350 PS im Golf-Renner lassen Golf-Gang-Fahrerherzen höher schlagen. Die Rennversion des schnellsten GTIs kann was. Was? Das haben wir auf der Rennstrecke probiert.
Rom/Vallelunga - Dieser Golf brüllt. Heiser. Ungehemmt. Bei Vollgas schütteln ihn 350 PS. Auf dem Kurs nahe Rom zeigt der Renner sein Potential. Schon beim Anfahren: Die 420 Newtonmeter Drehmoment des 2.0-Liter-Turbo treten schon im unteren Drehzahlbereich ins Kreuz. Reifen und Bremsen brauchen Temperatur. Der Fahrer bekommt sie von allein. Einzige Abhilfe: Auf Knopfdruck pustet ihm ein Gebläse etwas Luft ins Gesicht. Klimaanlage, Armlehne, Komfort? Zu schwer für den Renner. “65 Prozent der Teile sind wie in jedem Golf GTI”Quelle: VW Motorsport Hans-Joachim Stuck benutzt nicht einmal diesen Lüftungs-Knopf. Er muss heute weder körperlich noch fahrerisch ans Limit. Die Rennsportlegende jagt derart locker am Normalfahrer vorbei, dass die Frage nach ein paar Extra-PS in seinem GTI-TCR aufkommt. Nein, verboten! Die Fahrzeuge der TCR Tourenwagen-Rennserie per Reglement möglichst ähnlich. Der Hubraum muss zwischen 1.750 und 2.000 ccm betragen. Ein Turbolader macht zusätzlich Druck. Zudem müssen alle TCR-Racer auf Serienmodellen basieren, die weltweit mindestens 5.000 Mal innerhalb von zwölf Monaten verkauft wurden. Karbon-Karossen auf Gitterrohrrahmen-Chassis gibt es hier nicht. “65 Prozent aller Teile sind wie in jedem Golf GTI.”sagt Projektchef Eduard Weidl. Nicht einmal das Aggregat sei verändert. Es leistet 350 PS. die Mehrleistung von 40 PS im Vergleich zum stärksten Golf GTI-Serienmodell (Clubsport S) kämen im Wesentlichen durch andere Luftfilter und Änderungen an der Motorsteuerung zustande. Teure Leichtbau-Orgien bringen in der TCR nichts: Alle Rennwagen werden vor Saisonbeginn geprüft. Unterschiede bei Motorleistung, Schalt- oder Aerodynamik-Performance durch Zusatzgewichte oder Eingriffe in die Motorsteuerung ausgeglichen. Das Mindestgewicht für TCR-Fahrzeuge liegt bei 1.285 Kilogramm. Maximal 1,95 Meter breit dürfen die Autos sein. Der Radstand bleibt, aber an den Radläufen trägt der TCR-GTI ordentlich auf. 30 Exemplare für 2018Quelle: VW Motorsport Von der gelifteten Golf GTI TCR-Variante produziert Volkswagen im kommenden Jahr etwas mehr als 30 Stück. Zum Vergleich: Die Werkshallen in Wolfsburg spucken pro Tag rund 1.000 Gölfe aus. Kein einziger davon ist ein TCR. Genau wie seine Schwestermodelle von Seat und Audi wird der VW-Kundensportler bei Seat für die Motorsport-Teams aufgebaut. “Da entstehen am einen Tag zehn Audi RS3 LMS, am nächsten zehn Seat Leon TCR und dann unsere GTI TCR in Martorell”, sagt Weidl. Innen gibt es nackte Bleche, Vollschalensitz und ein Lenkrad im Playstation-Stil. Gleichteile - was in der Serie die Kosten drückt, funktioniert auch im Motorsport. Der Maximalpreis ist vorgeschrieben. Ab 115.000 Euro startet der GTI TCR mit sequentieller Schaltung. Es gibt auch noch eine Variante mit DSG - die allerdings im Renngeschehen keine Rolle spielt. Dieses 95.000-Euro-Gefährt ist wohl eher als Leihgabe für Reporter, Fans oder rennsportbegeisterte Kunden gedacht. Nur sechs der bisher rund 50 gebauten Renn-Golf kamen mit Doppelkupplung. Reaktionsschnelligkeit als einziges AssistenzsystemQuelle: VW Motorsport Bei der ersten Begegnung mit dem Monster-Golf ist so eine Schalthilfe nützlich. “Der GTI TCR ist schon anspruchsvoll zu fahren”, sagt Hans-Joachim Stuck. Der VW ist im Gegensatz zum neutral ausgelegten Seat und dem heckbetonten Audi deutlich frontlastiger. Weil er etwas höher baut als die Konzern-Schwestern, hat der VW auf schnellen Geraden Nachteile. Dafür kann er giftiger in die Kurven gehen - wenn der Fahrer das kann. Das Heck ist schneller aus der Spur als gedacht. ESP, ABS oder andere Traktionshilfen wie im Serien-GTI gibt es nicht. Der sportliche Normallenker lässt es besser ruhiger angehen. Und genießt all das, was ein Serien-GTI nicht kann. Technische Daten - VW Golf GTI TCR
Quelle: SP-X |