Der Jeep Grand Cherokee Trackhawk ist ein Racer, ein SUV mit Hellcat-Motor. 710 PS bewegen ein 2,5 Tonnen-SUV. Wir bewegen den V8-Dinosaurier auf der Rennstrecke.
Balocco – Stärkstes SUV, schnellster Jeep – die offiziellen Superlative werden diesem Auto nicht ganz gerecht. Der Jeep Grand Cherokee Trackhawk ist der aktuell ausgestreckteste Mittelfinger in Richtung automobiler Vernunft. Denn: 710 PS in einem SUV, knapp 290 km/h Spitze mit einer Grand Schrankwand, ein Fahrwerk, das einen 2,5-Tonnen-Klops sportlich machen soll - die Frage nach dem Sinn des Trackhawk diskutiert wohl nicht nur der Nissan-Leaf-Stammtisch. Für die Rennstrecke sei er gedacht, lautet die Antwort von Jeep – sie stecke bereits in der Typenbezeichnung (Track = Kurs). Genau da testen wir ihn, auf den Rundkurs des FCA-Testgeländes im italienischen Balocco. Der Hellcat-Motor für DeutschlandQuelle: FCA Kurz bevor die Kurbelwelle des 6,2-Liter-Aggregats 4.000 Umdrehungen erreicht, setzt der Schub so richtig ein. Dazu ertönt ein Sound, grimmig, laut, hochfrequent - als hätte Ozzy Ozbourne das Blut seiner Fledermaus ins aufgerissene Mikrofon gegurgelt. Ami-Fans kennen dieses Triebwerk unter dem Namen Hellcat. Viele der nach Europa importierten Dodge Challenger oder Charger tragen den Achtzylinder mit Kompressor. Im Grand Cherokee kommt der Motor nun erstmals offiziell nach Deutschland. Bisher war ein 6,4-Liter-Sauger mit 468 PS das stärkste Aggregat im Grand Cherokee. Der sieht gegen den Trackhawk eher zahm aus. Den Grand Cherokee SRT kann man folgendermaßen vom Trackhawk unterscheiden: Wenn im Rückspiegel große Lufteinlässen anstelle der Nebelscheinwerfer sowie Luftauslässe an der Motorhaube zu sehen sind, will das Topmodell vorbei. Mit Launch Control in 3,7 Sekunden von 0 auf 100 km/hIm schärfsten Fahrmodus des Trackhawk knallt die Achtgang-Wandlerautomatik erbarmungslos durch die Fahrstufen, der Jeep scheint dann provozierend zu nicken. Über die zierlichen Schaltpaddles am Lenkrad kann der Fahrer auch selbst schalten. Das System setzt den Wunsch allerdings nicht ganz so schnell um, wie die Ganganzeige im Digitaltacho suggeriert. Quelle: FCA Auf der Geraden lässt man den Trackhawk am besten automatisch nachlegen. Und starten: Im Menü der Launch Control kann die gewünschte Drehzahl gewählt werden. Bis zu 3.500 Umdrehungen sind möglich. Dort hält der Grand Cherokee den Motor dann. Der Fahrer tritt das Gas durch und nutzt das Bremspedal wie eine Kupplung – die er so gefühllos schnalzen lassen kann wie in einem schwachbrüstigen Saugdiesel. Auf diese Art erreicht der Jeep nach 3,7 Sekunden Tempo 100 und kommt nach 11,7 Sekunden bei der 200 km/h-Marke an. In schnellen Kurven erleichtert früheres Hochschalten die Arbeit. Erreicht der Motor „Mid-Corner“ seine Drehmomentspitze von 868 Newtonmetern, kommt ganz schön Bewegung in die Fuhre. Meistens erntet man dann leichtes Untersteuern, manchmal einen dezenten Heckausbruch. Heckbetonter AllradantriebDer Grand Cherokee Trackhawk ist ausschließlich mit Allradantrieb erhältlich. In den Hellcat-Modellen ist der keine Option. Im Track-Modus gelangen standardmäßig 70 Prozent der Kraft an die hinteren Räder. In den anderen Modi geht das Moment in 5-Prozent-Schritten nach vorn. In den Programmen für rutschige Untergründe hält das System möglichst lange an einer 50:50-Kraftverteilung fest. Im Rennstrecken-Programm sieht das Stabilitätsprogramm vieles entspannter. Ganz deaktivieren lässt es sich nie, doch mit ruhender Traktionskontrolle sind leichte Drifts möglich. In engen Kurven klappt das gut – hier fühlt sich der Jeep weit leichter an, als er eigentlich ist. Klar, wenn (mindestens) 2.531 Kilogramm einmal nach außen streben, dann dauert es, bis sich das Auto wieder stabilisiert. Doch diesseits des Limits lässt sich mit einem kurzen Lupfen das Heck zum Mitlenken motivieren. Quelle: FCA Der Trackhawk kommt mit der Leistung eines Supersportlers, aber mit einem ganz anderen Fahrverhalten. Die adaptiven Dämpfer von Bilstein sind selbst in der härtesten Stufe noch weich. Seine Lenkung bleibt zu stumpf, um den Jeep wie ein Filetmesser führen zu können. Der Vorteil: Man kann mit dem Auto spielen. Ungefähr ist genau (und schnell) genug. Der Nachteil: Man schwimmt immer ein wenig dahin. Es fühlt sich nach besonders starkem Seegang an, wenn der Jeep beim Anbremsen auf der Nase steht. Immerhin: Die Brembo-Stopper mit 400 Millimeter Durchmesser vorne und 350 Millimetern hinten kommen mit dem schweren Grand Cherokee gut zurecht. Wer tatsächlich mehrere Umläufe am Stück glühen will, sollte Auskühlrunden einplanen. Für manche zu viele, für alle zu wenigeQuelle: FCA Unsere Vermutung: Die meisten Trackhawk-Modelle werden nie einen Track sehen. Wo man ihn sonst antrifft? Die bisherigen 150 deutschen Kunden des ab 119.000 Euro teuren Grand Cherokee sollen jedenfalls eine recht heterogene Gruppe darstellen. Hauptsächlich Ami-Anhänger und Jeep-Markenfans. Ein paar Umsteiger von potenten SUV deutscher Hersteller. Manche von ihnen wollen wohl druckvoll übers Land heizen, andere die linke Spur der Autobahn beherrschen. Oder einfach: ziehen. Die maximale Anhängelast liegt bei 2.949 Kilogramm. In jedem Fall erschwert das "Track" im Namen den Alltag kaum. Innenraum und Gepäckablagen entsprechen weitestgehend jenen im gewohnten Grand Cherokee. Die stark taillierten Sportsitze mit Trackhawk-Aufschrift muten wilder an als sie sind. Der Komfort genügt für lange Strecken. Der limitierende Faktor beim Kilometerfressen ist eher der Durst des Trackhawk. Ein Fahrzeug mit 16,8 Litern Verbrauch (laut Herstellerangabe!) schlürft einen 90-Liter-Tank in der Praxis wohl aus, ehe der Tageskilometerzähler eine "500" anzeigt. Nein, viele werden für den saufenden Dinosaurier heutzutage kein Verständnis haben. Warum trotzdem niemand Mahnwachen vor der Super-Zapfsäule abhalten muss? Der V8-Kompressor-Jeep wird auf dem alten Kontinent selten bleiben. Wie viele der in Detroit gebauten Exemplare für Europa bestimmt sind, ist noch nicht klar. Doch es gilt als wahrscheinlich, dass man die (absolut gesehen überschaubare) Nachfrage nicht decken können wird. Technische Daten Jeep Grand Cherokee Trackhawk
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