Mit dem BMW 8er Coupé soll die Luxusklasse erschlossen werden. Doch es geht BMW auch um Sport. Wie gut der neue Top-BMW beides vereint, lest Ihr im ersten Test.
Estoril – Die Vorderräder wimmern. Kein Zweifel. Was klingt, als würde der Grip knapp, will aber nicht zum Lenkverhalten passen. Statt über die Vorderachse zu schieben, zieht der BMW M850i xDrive stoisch seine Linie über den Kurs von Estoril. Noch eine Kurve später stellt sich raus: Das 8er Coupé kann noch mehr, bei der Geschwindigkeit wie beim Lenkwinkel. Man muss die Empfindungen erst mal neu kalibrieren im großen Coupé von BMW. Der M850i xDrive fühlt sich an wie ein Luxus-Coupé, groß, schwer und stabil. Der nur 1,34 Meter flache 8er misst rund 4,85 Meter in der Länge, ist gut 1,90 Meter breit und fast zwei Tonnen schwer. Der 8er sieht aus, als wäre er gemacht, Staaten zu durchqueren und fährt sich auch so. Das Lenkrad hat ordentlich Gewicht, stabil und satt liegt das Coupé auf der Autobahn. BMW M850i xDrive (G15): Das 8er Coupé als SportwagenQuelle: BMW Doch BMW legt Wert auf die Feststellung, dass der 8er ein Sportwagen sei. Ein echter, anders als die Stuttgarter Konkurrenz: Das Mercedes S-Klasse Coupé mag kompetent sein, doch selbst den AMG S 63 möchte man sich nicht auf dem Rundkurs vorstellen. Zu groß, zu schwer, zu luxuriös. All das kann der 8er auch, aber der BMW M850i fährt direkter. Luftfederung gibt es nicht, nur adaptive Dämpfer. Im Komfort-Modus schlucken sie Buckel und Löcher prima weg, der 8er rollt sanft ab und lässt einen trotzdem nicht im Unklaren über den Belag. Sport+ strafft das Fahrwerk erheblich, einen elektronischen Wankausgleich gibt es für den BMW M850i ebenfalls. Damit er schön flach bleibt in der Kurve. Die Rückmeldung vom Fahrwerk ist ordentlich, von der Lenkung weniger. Der 8er rollt auf einer Doppelquerlenker-Achse, die für Ruhe sorgt. Auch in schnellen Kurven, auch auf der Rennstrecke. Auch deshalb hat man etwas Mühe, Geräusch und Gefühl von der Vorderachse in Einklang zu bringen. BMW 8er Coupé: Serienmäßig mit AllradlenkungQuelle: BMW Ein bisschen liegt das auch an der Allradlenkung, die BMW serienmäßig in den 8er baut. Bis 72 km/h (oder knapp 90 km/h im Sportmodus) lenken die Hinterräder entgegen der Vorderräder mit und verkleinern so den Wendekkreis. Darüber bleiben sie bis um die 100 km/h neutral, dann schlagen sie in gleicher Richtung wie die Vorderräder ein. Das schafft bei hohem Tempo mehr Stabilität. Dazu hilft dem M850i ein serienmäßiges Sperrdifferenzial an der Hinterachse um die Kurven. Die Strecke in Estoril ist noch etwas feucht. Der Fahrmodusschalter steht auf Sport+: Der 8er dreht die Gänge jetzt weit aus, federt straff und reagiert spontan aufs Gas. Zu straff und zu spitz für die Landstraße, aber genau richtig für den Rundkurs. Die Stabilitätskontrolle wurde mit einem Knopfdruck entspannt. Den Allradantrieb legt BMW hecklastig aus. Wenn an der Vorderachse kein Moment benötigt wird, treiben nur die Hinterräder den M850i xDrive an. Der BMW M850i schöpft 530 PS aus dem 4,4-Liter-V8 mit zwei Turboladern. 750 Newtonmeter Drehmoment stehen zwischen 1.800 und 4.600 Umdrehungen an, ein M5 kann da deutlich mehr. Der Sound des Biturbos dringt gedämpft, aber gut hörbar an die Ohren. Beim Gaswegnehmen knallt er etwas vulgär. M5-Geräuschpegel sollte man aber nicht erwarten. BMW M850i xDrive: Mit dem BMW 8er Coupé in EstorilQuelle: BMW Wir bremsen die erste Kurve nach Start-Ziel an. Spät, aber mit Reserve. Der BMW 8er bleibt stabil auf der Linie und lässt sich weit in die erste Kurve bremsen. Ein bisschen Provokation am Gaspedal und es wird schlüpfrig an den Hinterrädern. Berechenbar hängt der 8er das Heck raus. Ein kleiner Impuls am Lenkrad, die Vorderräder greifen ein, das große Coupé zieht sich fast von selbst wieder gerade und ballert auf die nächste Kurve zu. Die Achtgang-Automatik schaltet zügig, aber nie brutal. Man kann das per Hand mit den Paddeln am Lenkrad erledigen, muss man aber nicht. Das Getriebe gibt einem immer den richtigen Gang zur richtigen Zeit. Er kann also Sport, der BMW M850i xDrive. Nicht wie ein Porsche 911 GT3 natürlich, auch nicht wie ein Mercedes-AMG GT R. Aber er schafft den Spagat zwischen Langstrecke und Rennstrecke ganz ordentlich. Dabei fühlt er sich in den meisten Lagen kleiner und handlicher an, als er ist. Und definitiv kleiner und handlicher als BMWs letztes großes Coupé, der 6er. BMW 8er Coupé Preis: Ab 100.000 Euro geht es losQuelle: BMW Enge, kurvige Landstraßen sind trotzdem nicht sein Revier. Ja, die Allradlenkung hilft ein wenig. Die variabel übersetzte Parameter-Lenkung auch, sogar in der Stadt. Die Abmessungen des 8ers lassen sich trotzdem nicht verstecken, die fast zwei Tonnen Gewicht auch nicht. Das wird irgendwann mühsam und sehr schnell zu schnell und damit illegal. Jedenfalls, wenn man Spaß haben will. Wir werden ihn also meist auf der Autobahn sehen, nicht auf der Rennstrecke. Besetzt mit zwei Personen, denn hinten reicht es im 8er allenfalls für kurze Strecken oder kleine Menschen. Vorne blickt der Fahrer auf digitale Instrumentenanzeigen, auf viel glattes, schön verarbeitetes Leder und angenehme Oberflächen. Der aufgesetzte Bildschirm fürs Infotainment sitzt nicht so nah am Fahrer wie im neuen 3er, ist aber auf dem neuesten BMW-Stand. Der 8er wirkt im Innenraum klassisch, hochwertig zwar, aber nicht extrem luxuriös. Einige Teile wie Lüftungsdüsen und viele Schalter teilt er sich mit dem Z4 und dem BMW 3er. Ob das den Kunden bei Preisen ab 100.000 Euro für den 840d xDrive und knapp 126.000 Euro für den M850i xDrive reicht? Uns gefiel es, weil sich der 8er nach Autofahren anfühlt und nicht nach einem gemütlichen Nachmittag auf dem Sofa. Wie so häufig, wird BMW noch einige 8er nachlegen. Das BMW 8er Cabrio steht vor der Premiere, ein Gran Coupé folgt im Sommer 2019. Die dürften noch komfortabler werden. Wer es härter mag, bekommt auch noch was: BMW hat einen M8 in Planung. BMW 8er Marktstart Motoren: Technische Daten
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