fussrasten.
Diese Drehzahl liegt bei höherem Tempo öfter mal an und mir schlafen dabei die Füsse ein :-/
Aber man kann ja runterschalten und zusehen, nicht unter 8000 1/min zu kommen, dann geht's wieder :-)
Für den Alltag reichen die ersten 4 der 6 Gänge völlig aus. Der erste reicht bis etwa 100km/h, der 4 bis etwa 200km/h - danach wird der Vortrieb schon zäher, die K hat ja auch ne ordentliche Querschnittsfläche (im Vergleich zu meiner Goof) und ich hatte den Eindruck, dass einige der 167 eingetragenen Pferde noch im Stall waren.
Das Durcheilen des 5. Gangs geht noch recht ordentlich, im sechsten ab etwa 240km/h quält sie sich langsam höher - das kann meine Goof mit dem halben Hubraum und 50PS weniger genauso gut. Aufgrund der Verkehrslage musste ich bei 260km/h Schluss machen, konnte die eingetragenen 280km/h nicht testen.
Das Überholimage ist nicht so toll. Besser als mit dem Auto, aber mein japanisches Heizeisen in schrillen Farben und mit flackerndem Fahrlicht macht auf die Dosenfahrer wohl mehr Eindruck. Die K hat eine grosse Schnauze und einen riesigen Scheinwerfer.
Über Geschmack kann man sicherlich streiten, aber so richtig sportlich wirkt dieses Gesicht nicht, oder?
Der Windschutz ist perfekt. Zudem ist die Strömung am Helm völlig verwirbelungsfrei und es ist relativ leise. Bis etwa 180-200km/h kann man entspannt und aufrecht sitzen, darüber hab ich mich dann doch lieber flachgelegt, weil der Druck auf den Helm / Nacken zu unangenehm wurde.
Bei hohem Tempo sieht man die Balken der Tankanzeige zügig nach unten eilen. Ich hatte den Eindruck, die Kiste säuft recht gut. Und sie verlangt Super Plus mit 98 Oktan (!):
5. Landstrasse
Nun hatte ich fast 40km zurück gelegt und fühlt mich langsam etwas heimischer. Allerdings hupte ich fast jedes zweite oder dritte Mal, wenn ich den linken Blinker zurücksetzen wollte :-)
Wer diese Blinkerschalter bei BMW erfunden hat, gehört mit Enfield Diesel fahren nicht unter 10 Jahren bestraft :-)
Ich habe mir bewusst eine sehr holprige Strecke ausgesucht, um mal den Unterschied der drei Fahrwerkseinstellungen zu fühlen. Es gibt insgesamt drei mal drei Möglichkeiten: Komfort, Normal oder Sportlich und das in den Bereichen Solobetrieb, Betrieb mit schwerem Gepäck / Sozia und Betrieb mit voller Beladung (Sozia und Gepäck). Die Verstellung der Bereiche erfolgt durch Änderung der Federvorspannung. Das zwar auch auf Knopfdruck, aber nur im Stand.
Auf sehr holprigen Strassen wirkt die Einstellung Komfort am deutlichsten - ansonsten fand ich Normal angemessen. Den Unterschied zu Sport konnte ich auf den 120km nicht so recht rausfühlen.
Um es kurz zu machen: Das elektronische Fahrwerk ist ein nettes Gimick, für 650 EUR Aufpreis sogar überlegenswert, jedoch defintiv nicht die Erfindung des Jahrhunderts. Was anderes wäre es, wenn das Fahrwerk automatisch adaptiv arbeiten würde, ggf. mit Vorwahl der gewünschten Gangart - aber so muss man laufend überlegen "hab ich jetzt das richtige Setup"?
Ich würde mal behaupten, dass 80% der K-Käufer mit diesem Extra das auf "Normal" stellen und damit immer rumeiern, ausser sie wollen es aktiv ausprobieren.
Zurück zum Fahren:
Trotz 190er Hinterreifen und massiver Schwinge nimmt die K willig Schräglage an und verhält sich dabei weitgehend neutral:
Kräftiges Rausbeschleunigen aus Kurven quittierte sie einige Male mit Ansätzen von Wegrubbeln, was mich etwas nervös werden lies. Kann aber auch an den recht geringen Aussentemperaturen (um die 10-12Grad) und den fast neuen Reifen liegen. Zumindest war am Ende der Angstrand weg, bei Fahrantritt waren es noch etwa 3-4cm auf beiden Seiten :-)
Dafür lässt sie sich auch in Schräglage gut bremsen, zeigt kaum Aufstellmoment und bleibt neutral.
Beim Anbremsen nickt die K so gut wie gar nicht vorne ein – etwas gewöhnungsbedürftig, aber eigentlich gut.
Leider hat sie eine Eigenart, die richtig Scheisse ist: Man bremst eine Kurve an, das Gas ist vollständig geschlossen, die Schubabschaltung der Kiste aktiv. Die Kurve kommt, man löst die Bremse, klappt ab, sie ist immer noch im Schub und bei etwa 3000-2500 1/min schaltet die Leerlaufregelung die Schubabschltung aus - das bedeutet, die Kiste schiebt von allein an, was gerade beim Durchfahren der Kurve sehr unangenehm ist. Auf Anfrage zu diesem Verhalten hat mir der Verkäufer gesagt, dass sie das bei einigen Modelle auch schon festgestellt haben und dies noch nachgebessert würde.
Nächster Minuspunkt ist das Verhalten bei Lastwechseln. Egal, ob von Gas auf Schub oder andersrum - es ruckt, teilweise ganz ordentlich. Ganz schlimm ist auch der Moment, wenn man in der Kurve vom Schubbetrieb in den Lastbetrieb wechselt, also Gas gibt - dann hat sie teilweise regelrecht einen Satz gemacht und erheblich Unruhe in die Fuhre gebracht. Das macht meine Goof zwar manchmal auch (wenn man zu zügig den Hahn aufreisst), aber lange nicht so heftig und ausgeprägt.
Zudem hatte sie Konstantfahrruckeln, wobei das eher ein Komfort-Problem ist.
Die Handlichkeit ist gut, man merkt im Gegensatz zum Stadtbetrieb die 250KG nicht mehr so sehr. Dennoch ist die K ein grosser Haufen und wurde wohl mehr auf lang gezogene, gleichmässige Kurvenverläufe hin ausgelegt. Kurze Wechselkurven sowie schnelles Abklappen mag sie nicht so sehr.
Meine Goof ist jedenfalls um Dimensionen handlicher, bei jedem Tempo.
Dann zum ABS. Es ist schon ein gutes Gefühl zu wissen, dass man einfach jederzeit voll am Bremshebel ziehen kann und nichts blockiert. Nur leider ist für meinen Geschmack die Regelung noch lange nicht vollendet. Als erstes greift diese für mein Empfinden viel zu früh ein. Man könnte viel weiter in den Schlupf reinbremsen, bevor das Rad stehen bleibt.
Gefühlmässig gehen etwa 5% an Bremsleistung dadurch verloren. Für den Alltag sicherlich nicht relevant, auf der Rennstrecke durchaus ein Punkt, der einen wertvolle Meter vor der Kurve kostet.
Als zweites ist die Regelung für meinen Geschmack zu digital. Entweder muss man die Regelfrequenz weiter erhöhen oder man versucht besser noch, quasianalog zu regeln. Jedenfalls rattert es ganz ordentlich. Ich könnte mir vorstellen, dass die in Verbindung mit dem sehr frühen Eingreifen der Regelung zu Problemen beim Reinbremsen mit Schräglage in Kurven bringen könnte. Ist aber eigentlich auch nur ein Thema für die Rennstrecke.
Nun denn, als Abschluss habe ich noch ein kleines Video mit kurzem Soundcheck und Rundgang um die Maschine:
Mein Fazit: Nettes Teil, massiv überteuert (geht bei 15 kEUR los, mit Extras sind schnell 16-18kEUR weg), an einigen Stellen unausgereift.
Zudem ist sie zu unsportlich, wird also den Spagat zwischen Tourer und echtem Sportlicher nicht schaffen und eben ein sportlicher Tourer bleiben. Sie konkurriert in meinen Augen mit Modellen wie die VFR oder DoubleX, ZX12 R oder Hayabusa. In diesem Segment könnte sie durchaus zum Platzhirsch werden, sofern die Leute bereit sind, locker 30% mehr zu bezahlen. In der Riege der Sportler wie CBR 1000 RR, Kilogixxer, R1 oder ZX10R hat sie etwa 50KG zuviel Speck auf den Rippen und zu viele phlegmatische, unsportliche Eigenschaften.
Für mich könnte die K vielleicht in 5 oder 10 Jahren interessant werden.
Dann gebraucht zum günstigen Kurs. Ich bin Stand heute nicht bereit, über 30.000 DM für ein Allerweltsmotorrad hinzulegen (ich wäre auch nicht bereit, die für einen "Exoten" wie DUC oder MV Agusta hinzublättern).
Nette Grüße, Markus.
Beste Antwort im Thema
Moin,
um mal wieder etwas mehr Ontopic zu liefern, möchte ich Euch meinen Eindruck über die Probefahrt mit der BMW K1200S nicht vorenthalten.
1. Organisation und Ablauf
Ich bin letzte Woche mal aus Neugier beim BMW Motorrad Zentrum am Frankfurter Ring vorbei gefahren. Die K hat mich aufgrund der Daten und Berichte, die ich bisher gelesen habe, mal interessiert: Eine BMW mit deutlich über 150PS und dabei weit unter 300KG - das war ein Novum bei BMW.
Der Verkäufer, den ich angesprochen habe, war ein echt netter und offener Typ. Wir plauderten ein bisschen und waren schnell dabei, richtig Benzin zu reden :-)
Kurz darauf bot er mir an, das Ding doch einmal Probe zu fahren. Hab ich gerne angenommen.
2. Erstes Anfassen
Heute bin ich dann also, wie vereinbart um 14:00Uhr vor Ort gewesen. Nach Erledigung der notwendigen Formalismen gingen wir zur K.
Zur meiner Freude war mein Wunsch erfüllt, ein Modell mit dem elektronischen Fahrwerk zu bekommen. Nicht, dass so ein Hobel ohne so was zu fahren wäre, ich war aber neugierig, ob man das a) merkt und b) es so deutlich besser als ein konventionelles Fahrwerk ist.
Subjektiv wirkt das Gerät wie ein bleischwerer Haufen. Es ist im Vergleich zu meiner Goof auch ein riesiges Mopped:
Nach einer kurzen Einweisung in die Bedienung und Erklärung des "Schnick-Schnacks" wie Bordcomputer (Minimalversion), Fahrwerksverstellung, Blinkerbedienung usw. ging es los:
Normalerweise werden die Kisten wohl voll getankt übergeben und sollen so auch wieder abgegeben werden (wie bei der Autovermietung). Hat der Vornutzer meiner K wohl vergessen - deshalb war der Tank fast leer und ich kam in den "Genuss" moderner Elektronik - es blinkte ganz aufgeregt ein gelbes Warnsymbol im Cockpit und im LCD wurde die Restreichweite angezeigt. Ist diese Anzeige halbwegs genau (nicht so wie bei meiner Goof), dann ist das schon praktisch - so weiss man wenigstens, wie viele KM Fussmarsch zur Tanke anstehen, die man vor dem Liegenbleiben zuvor auf einem Schild angezeigt bekam :-)
Ansonsten genügt mir zu wissen, wann ich auf Reserve bin – soviel Kopfrechnen kann ich dann grad noch :-)
3. Fahren in der Stadt.
Die grundsätzliche Bedienung des Moppeds ist glücklicherweise nicht anders, als bei anderen Maschinen. Allerdings hat die Kiste ein teilintegrales ABS mit Bremskraftverstärker. Das heisst im Detail:
Die Nutzung des Handbremshebel bremst beide Räder, der Fussbremshebel nur das Hinterrad. Gut gelöst, das macht Sinn.
Weiterhin hat das Ding serienmässig Stahlflexleitungen und eben den BKV - dadurch reichen minimale Hebelkräfte, um nachhaltig Bremswirkung auszulösen - etwas gewöhnungsbedürftig.
Die Bremse ist - um es in einem Wort zu sagen - brutal. Sehr direkt, sehr bissig und super dosierbar.
Beim Rangieren und bei langsamer Fahrt merkt man das Gewicht der K deutlich - da kann die Werbung vieles mit niedrigem Schwerpunkt, gekippten Motor usw. erzählen - 250KG bleiben 250KG :-)
Zudem baut die K recht breit, was auch an den ausladenden Spiegeln liegt:
Dadurch kann man sich nicht so einfach an der Ampel vorschlawinern.
Der Motor läuft recht rauh und unrund im Leerlauf. Beim Rangieren ist ausreichend Drehmoment im Leerlauf vorhanden, um nur mit der Kupplung und ohne Gas zu kriechen. Dafür nimmt die Kiste sehr schlecht Gas an. Möchte man also zart mit niedriger Drehzahl anfahren (typisch in der Kollonne vor der Ampel oder mit ängstlicher Sozia hinten drauf), dann kriegt man den einen oder anderen Bonanza-Ritt gratis. Oberhalb von 2500-3000 1/min nimmt der Motor sauber Gas an und man beschleunigt satt durch. Aufgrund des hohen Drehmoments ist das dann aber schon recht sportlich und nicht mehr unbedingt stadt- und soziatauglich :-)
Der Sound der Kiste ist für eine BMW und Serienauspuffanlage echt nett.
Schön brummelig und etwas heisser. Das Ansauggeräusch beginnt mit einem brummigen Knurren und wandelt sich mit steigender Drehzahl in ein böses Fauchen. Gefällt :-)
4. Autobahn
Um möglichst zügig auf eine freie Landstrasse zu kommen, habe ich mich entschlossen, die Autobahn zu nehmen. Zudem wollte ich doch eh mal ausprobieren, was das Ding kann und ohne Angst um den Führerschein mehr als die ersten beiden Gänge ausdrehen.
Zum Glück war auf der A92 nicht sehr viel Betrieb und ich erwischte auch den einen oder anderen KM freie Bahn.
Gesagt, getan. Das erste Mal Vollgas und mehr als 5000 1/min - geil :-)
Der Motor dreht gierig hoch und entfaltet jenseits von etwa 5000 1/min richtig Biss. Leider wird der Vortrieb sehr abrupt bei knapp über 11000 1/min eingestellt - der Drehzahlbegrenzer haut heftig rein. Ich habe es gar nicht darauf angelegt, das Teil drehte aber derart willig hoch und ich habe den DZM nicht im Auge gehabt. Nuja, mit der Zeit gewöhnt man sich an die Geräuschkulisse der jeweiligen Drehzahlbereiche und wird rechtzeitig schalten.
Das Getriebe ist in meinen Augen perfekt abgestimmt und lässt sich schnell und sauber schalten. Die hydraulische Kupplung verlangt recht geringe Hebelkräfte und greift recht sportlich sehr direkt mit wenig Schleifweg.
Leider hat die Kiste bei etwa 6000-7000 1/min sehr unangenehme Vibrationen, insbesondere in den Fussrasten.
Diese Drehzahl liegt bei höherem Tempo öfter mal an und mir schlafen dabei die Füsse ein :-/
Aber man kann ja runterschalten und zusehen, nicht unter 8000 1/min zu kommen, dann geht's wieder :-)
Für den Alltag reichen die ersten 4 der 6 Gänge völlig aus. Der erste reicht bis etwa 100km/h, der 4 bis etwa 200km/h - danach wird der Vortrieb schon zäher, die K hat ja auch ne ordentliche Querschnittsfläche (im Vergleich zu meiner Goof) und ich hatte den Eindruck, dass einige der 167 eingetragenen Pferde noch im Stall waren.
Das Durcheilen des 5. Gangs geht noch recht ordentlich, im sechsten ab etwa 240km/h quält sie sich langsam höher - das kann meine Goof mit dem halben Hubraum und 50PS weniger genauso gut. Aufgrund der Verkehrslage musste ich bei 260km/h Schluss machen, konnte die eingetragenen 280km/h nicht testen.
Das Überholimage ist nicht so toll. Besser als mit dem Auto, aber mein japanisches Heizeisen in schrillen Farben und mit flackerndem Fahrlicht macht auf die Dosenfahrer wohl mehr Eindruck. Die K hat eine grosse Schnauze und einen riesigen Scheinwerfer.
Über Geschmack kann man sicherlich streiten, aber so richtig sportlich wirkt dieses Gesicht nicht, oder?
Der Windschutz ist perfekt. Zudem ist die Strömung am Helm völlig verwirbelungsfrei und es ist relativ leise. Bis etwa 180-200km/h kann man entspannt und aufrecht sitzen, darüber hab ich mich dann doch lieber flachgelegt, weil der Druck auf den Helm / Nacken zu unangenehm wurde.
Bei hohem Tempo sieht man die Balken der Tankanzeige zügig nach unten eilen. Ich hatte den Eindruck, die Kiste säuft recht gut. Und sie verlangt Super Plus mit 98 Oktan (!):
5. Landstrasse
Nun hatte ich fast 40km zurück gelegt und fühlt mich langsam etwas heimischer. Allerdings hupte ich fast jedes zweite oder dritte Mal, wenn ich den linken Blinker zurücksetzen wollte :-)
Wer diese Blinkerschalter bei BMW erfunden hat, gehört mit Enfield Diesel fahren nicht unter 10 Jahren bestraft :-)
Ich habe mir bewusst eine sehr holprige Strecke ausgesucht, um mal den Unterschied der drei Fahrwerkseinstellungen zu fühlen. Es gibt insgesamt drei mal drei Möglichkeiten: Komfort, Normal oder Sportlich und das in den Bereichen Solobetrieb, Betrieb mit schwerem Gepäck / Sozia und Betrieb mit voller Beladung (Sozia und Gepäck). Die Verstellung der Bereiche erfolgt durch Änderung der Federvorspannung. Das zwar auch auf Knopfdruck, aber nur im Stand.
Auf sehr holprigen Strassen wirkt die Einstellung Komfort am deutlichsten - ansonsten fand ich Normal angemessen. Den Unterschied zu Sport konnte ich auf den 120km nicht so recht rausfühlen.
Um es kurz zu machen: Das elektronische Fahrwerk ist ein nettes Gimick, für 650 EUR Aufpreis sogar überlegenswert, jedoch defintiv nicht die Erfindung des Jahrhunderts. Was anderes wäre es, wenn das Fahrwerk automatisch adaptiv arbeiten würde, ggf. mit Vorwahl der gewünschten Gangart - aber so muss man laufend überlegen "hab ich jetzt das richtige Setup"?
Ich würde mal behaupten, dass 80% der K-Käufer mit diesem Extra das auf "Normal" stellen und damit immer rumeiern, ausser sie wollen es aktiv ausprobieren.
Zurück zum Fahren:
Trotz 190er Hinterreifen und massiver Schwinge nimmt die K willig Schräglage an und verhält sich dabei weitgehend neutral:
Kräftiges Rausbeschleunigen aus Kurven quittierte sie einige Male mit Ansätzen von Wegrubbeln, was mich etwas nervös werden lies. Kann aber auch an den recht geringen Aussentemperaturen (um die 10-12Grad) und den fast neuen Reifen liegen. Zumindest war am Ende der Angstrand weg, bei Fahrantritt waren es noch etwa 3-4cm auf beiden Seiten :-)
Dafür lässt sie sich auch in Schräglage gut bremsen, zeigt kaum Aufstellmoment und bleibt neutral.
Beim Anbremsen nickt die K so gut wie gar nicht vorne ein – etwas gewöhnungsbedürftig, aber eigentlich gut.
Leider hat sie eine Eigenart, die richtig Scheisse ist: Man bremst eine Kurve an, das Gas ist vollständig geschlossen, die Schubabschaltung der Kiste aktiv. Die Kurve kommt, man löst die Bremse, klappt ab, sie ist immer noch im Schub und bei etwa 3000-2500 1/min schaltet die Leerlaufregelung die Schubabschltung aus - das bedeutet, die Kiste schiebt von allein an, was gerade beim Durchfahren der Kurve sehr unangenehm ist. Auf Anfrage zu diesem Verhalten hat mir der Verkäufer gesagt, dass sie das bei einigen Modelle auch schon festgestellt haben und dies noch nachgebessert würde.
Nächster Minuspunkt ist das Verhalten bei Lastwechseln. Egal, ob von Gas auf Schub oder andersrum - es ruckt, teilweise ganz ordentlich. Ganz schlimm ist auch der Moment, wenn man in der Kurve vom Schubbetrieb in den Lastbetrieb wechselt, also Gas gibt - dann hat sie teilweise regelrecht einen Satz gemacht und erheblich Unruhe in die Fuhre gebracht. Das macht meine Goof zwar manchmal auch (wenn man zu zügig den Hahn aufreisst), aber lange nicht so heftig und ausgeprägt.
Zudem hatte sie Konstantfahrruckeln, wobei das eher ein Komfort-Problem ist.
Die Handlichkeit ist gut, man merkt im Gegensatz zum Stadtbetrieb die 250KG nicht mehr so sehr. Dennoch ist die K ein grosser Haufen und wurde wohl mehr auf lang gezogene, gleichmässige Kurvenverläufe hin ausgelegt. Kurze Wechselkurven sowie schnelles Abklappen mag sie nicht so sehr.
Meine Goof ist jedenfalls um Dimensionen handlicher, bei jedem Tempo.
Dann zum ABS. Es ist schon ein gutes Gefühl zu wissen, dass man einfach jederzeit voll am Bremshebel ziehen kann und nichts blockiert. Nur leider ist für meinen Geschmack die Regelung noch lange nicht vollendet. Als erstes greift diese für mein Empfinden viel zu früh ein. Man könnte viel weiter in den Schlupf reinbremsen, bevor das Rad stehen bleibt.
Gefühlmässig gehen etwa 5% an Bremsleistung dadurch verloren. Für den Alltag sicherlich nicht relevant, auf der Rennstrecke durchaus ein Punkt, der einen wertvolle Meter vor der Kurve kostet.
Als zweites ist die Regelung für meinen Geschmack zu digital. Entweder muss man die Regelfrequenz weiter erhöhen oder man versucht besser noch, quasianalog zu regeln. Jedenfalls rattert es ganz ordentlich. Ich könnte mir vorstellen, dass die in Verbindung mit dem sehr frühen Eingreifen der Regelung zu Problemen beim Reinbremsen mit Schräglage in Kurven bringen könnte. Ist aber eigentlich auch nur ein Thema für die Rennstrecke.
Nun denn, als Abschluss habe ich noch ein kleines Video mit kurzem Soundcheck und Rundgang um die Maschine:
Mein Fazit: Nettes Teil, massiv überteuert (geht bei 15 kEUR los, mit Extras sind schnell 16-18kEUR weg), an einigen Stellen unausgereift.
Zudem ist sie zu unsportlich, wird also den Spagat zwischen Tourer und echtem Sportlicher nicht schaffen und eben ein sportlicher Tourer bleiben. Sie konkurriert in meinen Augen mit Modellen wie die VFR oder DoubleX, ZX12 R oder Hayabusa. In diesem Segment könnte sie durchaus zum Platzhirsch werden, sofern die Leute bereit sind, locker 30% mehr zu bezahlen. In der Riege der Sportler wie CBR 1000 RR, Kilogixxer, R1 oder ZX10R hat sie etwa 50KG zuviel Speck auf den Rippen und zu viele phlegmatische, unsportliche Eigenschaften.
Für mich könnte die K vielleicht in 5 oder 10 Jahren interessant werden.
Dann gebraucht zum günstigen Kurs. Ich bin Stand heute nicht bereit, über 30.000 DM für ein Allerweltsmotorrad hinzulegen (ich wäre auch nicht bereit, die für einen "Exoten" wie DUC oder MV Agusta hinzublättern).
Nette Grüße, Markus.
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Da hast du dir ja richtig Mühe gegeben. Respekt, dein Bericht ist echt gut zu lesen.
Moin,
danke für die Blumen :-)
Nette Grüße, Markus.
Hallo Markus,
meine Frage an dich, was fährst du für eine Maschine ?
de rolle
Moin!
Steht doch im Text - ne Goof:
http://home.arcor.de/Hulper/Bilder/Mopped/Goof_neu01.jpg
Honda CBR 600F - das 600F am Heck kann man eben wie "Goof" lesen, daher der Spitzname :-)
Nette Ostergrüße, Markus.
Vergleichst du dein Mororrad mir der K 1200 S.
de rolle
Das darf nicht wahr sein, er vergleicht wirklich sein Möp mit ne BMW, auch noch mit ne K1200 S *fggg*
Ne, Spass beiseite, super Bericht, großes Lob auch von mir.
Wünsche Euch allen, eine Unfall/Pannen/Bullenfreie Saison ;-)))
Und HAPPY EIER - FROHE OSTERN!!!
GS Günni
Zitat:
Original geschrieben von de rolle
Vergleichst du dein Mororrad mir der K 1200 S.
de rolle
Chapeau...
Lob!!!
Danke für die Mühe. War interessant zu lesen.
Beruhigend ist, das viele Eindrücke oder "Nachteile" meines Erachtens damit zusammen hängen, dass du eine 600er fährst. Wenn man an so eine Dicke gewöhnt ist, wie ich, ist die Umstellung wahrscheinlich nicht so heftig.
Nochmal: Lob und Dank! Extra-Lob für das kleine Video ;-))
Nabend,
@Jakuschew: Da ist sicherlich was dran, dass ich die K mit meinen Augen betrachtet habe - eben aus Sicht eines 600er Sportlers. Ich bin zwar schon viele andere Kisten gefahren, u.a. DoppelX, Busa, ZX12R, Triumph Sprint ST - aber immer nur mal kurz zur Probe oder einen Abschnitt einer Tour - da kennt man die eigene Kiste natürlich viel besser.
Meine Hoffnung war, dass BMW es geschafft hat, den Spagat zwischen leichtem Sportler und kräftigem Tourer zu schliessen - aber auch deren Ingenieure können nicht zaubern, wobei sie in meinen Augen einen echt guten Job gemacht haben - lediglich die Probleme müssen weg, dann ist die K aus meiner Sicht ein sehr heisser Feger, wenn auch exorbitant teuer.
Kurzum: Ich finde die K klasse - sofern der Augenmerk eher auf Tourer liegt, die Probleme beseitigt werden und Geld ziemlich egal ist.
Nette Grüße, Markus.
K1200S
Hallo Hulper...
habe erst heute diese Seiten gefunden und finde Sie schon jetzt gut. Auch von meiner Seite ein dickes Lob für diesen Fahrbericht !
Habe einen Mopetwechsel vollzogen, nun rate mal was ich seit kurzem durch die Lande schlenker :-)
Genau, beschriebene "K"...
Bin mit der Vertragswerkstatt schon in Verhandlungen, weil genau Deine beschriebenen Kleinigkeiten im laufenden Betrieb etwas Nerven. Schubabschaltung und das besagte Ruckeln beim Hebelziehen so wie das ungewollte Hupserchen beim an die Ampel fahren ist etwas ungewohnt.
Aber deinem Bericht kann ich nur zustimmen... man gewöhnt sich zwar recht schnell an alles, aber einige Dinge sind halt doch etwas Eigenwillig.
Übrigens... mein letztes Vorgänger-Mopet "ZZR1000 Modell 90-92" hat mir immer gute Dienste geliefert.
Also Tschau und danke für den Guten Bericht.