Nissan weiß, wie man Elektroautos baut. Die Japaner haben 300.000 Leaf verkauft. Die zweite Generation kann fast alles besser - aber fast nichts viel besser.
Granadilla – Alles neu beim neuen Nissan Leaf? Nun ja, die zweite Generation des erfolgreichsten Elektroautos der Welt (ca. 300.000 Exemplare) kann zwar fast alles besser als die erste Generation. Die Substanz jedoch übernimmt Leaf Nummer zwei von Leaf Nummer eins. Man erkennt das an den Proportionen, am identischen Radstand, und an einem Detail: Die Lenksäule lässt sich nur in der Höhe, nicht aber in der Tiefe verstellen. Eine ungewöhnliche Geiz-Lösung in der Kompaktklasse. Ließ sich nicht vermeiden, sagt Nissan. Eine Teleskop-Lenksäule hätte umfassende Änderungen der Karosseriestruktur erfordert. Aha. Trotz der alten Basis entstand ein neuer Nissan Leaf. Einer, der die Stärken des Vorgängers beibehält und die Schwächen mit japanischer Gründlichkeit ausmerzt. Zum Beispiel sieht das neue Modell nicht mehr aus wie ein Kugelfisch nach einer Schlägerei. Nissan erhofft sich von der neuen Form und Front „mehr Akzeptanz“. Zu Recht. Die zweite entscheidende Änderung: Der Lithium-Ionen-Akku weist eine um 60 Prozent größere Energiedichte auf und fasst nun 40 kWh – 10 kWh mehr als bisher. Trotzdem wurde er nicht größer als der alte. Die Reichweite steigt auf praktikable 270 Kilometer. Genug für den Wochenendausflug zu Mutti. Und schleunigst wieder zurück. Per Schnellladung erreicht der Akku in 40 Minuten 80 Prozent seiner Kapazität. Nissan Leaf 2 (2018) im Test: Alles außer Firlefanz Zahlreiche Anschlüsse für Smartphone und Co demonstrieren Konnektivität. Apple Carplay und Android Auto beherrscht Nissans Infotainment, was allerdings nichts daran ändert: Die Auflösung des Touchscreens wirkt nicht mehr ganz zeitgemäß. Die Rechengeschwindigkeit des Navis auch nicht. Die wuchtige Mittelkonsole engt Fahrer und Beifahrer gefühlt etwas ein – mehr als im ersten Nissan Leaf. Auf der Rückbank sitzt man hoch, der Knieraum geht in Ordnung, mehr nicht. Der Kofferraum, ein tiefer Schlund, fasst 39 Liter mehr als beim Vorgänger – gutes Kompaktklasse-Niveau. Ein doppelter Ladeboden kostet 256 Euro Aufpreis. Fahren: Er wirkt leichter, als er istMit der Neuauflage gibt es zudem noch mehr Ampelkönig-Gefühl. Der Elektromotor leistet nun 150 PS statt 109 PS, das Drehmoment wächst von 254 Newtonmeter auf 320 Newtonmeter. Damit vergehen nur noch 7,9 Sekunden bis der Leaf auf Tempo 100 ist. Ganz schön flott für ein Öko-Auto. Abgeregelt wird wie bisher bei 144 km/h. Dass es in einem Elektroauto leise ist, überrascht nicht. Wie leise der neue Nissan Leaf fährt, schon. Der Motor benötigt nicht viel Dämmung, also konzentrierten sich die Techniker auf Unterboden, Radhäuser und Türdichtungen. Mit Erfolg: Auch bei höheren Geschwindigkeiten schont der Leaf selbst sensible Ohren. Neu im elektrischen Nissan: Die Einstellung „e-Pedal“. Damit lässt er sich fahren wie Opel Ampera-e oder BMW i3, mit nur noch einem Pedal. Die Energie-Rückgewinnung bremst das Fahrzeug bis zum Stillstand, wenn der Fuß vom Fahrpedal geht. Nach einigen Minuten Gewöhnung klappt das gut, vorausschauendes Fahren vorausgesetzt. Assistenten und Reichweite: Ein bisschen autonomEbenfalls neu im neuen Leaf: Nissans Assistenzpaket „Pro Pilot“ erlaubt teilautonomes Fahren im Stau. Spurwechsel beherrscht das System noch nicht, folgt aber im Stau brav dem Vordermann und hält das Auto in der Mitte der Spur. Nissan will die Technik „demokratisieren“ – mit 1.800 Euro Aufpreis für das Komplett-Assistenzpaket klappt das im Leaf allerdings nur bedingt. Und wie weit kommt er nun mit einer Akkuladung? Darüber ließ die erste Testfahrt keinen echten Aufschluss zu. Die Route führte 20 Kilometer mit Tempo 120 über die Autobahn, dann noch einmal 20 Kilometer steil den Berg hinauf. Das leerte den Akku auf 40 Prozent. Bergab sammelte das Rekuperationssystem gut 15 Prozent wieder ein. Mit dem Alltag der meisten Pendler dürfte das wenig zu tun haben. Im Stadtanteil des neuen, realitätsnahen WLTP-Messzyklus fuhr der Leaf laut Nissan 415 Kilometer weit. Fürs Pendeln und gelegentliche Ausflüge – ohne extreme Steigungen – sollte die 40-kWh-Batterie daher locker reichen. Wer weitere Strecken fahren will, kann auf die 60-kWh-Variante warten, die Nissan in rund 16 Monaten nachreichen will. Preise: Bibbern in der Basis Serienmäßig baut Nissan in den Leaf Licht- und Regensensor, Notbrems- und Spurhalteassistent, Querverkehrswarner oder Verkehrszeichenerkennung. In der Basis steckt in der Mittelkonsole ein einfaches CD-Radio, in den höheren Ausstattungen ein Multimedia-System mit Navi und Konnektivität fürs Smartphone. Prima: Der Leaf lädt ohne Aufpreis an einem Anschluss Typ 2, der Haushaltssteckdose oder nach dem japanischen CHAdeMO-Standard bis 50 kW. Eine Wallbox kostet im Zubehör 1.099 Euro. Fazit: Nissan weiß, wie es gehtNissan hat den meisten Wettbewerbern beim Thema Großserien-Elektroauto eine ganze Fahrzeuggeneration Erfahrung voraus. Das merkt man dem zweiten Leaf an. Er wirkt abgeklärt, ausgereift und frei von Mätzchen. Was ihm fehlt, ist eine Plattform, die diesen Vorsprung auch in den nächsten Jahren sicherstellt. Viele neue Anbieter werden bis 2020 Elektroautos auf neu entwickelten Plattformen auf den Markt bringen. Wenn sie es schaffen, die in nennenswerten Stückzahlen zu produzieren, könnte der neue Leaf plötzlich etwas alt aussehen. ***** In eigener Sache: Wir verschicken unsere besten News einmal am Tag (Montag bis Freitag) über Whatsapp und Insta. Klingt gut? Dann lies hier, wie Du Dich anmelden kannst. Es dauert nur 2 Minuten. Technische Daten Nissan Leaf 2018
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