Der VW Bulli ist längst Legende, und erschwinglich ist nur noch der T3. Wir haben uns von zwei Bus-Experten die häufigsten Mängel des Kult-Transporters zeigen lassen.
Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK Von Haiko Prengel Berlin - Die erste Lektion beim Bulli-Kauf: Lass dich nicht von großflächigem Rostfraß irritieren. Detlef Dürr ist in der Hinsicht fatalistisch. „In den Fugen gammeln sie doch alle“, sagt der 46-Jährige. Er sollte es wissen, seine Werkstatt im Südosten Berlins hat sich überregional einen Namen gemacht, weil er und sein Partner Ralf Drange sich besonders gut mit dem T3 auskennen. Bei der dritten Bulli-Generation ist die Karosserie aus einzelnen Blechteilen zusammengeschweißt - deshalb gibt es kaum noch einen T3, bei dem die braune Pest nicht aus den Nähten platzt. Nun, wenigstens gammeln die Busse ehrlich, könnte man sagen. Man weiß sofort, woran man ist. Bei einem gelben „Lufti“ auf dem Hof - einem luftgekühlten Exemplar von 1980 – sieht man allerdings fast nichts vom Rost. Die Fugen wurden einfach zugespachtelt. Rostbehandlung auf die einfache Art. Manche würden sagen: kriminell. „Da ist der Kunde richtig übern Nuckel barbiert worden“, meint Dürr ohne große Verwunderung. Bulli kaufen und Bulli fahren – das heißt im Jahr 2016 auch, die Ansprüche herunterschrauben. Und zwar gewaltig. Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK VW Bus T3: Der letzte echte BulliDer Auto-Service-Bohnsdorf von Dürr und seinem Partner ist typenoffen. Aber aus ganz Deutschland kommen die Kunden nach Bohnsdorf, um ihren Bulli fit machen zu lassen. Für viele Volkswagen-Fans gilt der von 1979 bis 1992 produzierte T3 als „letzter echter Bulli“, weil er noch mit Heckmotor gebaut wurde. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern ist er noch einigermaßen erschwinglich. Während T1 und T2 bald wohl nur noch in Sammlungen stehen – der Marktwert eines T1 Samba liegt bei wahnwitzigen 100.000 Euro – ist der T3 noch massenhaft auf den Straßen zu sehen. Die Bandbreite reicht vom heruntergerockten Ex-Postbus mit Wartungsstau bis zum Edel-Multivan, der teurer ist als manch neuer Familienkombi. Und genau hier liegt die Crux: Der kantige Achtzigerjahre-Transporter wurde in derart vielen verschiedenen Varianten gebaut, dass man kaum von „dem“ T3 sprechen kann. Doka, Pritsche, Transporter, Caravelle, Multivan und diverse Camper-Ausführungen – da ist es selbst für Kenner schwer, den Überblick zu behalten. Viele Fahrzeuge sind so verbastelt, dass man nur noch an der Fahrgestellnummer überprüfen kann, in welchem Ur-Zustand der Bus einst vom Band rollte. Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK Zwei Generationen T3 mit Luft und WasserHinzu kommt, dass der T3 in zwei Modell-Generationen gebaut wurde, die sich grundlegend voneinander unterscheiden. Es gibt die „Luftis“ mit luftgekühltem Boxer-Motor (bis 1982) und die mit Wasserboxer. Letztere sind kultivierter, allerdings erfordert der Wasserboxer ein komplexes Kühlsystem. Das wird im Alter störanfällig. Der gelbe Bulli in Bohnsdorf ist ein „Lufti“, erkennbar am fehlenden unteren Kühlergrill. Das Fahrzeug könnte mal bei der Deutschen Post im Einsatz gewesen sein, meint Kfz-Mann Dürr. Genau weiß man es nicht. Vermutlich nachträglich hat einer der Besitzer dem Bus ein Hochdach spendiert und ihn zum Camping-Mobil umgebaut. Bei der Rostvorsorge nahm man es nicht so genau, dort lautete das Motto eher „Spachtel statt Blech“, sagt Dürr. 3.500 Euro habe eine junge Dame für den Bulli ausgegeben. Doch Fahrwerk und Elektrik sind marode, die Reparaturkosten werden sich locker auf 3.000 Euro belaufen. Hinzu kommen voraussichtlich umfangreiche Schweißarbeiten. „Wenn der Klempner auch noch kommen muss, wird’s natürlich teurer“, meint Dürr. Genaues kann er aber erst sagen, wenn der Wagen auf der Bühne war. Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK Der Bulli braucht ein neues DachDort steht bereits ein anderer Bulli. Der beige T3 hat schon bessere Tage gesehen, der Lack ist ganz ausgeblichen, aber das ist für den Besitzer nur Kosmetik. Gravierender: Wassereinbruch im Bereich der vorderen Scheibenrahmen. Eigentlich war der Kunde nur in die Werkstatt gekommen, weil der Bulli Öl verliert. Bei der Durchsicht entdeckten die Bulli-Profis, dass das Dach im Frontbereich durchgefault war. Ein neues Dach musste her, Kostenpunkt inklusive Schweißarbeiten: 2.000 Euro. Dabei wird es nicht bleiben, denn die Mängelliste ist noch lange nicht abgearbeitet. Fugenrost gehört auch hier dazu. Es sind beträchtliche Summen, die eine Bulli-Restauration verschlingen kann – und oftmals übersteigen sie den Zeitwert des Klassikers bei Weitem. Doch Bulli-Fahrer haben eine erstaunlich hohe Schmerzgrenze, berichtet Dürr. Der T3 sei einfach ein ungeheuer praktisches Auto mit hohem Nutzwert. Und relativ einfach zu reparieren – während man an einem modernen T6 praktisch nichts mehr selbst machen kann. Gerade auf Urlaubsreisen kann das von großem Nachteil sein. Einen liegengebliebenen T6 kann man nicht mal eben am Straßenrand in Südfrankreich reparieren, einen T3 schon eher. Ersatzteile gibt es noch an jeder Ecke, auch im Ausland. Hinzu kommt der Kultfaktor. „T3-Fahrer grüßen sich alle – egal, ob Postbus oder Caravelle“, sagt Marius Brune von Classic Data, der Sachverständigenorganisation für klassische Fahrzeuge. Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK Die Preise für den VW T3 steigenClassic Data beobachtet seit mehr als 30 Jahren die Preisentwicklung historischer Fahrzeuge – und unterhält selbst einen T3 als Firmenauto, eine ehemalige Feuerwehr. Das große Plastiklenkrad, die hohe Sitzposition direkt über der Vorderachse - das Fahrgefühl sei einmalig, schwärmt Brune. „Und trotzdem sei man erstaunlich agil mit dem Auto.“ Tatsächlich fährt sich der T3 fast wie ein Pkw. Gleichzeitig hat er das Fassungsvermögen eines Kleinlasters. Das freut Surfer, Camper und Familien mit vielen Kindern. Und so wird sein Kultfaktor dem T3 immer mehr zum Verhängnis. Die Preise sind enorm gestiegen. Kostete ein Multivan mit 1,9-Liter-Maschine und 78 PS vor fünf Jahren noch durchschnittlich 10.700 Euro, sind es inzwischen 18.300 Euro (Zustand zwei). Für Sondermodelle wie Bluestar, Whitestar oder Carat muss man auch mal 30.000 Euro und mehr hinblättern. Selbst der Preis für einen Basis-Bus mit Wasserboxer hat sich fast verdoppelt: von 5.300 auf 11.500 Euro. Zum anderen führt die Beliebtheit des T3 zu einem anderen Phänomen, das T1- und T2-Fahrer schon lange kennen. Neben allen technischen Defiziten der Achtzigerjahre-Transporter ist das ein ganz „massives Problem“, sagt Experte Dürr: „Die Dinger werden an jeder Ecke geklaut.“ Und so sind Parkkralle oder Lenkradschloss inzwischen zur wichtigsten Extra-Ausstattung des T3 geworden. Auf dem Online-Fahrzeugmarkt mobile.de werden derzeit (April 2017) etwas mehr als 400 VW T3 mit Standort in Deutschland angeboten. Die Preise starten bei weniger als 1.000 Euro für nicht fahrbereite Exemplare, die schon deutlich bessere Zeiten gesehen haben. Sehr gut erhaltene Modelle mit geringer Laufleistung werden für um die 20.000 Euro inseriert. Vor allem Wohnmobile von Westfalia werden teuer gehandelt. Service: Elf Tipps für T3-Interessenten und Fahrer
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