Der Lamborghini Urus ist das erste SUV aus Sant’Agata Bolognese. Und das schnellste überhaupt. Das macht kurz Spaß und ist dann lange sinnlos. Unterwegs im roten Ungetüm.
Einmal im Jahr trifft sich alles, was auf dem Automarkt neu ist, im hohen Norden Dänemarks. Kurz vor Skagen an der Nordseeküste haben die Juroren des europäischen Auto-Preises „Car Of The Year“ (COTY) beim sogenannten Tannistest Gelegenheit, Neuheiten unter die Lupe zu nehmen und zu fahren. Wir waren zum dritten Mal dabei und haben getestet, was uns in die Finger kam.
Tversted – Was für ein bizarrer Anblick. Im Innenhof des Tannishus stehen zwei rote Ungetüme. Lamborghini hat sie angeliefert. Zwei Lamborghini-Urus-SUV stehen auf dem Rasen vor dem Familienhotel. Sie passen in den hohen Norden Dänemarks so gut wie Vito Corleone ins Ikea-Bällebad. Aber Vorsicht: Die Farbe heißt Rosso Anteros. Anteros ist in der griechischen Mythologie der Bruder des Eros. Er rächt verschmähte Liebe. So gesehen könnte das „Car of the Year“ 2019 ein böses Ende nehmen für die Juroren des Autopreises. Üblicherweise gewinnen hier praktische, erschwingliche Autos. Keine 2,2-Tonnen-SUV mit 650 PS und 850 Newtonmetern Drehmoment, die in 3,6 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 katapultiert werden und bis zu 305 km/h schnell werden. Und die mehr als 200.000 Euro kosten. Lamborghini Urus: SUV mit Betonung auf Sport Doch nicht überall ist der Urus so kantig. Der Infotainmentbildschirm erinnert an Audi, vor allem wegen der Schrift. Viele Schalter und Knöpfe sind alte Vertraute für Audi-Fahrer, außerdem die Hebel hinterm Lenkrad. Das digitale Instrumentendisplay hat Lamborghini nur halbherzig angepasst. Der Drehzahlmesser in der Mitte sieht lambo-typisch verspielt aus, einige andere Anzeigen auch, doch die Typo stammt wieder von Audi und passt in ihrer Schlichtheit nicht zum Rest. Kurz zur Info der Lamborghini-Urus-Preis: 204.000 Euro. Der V8 im Lamborghini Urus stammt von Porsche Langsam wackelt das SUV durch den Ort. Ja, es wackelt. Leicht welliger Asphalt lässt den Urus bei langsamer Fahrt seltsam kippeln. Seitlich, von vorne nach hinten, diagonal und gefühlt über weitere Achsen im Raum. Straff liegt der Urus, der Abrollkomfort geht trotzdem in Ordnung. Ortsausgang, freie Strecke. Der rechte Zeigefinger zieht den mit Anima beschrifteten Kippschalter einmal von „Strada“ (Straße) in „Sport“. Ein Tritt aufs Gaspedal, und der Auerochse (das heißt Urus auf deutsch) springt vorwärts, als hätte ihn eine Pferdebremse gestochen. Das Bollern wird lauter, aber längst nicht infernalisch. Jedenfalls nicht im Innenraum. Außenstehende berichten später etwas anderes. Lambo Urus Sound: Im Corsa-Modus wird er böse Wegen der Böen zischelt es lautstark um die kantige Karosse, und wohl deshalb will der Urus nicht so gerne geradeaus fahren. Und weil die fetten Walzen am Ende der Federbeine (es sind 22-Zöller aufgezogen) gerne den Spurrillen nachrollen. Dabei macht er seine Sache in Kurven erstaunlich gut. Für einen Ochsen. Er neigt sich wenig, bleibt lange neutral und zieht erstaunlich schnell präzise Kreise. Für enge Kehren ist er jedoch zu groß und zu schwer. Das spürt man immer, das kann er nicht verstecken. Richtungswechsel liegen ihm nicht so. Auf dem Handlingkurs wird das Lamborghini-SUV störrisch und fängt regelrecht an zu hoppeln. Weite, offene Rundkurse dürften besser passen. Aber: Was soll es da? Nur ein Rindvieh bringt ein Rindvieh mit zum Pferderennen. Die praktische Seite des Auerochsen Ist dagegen Traktion gefragt, bieten sich die Modi „Sabbia“ (Sand), „Terra“ (Erde, Matsch) oder „Neve“ (Schnee) an. Der Urus könnte auch ins Gelände, wenn man denn wollte. Wobei unser Testwagen auf Sportreifen unterwegs war. All-Terrain-Reifen hat Lambo aber durchaus im Angebot. Zudem passt ordentlich was ins Heck. Das Kofferraumvolumen liegt bei 616 Litern. Wird die Rückbank umgelegt, passen knapp 1.600 Liter hinein. Ganz schön viel für einen Lambo, ein VW Golf Variant bietet nur wenig mehr Platz. Gut, er misst mit 4,57 Metern Länge auch einen halben Meter weniger. Lamborghini Urus: Das perfekte Angeberauto Einige haben ihre Ideale bereits über Bord geworfen, um das Auskommen zu sichern. Porsche ist das beste Beispiel: Ohne das SUV Cayenne hätte der Sportwagenhersteller wohl nicht überlebt. So gesehen gäbe es heute ohne den Cayenne wohl keinen Elfer mehr. Doch bei Lamborghini liegt der Fall anders. Seit 2011 wächst der Absatz der Marke Jahr für Jahr. Die Sportwagenschmiede aus Sant’Agata Bolognese erwirtschaftet der Mutter Audi satte Gewinne. Der Ende 2017 vorgestellte Urus soll nicht das Überleben der Marke sichern, sondern ihren Absatz verdoppeln. Wir wünschen viel Erfolg. Lamborghini Urus: Technische Daten
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