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Mercedes kann kein Premium, daher sollte man die Autos auch nicht kaufen
Schön, wenn es zur Selbsterkenntnis reicht. Mercedes will vom Premium-Segment Abschied nehmen und sich zukünftig voll auf den Luxus-Markt konzentrieren. Daher wird es auch kein Nachfolgemodell der A-Klasse geben, was absolut Sinn macht, denn die aktuelle Baureihe 177 ist ein Paradebeispiel dafür, wie unfähig der Konzern ist, den Markt der Mittelschicht zu bedienen. Das Auto glänzte bei seiner Premiere damit, mal wieder das erste in seiner Klasse mit vielen tollen Innovationen zu sein. Welche Probleme es aber gibt, die neuen Features auch so anzubieten, wie es alle von der Marke Mercedes erwarten, steht dabei auf einem anderen Blatt.
Schon bei meiner ersten A-Klasse im Jahr 2005 war schnell offensichtlich, dass das, womit ich Mercedes verbinde, bloß ein trügerischer Schein ist. Mercedes soll
- zuverlässig (nope)
- werthaltig (nur dank dem Irrglauben der Käufer)
- stabil (nope)
- sicher (ja, na wenigstens das)
- und vor allem besser als die Konkurrenz sein. (Never ever)
Dieses Bild existiert sicherlich heute noch in den meisten Köpfen insbesondere älterer deutscher Autofahrer. Bei mir bleibt nach meinem zweiten Reinfall mit einer A-Klasse davon nicht viel übrig. Ich dachte wirklich, 14 Jahre nach meiner ersten negativen Erfahrung sei das aktuelle Modell besser. Immerhin, es rostet nicht mehr, die Fahreigenschaften sind endlich so, wie man es von einem Auto zum Listenpreis von 50.000 € erwarten darf, und alles sieht wirklich premium und modern aus. Ist es aber nicht bezüglich genau der Dinge, die in einem modernen Auto zu finden sind und die gleichzeitig nicht zur Kernkompetenz alt eingesessener Automobilbauer gehören: Elektronische Hardware und insbesondere Software. Ja, die Sprachsteuerung funktioniert endlich gut und wird als Meilenstein bezeichnet, aber eben nur ein Meilenstein für ein Unternehmen, dessen Kernkompetenz bisher das Bauen von Autos mit einer Antriebstechnik war, die seit über 100 Jahren nur optimiert wurde. Von jüngeren Käufern wird eine funktionierende Sprachsteuerung als selbstverständlich erachtet und nicht mehr als Meilenstein empfunden.
Ich möchte nicht wissen, welchen Aufwand Mercedes betrieben hat, um eine intuitive Benutzerführung für sein Betriebssystem zu finden. Das Ergebnis ist zwangsläufig mittelmäßig bis schlecht verglichen mit Unternehmen, die das Thema als ihre Kernkompetenz betrachten dürfen. Die Anzahl Meldungen, die ich beim Losfahren wegdrücken muss, um freie Sicht auf das digitale Armaturenbrett und den Navi-Bildschirm zu haben, ist manchmal so hoch, dass ich mich Frage, welcher Besitzer eines Mercedes wohl Rekordhalter mit wie vielen Meldungen ist. Da sind auch PopUps dabei, die man nicht ohne weiteres loswird:
- Die grundsätzliche Info zur Anschnallsituation im Fond kennt jeder. So weiß man gleich, dass man in einem Mercedes sitzt.
- Zuletzt im Eco-Modus gefahren und jetzt wieder? Bitte bestätigen!
- Inspektion steht an. Termin telefonisch vereinbaren? Jetzt oder später? Natürlich jetzt, damit ich die Meldung nicht mehr bekomme ??. Termin in einem Monat erhalten und dann einen Monat lang bei jeder Fahrt die Frage nach „jetzt oder später“ mit „später“ beantworten, denn das Deaktivieren kann nur vor Ort in der Niederlassung erfolgen, sagt die nette Stimme des Mercedes me Service.
- Wollen Sie das Systemupdate installieren? Jetzt oder später? Aber klar doch, geht aber nicht, da der Batteriestand nicht ausreicht. Also Motor an? Geht trotzdem nicht, denn bei laufendem Motor darf ich die zustimmungspflichtigen Bedingungen nicht lesen, welche mich vom Verkehrsgeschehen ablenken würden. Zugegeben: Ist mehr ein Hardware-Problem, siehe unten.
- Assistenzsysteme sind deaktiviert, da die Kamera nicht funktioniert! Eventuell ist sie verschmutzt und muss gereinigt werden. Schwierig, wenn man mit dem wie neu aussehenden jungen Stern gerade 100 Meter aus dem Werksvertriebszentrum rausgefahren ist und kurz zuvor noch die letzten Wassertropfen aus der Waschstraße von Hand weggewischt wurden. Aber ein Zurücksetzen des Betriebssystems bei einem eintägigen Aufenthalt in der Niederlassung wird das Problem schon lösen. Dabei waren die Assistenzsysteme der Grund, warum ich mir das Auto überhaupt gekauft habe.
Das ist nur eine Auswahl dessen, was ich erlebe. Wäre gespannt, was bei einer Umfrage rauskommen würde.
Systeme günstig einkaufen kommt nicht in Frage, weil der Konzern dafür Informationen an potentielle Konkurrenten abgeben muss? So funktioniert die moderne Welt aber. Ich gebe dir meine Telemetriedaten, dafür gibst du mir GÜNSTIGER dein über Jahrzehnte gewachsenes und intuitiv bedienbares System, welches ich - egal mit welchem Aufwand - nie selber hinkriegen würde. Und mit meinen Daten wirst du mich nicht überholen, wenn ich weiterhin nicht schlafe und meinen Vorsprung in meiner eigenen Kernkompetenz halte. Funktioniert eine moderne Wirtschaft so vielleicht besser?
Das Navigationssystem müsste ein Automobilbauer wie Mercedes doch inzwischen so gut hinkriegen wie die Sprachsteuerung. Sollte man meinen. Immerhin hat Mercedes schon vor langer Zeit zusammen mit VW und BMW den Kartendienst „Here“ aufgekauft, um das Know How zu nutzen. Die Funktionen für Fußgänger und Fahrradfahrer hat man in der App dann kurzerhand gestrichen und wenn ich heute mit meinem Mercedes im Ausland (z. B. Belgien, Dänemark und Polen) unterwegs bin, kann das Navi immer noch nicht brauchbar zwischen Haupt- und Nebenstraßen unterscheiden, lädt dafür aber weiterhin gerne zur Fahrt in falscher Richtung durch eine Einbahnstraße ein.
Nächstes Thema Hardware: Wenn in einem Auto mehrere Kameras, zig Sensoren, zwei Bildschirme zusammenkommen und alle Daten mehr oder weniger in Echtzeit verarbeitet werden müssen, zieht das eine Menge Leistung, nehme ich an. Da wäre es doch nur logisch, Batterie und Lichtmaschine in ihren Größen entsprechend auszulegen. 10.000 Kilometer pro Jahr in einem gesunden Mix aus Stadtverkehr, Landstraße und Autobahn reichen aber nicht, um sich bei der Benutzung des Autos uneingeschränkt zu fühlen:
- Zwei Stunden Wartezeit mit Musik bei stehendem Fahrzeug verbringen? Grenzwertig. Das System schaltet sich letztendlich ab und man betet, dass das Auto noch anspringt. Wie viele Mercedes bleiben doch gleich noch mal mit leerer Batterie liegen? Einfach mal googlen.
- Start-Stopp-Automatik des Motors nutzen? Auf einer mehrere 100 km langen Urlaubsreise im Sommer freue ich mich überrascht, wenn der Motor an einer Ampel dann tatsächlich mal ausgeht.
- Updates im Winter installieren? Vergiss es.
- In den Urlaub ohne Auto beleidigt die Batterie, die dann nach der Rückkehr laut Meldung an ein Ladegerät angeschlossen werden soll. Hat schon mal jemand versucht, seinen W177 zu überbrücken? Soll nicht so einfach sein und kann auch mächtig in die Hose gehen.
Das ist aber alles kein Problem, wenn ich den Wagen gerade aus der Inspektion zurückbekomme. In der Werkstatt ist die erste Maßnahme schließlich, die Batterie sofort an ein Ladegerät anzuschließen. Warum bloß? Oh, danach geht der Motor an den nächsten drei Ampeln auch wieder aus. Yeah.
Letztes und eigentlich wichtigstes Thema, warum Mercedes nix für den Mittelstand ist: Die absurden Kosten und insbesondere das kundenorientierte Verhalten des Konzerns diesbezüglich. Über ein Preis-Leistungsverhältnis brauchen wir erst gar nicht zu sprechen.
Wenn ich von Mercedes „nur“ ein Premium-Produkt kaufe, muss ich in der Haltung trotzdem wie der Besitzer einer Luxus-Limousine blechen, für den die Kosten eine eher untergeordnete Rolle spielen. Dieses Gefühl werde ich bei meiner A-Klasse nicht los und ich spreche hier nicht von den etwas höheren Werkstattkosten für Inspektion, Wartung und Ersatzteile. Es ist schließlich immer noch ein Mercedes. Premium eben. Oder auch nicht.
Statt nach den ersten drei Jahren oder 30.000 Kilometern ist jedes Jahr oder jede 10.000 Kilometer der Besuch in der Werkstatt fällig. Das Auto bzw. der Konzern entscheidet, was gemacht werden muss, indem der Fehlerspeicher ausgelesen wird. Ist schließlich auch bei anderen OEM so. Neue Zündkerzen und neues Getriebeöl nach nicht mal 30.000 km! Weil das Auto zu wenig und zu selten auf Langstrecke bewegt wird? Stimmt nicht und dieses Problem kenne ich von keiner der fünf anderen Automarken, die ich in den letzten 32 Jahren gefahren bin. Trotz dieser exklusiven Pflege des Renault-Motors stieg der Spritverbrauch im Laufe der Jahre etwas. Ist halt ein „mercedisierter“ Motor. Ja, so nennt man die Aggregate konzernintern.
Dass ein Temperatursensor in der Dachbedieneinheit kaputt geht und die Temperatur nur noch auf Kühlschrank oder Sauna einstellbar ist, kann passieren. Das betrifft aber offensichtlich fast jede A-Klasse, die ein außenlaufendes Schiebedach und eine Bedieneinheit mit Brillenfach hat. Logisch, dass der Hersteller dafür keine Kulanz anbietet, denn „Premium“ endet bei Mercedes dort, wo das Produkt die Werksgrenze überschreitet, also hinter dem Betriebszaun, über den der Konzern nicht schaut. So eine Dachbedieneinheit kommt vom Bauteillieferanten, der natürlich auch keine Kulanz anbieten wird, denn Mercedes war nicht bereit den Preis zu bezahlen, der für den Verbau eines Premium-Temperatursensors nötig gewesen wäre. Das Beste kommt aber noch:
Ein Premium-Temperatursensor nimmt mehr Platz ein, der dann fehlt, um noch das Brillenfach in der Dachbedieneinheit unterzubringen. Ich und viele andere Käufer dürfen also für ein neues Bauteil bezahlen, bei dem ein zugegeben kleines Detail des Leistungsumfangs wegfällt. Wie komfortabel so ein Brillenfach sein kann, merkt man erst, wenn es weg ist. Nicht nett, dass mich die Niederlassung nach dem Austausch gar nicht darauf hingewiesen hat und ich mich während der Fahrt wundere, warum das nicht vorhandene Fach nicht aufgeht.
Fazit: A-Klasse und Service sehen wie Premium aus. Drin/Dahinter steckt aber kein Premium, sondern eine Mogelpackung, die mich nur als unzufriedenen Kunden zurück lässt.
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1 Antworten
Mercedes,nur ein Namen ,der in der älteren Genaration noch Wert hat . Es war einmal............