Alte VW-Busse mag fast jeder, aber nicht jeder mag sie so sehr wie Lucas. Der Berliner betreibt eine T2-Vermietung und einen Handel mit alten VW Bulli. Reportage.
Quelle: Arild Eichbaum für mobile.de Von Arild Eichbaum Berlin – Der Chef nervt, die Kollegen auch und eigentlich wollt Ihr etwas ganz anderes machen? Vielleicht ist es Zeit für den Sprung in die Selbständigkeit. Lucas hat genau das getan – und aus seiner Begeisterung für alte Bullis ein Geschäft gemacht. Was man können muss, will man sein Geld mit einem Hobby wie alten VW-Bussen verdienen? Eine ganze Menge, wie Lucas' Beispiel zeigt. Seine Firma "Old Bulli Berlin" hat sich auf den Handel mit und die Vermietung von alten VW-Transportern spezialisiert. Benzin im Blut ist eine Voraussetzung, weitere Vorkenntnisse sind durchaus sinnvoll: kaufmännische etwa, Fähigkeiten in Finanzen und Steuern. Kompetenz bei Versicherungen sei weiterhin hilfreich, Erfahrung im Marketing genauso, findet Lucas. Quelle: Arild Eichbaum für mobile.de Der 29-Jährige bringt es auf den Punkt: „Eigentlich musst du von allem Ahnung haben, sonst musst du machen, was andere sagen und darauf blind vertrauen.“ Das führt direkt zu den charakterlichen Qualitäten, die ein Gründer brauche: „Ohne den Willen, ständig zu lernen, geht es einfach nicht. Du musst dich auf immer neue Dinge und Gegebenheiten einlassen. Eigenmotivation und Durchhaltevermögen sind auch extrem wichtig, die Stimmung kann an nur einem Tag schwanken wie eine Sinuskurve. Du musst Niederlagen einstecken können, aber diese anschließend auch analysieren.“ Der erste Businessplan nach 2 JahrenWas nicht heißt, dass jedem Schritt eine umfassende Analyse vorausgehen muss. Bauchgefühl sei ungemein wichtig, ein gewisses Maß an Risikobereitschaft und das Fällen schneller Entscheidungen ohnehin. Unabdingbar außerdem: hohe Belastbarkeit. Wer in seinem eigenen Startup, ob es nun Apps programmiert oder Bullis an den Mann bringt, auf geregelte Arbeitszeiten besteht, sollte lieber Angestellter bleiben. „Die ersten Jahre sind absolut anstrengend. Zuerst bist du ganz allein für dich verantwortlich, dann hast du irgendwann fest angestellte Mitarbeiter und trägst für sie auch noch Verantwortung!“ Der erste Businessplan wurde vor einem Jahr aufgestellt, zwei Jahre nach Gründung von Old Bulli Berlin. Zunächst klappte es auch ganz gut ohne einen solchen Plan - auch wenn das im Rückblick ziemlich naiv gewesen sein mag, erinnert sich Lucas. Immerhin: Womöglich wäre es nicht zu einer Selbständigkeit gekommen, hätte ein zuerst aufgestellter Businessplan hier und da nicht rosig ausgesehen. Wie war das gleich mit der Risikobereitschaft? Ohne Plan ging es jedenfalls irgendwann nicht mehr weiter. Der wird nun laufend abgearbeitet und aktualisiert. Aus der wilden Anfangszeit geblieben ist jedoch die Freude über die – zumindest größtenteils – freie Zeiteinteilung, der Status als eigener Chef und die Selbstverwirklichung. „Tatsächlich habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht. Es ist wirklich ein großes Glück, dass ich machen kann, was mich und andere glücklich macht. Wir zaubern unseren Kunden ein Lächeln ins Gesicht, das treibt einen unglaublich an!“ Auf Merchandise hat VW den DaumenWas diese Endorphine bei Lucas und seinen Kunden freisetzt, sind die Vermietung von und der Handel mit VW T2-Bussen. Der Verkauf von restaurierungsbedürftigen bis einsatzbereiten T2 hebt Old Bulli Berlin von anderen Vermietern klassischer VW Busse ab. Daneben betreibt die Firma einen „Fotobulli“, dessen Inneres einen kompletten Fotoautomaten birgt. In Planung ist außerdem ein Bar-Bulli. Der Fotobulli war so ein Erfolg, dass er gegen ein gutes Gebot den Eigner wechselte. Quelle: Arild Eichbaum für mobile.de „Merchandise ist wiederum ein schwieriges Thema“, gibt Lucas zu. „Da hat VW ziemlich den Daumen drauf. Aber gut, sie haben das Fahrzeug erfunden. Ich habe allein ein halbes Jahr benötigt, um mit Volkswagen einen Lizenzvertrag für die Nutzung des Namens Bulli sowie des VW-Emblems abzuschließen und vom Land Berlin eine Konzession zur Personenbeförderung zu bekommen.“ Letztere war erforderlich, weil zwei der derzeit sechs Busse des Fuhrparks ausschließlich mit Chauffeur vermietet werden. Samt und sonders handelt es sich bei den Bullis um T2b mit 69 PS, damit kämen die Leute problemlos klar. In der Regel sei die eigene Angst größer als die der Fahrer, sagt Lucas - zu Unfallschäden ist es bisher nicht gekommen. Busse, überall auf der WeltWarum er keine Transporter der dritten Generation, umgangssprachlich T3, vermietet? Immerhin genießen die mittlerweile auch Kultstatus? Lucas zuckt mit den Schultern. Zu rostanfällig das Blech, die Wasserboxer-Motoren zu kompliziert. Als Abrundung des Angebots gab es 2017 einen Käfer. Was treibt einen jungen Mann an, seine Tage mit Fahrzeugen zu verbringen, die mehr Jahre auf dem Buckel haben als er selbst? „Das ist ein persönliches Faible, das ich mit 13, 14 Jahren entwickelt habe. Mit 17, 18 bekam ich dann Ersatzteile, entsprechende Poster und Waschtaschen und so weiter“, sagt Lucas. Sein erstes Auto war ein T3 Carthago. Den Camper übernahm er von einem Rentner. Seine Ausbildung absolvierte er im VW-Autohaus Möbus – zum Automobilkaufmann. „Nach 13 Jahren Schule, dreijähriger Ausbildung und anderthalb Jahren Arbeit stand mir der Sinn nach einer Weltreise – ohne den T3, aber mit einem Kumpel“, erzählt Lucas weiter. Überall auf der Welt sah er VW-Busse, in Asien, Australien, Neuseeland und besonders viele in den USA. „Ich dachte: Das kann doch nicht wahr sein, dass ich die überall in der Welt sehe, nur in Deutschland eher wenig“. Dabei hätten gefühlt 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung positive Gefühle für die alten VW Busse. Am Walk of Fame in Los Angeles kam Lucas dann die Idee, VW-Klassiker für Hochzeitsfahrten und ähnliches einzusetzen. Nach einer Woche Suche in Kalifornien schnappte sich Lucas einen Tag vor Heimflug einen VW T2a von einem Surfer. Zu diesem Restaurierungsobjekt gesellte sich bald ein zweiter Sanierungsfall. Im Mai 2014 ging das Geschäft auf eigene Rechnung los. Das Verleihgeschäft ist saisonalQuelle: Old Bulli Berlin Der Mai ist auch heute ein wichtiger Monat für das Geschäft mit den alten Bullis. Das Vermietgeschäft ist ein Saisongeschäft. „Von April bis Oktober ist die für uns wichtige Hochzeitssaison, da sind dann auch jede Menge Touristen in der Stadt. Die dunklen Monate über ist verständlicherweise weniger los, dafür hatten wir kürzlich etwa einen Messeauftritt oder ein TV-Team zu Gast.“ Beim Handel sieht es ganz anders aus: unberechenbar. Mal finden in einer Woche drei Busse ein neues Heim, mal herrscht drei Monate lang Flaute unterm Dach der ehemaligen Tankstelle. Die schätzt Lucas nicht nur, weil sie farblich zum bestehenden Logo der Firma passte und zusätzlich reichlich Unterstellplatz und eine Werkstatt mit Hebebühne bietet. Sondern auch, weil dort Platz für die Büros ist – was ihm die örtliche Trennung zwischen Arbeit und Freizeit erlaubt. Auch das sollten angehende Unternehmer berücksichtigen. Die Mietwagen stehen indes nicht an der Tanke, sondern in einer separaten, geschlossenen Halle. So vermeidet das Team, sie ständig auf Hochglanz halten zu müssen. „Das ist perfekt so, es ist einfach großes Glück! Weniger glücklich bin ich zuletzt mit Marketing und Vertrieb gewesen, daher stelle ich gerade das Team um. Künftig will ich alles etwas schmaler halten und vieles auslagern“. Ein Mitarbeiter für die Vermietungen soll trotzdem stets vor Ort sein. „Was ich anfangs unterschätzt habe: Trotz allen Tatendrangs musst du zur Ruhe kommen und Arbeit auch an andere abgeben können,“ sagt Lucas. Und dreht sich wieder zu seinen Bullis.
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