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Neues Urteil zum Schadensrecht (130%-Grenze)

Themenstarteram 18. Dezember 2007 um 22:38

Hallo zusammen,

 

nur zur Info für diejenigen, die es interessiert:

Der BGH hat gerade eine weitere Entscheidung zur sogenannten 130%-Grenze veröffentlicht. Es geht dabei um die Fälle, in denen die Reparatur des Wagens maximal 30% den Wiederbeschaffungswert übersteigt und der Geschädigte dennoch den Wagen repariert, weil er ein besonderes Interesse an der Weiternutzung des Wagens hat (Integritätsinteresse).

Bislang war hierfür nur erforderlich, dass der Geschädigte die sach- und fachgerechte Reparatur des Wagens nachweist.

Jetzt muss er zusätzlich nachweisen, dass er den Wagen einen längeren Zeitraum, in der Regel 6 Monate, weiternutzt.

 

Im Ergebnis bedeutet dies, dass in solchen Fällen zuerst nur auf Totalschadenbasis abgerechnet werden wird (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) und erst nach Ablauf von 6 Monaten und dem Nachweis der Reparatur die weiteren Reparaturkosten erstattet werden.

 

Was halten die anwesenden Profis davon?

Zum Urteil

 

 

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19 Antworten
am 19. Dezember 2007 um 1:30

***EDITIERT - bitte MT-Linkregeln beachten(Schreddi)***

Hi ja das Stimmt,

ist unfair aber dahinter steckt der Gedanke, dass der Wagen nach dem Unfall nicht einfach wieder Verkauft wird und somit auch noch Gewinn erzielt wird durch den Verkauf. Wenn jemand unbedingt das Fahrzeug Repariert haben will und dann die Opfergrenze überschreitet soll er gefälligst auch nachweisen, dass er den Wagen behält. 6 Monate ist lang aber fair. Bis dahin gibt es nur Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert

Gruss SV Hulich

@hafi:

auf den ersten Bilck mag man den Schluss ziehen, dass ab sofort bei jeden 130%-Fall eine 6-monatige Weiternutzung erforderlich ist. ich befürchte, dass sich insbesondere die Versicherer diese Argumentationsweise zu eigen machen und damit weiterhin die Geschädigten um berechtigte Schadensersatzleistungen bringen werden.

Der BGH hatte hier jedoch über einen Fall zu befinden, in dem ein Unfallopfer seinen Scjaden zwar fachgerecht hatte instandsetzen lassen, aber keine Reparaturrechnung vorweisen konnte, also fiktiv abrechnen wollte. Getreu seiner bisherigen Meinung "der Geschädigte soll am Unfall nichts verdienen" hat der BGH deshalb entschieden, dass dieser Fall genauso behandelt werden soll wie bei einer klassischen fltiven Abrechnung ohne Nachweis einer Reparatur. Der "Integritätszuschlag" ist schließlich dazu da, einem Unfallopfer es zu ermöglichen, sein "geliebtes Schnauferle" wieder in den ursprüglichen Zustand versetzen zu lassen. Macht er hierzu nachweisbare Aufwendungen, bekundet er sein Integritätsinteresse und hat auch weiterhin Anspruch auf die sofortige Bezahlung der durch Rechnung nachgewiesenen RepKosten. Kann er nicht den Nachweis führen, wieviel er konkret aufwenden mußte, soll ihm diese Möglichkeit versagt bleiben, solange er sein Fahrzeug nicht noch sechs Monate weiternutzt. Der 6. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat in der numehrigen Entscheidung VI ZR 89/07 mit keiner einzigen Silbe auch nur angedeutet, wie er mit einem Fall zu verfahren gedenkt, bei dem der Geschädigte den Nachweis einer Repaturrechnung führen kann. Insoweit verbleibt es meines Erachtens hier bei der bisherigen Regelung, dass die nachgewiesenen Kosten einer Reparatur sofort fällig und auch sofort zu begleichen sind, unabhängig vom Nutzungszeitraum nach dem Unfall. Diese Konstellation hat der BGH längst entschieden und auch die Instanzgerichte haben in den letzten Monaten etliche Urteile gefällt, in denen Sie ausgeführt haben, dass eine 6-monatige Nutzungsdauer bei nachgwiesenen Reparaturkosten nicht erforderlich ist. Daran werden auch die Versicherer nichts ändern können.

Wie stellt sich unser BGH denn die Finanzierung vor?

Nehmen wir mal nen jungen Wagen, 130% = 15000€

Bekomme ich vom BGH die Zinsen erstattet wenn ich 6 Monate lang meinen Dispo nutze(n muß) ?

Das geht doch etwas weit dieses Urteil.

Obwohl, mit dem Gehalt eines BGH-Richters könnte ich auch mal eben 5000€ Mehrkosten auffangen.

Gruß,

Joschi

am 19. Dezember 2007 um 21:13

Zitat:

Original geschrieben von joschi67

Nehmen wir mal nen jungen Wagen, 130% = 15000€

 

Gruß,

Joschi

Schlechtes Beispiel - hier wird das Intigritätsinteresse von der Werkstatt/dem Händler vorgegaukelt, um damit Geld zu verdienen.

Zitat:

Original geschrieben von xAKBx

 

Schlechtes Beispiel - hier wird das Intigritätsinteresse von der Werkstatt/dem Händler vorgegaukelt, um damit Geld zu verdienen.

Wieso schlechtes Beispiel?

Kauf dir einen 2 Jahre jungen Wagen auf Pump. Nach einem Jahr fährt dir einer herbe ins Auto.

Nun schauen wir mal was der Gutachter an WBW aufschreibt und was bei der Bank noch offen ist.

Da ist die 130% Reglung doch genau das was diese Lücke schließt.

Gruß,

Joschi

Zitat:

Original geschrieben von joschi67

Wie stellt sich unser BGH denn die Finanzierung vor?

Nehmen wir mal nen jungen Wagen, 130% = 15000€

Wenn du die 130% gem. Gutachten an Reparaturkostenaufwand wirklich ausschöpfst, wirst du i.d.R auch nicht fiktiv abrechnen.

Und die Fälle, in denen nicht fiktiv abgerechnet werden soll, tangiert das zitierte Urteil des BGH imho nicht, wie auch schon erläutert wurde.

Themenstarteram 19. Dezember 2007 um 22:55

@bernhard70:

Da kann ich Dir leider nicht zustimmen:

Die Unterscheidung ist im Rahmen der 130% Fälle hinfällig, denn es kann denknotwendigerweise keinen fiktiv abgerechneten 130%-Fall geben.

Anspruchsvoraussetzung ist der Nachweis der sach- und fachgerechten Reparatur.

Den es bei einer fiktiven Abrechnung ja gerade nicht gibt. Folglich verschwimmen hier die Grenzen. Mit anderen Worten, sobald 130% beansprucht werden, wird aus der fiktiven Abrechnung (bei der der Geschädigte eben nicht oder nur teilweise reparieren muss) eine konkrete, da jetzt eben repariert werden muss.

 

Was allerdings nicht gefordert wird, ist, dass für diesen Nachweis eine Rechnung vorgelegt werden muss. Es genügt dem BGH schon seit geraumer Zeit, dass die wertmäßige Reparatur, wie sie vom Sachverständigen kalkuliert wurde, tatsächlich erfolgt ist.

Folglich wäre in der vorliegenden Entscheidung das Ergebnis kaum anders ausgefallen, wenn der Kläger eine Rechnung vorgelegt hätte.

 

Entscheidend für den Kläger war, dass er den Wagen vorzeitig verkauft hat und damit eben nicht nachweisen konnte, dass er ein so gesteigertes Interesse an der Weiternutzung des Wagens hat, dass dies eine eigentlich unwirtschaftliche Abrechnung rechtfertigt.

 

@hafi: deine Rechtsansicht entspricht genau der Interpretationsweise, die wir in den nächsten Monaten von den Versicherern hören werden. Ich persönlich (ich bin nicht der BGH, sondern ein Anwalt, der ausschließlich Unfallopfer vertritt) meine, dass es auch bei der 130%-Regelung die Unterscheidung zwischen fiktiv und nicht fiktiv geben muß. Fiktiv rechnet derjenige ab, der die 130%-Grenze beansprucht, indem er lediglich die fachgerechte Reparatur nachweist, aber nicht verraten möchte, was er für die Reparatur bezahlen mußte, weil er entweder schwarz, billiger oder selbst repariert hat. Es besteht hier also die Vermutung, dass er dam Unfall verdienen will und nicht die komplette Schadensersatzleistung für die Schadsnbeseitigung ausgeben mußte. Hier ist es nur recht und billig, dem Geschädigten einen gesonderten Nachweis des Integritätsinteresses abzuverlangen. Ein Geschädigter hingegen, der sein Fahrzeug reparieren läßt und mittels Rechnung den Nachweis führen kann, dass er tatsächlich den gutachterlich ausgewiesenen Betrag aufwenden mußte (also eine konkret angefallene Vermögenminderung in Höhe der geschätzten Reparaturkosten zu beklagen hat) zeigt bereits sein Integritätsinteresse durch die Bezahlung der Rechnung an die Werkstatt bzw. durch die Eingehung der Verpflichtung, diese Rechnung zu begleichen. Die Interessenlage liegt hier völlig anders als bei einem fiktiven Abrechner, der nicht nachweist, was er tatsächlich ausgegeben hat, dann auf Basis von 130% abrechnet und das Fahreug gleich verkauft und dabei einen Gewinn macht.

Soweit meine Sicht der Dinge, wir werden in den nächsten Monaten weitere Prozesse zu dieser Problematik führen und abwarten, wie die Gerichte entscheiden.

ja ja, Bernhard, mit dem verstehen wollen habens einige nicht ganz leicht. Alles in einen Topf und Mixer drauf, fertig ist die Einheits-Denkweisen-Stock-Steif-Creme.... :D

 

Gruß Haule

Themenstarteram 20. Dezember 2007 um 20:42

@bernhard70:

Der Ansatz ist durchaus nachvollziehbar.

Andererseits kann man es auch genau andersherum sehen:

Hat nicht derjenige mehr Affekion bewiesen, der in Eigenarbeit den Wagen wieder herstellt?

Während demjeneigen, der meint, für ein vollständig repariertes Fahrzeug sei  mehr  Geld zu erzielen als  der  kalkulierte Wiederbeschaffungswert ausmacht und der eigentlich gar nicht vorhat, den Wagen selbst weiter zu nutzen, keine unwirtschaftliche Abrechnung zugestanden werden sollte?

Und genau um diese Überlegungen (sowohl der von Dir geschilderten Gruppe als auch der von  mir geschilderten) von vorneherwein auszuschließen, hat der BGH m.E. das 6 Monatskriterium eingeführt. Damit werdn nämlich alle gleich behandelt.

 

Entscheidend ist, dass die 130% eben eine Ausnahme in der Abwicklung des Sachschadens bleiben sollen und daher hohe Hürden aufgestellt werden.

 

Aber so es ist es eben mit den Entscheidungen aus Karlsruhe: in der Regel lassen sie allen Beteiligten, egal welchem Lager sie angehören, genügend Interpretations- und Diskussionsraum.

Das ist ja auch völlig in Ordnung, solange keiner behauptet, er sei der Einzige, der die Entscheidung richtig verstanden hat.

 

@Haule:

Kommt da auch mal was Fundiertes?

Naja, vielleicht besser so...

Zitat:

Original geschrieben von Hafi545

Während demjeneigen, der meint, für ein vollständig repariertes Fahrzeug sei mehr Geld zu erzielen als der kalkulierte Wiederbeschaffungswert ausmacht und der eigentlich gar nicht vorhat, den Wagen selbst weiter zu nutzen, keine unwirtschaftliche Abrechnung zugestanden werden sollte?

Und genau um diese Überlegungen (sowohl der von Dir geschilderten Gruppe als auch der von mir geschilderten) von vorneherwein auszuschließen, hat der BGH m.E. das 6 Monatskriterium eingeführt.

Das hieße doch in letzter Konsequenz, dass sich jeder, also auch diejenigen, die mit Erteilung des konkreten Reparaturauftrages und dessen Durchführung z.B. in einer Vertragswerkstatt ein Integritätsinteresse bekunden, potentiell bereichern will, es sei denn, er kann diesen "Anscheinsbeweis" nach 6 Monaten entkräften. Und bis dahin wird ihm dann ggf. noch die Bürde auferlegt, die Reparaturkosten zumindest teilweise zu finanzieren.

Imho tollkühn, dies aus dem BGH-Urteil zu lesen.

Soll halt der Versicherer unter dem Vorbehalt der Rückforderung regulieren und rückfordern, wenn das Fahrzeug - bei konkret nachgewiesener und vollständiger Reparatur "im Sinne des Gutachtens" wohl i.d.R die Ausnahme - bereits vor Ablauf der 6 Monate veräußert wird.

Und was ist wenn jemand einen Reparaturauftrag erteilt und sein Fahrzeug ordnungsgemäß laut Gutachten instandgesetzt ist, er aber nach wenigen Wochen nicht mehr in der Lage ist es zu nutzen? Sei es durch Verlust der Fahrerlaubnis, einer Krankheit oder dem Ableben bedingt. Wie reagiert hier die Versicherung?

Themenstarteram 21. Dezember 2007 um 19:30

 

Zitat:

Das hieße doch in letzter Konsequenz, dass sich jeder, also auch diejenigen, die mit Erteilung des konkreten Reparaturauftrages und dessen Durchführung z.B. in einer Vertragswerkstatt ein Integritätsinteresse bekunden, potentiell bereichern will

 

Nein, das heißt es nicht.

Es heißt, dass derjeneige, der eine Ausnahme für sich in Anspruch nimmt, nämlich vom Schädiger eine höhere Entschädigung zu erhalten, als ihm im Normalfall zustünde, hierfür auch besondere Anstrengungen, was den Nachweis angeht, erbringen soll.

 

@timerobber: ja und was passiert, wenn ein Meteorit zwei Tage vor Ablauf der 6 Monatsfrist auf den Wagen fällt?

Das sind doch absolute Ausnahmefälle, in denen man dann vermutlich eine einvernehmliche Lösung mit dem Geschädiogten erzielen wird. Sie sind aber sicher kein Argument, um damit das 6-Monatskriterium grundsätzlich in Frage zu stellen.

Zitat:

Original geschrieben von Hafi545

Nein, das heißt es nicht.

Es heißt, dass derjeneige, der eine Ausnahme für sich in Anspruch nimmt, nämlich vom Schädiger eine höhere Entschädigung zu erhalten, als ihm im Normalfall zustünde, hierfür auch besondere Anstrengungen, was den Nachweis angeht, erbringen soll.

Doch, das heißt es. :D

Und warum soll derjenige, der offiziell einen Reparaturauftrag erteilt und eine Rechnung vorlegt, die das ausweist, was geltend gemacht wird, mit demjenigen gleichgestellt werden, der nichts von alledem beibringt und damit im Ansatz den Anschein erweckt, er könne sich bereichern?

Soll doch der, der den tatsächlich aufgewendeten Reparaturbetrag konkret nachweist, dann - wenn man ihm per se schon keinen Glauben schenken will - 6 Monate später (nach Erhalt des vollen Betrages) noch einen Beleg nachreichen, dass er nach wie vor das Fahrzeug nutzt (oder aus nachvollziehbaren Gründen trotz des ursprünglichen Willens nicht mehr nutzen kann), und gut is´.

Oder nicht?

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