Wann geht's bis Elf? Die Neungang-Automatik von Mercedes oder Range Rover toppt Ford nun mit einem Zehngang-Getriebe im Mustang. S-Max, Mondeo oder Focus bekommen acht Gänge.
Lommel – "These go to eleven", diese hier gehen bis 11. Den Satz aus dem Musikfilm-Klassiker "Spinal Tap" von 1984 kann Ford (noch) nicht für sich reklamieren. Aber es geht jetzt bis 10. Nicht am Gitarrenverstärker, sondern bei der Automatik. Und 10 Gänge sind einer mehr als bei Mercedes oder Land Rover. Die Strecke Nummer 7 auf dem Ford-Testgelände in Lommel/Belgien ist für den Ford Mustang eigentlich nicht gemacht. Zu schmal, zu enge Kurven, ein paar Steigungen. Der träge und vor allem träge schaltende Sportwagen liebt eher breite Freeways als kleine Landstraßen. Doch genau auf einer dieser kleinen Straße drehen wir ein paar Runden im neuen Mustang. Ford-Entwickler und Getriebespezialist Ian Oldknow will uns überzeugen, dass der neue Mustang nun auch Landstraße beherrscht. Die neue Zehngang-Automatik soll ihm dabei helfen. Nach dem Ford Raptor ist der Mustang das zweite Auto, dass das neue Getriebe erhält. Die Amis haben begriffen, dass mit mehr Schaltstufen der Verbraucht sinkt. Und dass Sportlichkeit und Performance profitieren. Oldknow sagt: „Die Zeiten, in denen amerikanische Autos mit vier Schaltstufen zufrieden waren, sind lange vorbei. Amerikanische Kunden verlangen mittlerweile mehr Gänge.“ Ford Mustang Facelift mit 10-Gang-AutomatikQuelle: Ford Der Clou: Das Automatikgetriebe legt nicht automatisch stets den nächsthöheren Gang ein. Es wählt den aus, der am besten zur jeweiligen Fahrsituation passt. So fährt der 5,0-Liter-V8 mit 450 PS bei lockerem Gasfuß entspannt im zweiten Gang an, schaltet dann in den vierten, bei leicht abschüssiger Straße auch sofort in den fünften Gang. Dieser sogenannte "Skip Shift" wird von einer intelligente Elektronik gesteuert. Galten Ford-Getriebe bisher nicht unbedingt als die schnellsten Arbeiter, zieht mit der Zehngang-Automatik nun ein sehr zügig schaltender Wandler ein. Ein Wandler deshalb, weil das Getriebe primär in amerikanischen Ford-Modellen mit Hinterradantrieb zum Einsatz kommen wird. Ford und General Motors entwickelten das Getriebe in Kooperation. Amerikanische Autokunden verlangen das sanftere Anfahren und Schalten einer Wandler-Automatik, nicht die abgehackten Manöver eines Doppelkupplungsgetriebes. „Mehr Gänge helfen, im optimalen Drehzahlbereich zu bleiben, so mehr Leistung zu erhalten, eine bessere Beschleunigung und dadurch mehr Effizienz zu erreichen“, sagt Ian Oldknow. Mehr Gänge bedeuten nicht automatisch mehr Gewicht. Im Vergleich zum Vorgängergetriebe wiegt das neue Bauteil weniger und ist kürzer. Beim Drehmomentwandler mit integrierter Turbinenkupplung sparte Ford ein Kilogramm und einen Zentimeter ein. Einen schnelleren Gangwechsel erzielen die Ingenieure mit Hilfe einer besseren Vernetzung im Auto. Durch eine geringe innere Reibung erhöht sich der Wirkungsgrad weiter. Es kommt auf die Spreizung anBeim Mustang lässt sich das Getriebe mit sechs Fahrmodi bedienen: Normal, Sport, Track, Manual, Schnee/Winter und Drag Strip. Die letzte Fahrstufe kommt erstmals zum Einsatz. Das funktioniert so: Bremse durchtreten, Gaspedal auch, Bremse loslassen - und der Hinterkopf klebt für die nächsten Sekunden an der Kopfstütze. Mit schnellen Schaltvorgängen haut das Getriebe einen Gang nach dem anderen ruckartig rein, sprintet unter donnerndem V8-Sound über die Piste. Diesmal das Hochgeschwindigkeits-Oval. Der Modus sorgt für maximales Drehmoment und maximale Beschleunigung. Von 0 auf 100 km/h vergehen nur 4,5 Sekunden. Quelle: Ford Ford sagt, dass diese Art von Launch Control beliebig oft wiederholt werden kann – anders als bei anderen Herstellern. Üblicherweise geht so eine Launch Control gehörig aufs Material. Mehr Gänge allein bringen einem Auto wenig – wenn sie zu dicht beieinanderliegen. Es kommt auf die Spreizung an. Eine kürzere Anfangsübersetzung und eine lange Endübersetzung helfen beim Beschleunigen und Spritsparen. Dazwischen müssen die Schaltstufen so abgestimmt sein, dass die Sprünge nicht zu klein und nicht zu groß sind. Mehr Gänge machen die Sache leichter. Ford ist dies auf den ersten Blick gelungen. Näheres wird die erste ausführliche Fahrt im neuen Mustang zeigen. Und die anderen? Audi und BMW bieten eine Achtgang-Automatik von ZF an. Range Rover setzt einen ZF-Neungang-Automaten für Quereinbau ein. Mercedes baut seine Neungang-Automatik selbst. Während das ZF 9HP für Frontantrieb konzipiert wurde und nur maximal 250 PS und 480 Newtonmeter Drehmoment verkraftet, wurde die Mercedes-Automatik in Längsrichtung für Hinter- und Allradantrieb entwickelt. Außerdem verträgt sie bis zu 1.000 Newtonmeter. Ford-Automatik: Acht Gänge für Focus, S-Max und MondeoFür kompakte und mittelgroße Modelle plant Ford das Zehngang-Getriebe nicht ein. Für diese Autos bringen die Kölner eine neue Achtgang-Automatik für Motoren zwischen 270 und 500 Newtonmeter Drehmoment. Die kleinere Automatik leiteten die Entwickler von der Zehngang-Automatik ab, inklusive der Software. Das Getriebe konnten wir erstmals in einem S-Max fahren, es folgt auch im Mondeo und im neuen Focus. Über den neuen runden Wählhebel drehen wir das Rädchen auf D. Sanft fährt der S-Max los, schaltet schnell und fast ruckfrei in den nächsten Gang. Das Getriebe senkt das Drehzahlniveau und damit den Verbrauch und die Innengeräusche. Im Vergleich zum Handschalter und zur alten Automatik fährt der S-Max ruhiger und komfortabler. Auch dieses Getriebe setzt wie die Zehngang-Automatik auf Skip-Shift und überspringt wenn nötig ein paar Gänge. Die vier Modi Normal, Eco, Sport und Manual lassen dabei ausreichend Spielraum. Mit einem Tipp in die Mitte des Drehrings liegt der Sport-Modus an. Der Motor dreht nun höher, reagiert giftiger. Die Schaltvorgänge werden härter eingeleitet. Verzichtet Ford damit künftig auf das Doppelupplungsgetriebe? In Europa nicht. Es arbeite weiterhin effizienter als die Wandlerautomatik, sagt Ford. Und zwar vor allem im Alltag, nicht nur auf der Teststrecke.
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