Die B-Klasse von Mercedes ist nicht sexy, aber ähnlich beliebt wie die A-Klasse. Warum? Weil sie praktischer ist und günstiger als ein SUV. Alltagstest im Mercedes B 180.
Berlin – So richtig attraktiv sieht ein Van nur in den wenigsten Fällen aus. Selbst dann, wenn der Hersteller flotte Schürzen und große Räder anschraubt. Trotzdem ist die B-Klasse für Mercedes in Deutschland ähnlich relevant wie die A-Klasse: Beide Autos verkaufen sich ungefähr gleich gut – und deutlich besser als das SUV GLA. Die B-Klasse ist beliebt, weil sie praktisch ist. Daran ändert auch ihr Alter nichts. Die zweite Generation ist seit 2011 auf dem Markt und wurde 2014 überarbeitet. Mittlerweile steht sie kurz vor der Ablösung. Wir waren zwei Wochen lang im B 180 unterwegs. Abmessungen | Platzangebot | KarosserieQuelle: Ausblenden.de I Marlene Gawrisch Mit 4,35 Metern ist die B-Klasse so lang wie viele Kompaktwagen – aber viel höher. Rund 1,56 Meter Fahrzeughöhe bedeuten gegenüber einer neuen A-Klasse gut 10 Zentimeter mehr Platz nach oben. Den nutzt die B-Klasse gut aus. Die Sitzposition in der ersten Reihe ähnelt der in einem SUV. Dahinter ist der Platz optional variabel. Für 500 Euro Aufpreis („Easy-Vario-Plus-System“) lässt sich die Rücksitzbank um 14 Zentimeter verschieben. Damit kann sie so viel einladen wie ein Kombi oder so viel Beinfreiheit bieten wie größere Limousinen. 501 bis 1.456 Liter Laderaum bedeuten absolut gesehen viel Platz – in ihrem Segment liegt die B-Klasse dennoch nur im Mittelmaß. Gut: Die niedrige Ladekante und eine ebene Ladefläche. Es mag abgedroschen klingen, aber besonders die hohen Stühle sind ein wichtiger Pluspunkt der B-Klasse. Mercedes zielt bewusst auf vergleichsweise alte Käufer. Solche, die früher die A-Klasse gekauft hätten, als sie noch Van-artig war. Die freuen sich über einen unkomplizierten Einstieg, die gute Rundumsicht und einen ordentlichen Überblick, außerdem über eine schmale Karosserie. Und vielleicht sogar über den sprichwörtlichen Hut, der auf dem Kopf bleiben kann. Innenraum | Verarbeitung | MaterialienQuelle: Ausblenden.de I Marlene Gawrisch Praktisch bedeutet allerdings nicht immer angenehm. Das gilt auch für die B-Klasse. Wer mit den Schienbeinen im Fond doch an die Vordersitze stößt, der spürt eine harte Verschalung. Die hilft gegen schmutzige Kinderfüße, stört aber beim Ausstrecken. Insgesamt steckt recht viel harter Kunststoff in der B-Klasse. Vor allem gemessen am Basispreis. Optional hübscht Mercedes das Interieur auf. In unserem Testwagen spannte sich feines Leder mit eleganten Nähten über Sitze und einige Verkleidungen, Holz verschönert das Armaturenbrett. Alles ist wertig verarbeitet, fühlt sich aber trotzdem noch stark nach Kompaktklasse an. Die Sitze könnten eine Spur mehr Seitenhalt vertragen.
Infotainment | Radio | KonnektivitätBeim Infotainment spürt man das Alter der B-Klasse deutlich. Mercedes setzt den Monitor luftig auf das Armaturenbrett, verwendet aber eine mittlerweile überholte Software. Die meisten Funktionen steuert ein Dreh-Drück-Steller auf der Mittelkonsole. Über dem Klima-Bedienteil gibt es eine große Blende mit Knöpfen für die einzelnen Positionen und einem echten Tastenfeld. Die Bedienung ist selbsterklärend. Einen 7-Zoll-Bildschirm mit Radio, USB-Anschlüssen und Bluetooth-Schnittstelle gibt es serienmäßig in der B-Klasse. Das große Navigationssystem „Comand Online“ mit 8-Zoll-Screen kostet 3.522 Euro Aufpreis – viel zu viel für dieses Segment. Die bessere Lösung: Das „Smartphone Integrationspaket“ (357 Euro) beinhaltet die Standards Apple CarPlay und Android Auto. Damit lassen sich die wichtigsten Handyfunktionen beim Fahren nutzen – auch das Navigationssystem. Alternativ bietet Mercedes ein Garmin-Navi an (595 Euro). Assistenzsysteme | SicherheitBei den elektronischen Fahrhilfen hat die B-Klasse das gleiche Problem wie beim Infotainment: Sie ist zu alt, um auf dem aktuellen Stand zu sein. Was im Nachfolger kommt, deutet die neue A-Klasse an. Das aktuelle Modell beschränkt sich auf Kollisionswarnung mit Notbremse, Assistenten für Spur, Abstand und das Einparken. Reicht ja eigentlich auch. Gut: Ist auf dem Beifahrersitz ein Kindersitz installiert, schaltet sich der Beifahrerairbag automatisch ab. Antrieb | Motor | GetriebeQuelle: Ausblenden.de I Marlene Gawrisch Bei den Antrieben hat Mercedes in der B-Klasse viel ausprobiert. Selbstzünder und Benziner gibt es mit 90 bis 211 PS. Hinzu kamen eine Erdgas-Variante („Natural Gas Drive“, 2,0 Liter Hubraum, 156 PS) und eine Elektro-Version (B 250 e, 132 kW). Beide alternativen Antriebe sind allerdings nicht mehr im Programm. Wir fuhren die B-Klasse als B 180. Unter der Haube steckt ein 1,6-Liter-Turbobenziner mit vier Zylindern aus der Entwicklung von Daimler. 122 PS und 200 Newtonmeter Drehmoment fühlen sich in der schweren B-Klasse (ab 1,4 Tonnen) schwach auf der Brust an. Mehr Kraft würde ihm besser stehen. Selbst in der Stadt fehlt dem kompakten Van oft die Puste, um im komfortablen Drehzahlbereich mitzuschwimmen. Er kommt nicht recht aus dem Knick und bittet schnell das Getriebe um Hilfe. Dann geht es zwar schneller vorwärts – aber lautstark und durstig. Das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe der B-Klasse ist sehr komfortabel ausgelegt. In vielen Situationen fühlt es sich eher wie ein Wandlerautomat an. Das wiederum steht der B-Klasse gut – Komfort ist wichtiger als Dynamik. Besonders beim Anfahren arbeitet das DCT vorbildlich. Wir fuhren die B-Klasse in der kalten Jahreszeit. Das zeigt sich im Verbrauch: Während des Berufsverkehrs wird der Motor nur langsam warm und spritzt stets mehr als 10 Liter in die Brennräume. Ist er auf Temperatur, sinkt der Verbrauch innerorts auf etwa 8 Liter. Das geht in Ordnung. Fahrverhalten | Fahrwerk | LenkungIm Fahrwerk leistet sich die B-Klasse keine Schwächen. Sie fährt gutmütig bis komfortabel. Trotzdem federt sie straff genug, um nicht schwammig zu wirken. Optional lassen sich die Dämpfer verstellen (1.040 Euro) – prinzipiell eine schöne Option, im Van allerdings überflüssig. Wir fuhren vor allem im Standardmodus und haben nichts vermisst. Ausstattung | Preis | FazitQuelle: Ausblenden.de I Marlene Gawrisch Im Mercedes-Sprech ist die B-Klasse ein „Sports Tourer“. Das klingt wie ein letztes Aufbäumen des Marketings gegen das Rentner-Image – ähnlich wie beim Golf Sportsvan oder beim BMW 2er Active Tourer. Sportlich ist an der B-Klasse höchstens die Preisgestaltung. Der zahme B180-Benziner kostet in der Basis bereits 27.858 Euro. Unser Testwagen mit großem Navi, Verstellfahrwerk, Doppelkupplungsgetriebe, Ledersitzen und Assistenten steht mit 47.933 Euro in der Liste. Ganz schön viel für einen kompakten Van, zumal der zweitkleinste Benziner unter der Haube steckt. Andererseits: Der BMW Active Tourer fährt in der gleichen Preisklasse. Der Golf Sportsvan ist kaum günstiger. Vergleichbare SUV legen sogar noch ein paar Euro drauf. Ein Mercedes GLA kostet mit dem 180er-Benzinmotor mindestens 28.940,80 Euro – und bietet längst nicht so viel Platz wie die B-Klasse. Objektiv betrachtet spricht also alles für den Van. Wenn er doch nur etwas schicker aussehen könnte. Technische Daten Mercedes B 180
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