Nur die wenigsten Autos funktionieren überall auf der Welt. Deshalb ist der Blick in andere Länder so interessant: Diese Autos wünschen wir uns für den deutschen Markt.
Berlin – Manchmal sollte man über den eigenen Lenkradkranz blicken. Denn in Deutschland wird nur verkauft, was sich in Deutschland verkaufen lässt. Für andere Länder bauen Hersteller oftmals andere Autos. Und die können ganz schön interessant sein. Da gibt es leistbare Luxuslimos, interessante Hybride, winzige Parklückenhelden und richtig billige Basis-SUV. Wir haben zehn Autos rausgesucht, die wir gern auf deutschen Straßen sehen würden. Weil sie so wunderbar anders sind. Oder eben nur ein bisschen, aber genau richtig anders. Aber Achtung: Wer sich spontan verliebt, der muss zum Importeur. Oder auf dem Gebrauchtwagenmarkt ganz viel Glück haben. Toyota Prius C/Aqua (USA/Japan)Toyotas Hybridantrieb ist für die Stadt eine geniale Sache. Sparsam im Verbrauch, stressfrei im Fahrverhalten. Allerdings: Auris und Prius sind schon recht große und teure Autos, und der pummelige und etwas angegraute Yaris gefällt nicht jedem. Die USA und Japan haben es da besser: mit dem Prius C (USA) bzw. Aqua (Japan) bietet Toyota dort einen zu heiß gewaschenen und auf 4,03 Meter eingelaufenen Prius an. Tropfenförmig, schlank, handlich. Systemleistung: wie beim Yaris, 100 PS. Der Antrieb ist praktisch identisch. Im japanischen Zyklus landet der Aqua bei rund 2,8 Liter auf 100 Kilometer. Der Prius C wurde bei der EPA mit gut 5 Liter auf 100 Kilometer gemessen. Weitere Fahrdaten: 0 auf 100 km/h in 10,7 Sekunden. Listenpreis in Japan: umgerechnet 13.850 Euro. Toyota, geht da nichts? Dodge Demon (USA)Kontrastprogramm zum Spar-Japaner: Bei diesem Auto krempeln sich die Zehennägel aller Umweltschützer und Prüfingenieure um. Aber genau darum fehlt er dem deutschen Markt: Der Dodge Demon, ein riesiger Haufen Leistung, eingepackt in wundervoll aggressives Blech. Ein Muscle-Car, sogar das schnellste seiner Sorte. Ökologisch bedenklich, längsdynamisch ungeschlagen. Nordschleife und Tracktests sind ihm egal. Er kennt nur eine Richtung: geradeaus. Da kann niemand mit ihm mithalten. Mit Hinterradantrieb, besonders weichen Semi-Slicks, 852 PS und 1.044 Newtonmeter Drehmoment hängt er auf der Viertelmeile sogar einen Bugatti Veyron ab. Dabei kostet er in den USA nur so viel wie ein BMW M3 mit mittelmäßiger Ausstattung: umgerechnet 72.400 Euro netto. Renault Kwid (Indien)Jaja, die Sicherheitsnormen. Bei Global NCAP erhält der indische Renault Kwid nur einen Stern. Dafür startet die Preisliste bei umgerechnet 3.650 Euro, und das kleine SUV sieht trotzdem wie ein richtiges Auto aus und passt mit 3,67 Metern Länge in fast jede Parklücke. In Indien ist der Kwid ein Riesenerfolg. Wo andere seit Dekaden vom Billigauto reden, hat Renault einfach eins gebaut. Was meint Ihr, Renault - ist wirklich kein Platz im Dacia-Programm für ein SUV unterhalb des Duster? Dann aber gerne mit ESP und Seitenairbags. Suzuki Lapin (Japan)Das Kaninchen (frz. "lapin") ist sozusagen das Manga-Schulmädchen unter den kleinsten Kleinwagen, die in Japan Kei-Cars heißen. Die Klasse darf maximal 3,40 Meter lang und 1,48 Meter breit sein. Weitere Beschränkungen: maximal 660 ccm Hubraum und 64 PS, vier Sitzplätze und 350 Kilogramm Zuladung. Dafür gibt es ein spezielles Nummernschild, das Steuervorteile gewährt und vor allem von der Pflicht befreit, einen eigenen Parkplatz nachweisen zu müssen. Was japanische Autobauer mit diesen Restriktionen machen, imponiert: Das süße Kaninchen mit Schnuckel-Cockpit kommt schon in der Basis (8.100 Euro) mit Touchscreen, Kollisionsassistent, ABS, ESP, Klimaanlage, Stereoanlage. Auf Wunsch sind CVT-Automatik, Allrad, Mild-Hybrid und eine dicke Hifi-Anlage möglich. Die Japaner glauben: Wenn sie diese Autos auf Europa anpassen, werden sie zu teuer, um mit unseren Kleinstwagen mithalten zu können. Schade. Chevrolet Volt (USA) bzw. Buick Velite 5 (China)Achtung, Verwechselungsgefahr. Es geht hier nicht mehr um die amerikanische Version des ersten Opel Ampera. Seit 2015 verkauft Chevrolet die zweite Generation des Volt parallel zum Elektroauto Bolt. Der Chevy Volt (in China: Buick Velite 5) bleibt ein Plug-in-Hybrid, bekommt aber mehr Leistung, mehr Reichweite und einen günstigeren Basispreis. Unter seiner Haube sitzt ein 1,5-Liter-Saugmotor mit 101 PS, außerdem zwei Elektromotoren mit 87 und 68 kW. Nach US-Norm fährt er 85 Kilometer rein elektrisch. Im Benzin-Modus verbraucht er nach gleichem Standard 5,6 Liter pro 100 Kilometer. Für umgerechnet 29.043 Euro netto könnte er es in Deutschland ruhig ein zweites Mal versuchen. Der erste Ampera bekam wegen schlechter Verkaufszahlen keinen Nachfolger. Genesis G 90 (Korea)Deutschland staunt über den großen und kräftigen Kia Stinger. Dabei hat der Konzern noch viel schwereres Gerät in der Auslage: Hyundais Nobelmarke Genesis bietet in vielen Märkten den G90 an. Russland, USA, Korea, China und arabische Länder sind dabei. Europa fehlt in der Liste. Dort kauft man solche Premium-Brocken lieber deutsch. Dabei klingt der große Genesis vielversprechend. Drei Motoren sind im Angebot, darunter ein V8 mit 425 PS. Achtgang-Wandler, Hinterradantrieb und ein Benzintank mit bis zu 83 Litern Volumen passen in die Oberklasse. Dazu 3,16 Meter Radstand, feine Materialien – und ein Basispreis von umgerechnet 55.000 Euro. Hyundai sollte sich vielleicht einfach nur trauen. Ssangyong Chairman (Korea)Ja, er sieht wie eine S-Klasse aus. Und das ist kein Zufall: Ssangyong setzt mit dem Chairman ganz oben an. Bis zu 5,44 Meter Länge, bis zu 2,6 Tonnen Gewicht und dazu ein seidiger V8 aus Stuttgart – allerdings ein alter. Motor und Getriebe des Chairman stammen aus der S-Klasse-Baureihe W220. Halb so wild, schnell geht in Korea ohnehin nicht. Und im Super-Ssangyong kommt es auf die inneren Werte an. Die wären: belüftete Einzelsitze, moderne Assistenzsysteme, eine teure Audioanlage und feinstes Leder. 245 km/h Höchstgeschwindigkeit sind in Deutschland ja auch nur knapp unter Prestige-Maß. Etwa 70.000 Euro Basispreis für die Limousine könnten durchaus darüber hinwegtrösten. Ford F-Serie (USA)Es scheint in Deutschland ja doch einen Markt für Pick-ups zu geben. Mercedes stieg kürzlich ein, Ford, VW und Nissan haben Autos im Angebot. Sogar Fiat Chrysler arbeitet daran, die Marke Ram nach Europa zu bringen. Doch der König der Ladeflächen bleibt in den USA: Ford bietet die F-Serie nicht in Deutschland an. Dabei verkaufte Ford im vergangenen Jahr mehr große Pick-ups als VW Exemplare des Golf. 1,012 Millionen mal Cowboy-Romantik in diversen Größen und Leistungsklassen – weltweit bedeutet das Platz zwei hinter dem Toyota Corolla. Vielleicht könnte das in Deutschland auch klappen. Es muss ja nicht gleich das Super Cab mit 6,36 Metern Länge sein. VW Phideon (China)Ganz oben sieht es bei VW leer aus. Der Touareg ist alt, der Phaeton tot, der Arteon zu sehr Passat. Eine Alternative fährt in China: Dort verkauft VW den Phideon, ein Fünf-Meter-Schiff mit viel Platz im Fond. Zur Wahl stehen ein 2,0-Liter-Turbo-Benziner mit 245 PS und Frontantrieb und ein 3,0-Liter-Kompressor mit 300 PS und Allrad. Das Besondere: In der Basis kostet der Phideon umgerechnet weniger als 50.000 Euro. Gut, die Plattform ist etwas älter und die Materialien sind nicht auf Phaeton-Niveau. Dafür gibt es volle Hütte für 80.000 Euro. Das kostete in Deutschland damals ein Basis-Phaeton. Besonders gut läuft der Phideon trotzdem nicht: VW verkaufte in China in 14 Monaten weniger als 7.000 Exemplare. Lancia Ypsilon (Italien)Premium-Kleinwagen wie Mini oder Opel Adam? Bei Lancia ein alter Hut, genauer gesagt: 32 Jahre alt. In den Ypsilon (vormals: Y) packte Fiats edle Tochter stets das Beste, das technisch, stilistisch und in punkto Material im Regal lag. Von A wie Alcantara bis Z wie Zentralverriegelung. Wenn heute alle Welt von "Höherpositionierung" spricht, war dieses Auto mit ziemlicher Sicherheit schon da, wo andere in dieser Klasse nicht so bald hinkommen werden. Leider funktioniert der Lancia Ypsilon vor allem in Italien und wird deshalb nur noch dort verkauft. Bei uns stand sich die Preziose beim Händler die Reifen platt. Denn so ein Auto kostet eben, und das wollten offenbar nicht viele bezahlen. Bekommen wir eben bei Fiat keinen Kleinstwagen mehr mit zum Beispiel Glasschiebedach, Leder/Stoffsitzen, hin und wieder Alcantara, Live-Navigation, Internet, High-End-Hifi, automatischem Einparken, LED/Xenonlicht, und, einen haben wir noch: Schlüsselcover mit Svarowski-Kristallen. Selbst Schuld. |