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Und ist das Urteil noch so schlecht...

Themenstarteram 11. März 2014 um 14:44

...der BGH hat immer recht:

http://www.handelsblatt.com/.../9592856.html

Da fällt mir nix druckfähiges zu ein...

Beste Antwort im Thema

Können wir bitte nochmal auf den geschilderten Fall kommen ?

Wer kein Vertrauen in unser Rechtssystem hat, wir haben Reisefreiheit. :cool:

Zurück zu dem Fall, über den sich manche so aufregen.

Ich habe gearbeitet, damit sich unsere Hobby-Juristen etwas beruhigen können. ;)

Die Malaise beginnt schon damit, dass Lewellyn einen Artikel aus dem Handelsblatt verlinkt hat. Die haben die Meldung vielleicht von irgendeiner Presseagentur, wollen ihren Lesern was mitteilen und schreiben eine reißerische Überschrift:

„Rammen ist keine gefährliche Körperverletzung“

Dann liest man drei Sätze, empört sich über die blöden Richter und schon kocht die Motorrad fahrende Volksseele.

Ich habe mich schon bei der Lektüre dieses Artikels gewundert, dass man nur über die gefährliche KV gesprochen hat, die der Senat des BGH nach geltender Rechtssprechung korrekterweise nicht sah, weil das Tatmittel Kfz nicht in direktem Kontakt mit dem Körper des Verletzten geriet.

Ganz egal, was manche Hobbyrechtler darin zu erkennen glauben, es ist so.

Liest man den Artikel, so entsteht der Eindruck, der Autofahrer werde „nur“ wegen Körperverletzung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt. Das ist Blödsinn.

Hätte ich den Fall zu bearbeiten, würde mir zunächst nicht eine Körperverletzung, sei sie nun gefährlich oder nicht, in den Sinn kommen, ich würde den Tatbestand des § 315b StGB prüfen und zu dem Ergebnis kommen, dass der eindeutig erfüllt ist.

Auch die Voraussetzung des 315 Abs. 3 scheinen erfüllt und das bedeutet, es handelt sich um ein Verbrechen. Ein Verbrechen unterscheidet sich von einem Vergehen dadurch, dass die Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr liegt. Unter den gegebenen Voraussetzungen wäre die Strafandrohung nach 315b (gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr) nicht unter einem und bis zu 10 Jahren Haft. Das ist ordentlich.

Für die gefKV gäbe es 6 Monate bis 10 Jahre. Bleibt dennoch ein Vergehen.

Wieso fehlt der 315b ? Ich habe nachgeforscht. Er fehlt nicht. Nur das Handelsblatt hat ihn unterschlagen, sonst wäre die Story nämlich keine mehr. Wir lesen nochmals genauer nach: "zunächst unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung". Das „unter Anderem“ ist nämlich 315b, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Besitz von BTM, Unfallflucht, eine weitere gef.KV etc.pp. Der Mann ist kein unbeschriebenes Blatt. Offensichtlich gab es auch eine Täter-Opfer - Beziehung

Nun darf sich die Volksseele wieder beruhigen, denn das Landgericht Leipzig hat den Beschuldigten auch so verurteilt. Eine KV würde wohl auch nicht vor dem LG verhandelt, sondern vor dem AG. Landgerichte machen die eher schweren Fälle.

 

Weiter schreibt das Handelsblatt, dass der Verurteilte mit dem Strafmaß nicht einverstanden war und deshalb in Revision ging. Das ist auch Quatsch. Noch dazu hat man schlecht recherchiert, denn der bekam nicht 2 Jahre 11 Monate, sondern 2 Jahre und 10 Monate.

Jetzt ist es hilfreich zu wissen,was denn eine Revision überhaupt ist.

In Revision kann man nämlich nur wegen eines Verfahrens- bzw. Formfehlers gehen.

Neue Beweisaufnahmen und eine Änderung des Urteils weils denn so brutal ist, wären sonst im Wege der Berufung möglich. (Verfahrensinhalte)

Und hier hat der schlaue Anwalt des Beschuldigten nichts Anderes als seine Arbeit getan, für die er Honorar erhält: Er hat nachgeschaut und ältere Urteile gefunden, die denselben Tenor haben: Keine Berührung, keine gefKV. Fertig. Das Landgericht wusste das wohl auch und hat deshalb die Revision zugelassen.

Dem BGH blieb ja gar nichts anderes übrig, als insofern das Urteil zu kassieren, festzustellen, dass der Tatbestand (und zwar der objektive) der gefKV nicht erfüllt ist und das Verfahren insofern an eine andere Kammer des Landgerichts zurück zu verweisen.

Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass diese Kammer zu einem wesentlich milderen Urteil kommt. Vielleicht ein paar Monate weniger, aber der 315b steht felsenfest.

Wer das genauer nachlesen will, kann das hier machen.

http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/4/13/4-453-13.php

Da steht ein bißchen mehr drin, als im Handelsblatt. Für Leute ohne juristische Vorbildung schwere Kost, das gebe ich zu. Deshalb habe ich versucht, es ein wenig zu erläutern

Damit sich die Volksseele wieder beruhigt.:p

 

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Rechts im Bild - die Z1000!

Die Spiegel sehen echt kacke aus.

Natürlich ist das keine gefährliche Körperverletzung, das ist versuchter Mord.

*kopfschüttel*

P.S.: Wie ist das eigentlich, wenn ich auf einen schiesse? Da hat weder meine Hand, noch meine Schußwaffe Kontakt zum Körper des Opfers... Ist doch nicht meine Schuld, wenn sich der Doof an der Patrone verletzt, die ich *hüstel* "verloren" habe...

Zitat:

Original geschrieben von Lewellyn

...der BGH hat immer recht:

http://www.handelsblatt.com/.../9592856.html

Da fällt mir nix druckfähiges zu ein...

Für mich wäre da kein Unterschied.

Fakt ist es war beabsichtigt und somit ist nicht zu unterscheiden ob erst der Sturz oder erst der Kontakt

Zwischen Auto und Körper stattgefunden haben soll der die Verletzung verursachte.

So meine Meinung

Zitat:

Nach dem Gesetz hätte ein unmittelbarer Kontakt zwischen Fahrzeug und dem Körper vorliegen müssen, damit die Straftat als gefährliche Körperverletzung gewertet werden kann. (Az. 4 StR 453/13).

Ah? da ist ja meist doch noch ein Stück Stoff oder Leder zwischen...:mad:

Was ist denn der Unterschied im möglichen Strafmass? Jeder, der mal auf dem Motorrad

von einem Auto abgeschossen worden ist, weiss das es sowohl körperverletztend als

auch gefährlich ist. Das hätte der Richter ja mal ausprobieren können, dann hätte das Urteil

womöglich anders gelautet.:rolleyes:

Da kann man mal wieder sehen wie Weltfremd der Richter ist!

Kann ja mal den Unfall nachstellen, und zwar auf dem Motorrad sitzend, und dann seine Meinung nochmal im Krankenhaus überdenken...

Themenstarteram 11. März 2014 um 15:06

Tret ich jemandem den Stuhl unterm Hintern weg und er bricht sich beim Sturz den Schädel, war das auch keine Körperverletzung?

 

am 11. März 2014 um 15:09

Ist doch klar, der Autofahrer hatte keinen Führerschein wodurch strafmildernd ...............

am 11. März 2014 um 15:21

Ist nicht leicht zu verstehen ...

Aber es geht um die Differenzierung zwischen

a) Körperverletzung § 223 StGB

b) Gefährliche Körperverletzung § 224 StGB

c) Schwere Körperverletzung § 226 StGB

Körperverletzung ist es auf jeden Fall.

am 11. März 2014 um 15:25

Zitat:

Nach dem Gesetz hätte ein unmittelbarer Kontakt zwischen Fahrzeug und dem Körper vorliegen müssen, damit die Straftat als gefährliche Körperverletzung gewertet werden kann.

Naja, aber wenn man diese Begründung liest, kann man nur mit dem Kopf schütteln.

In welchem Fall kam oder kommt es denn zuerst zum Körperkontakt? Doch nur wenn der Motorradfahrer neben seinem Bike steht.

Das Deutsche (Un)Recht ist einfach zu kompliziert und kleinkariert.

 

am 11. März 2014 um 15:33

Körperverletzung ist der Schlag ins Gesicht, gefährliche Körperverletzung ist, wenn ich dafür einen Baseballschläger benutze, , schwere Körperverletzung ist, wenn dadurch ein bleibender Schaden entsteht, z.B Auge weg ... (grob beschrieben)

Zitat:

§ 224 Gefährliche Körperverletzung

(1) Wer die Körperverletzung

1.durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,

2.mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,

3.mittels eines hinterlistigen Überfalls,

4.mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder

5.mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung

begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Ganz interessant, dieser Ausflug ins deutsche Recht, dank des Kandidaten...

Also, der Unterschiede zwischen einfacher, schwerer und gefährlicher Körperverletzung ist ja soo riesig nicht...

Ich finde aber trotzdem, dass einen Motorradfahrer mit einem PKW vorsätzlich vom Bock zu fahren,

sowohl ein hinterlistiger Überfall als auch eine lebensbedrohende Behandlung ist.

Zitat:

Original geschrieben von Lewellyn

Tret ich jemandem den Stuhl unterm Hintern weg und er bricht sich beim Sturz den Schädel, war das auch keine Körperverletzung?

Es geht doch hier nur um das Attribut gefährlich!

Der Autofahrer hat eine Körperverletzung gegangen, aber keine gefährliche Körperverletzung.

Ich kann den BGH sogar verstehen!

Schließlich möchte man einen Unterschied sehen, zwischen wenn das Motorrad nur umkippt und wenn der Autofahrer gleich über den Motorradfahrer drüber fährt! :rolleyes:

am 11. März 2014 um 15:38

Wenn man das Auto als Waffe definiert muss es also den Fahrer treffen ... eigentlich ganz einfach :D

Themenstarteram 11. März 2014 um 15:41

So weit mir das bewusst ist, gilt ein Auto als gefährliches Werkzeug. Warum der BGH hier die Kausalität unterbricht, kann ich nicht nachvollziehen.

Aber da gilt der oberste Lehrsatz der Juristen (hier auch als Threadtitel verwendet).

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