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Städtetags-Präsidentin fordert umgehenden Start für Dieselfonds - Die Ideen sind da, es fehlen Richtlinien und Geld

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Viele Städte kämpfen gegen zu hohe Stickoxid-Werte, es drohen Fahrverbote von älteren Dieselautos. Der Städtetag mahnt nun mehr Tempo bei Projekten für bessere Luft an.

Um Fahrverbote für ältere Diesel wie hier im Februar in Stuttgart zu vermeiden, haben die Städt viele Ideen für bessere Luft. Jetzt gilt es, diese schnell umzusetzen Um Fahrverbote für ältere Diesel wie hier im Februar in Stuttgart zu vermeiden, haben die Städt viele Ideen für bessere Luft. Jetzt gilt es, diese schnell umzusetzen Quelle: dpa / picture alliance

Berlin - Der Deutsche Städtetag hat in der Diesel-Krise einen umgehenden Start von Sofortmaßnahmen für eine bessere Luft gefordert. "Viele Städte stehen jetzt in den Startlöchern und warten auf den Startschuss der Bundesregierung", sagte die Präsidentin des Städtetages, die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Eva Lohse, der Deutschen Presse-Agentur.

Aus Kommunen und der Autobranche war Kritik gekommen, dass bei dem vor vier Monaten beschlossenen Fonds unter anderem wegen zu viel Bürokratie nichts vorangehe. Der Fonds für umweltverträgliche Mobilität hat ein Volumen von einer Milliarde Euro, davon soll die Autoindustrie 250 Millionen Euro zahlen. In vielen Städten werden die Grenzwerte für den Ausstoß des gesundheitsschädlichen Stickoxid (NOx) überschritten. Es drohen Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge.

Viele Ideen, keine Planungssicherheit

Lohse sagte, die Städte benötigten rasch Förderrichtlinien. "Falls diese jetzt noch nicht fertig sind, müssen Städte dennoch unbürokratisch mit Sofortmaßnahmen zur Luftreinhaltung beginnen können." Die Städte brauchten Handlungssicherheit, wenn sie Sofortmaßnahmen umsetzten, bevor ein endgültiger Förderbescheid vorliege. Der Bund müsse Vorleistungen von Dienstag an auf die Förderung anrechnen.

Bei dem Treffen mit Merkel müsse es Klarheit darüber geben, dass die etwa 90 besonders durch Stickoxide belasteten Städte die zugesagten Mittel aus dem Fonds nutzen könnten. Nach dem ersten Treffen zwischen Vertretern der Kommunen und der Bundesregierung Anfang September hätten die Städte zahlreiche Ideen geliefert. Der Deutsche Städtetag hat in einer (nicht vollständigen) Liste mögliche Sofortmaßnahmen von Städten gesammelt. Die Liste liegt der Deutschen Presse-Agentur vor:

  • Die Stadt Aachen würde bei einer Förderung durch den Mobilitätsfonds von Bund und Automobilindustrie beispielsweise rasch Ladesäulen in Wohnquartieren, auf Supermarktflächen und in Parkhäusern einrichten und E-Fahrzeuge bei Parkflächen bevorzugen.
  • Die Stadt Bielefeld würde umgehend den Einsatz von Brennstoffzellenbussen testen. Es liegen fertige Pläne vor, um die Verkehrsführung auf einem Platz im vielbefahrenen Innenstadtbereich zu verändern und dort das Verkehrsaufkommen zu reduzieren.
  • Die Stadt Bochum beabsichtigt, sechs E-Fahrzeuge zu erwerben. An einem Emissionsschwerpunkt sollen Flächen entsiegelt, Mittelinseln begrünt und Mooswände errichtet werden.
  • In Düsseldorf könnte man sofort unter anderem sogenannte Solar-Carports für die Betriebshöfe beschaffen, die Ampelsteuerung an einer Hauptverkehrsstraße für einen besseren Verkehrsfluss anpassen sowie eine Mobilstation an einem Verkehrsknotenpunkt und eine passende Mobilitäts-App zum Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel einrichten.
  • Die Stadt Köln möchte kurzfristig Mobilitätsstationen aufbauen, den ÖPNV und andere Verkehrsmittel vernetzen sowie übergreifende Informations- und Bezahlsysteme einrichten. Außerdem sollen mehr als 1.000 neue öffentliche Fahrradabstellplätze entstehen und die E-Ladeinfrastruktur ausgebaut werden.
  • Die Stadt Freiburg im Breisgau möchte als Sofortmaßnahme die Umstellung einer Buslinie auf E-Busse vorzeitig umsetzen.
  • Die Hansestadt Hamburg könnte unmittelbar die Umstellung von Busbetriebshöfen auf elektrische Ladeinfrastruktur angehen. Die Stadt würde die automatische Fahrgasterfassung und digitales Ticketing testen sowie die Beschaffung von Euro-6-Bussen und Elektrobussen vorziehen.
  • Die Stadt Kiel möchte das vollelektrische Angebot bei Carsharing-Anbietern und die Ladeinfrastruktur ausbauen sowie eine Fahrradakkuladestation und neue überdachte Fahrradparkplätze errichten. Zehn Hybridbusse sollen gekauft werden.
  • Die Stadt Ludwigshafen am Rhein möchte den Verkehrsrechner aufrüsten, um damit zentral ein umweltorientiertes Verkehrsmanagement in der Stadt zu steuern. Die Busflotte soll schneller mit Euro-6-Fahrzeugen mit Hybridantrieb erneuert werden.
  • Die Stadt Mainz würde kurzfristig 98 Dieselbusse mit Filtertechnologie zur Reduzierung der realen Emissionen nachrüsten und weitere 23 Busse vorgezogen neu beschaffen. Außerdem könnte sie 100 Nutzfahrzeuge der Behörden und der Abfallwirtschaft (zum Beispiel Lkw, Pkw, Geräte, Maschinen) auf emissionsarme- und emissionsfreie Antriebe umstellen.
  • Die Stadt Wiesbaden will beginnen, die komplette Flotte von 221 Dieselbussen durch batteriebetriebene E-Busse zu ersetzen, Fahrzeuge für die CityBahn beschaffen und das neue, gemeinsam mit Mainz betriebene Fahrradvermietsystem mit 500 E-Bikes ausbauen.
  • Die Stadt München würde umgehend ein Pilotprojekt beginnen für leichte Nutzfahrzeuge wie batteriebetriebene Kehr- und Baumaschinen und mit Herstellern zusammenarbeiten. Tram- und U-Bahnen zur Erweiterung des ÖPNV-Angebotes würden sofort ausgeschrieben werden.
  • Die Stadt Nürnberg würde umgehend weitere Mobilitätsstationen einrichten mit Stellplätzen für Carsharing, Fahrräder und Verleih an Haltestellen des ÖPNV. Außerdem sollen die Busflotte auf elektrischen Antrieb umgestellt und zusätzliche Straßenbahnzüge und U-Bahnwagen angeschafft werden.
  • Die Stadt Reutlingen möchte unverzüglich 20 Batteriebusse beschaffen und damit das Stadtbusnetz um 10 neue Buslinien erweitern mit erwarteten 2 Millionen neuen Fahrgästen jährlich. Außerdem sollen 20 E-Ladesäulen im Stadtgebiet aufgebaut werden.
  • Stuttgart würde neben vielen anderen Maßnahmen umgehend weitere vollelektrische Fahrzeuge, Pedelecs und eRoller für Stadtverwaltung und Stadtwerke beschaffen. Außerdem möchte die Stadt eine Abwrackprämie für Mopeds und Motorräder (Krafträder mit Zweitaktmotor) bei Kauf eines Elektro-Zweirades anbieten.

Sofortmaßnahmen der Städte rasch umsetzen

Um Fahrverbote zu vermeiden, sei der Erfolg beim Nachrüsten von Diesel-Pkw von "zentraler Bedeutung", sagte Lohse. "Entscheidend wird sein, wie rasch Erfolge an den Messstellen sichtbar werden und ob die Grenzwerte für Stickoxide eingehalten werden. Da gibt es im Moment noch dicke Fragezeichen."

Die Sofortmaßnahmen der Städte müssten daher rasch umgesetzt werden. Aufgrund der Messwerte werde sich dann zeigen, ob über das für Dieselautos vereinbarte Software-Update hinaus auch eine Hardware-Nachrüstung erforderlich wird. Ein solches direktes Eingreifen am Motor lehnt die Autobranche ab, weil es nach ihrer Darstellung teuer wäre und Jahre dauern würde.

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